Rede:
ID1100515500

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 21
    1. Frau: 1
    2. Kollegin,: 1
    3. können: 1
    4. Sie: 1
    5. mir: 1
    6. zustimmen,: 1
    7. wenn: 1
    8. ich: 1
    9. formuliere:: 1
    10. Steuerstundung: 1
    11. ist: 1
    12. schlechter: 1
    13. als: 1
    14. Steuerentlastung,: 1
    15. wobei: 1
    16. wir: 1
    17. entlastet: 1
    18. und: 1
    19. nicht: 1
    20. gestundet: 1
    21. haben.\n: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/5 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 5. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 19. März 1987 Inhalt: Wahl der Schriftführer — Drucksache 11/58 (neu) — 137 A Fortsetzung der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung Dr. Apel SPD 137 B Carstens (Emstek) CDU/CSU 144 D Frau Vennegerts GRÜNE 148 C Dr. Solms FDP 150D Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . . 155A Dr. Spöri SPD 164A Krollmann, Staatsminister des Landes Hessen 166C Dr. Wallmann, Bundesminister BMU . . . 171 C Kleinert (Marburg) GRÜNE 177 B Mischnick FDP 178 C Dr. Hauff SPD 180D Dr. Laufs CDU/CSU 184 B Frau Garbe GRÜNE 186D Baum FDP 188D Frau Rust GRÜNE 191 A Weiermann SPD 193A Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 195A, 221 B Frau Unruh GRÜNE 206 B Cronenberg (Arnsberg) FDP 207 A Frau Fuchs (Köln) SPD 210B Dr. Faltlhauser CDU/CSU 216B Floss GRÜNE 219C Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 222 B Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFFG . 225 C Frau Wilms-Kegel GRÜNE 231B Dr. Hirsch FDP 232 C, 246 D Frau Verhülsdonk CDU/CSU 233 D Dr. Penner SPD 236 A Dr. Miltner CDU/CSU 241 A Wüppesahl GRÜNE 244 C Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI . 249B Namentliche Abstimmungen 192D Ergebnisse 203 A, 204 C Präsident Dr. Jenninger 149 B Vizepräsident Cronenberg 244 B Vizepräsident Frau Renger 219B, 246C Nächste Sitzung 251 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 252 * A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 5. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. März 1987 137 5. Sitzung Bonn, den 19. März 1987 Beginn: 9.01 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Amling 20. 3. Egert 19. 3. Frau Eid 20. 3. Dr. Götz 20. 3. Grünbeck 20. 3. Grüner 19. 3. Grunenberg 20. 3. Haack (Extertal) 19. 3. Klein (München) 20. 3. Kolb 20. 3. Lenzer * 20. 3. Frau Dr. Martiny-Glotz 20. 3. Dr. Mertens (Bottrop) 19. 3. Reuschenbach 20. 3. Dr. Rumpf ' 20. 3. Seehofer 20. 3. Frau Simonis 19. 3. Strauß 20. 3. Frau Trenz 20. 3. Dr. Wieczorek 20. 3. Frau Dr. Wilms 19. 3. Frau Zutt 20. 3. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Anke Fuchs


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ja, bitte sehr.


Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Frau Kollegin, können Sie mir zustimmen, wenn ich formuliere: Steuerstundung ist schlechter als Steuerentlastung, wobei wir entlastet und nicht gestundet haben.

(Zuruf von der SPD: Vermögensteuer! — Weitere Zurufe von der SPD)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Anke Fuchs


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Kollege Cronenberg, Ihre Steuerentlastung trifft ja nun den von Ihnen gewünschten Personenkreis gerade nicht in dem Maße, wie es erforderlich wäre. Deswegen ist die Stundung besser, die wir vorschlagen.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN — Dr. Apel [SPD]: So ist es! — Günther [CDU/CSU]: Das haben Sie doch eben selbst bestätigt! — Feilcke [CDU/CSU]: Sie müssen eine Stunde nachsitzen! Sie haben das nicht verstanden!)

    Herr Kollege Cronenberg, wir wollen Arbeitsplätze erhalten. Sie haben recht, wenn Sie sagen:

    (Feilcke [CDU/CSU]: Er hat oft recht!)

    Wir brauchen jede Anstrengung zur Erhaltung der
    Arbeitsplätze. Ich komme nachher bei der Krankenversicherung noch dazu. Für die kleinen und mittleren Betriebe, die keine Chance haben, in eine Betriebskrankenkasse zu gehen, wird die Verwerfung bei unserer Krankenversicherungsstruktur allmählich beängstigend, denn die kleinen und mittleren Betriebe müssen die AOK-Beiträge von 15 % an aufwärts bezahlen. Vielleicht sind wir uns einig, daß wir an das Krankenkassensystem heranmüssen, weil sonst die Arbeitnehmer und die Meinen und mittleren Unternehmen besonders betroffen sind.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN — Zuruf des Abg. Cronenberg [Arnsberg] [FDP])

    — So manchen Gedanken haben wir ja durchaus gemeinsam, Herr Kollege Cronenberg.
    Nun komme ich zu den Stahlarbeitern. Es ist doch wohl ein Unterschied, ob ich eine Region habe, die wie Kohle und Stahl das Nachkriegsdeutschland aufgebaut hat und die von Kohle und Stahl lebt. Wenn dort die Standorte verlorengehen, lassen Sie doch ganze Regionen verarmen, dann lassen Sie ganze Bereiche von Arbeitnehmern und ihre Familien ohne Zukunftsperspektive. Es ist für solche Regionen einschneidender, wenn diese Betriebe zumachen, als wenn kleine und mittlere Betriebe ihre Türe zumachen müssen, sosehr ich das auch bedaure.
    Deswegen reicht es nicht, Herr Minister Blüm, wenn Sie auf die Verlängerung der Montan-Mitbestimmung — ich gebe Ihnen diesen Pluspunkt — stolz sind, sondern es ist Ihre Verantwortung, Stahlarbeitern die Arbeitsplätze zu erhalten und in Europa Druck zu machen. Es ist doch keine Frage von deutscher Überkapazität, sondern es ist eine Frage des europäischen Subventionsrausches, in dem die anderen Länder sind, die unsere Stahlindustrie in dieser Frage kaputtmachen.

    (Beifall bei der SPD)

    Franz Josef Strauß hat es hinbekommen, daß die Max-Hütte in den Koalitionsvereinbarungen auftaucht. Warum eigentlich schafft das nicht der Abgeordnete Blüm aus Dortmund? Warum haben Sie eigentlich nicht dafür gesorgt, daß unter anderem Ihr Stahlstandort erhalten wird? Dies ist die typische Haltung eines Ministers, der meint, dort die Arbeitnehmer zu vertreten.
    Wenn wir schon nicht überall Arbeitsplätze schaffen können — ich könnte das jetzt lange ausführen; ich lasse es an diesem Punkt sein — , müssen wir doch wenigstens für die soziale Sicherung der Arbeitslosen sorgen. Ihre Vorschläge reichen nicht aus, Herr Minister Blüm. Es muß gelingen, die unsozialen Kürzungen des Arbeitslosengeldes rückgängig zu machen.

    (Dreßler [SPD]: Sehr wahr!)

    Darauf ist besonders die weiter steigende Zahl der Berufsanfänger angewiesen. Auch dürfen Arbeitnehmer, die langjährig Beiträge gezahlt haben, nicht länger in die Sozialhilfe abrutschen. Wir brauchen doch auch bei Arbeitslosigkeit eine soziale Grundsicherung, damit die Menschen ihre soziale Sicherung in



    Frau Fuchs (Köln)

    der Bundesanstalt für Arbeit und nicht in der Sozialhilfe finden.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Blüm [CDU/CSU]: Nie gab es länger Arbeitslosengeld! — Dreßler [SPD] [zu Abg. Dr. Blüm [CDU/CSU] gewandt]: Nie gab es mehr Arbeitslose!)

    — Sie seien dafür nicht zuständig, sagen Sie immer, weil Frau Süssmuth für die Sozialhilfe zuständig sei. Das ist mir egal. Ein Mensch lebt nicht von der Zuständigkeit von Ministerien der Bundesregierung, sondern ein Mensch hat Anspruch darauf, daß man ihm hilft, wenn er in eine besondere Situation hineinrutscht.

    (Beifall bei der SPD)

    In den letzten Jahren, meine Damen und Herren, ist Armut immer geleugnet worden. Der Bundeskanzler sagt: Abbau von Massenarbeitslosigkeit hat Vorrang. Steuerentlastung — Ende. Er sagt kein Wort zu der Frage: Welche Auswirkungen hat Massenarbeitslosigkeit auf die Demokratie, auf Chancengleichheit, auf die Situation in den Kommunen, in denen sich jegliche soziale Infrastruktur verändert und so manches, was wir an kommunaler Politik gemacht haben, gar nicht mehr durchgehalten werden kann? Und großspurig wird gesagt, Armut gebe es nicht.
    Aber jetzt hat sich die Bundesregierung bekannt. Sie hat sich nämlich an der Winteraktion der EG beteiligt, bei der überschüssige Produkte aus der Agrarwirtschaft an Bedürftige verteilt wurden. Die Menschen stehen Schlange, Herr Bundesarbeitsminister, um umsonst Butter, Milch oder Mehl zu bekommen. Es gibt sie also, die Armut in unserem Lande, die Sie immer geleugnet haben.
    Das Diakonische Werk in Hamburg hat von einem erschreckenden Ausmaß von Bedürftigkeit gesprochen.

    (Günther [CDU/CSU]: Wer regiert da eigentlich?)

    Wir sollten den Wohlfahrtsverbänden sehr herzlich danken, daß sie diese Aktion trotz des Kiechle-Chaos durchgeführt haben.

    (Beifall bei der SPD)

    Aber ich finde, wir sollten auch aufwachen, meine Damen und Herren, und dafür sorgen,

    (Feilcke [CDU/CSU]: Daß in Hamburg die CDU regiert!)

    daß Menschen in diesem Land nicht auf überschüssige Butter angewiesen sind, sondern, daß sie durch eigenes Einkommen in der Lage sind, sich ihre Nahrungsmittel zu kaufen.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Blüm [CDU/CSU]: Jetzt kommt die konkrete Alternative!)

    Und wir müssen wohl endlich mal durch eine vernünftige Agrarpolitik dafür sorgen, daß die Überschüsse gar nicht erst entstehen können.

    (Günther [CDU/CSU]: Das haben wir 1980 auch immer gesagt! — Dr. Blüm [CDU/CSU]: Ihre konkrete Alternative?)

    Ich komme zurück zu den Koalitionsverhandlungen. Wenn es um Verbesserungen für die Arbeitnehmerschaft und ihre Familien geht, bleibt die Bundesregierung unbestimmt, dann ist die Koalitionsvereinbarung seltsam. Aber wenn es darum geht, Arbeitnehmerrechte abzubauen, ist die Koalitionsvereinbarung ganz präzise.
    So soll das Ladenschlußgesetz geändert werden.

    (Feilcke [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Warum eigentlich müssen die Verkäuferinnen angesichts vermehrter Freizeit der Verbraucher längere Arbeitszeiten in Kauf nehmen?

    (Beifall bei der SPD — Dr. Blüm [CDU/CSU]: Auch das ist falsch! — Feilcke [CDU/CSU]: Sie haben keine Ahnung, aber davon reichlich!)

    Ich verstehe das nicht, meine Damen und Herren.
    Wenn Sie etwas für die Verkäuferinnen tun wollen, Herr Bundesarbeitsminister, dann schaffen Sie die Geringfügigkeitsgrenze in der Sozialversicherung ab.

    (Beifall bei der SPD — Günther [CDU/CSU]: Warum haben Sie sie denn nicht abgeschafft? Sie haben die doch höherwuchern lassen!)

    Sie haben mich in dieser Forderung im Wahlkampf unterstützt. Schaffen Sie das Beschäftigungsförderungsgesetz ab, damit die Frauen vernünftige Arbeitsplätze bekommen.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Wir brauchen nicht mehr Kaufzeit, meine Damen und Herren, sondern viele Menschen in unserem Lande brauchen mehr Kaufkraft. Das würde übrigens auch die Binnennachfrage ankurbeln.

    (Beifall bei der SPD — Feilcke [CDU/CSU]: So stellt sich der kleine Moritz das vor!)

    Sie wollen das Nachtarbeitsverbot für Arbeiterinnen aufheben oder lockern.

    (Frau Schoppe [GRÜNE]: Das ist ja ein starkes Stück!)

    Das ist nicht die Gleichberechtigung, die wir anstreben. Die Arbeiterinnen in der Textilbranche und in den Zulieferbetrieben der Automobilindustrie z. B. haben wahrlich schwierige Arbeitsbedingungen. Sie auch noch nachts arbeiten zu lassen würde ihre Ausbeutung nur vergrößern. Es wäre an der Zeit, darüber nachzudenken, wie man Nachtarbeit für Männer und Frauen reduzieren könnte, statt sie auf Arbeiterinnen auszudehnen bereit zu sein.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Die Sicherung der Montan-Mitbestimmung ist Ihr Pluspunkt. Sie können das in allen Facetten ausmalen, Herr Bundesarbeitsminister. Das kann ich Ihnen nachempfinden. Aber Sie können mir nicht erklären, warum Sie die Sicherung der Montan-Mitbestimmung gegen eine auch von den Arbeitgebern abge-



    Frau Fuchs (Köln)

    lehnte Demontage des Betriebsverfassungsgesetzes haben eintauschen müssen.

    (Günther [CDU/CSU]: Was wird denn da demontiert?)

    Minderheiten sind nach dem geltenden Recht des Betriebsverfassungsgesetzes Minderheiten der Belegschaften, und die sind heute geschützt.

    (Dreßler [SPD]: Sehr richtig!)

    Sie wollen kleine politische Gruppierungen aufpäppeln.

    (Dreßler [SPD]: So ist es!)

    Sie wollen das Industriegewerkschaftsprinzip kaputtmachen. Sie wollen eine einheitliche Interessenvertretung verhindern.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Wenn es um die Frage von mehr Mitbestimmung geht, dann bleiben Sie nebulös. Informationsrechte bei technischen Entwicklungen, das ist zu wenig. Denn es bleibt ja wohl dabei: Wer den technischen Fortschritt bejaht, der muß ihn auch gestalten wollen. Und gestalten heißt mehr Mitbestimmung, mehr Mitbestimmung auch für die Arbeitnehmer in den Betrieben.
    Sie, Herr Bundesarbeitsminister, rufen zu mehr Gemeinsamkeit auf, insbesondere in der Alterssicherung. Wir sind dazu unverändert bereit.

    (Dr. Blüm [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Aber ich habe mich, als Sie erzählt haben, was Sie so vorhaben, gefragt: Erstens. Was hat er eigentlich vor? Mir ist das nicht ganz klar geworden. Zweitens. Worin soll eigentlich die Gemeinsamkeit liegen? Gemeinsamkeit kann nicht heißen, Herr Bundesarbeitsminister, daß wir mit Ihnen gemeinsam vertagen. Gemeinsamkeit heißt doch, daß wir uns jetzt an eine Reform heranmachen, die diesen Namen auch verdient. Was Sie bisher anbieten, sind die alten Geschichten, die wir schon 1984 in Form eines Gesetzentwurfs eingebracht haben. Legen Sie also unseren Gesetzentwurf vor, dann können wir an die eigentliche Reform des Alterssicherungssystems herangehen.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD — Dreßler [SPD]: Ein guter Vorschlag!)

    Sie prahlen, mit der neuen Rentenformel ist ja alles gegessen. Neue Rentenformel, gleichgewichtige Entwicklung von Arbeitnehmereinkommen und Renteneinkommen!

    (Dr. Blüm [CDU/CSU]: Wie wäre es denn mit dem Bundeszuschuß?)

    Sie sind ganz stolz auf den verbesserten Bundeszuschuß.

    (Dr. Blüm [CDU/CSU]: Den ihr pausenlos gekürzt habt!)

    Das kann ich ja verstehen. Aber ich habe jetzt gehört, wie das finanziert werden soll. Der Herr Cronenberg hat die Katze aus dem Sack gelassen. Er hat nämlich gesagt: Die Erhöhung des Bundeszuschusses ist angesichts der sich verringernden Mittel finanzierbar, die wir für die Kriegsopferversorgung ausgeben. Der
    Bundeszuschuß kann erhöht werden, ohne daß sich der Staat mehr als bisher in den Systemen der sozialen Sicherung engagiert.

    (Feilcke [CDU/CSU]: Was ist daran zu kritisieren?)

    Das, meine Damen und Herren, ist das Zynischste,
    was ich in der Sozialpolitik seit langem gehört habe.

    (Beifall bei der SPD — Günther [CDU/CSU]: Das ist ja eine Nörgelei!)

    Wir brauchen keine Kommission. Wir brauchen Ihre Taten. Ihre Vorschläge sind nicht falsch, aber nebelhaft.

    (Feilcke [CDU/CSU]: Jetzt habe ich auf so viele Alternativen gewartet und höre nur heiße Luft!)

    Was Sie uns vortragen, Herr Minister, bleibt ein Miniwerk. Deswegen nenne ich Ihnen nochmals unsere Bedingungen für eine Gemeinsamkeit. Eine Rentenformel und ein nebulöser Bundeszuschuß, so gestaltet, wie Herr Cronenberg möchte, sind kein Grund zur Siegesfeier. Was wir brauchen, ist das Prinzip der Sicherung des Lebensstandards in der Rentenversicherung. Das ist richtig. Wer lange gegen Entgeld gearbeitet hat, hat Anspruch darauf, daß die Rentenversicherung seinen Lebensstandard im Alter aufrechterhält. Sagen Sie das bitte Herrn Biedenkopf, damit er das endlich begreift.
    Um das zu tun, brauchen wir die weitgehende Unabhängigkeit der Rentenversicherung von der Arbeitslosigkeit. Auch für die Rentenversicherung ist das wichtigste Gebot, daß wir Arbeitsplätze haben.

    (Beifall bei der SPD)

    Arbeitnehmer sind Beitragszahler. Beitragszahler sichern die Zukunft der Rentenversicherung.

    (Beifall bei der SPD)

    Wenn wir Arbeitslose haben, dann brauchen wir die Wiederherstellung voller Beiträge an die Rentenversicherung. Wir wollen, daß die Frauen wieder Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrente beziehen können.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Wir wollen uns fragen: Wie sieht eigentlich eine vernünftige Reform der Hinterbliebenenversorgung aus? Wir wollen uns dafür einsetzen, daß das Babyjahr für alle Frauen kommt. Wir wollen die Rente nach Mindesteinkommen in der Rentenversicherung einführen.

    (Feilcke [CDU/CSU]: Dafür kämpfen Sie seit 1969!)

    Wir werden mit den GRÜNEN zusammen

    (Zurufe von der CDU/CSU: Aha!)

    verhindern, daß weiterhin die Frauen im Alter auf Sozialhilfe angewiesen bleiben. Das ist ein Unding in dieser sozialen Wirklichkeit.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Deshalb wollen wir anders konzipiert eine soziale, einkommensabhängige Mindestsicherung. Es kann nicht so sein, daß man nur diejenigen, die erwerbstätig sind und Beiträge zahlen, im Alter absichert. Das



    Frau Fuchs (Köln)

    wollen wir. Aber ergänzend dazu muß eine Verzahnung von Rente und Sozialhilfe dergestalt kommen, daß die Frauen im Alter nicht mehr zum Sozialamt gehen müssen, sondern ihre eigene soziale Sicherung in der Rentenversicherung bekommen. Das ist unser Prinzip der sozialen Grundsicherung, von Ihnen bisher nicht einmal gedanklich nachvollzogen, Herr Bundesarbeitsminister.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Wir brauchen Ansätze zur Harmonisierung der Alterssicherungssysteme. Es kann ja wohl auf die Dauer nicht so bleiben, daß die Rentner mit ihren Anpassungen die Zeche zahlen und die Altershilfe für Landwirte und die Beamtenversorung außen vor der Tür bleiben. Meine Damen und Herren, das kann auf Dauer so nicht weitergehen.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der GRÜNEN)

    Schließlich brauchen wir eine Debatte über die Frage: Welche Folgen hat die technische Entwicklung auf die Finanzierung der Alterssicherung? Wenn durch immer mehr Technik immer weniger Menschen beschäftigt werden, dann können wir auf Dauer nicht am lohnbezogenen Arbeitgeberbeitrag festhalten. Deswegen wollen wir Sozialdemokraten eine andere Bemessungsgrundlage. Deswegen sind wir für den Wertschöpfungsbeitrag.

    (Beifall bei der SPD)

    Also, Herr Bundesarbeitsminister: Lernen Sie dazu! Denken Sie nach! Wir kommen mit unseren Konzepten. Wir werden sehen, was sich da gemeinsam machen läßt.
    Ich komme zur Krankenversicherung. Jetzt gibt es Beitragserhöhungen. Ich habe Herrn Cronenberg schon darauf hingewiesen, daß besonders die kleinen und mittleren Betriebe nicht zu Betriebskrankenkassen ausweichen können. Und nun kommt es: Haben Sie einmal die Koalitionsvereinbarung dazu gelesen? Also das ist ja so was von unverbindlich! Das einzige, was ich herausgelesen habe, ist, daß Sie sich nicht zutrauen, an die Struktur heranzugehen.

    (Günther [CDU/CSU]: Sie haben falsch gelesen!)

    Sie wollen Selbstbeteiligung,

    (Dreßler [SPD]: Höhere Selbstbeteiligung!)

    als ob die Arbeitnehmer sich mit ihren Beiträgen nicht selber an ihrer Krankenversicherung beteiligten. Die Beiträge sind wahrlich hoch genug, so daß sie einen Anspruch darauf haben, dann, wenn sie krank sind, die Leistungen aus der Solidargemeinschaft zu bekommen.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Erhöhung der Rezeptgebühr; Senkung der Zuschüsse: Wir brauchen eine Strukturreform! Wir haben Vorschläge gemacht. Ich nenne nur die Stichworte: Es darf doch nicht so bleiben, daß die pharmazeutische Industrie jedes Medikament zu jedem Preis zu Lasten der Versicherten verkauft. Mit diesem Mißbrauch muß ein Ende gemacht werden.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Es darf doch nicht so sein, daß medizinische Großgeräte ungeplant eingesetzt werden. Und es darf nicht so bleiben, daß das Arzthonorarsystem sich nicht am Menschen, sondern an möglichst vielen Einzelleistungen orientiert.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Dr. Blüm [CDU/CSU]: Was haben Sie eigentlich in den 13 Jahren gemacht, Frau Fuchs?)

    — Wir haben das versucht. Das wollte ich sagen. Es ist schwierig.

    (Günther [CDU/CSU]: Das ist ja schon vernünftig erkannt!)

    Wir sind bereit, es mit Ihnen zusammen zu machen. Aber Sie können nicht tatenlos zusehen, Herr Bundesarbeitsminister, daß Frau Adam-Schwaetzer immer noch sagt, es geht mit uns nicht, und die übrige Bevölkerung die weiter steigenden Krankenkassenbeiträge leisten muß. So kann das auf Dauer nicht weitergehen.

    (Beifall bei der SPD und der Abg. Frau Unruh [GRÜNE])

    Ich wollte etwas noch zur Familienpolitik sagen. Aber das ist mir aus Zeitgründen nicht mehr möglich.

    (Günther [CDU/CSU]: Da wäre auch nicht viel gekommen!)

    Es ist nur so: Die Steuerentlastungen, die Sie machen, sind das Familienunfreundlichste, das es gibt. Die Kinderlosen bekommen mehr Steuerentlastung als Familien mit Kindern.

    (Feilcke [CDU/CSU]: Weil sie mehr Steuern zahlen!)

    Das ist Ihnen hier wiederholt vorgerechnet worden.

    (Feilcke [CDU/CSU]: Wer mehr zahlt, wird mehr entlastet! Logisch!)

    Auch uns ist bewußt, daß die finanziellen Ressourcen begrenzt sind und daß man sparen muß, wenn es nicht anders geht. Niemand von uns wird pauschale Ausweitungen von Sozialleistungen fordern. Aber daß Sie der Senkung des Spitzensteuersatzes zustimmen und zugleich sagen, soziale Leistungen gibt es — um im Bild zu bleiben — erst, wenn von der Martinsgans des Herrn Bangemann nach zwei Jahren etwas übriggeblieben ist, das ist in der Tat eine unsoziale Politik.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf des Abg. Dr. Blüm [CDU/CSU])

    Deswegen ist es eine Frage der politischen Prioritäten. Und ich sage: Es ist eine falsche Priorität, wenn man der Senkung des Spitzensteuersatzes zustimmt. Es ist eine falsche Priorität, wenn es in der Steuerpolitik keinen Weg gibt um entnommene Gewinne in den Betrieben anders als die Gewinne zu besteuern, die für Investitionen verwendet werden. Es ist eine falsche Priorität, zuerst zu sehen, wie man Steuerentlastung finanzieren kann, statt sich zu fragen: Welche Aufgaben habe ich für die soziale Sicherung, und wie



    Frau Fuchs (Köln)

    halte ich das Geld zusammen, damit diese sozialen Leistungen bezahlt werden können?

    (Feilcke [CDU/CSU]: Sind Sie gegen Steuersenkungen?)

    Wir sind ein reiches Land. Deswegen können wir es uns leisten, die Prioritäten umzukehren. Wir brauchen kein christdemokratisches Winterhilfswerk,

    (Feilcke [CDU/CSU]: Na, na, na!)

    und wir müssen nicht zu denen gehören, die Bedürftigen Butter und Mehl anbieten.

    (Seiters [CDU/CSU]: Aber die Unruh hat doch davon gesprochen! Sie sind doch nicht gegen die Trude Unruh!)

    Wir können, wenn wir uns an das Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes halten, Armut in unserem Land so auffangen, das sich jeder seine Butter selber kaufen kann und nicht auf Barmherzigkeit angewiesen ist.

    (Beifall bei der SPD — Feilcke [CDU/CSU]: Der Karneval ist doch vorbei!)

    Das Grundgesetz hat uns den Auftrag gegeben, das Sozialstaatsprinzip, das der Bundeskanzler nicht einmal erwähnt,

    (Günther [CDU/CSU]: Das ist für ihn selbstverständlich, das braucht er nicht zu erwähnen!)

    in der Wirklichkeit zu realisieren. Nein, das Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes ist mehr als ein Untertitel der Sozialen Marktwirtschaft. Es ist unsere Aufgabe, den schwierigen Weg zwischen zunehmender Individualisierung und der Notwendigkeit kollektiver Sicherung zu gehen. Aber eines bleibt: Die meisten Menschen mit ihren Familien leben von der Arbeit und von der durch Arbeit gewonnenen sozialen Sicherung. Deswegen behält die Schaffung von Arbeitsplätzen für uns Vorrang.

    (Anhaltender Beifall bei der SPD)