Die zweite Bemerkung, die ich machen will, bezieht sich auf § 218. Ich glaube, wir wollen und brauchen die alten Schlachten, die wir in den letzten Legislaturperioden ja in großer Intensität dazu geführt haben, nicht zu wiederholen.
Die Entscheidung für die Indikationslösung war für uns eine Entscheidung für das Leben. Sie entsprach der sozialen und forensischen Wirklichkeit, und es entspricht unserer Überzeugung, daß die Frau nicht mit den Mitteln des Strafrechts dazu gebracht werden muß, sich für das Leben zu entscheiden, sondern daß sie das tut, wenn es möglich ist.
Darum wollen wir an dem § 218 in der gegenwärtigen Form festhalten; wir werden daran nichts ändern. Die Indikationsregelung bleibt formell und inhaltlich unberührt. Aber natürlich hat Frau Minister Süssmuth recht, wenn sie sagt, daß diese Entscheidung nicht bedeuten kann, etwa nicht für eine optimale Beratung zu sorgen, eine Beratung, wie das Leben des werdenden Kindes erhalten werden kann und wie sich das Leben der Mutter gestalten kann. Das darf nicht bedeuten, daß eine Beratung zur Gängelei führt.
Es darf kein Hürdenlaufen geben.
Es darf natürlich keine Einbeziehung des sozialen Umfeldes einer Schwangeren gegen ihren Willen erfolgen,
und das ist auch in keiner Weise beabsichtigt.
— Auf ihren Wunsch hin, das steht drin, und es besteht Veranlassung, das hier noch einmal ausdrücklich zu wiederholen. Ich sage Ihnen, daß Sie sich dann, wenn Sie das Gesetz sehen werden, wirklich beruhigen können.
Die dritte Bemerkung, die ich machen will, bezieht sich auf das Problem AIDS, eine Krankheit, die unser soziales Leben tiefgreifend verändern kann. Hier sind politische Eifereien und Emotionen fehl am Platze, denn es gibt niemanden in diesem Hause — ich glaube, auch nicht außerhalb dieses Hauses — , der uns eine überzeugende Patentlösung für dieses,
unsere Gesellschaft zutiefst berührende und verändernde Problem bieten kann.
Die Erkenntnisse, auch die medizinischen Erkenntnisse, verändern sich. Alle Fraktionen — das begrüßen wir — lehnen bisher eine Meldepflicht ab. Das ist gut, solange eine Meldepflicht aus Angst vor Diskriminierung zum Untertauchen der Betroffenen und eher zu einer Verdunkelung der notwendigen Erkenntnisse führen würde. Es ist ein grundsätzlicher Fehler der bayerischen Staatsregierung, daß sie nicht die Hilfe, sondern den ordnenden und strafenden Zugriff des Staates in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen gestellt hat.
Vor jeder Maßnahme muß sichergestellt werden, daß ihre Folgen nicht eine Diskriminierung der Betroffenen sind. Es wird mit uns keine neuen Aussätzigen in dieser Gesellschaft geben.
Unser Verhalten dieser Krankheit gegenüber wird ein schwerer Test für die Toleranz und die Toleranzbereitschaft in unserer Gesellschaft werden.
Dazu ist der Vorschlag gemacht worden, eine Enquete einzurichten. Meine Erwartungen in Enqueten sind nicht allzu hochgespannt. Aber wenn Sie glauben, daß wir damit weiterkommen, werden wir uns der Mitarbeit in einer solchen Enquete selbstverständlich nicht entziehen.
Frau Minister Süssmuth, Sie haben unsere Unterstützung.