Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Natürlich gehört an den Anfang dieser Wahlperiode eine gründliche Diskussion und Auseinandersetzung über Bilanz, Aufgaben und Perspektiven der Finanzpolitik. Herrn Kollegen Apel möchte ich sagen, daß ihm gegenüber den alten Sprüchen und Gruselgeschichten der vergangenen Jahre nicht viel Neues eingefallen ist.
Ein Ergebnis von 37 % bei der Bundestagswahl für die traditionsreiche Sozialdemokratische Partei, das viele Ihrer eigenen Freunde — ich beziehe mich auf die Wahlanalyse aus Ihrem eigenen Lager — ja auch mit einem mangelnden Profil der SPD in der Finanz- und Wirtschaftspolitik begründeten, wäre eigentlich ein größerer Ansporn gewesen, neue Gedanken und bessere Argumente einzubringen, als wir das heute vernommen haben.
Frau Kollegin Vennegerts, ich muß Ihnen sagen: Wir haben gestern bei dem Herrn Ebermann jedenfalls eine gewisse kabarettistische Begabung festgestellt. Bei Ihnen konnte ich nicht einmal eine finanzpolitische Begabung feststellen in dem, was Sie hier vorgetragen haben.
Ich werde das begründen, was ich einleitend gesagt habe, wenn wir jetzt, was immer gut ist in der Politik, vor allem bei der Finanzpolitik, zu Zahlen und Tatsachen kommen. Herr Apel hat von einem weiteren planmäßigen Verfall der Bundesfinanzen und von ungeordneten Finanzen geredet. Ich will Ihnen kurz die Daten der letzten vier Jahre vortragen: Wir haben es durch ein zurückhaltendes Ausgabenwachstum — beim Bund im Durchschnitt der letzten vier Jahre von jeweils knapp 2 T. und bei Bund, Ländern und Gemeinden von weniger als 3 % — erreicht, die öffentliche Neuverschuldung, die Kreditaufnahme, gemessen am Volkseinkommen, mehr als zu halbieren. 1982, in Ihrem letzten vollen Regierungsjahr, betrug sie noch rund 4,5 % unserer volkswirtschaftlichen Leistung des Volkseinkommens. 1986 betrug sie noch 2 % . Eine dramatische Verbesserung; daran kann doch kein Zweifel bestehen.
Was den Bund selbst anbetrifft, so waren es 1982 knapp 2,5 %, 1986 noch gut 1,2 % — das ist ebenfalls eine Halbierung —, jeweils gemessen an der volkswirtschaftlichen Leistung, am Volkseinkommen. Denn das ist die vernünftigste Bezugsgröße, wenn wir über die Neuverschuldung, ihre Angemessenheit oder ihre Problematik reden. So wie sich die Fähigkeit zur Kreditaufnahme für den Bürger an seinem privaten Einkommen orientiert, so orientiert sich die vertretbare Neuverschuldung für uns als Gemeinschaft natürlich am Volkseinkommen, an unserer volkswirtschaftlichen Leistung. Man muß ja schon Akrobatik vornehmen, Herr Apel, man muß ja angesichts dieser entscheidenden Eckdaten einer besseren Finanzsituation sich und die Tatsachen schon auf den Kopf stellen, wenn man zu Beginn der neuen Wahlperiode von ungeordneten Finanzen oder einem weiteren Verfall der Finanzgrundlagen spricht.