Rede:
ID1100304500

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    Vokabeln: 7
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    7. Voigt: 1
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    Plenarprotokoll 11/3 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 3. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 12. März 1987 Inhalt: Korrektur des Ergebnisses der Wahl des Bundeskanzlers 31 A Bekanntgabe der Bildung der Bundesregierung Präsident Dr. Jenninger 31 B Eidesleistung der Bundesminister Präsident Dr. Jenninger 32A, 33B Genscher, Bundesminister AA 32A Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI . . 32 B Engelhard, Bundesminister BMJ . . . . 32 B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . . 32 B Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi 32 B Kiechle, Bundesminister BML 32 B Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMB . 32 C Dr. Blüm, Bundesminister BMA 32 C Dr. Wörner, Bundesminister BMVg . . 32 C Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFFG 32 C Dr. Warnke, Bundesminister BMV . . . 32 C Dr. Wallmann, Bundesminister BMU . . 32 C Dr. Schwarz-Schilling, Bundesminister BMP 32 D Dr. Schneider, Bundesminister BMBau . . 32 D Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 32 D Möllemann, Bundesminister BMBW . . . 32 D Klein, Bundesminister BMZ 32 D Dr. Schäuble, Bundesminister BK . . . 33A Kleinert (Marburg) GRÜNE (zur GO) . 33 C Jahn (Marburg) SPD (zur GO) 34 A Aktuelle Stunde betr. die jüngsten Vorschläge für ein Abkommen über die Beseitigung von Mittelstreckenraketen und die Haltung der Bundesregierung Dr. Mechtersheimer GRÜNE 34 A Rühe CDU/CSU 34 D Voigt (Frankfurt) SPD 35 D Ronneburger FDP 37 A Genscher, Bundesminister AA 37 D Frau Schoppe GRÜNE 39 C Dr. Todenhöfer CDU/CSU 40 C Stobbe SPD 41 C Frau Geiger CDU/CSU 42 C Frau Fuchs (Verl) SPD 43 C Dr. Wörner, Bundesminister BMVg . . 44 D Lamers CDU/CSU 46 B Dr. Scheer SPD 47 B Petersen CDU/CSU 48 B Nächste Sitzung 48 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 49* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 3. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 12. März 1987 31 3. Sitzung Bonn, den 12. März 1987 Beginn: 11.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 12. 3. Diller 12. 3. Frau Eid 12. 3. Engelsberger 12. 3. Dr. Glotz 12. 3. Dr. Götz 12. 3. Grünbeck 12. 3. Grunenberg 12. 3. Linsmeier 12. 3. Frau Dr. Martiny-Glotz 12. 3. Dr. Mertens (Bottrop) 12. 3. Meyer 12. 3. Reschke 12. 3. Reuschenbach 12. 3. Dr. Solms 12. 3. Wilz 12. 3. Frau Zutt 12. 3. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
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    Rede von Volker Rühe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Liebe der GRÜNEN und der SPD zur Null-Lösung handelt es sich um eine späte Liebe — die soll ja manchmal besonders heftig sein — , vor allem aber um eine unglaubwürdige Liebe;

    (Schily [GRÜNE]: Da täuschen Sie sich, Herr Rühe! Da müssen Sie sich besser informieren!)

    denn 1982/83 haben Sozialdemokraten und auch GRÜNE gesagt, es sei eine Zumutung an die Sowjetunion, zu fordern, daß sie bei den Mittelstreckensystemen auf Null gehe, es sei doch eine Provokation, wenn wir forderten, die Sowjets müßten auf Null gehen. Es



    Rühe
    ist also nicht sehr glaubwürdig, was Sie hier vortragen. Insofern gibt uns die Aktuelle Stunde Gelegenheit, die Richtigkeit unserer Politik noch einmal zu verdeutlichen und das Scheitern Ihrer Sicherheitspolitik der Öffentlichkeit vor Augen zu führen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Schily [GRÜNE]: Erkundigen Sie sich, bevor Sie reden!)

    Heute steht ein Abkommen über die völlige Beseitigung einer ganzen Waffenkategorie in Europa in Aussicht. Modernste Raketen, die sich zum Teil noch im Stationierungsprozeß befinden, sollen verschrottet werden. Zugleich wird — das ist auch für andere Abrüstungsfragen wichtig — deutlich gemacht, daß asymmetrische Reduzierungen möglich sind. Das ist ein in der Abrüstungsgeschichte einmaliges Ergebnis — wenn es denn erzielt werden könnte. Ohne die Politik von Bundeskanzler Kohl und der Bundesregierung, ohne unsere Standfestigkeit während der Nachrüstungsdebatte

    (Lachen bei der SPD und den GRÜNEN) hätte es diese Entwicklung niemals gegeben.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Dr. Mechtersheimer [GRÜNE]: Das ist ja unglaublich! — Schily [GRÜNE]: Herr Rühe, das glauben Sie doch selber nicht!)

    — Glauben Sie denn, daß die Sowjetunion freiwillig darauf verzichtet hätte, diese Waffen zu haben? Sie haben immer noch nicht die Lehre aus den vergangenen vier Jahren gezogen, daß wir die Null-Lösung eben heute nicht greifbar hätten, wenn wir 1983 nicht die Nachrüstungsentscheidung getroffen hätten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Eines ist allerdings richtig — das möchte ich für die Zukunft sagen — : Wir hätten uns gewünscht, daß wir uns diesen Umweg hätten ersparen können.

    (Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Hätten Sie es doch gemacht!)

    Aber die Voraussetzung wäre gewesen, daß die Sowjetunion vor unserer Stationierung bereit gewesen wäre, auf ihre Mittelstreckenraketen zu verzichten. Dazu war sie nicht bereit.

    (Zuruf von der SPD: Nicht „wegen", sondern „trotz" !)

    Herr Bowin, der Kommentator, hat vor kurzer Zeit in der „Moskowskije Nowosti" geschrieben: Wenn wir nun der Null-Lösung zustimmen, wenn wir zustimmen, diese Raketen zu zerstören, warum wurden sie dann gebaut und stationiert? — In der Tat, das ist eine berechtigte Frage an die sowjetische Führung, die hier von dem sowjetischen Kommentator geäußert wird.
    Für die Zukunft hoffen wir, daß wir uns solche Umwege ersparen. Aber das bedeutet, daß einseitige Vorrüstungen auch einseitig zurückgenommen werden müssen, wenn sie denn erfolgt sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Schily [GRÜNE]: Sie sollten die „Frankfurter Allgemeine" lesen!)

    Noch sind nicht alle Fragen für ein Abkommen geklärt, Fragen der Inspektionen vor Ort, damit auch eine heimliche Produktion und Lagerung ausgeschlossen wird,

    (Zuruf von den GRÜNEN: Wie bei uns!)

    oder die Frage, ob in diesem Null-Lösungs-Abkommen eine Weiterverhandlungsverpflichtung enthalten sein muß, damit in einem nächsten Verhandlungsschritt — im Anschluß an die Null-Lösungs-Vereinbarung — zwei Ziele erreicht werden: die Reduzierung der Mittelstreckenraketen kürzerer Reichweite, bei denen es einen 10 : 1-Vorsprung der Sowjets gibt, auf ein niedrigeres Niveau und das Recht auf gleiche Obergrenzen bei diesen Systemen für beide Seiten.
    Dies bedeutet — im Unterschied zu manchen Behauptungen der Sozialdemokraten — kein Draufsatteln, keine zusätzlichen Bedingungen. Beschränkungen, gleiche Obergrenzen für bestimmte Systeme dieser kürzeren Reichweite sind — ich sage Ihnen exakt den Tag — seit dem 2. Februar 1982, also noch zur SPD-Regierungszeit, offizieller Bestandteil der im Bündnis abgestimmten amerikanischen Verhandlungsposition. Und zweitens hat sich ja der sowjetische Generalsekretär selbst in Reykjavik mit dem jüngsten Vorschlag zur Weiterverhandlung über diese Systeme bereit erklärt.
    Ich sage für unsere Fraktion: Wir stehen geschlossen zu dieser Null-Lösung, weil sie die Sicherheit in Europa stärkt

    (Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Hört! Hört!)

    und weil dieser Abrüstungserfolg positive Auswirkungen auch auf die anderen Abrüstungsverhandlungen haben wird.
    Ich muß aber auch sagen, daß das nur durch unsere Standfestigkeit und durch eine Politik auf den Grundlagen der westlichen Sicherheits- und Abrüstungspolitik möglich gewesen ist. Nur auf dieser Grundlage können wir die deutschen Interessen auch in Zukunft vertreten und Frieden in Freiheit stärken. Wenn denn Ihre jetzige Liebe zu diesem Verhandlungsvorschlag eine echte und dauerhafte Liebe ist, dann stellen Sie sich auf diese Grundlagen, die es uns ermöglicht haben, diese Chancen für einen Abrüstungserfolg zu erarbeiten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zuruf von den GRÜNEN: Er ist nicht liebesfähig, der Mann! — Heiterkeit bei den GRÜNEN und der SPD)

    — Mit Ihnen nicht!


Rede von Dr. Philipp Jenninger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Voigt (Frankfurt).

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    Rede von Karsten D. Voigt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erne beiderseitige Null-Lösung entspricht den Zielen und Wünschen der SPD. Im Unterschied zu vielen in der CDU bejahen wir sie ohne Vorbehalte und ohne Wenn und Aber. Im



    Voigt (Frankfurt)

    Gegenteil, wir drängen auf ihre zügige Verwirklichung.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Dregger [CDU/ CSU]: In Nürnberg haben Sie etwas anderes beschlossen!)

    Die Idee der Null-Lösung ist im westlichen Bündnis entstanden; das ist richtig. Aber ein neues sicherheitspolitisches Denken der sowjetischen Führung unter Generalsekretär Gorbatschow hat dazu geführt, daß sie jetzt auch zu einer realistischen Chance geworden ist.
    Bereits Bundeskanzler Helmut Schmidt hat die Null-Lösung unterstützt. Ich begrüße es, daß die jetzige Bundesregierung Kohl — im Gegensatz zu einigen in der CDU/CSU — an dieser Kontinuität, der Null-Null-Lösung weiter festhält. Ich sehe auch eine Chance dafür, daß unser gemeinsames Drängen von Regierungsparteien und Opposition in Richtung auf ein solches sowjetisch-amerikanisches Abkommen jetzt am Beginn der neuen Legislaturperiode zu einem sicherheitspolitischen Konsens in einer Frage führen könnte, die uns im Jahre 1983 nicht nur in diesem Parlament, sondern auch in der Bevölkerung tief gespalten hat.
    Diejenigen, die wie Helmut Schmidt wegen des Risikos einer nuklearen Erpressung mit der SS-20 besorgt waren, wären ihrer Sorgen dann ledig. Diejenigen in der SPD und in der Friedensbewegung, denen es vorrangig um eine Unterbrechung der Kette aus Vorrüstung und Nachrüstung ging, hätten ihr Ziel erreicht. Auch die Sorgen von Helmut Schmidt, die er 1983 hinsichtlich der Krisengefahr oder der Kriseninstabilität, die von einer Pershing II ausgehen könnte, geäußert hat, wären dann beseitigt. Widerlegt wären allerdings diejenigen, die wie Alfred Dregger und Franz Josef Strauß die westliche Nachrüstung auch unabhängig von der SS-20 militärisch für erforderlich gehalten haben.
    Für uns war die Frage der Mittelstreckenproblematik immer primär ein politisches und nie primär ein militärisches Problem. Wir haben nie die Ängste von Strauß oder Dregger geteilt, daß ein völliger Verzicht auf die westliche Nachrüstung die Bundesrepublik von den Vereinigten Staaten sicherheitspolitisch entkoppeln würde; diese Entkoppelungsängste haben wir nie geteilt.
    Die Chance zur Gemeinsamkeit bestünde auch dann, wenn die Bundesregierung auf die strikte Einhaltung und enge Interpretation des ABM-Abkommens tatsächlich drängen würde. Unsere Divergenzen bestehen in der Einschätzung des SDI-Konzeptes fort. Wir halten dies für falsch und für ein Verhängnis: nicht nur für die europäischen sicherheitspolitischen Interessen, sondern auch für die europäischen abrüstungspolitischen Interessen.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Wir halten eine ausreichende Verifikation aller Abkommen für erforderlich. Aber wir sind dagegen, daß dieses Problem vorgeschoben wird, um Abkommen zu verhindern.
    Wir drängen auf ein Abkommen auch über Kurzstreckenraketen, übrigens schon deshalb, weil die Befürworter eines europäischen SDI ihrer Argumente dadurch entledigt würden. Und da ich auch ein europäisches SDI nicht möchte, will ich Abrüstung auch im Bereich der europäischen Kurzstreckenraketen.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Wir drängen auf einen Abbau der konventionellen Rüstung in Ost und West, wir wollen eine beiderseitige strukturelle Nichtangriffsfähigkeit, und wir halten auch dort eine Änderung der sowjetischen Haltung für dringend geboten, aber auch für möglich. Die Sowjetunion muß, wenn sie wirklich zu einem Interessenausgleich mit Westeuropa schreiten will, ihr bisheriges sicherheitspolitisches Verhalten gegenüber Westeuropa ändern. Ich sehe Chancen für eine solche Änderung der sowjetischen Haltung. Ich glaube, daß das nicht ohne schwierige Diskussionen gehen wird, aber ich teile nicht den Pessimismus derjenigen auf der konservativen Seite, die damals die Null-NullLösung nur deshalb gefordert haben, weil sie die Sowjetunion für reformunfähig hielten, und die nie darauf gehofft oder darauf gewartet haben, daß sie tatsächlich auf die Null-Lösung eingehen würde.

    (Beifall bei der SPD)

    Zuallerletzt: Ich glaube, daß wir die Chance zu einem umfassenden Angebot für einen Interessenausgleich nicht nur im militärischen, sondern auch im politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Bereich, die durch die neue sowjetische Führung gegeben ist, nutzen sollten. Horst Ehmke und Jochen Vogel werden dazu in der nächsten Woche einen Vorschlag unterbreiten.
    Ich denke, daß wir als Deutsche ein besonderes Interesse daran haben, hierzu unseren Beitrag zu leisten, und deshalb fordere ich die Bundesregierung auf, am Beginn dieser Legislaturperiode das Angebot von Erich Honecker zu einem kontinuierlichen abrüstungspolitischen Dialog zwischen beiden deutschen Regierungen aufzunehmen.

    (Beifall bei der SPD)

    In diesem Dialog sollte sie — lassen Sie mich das zum Schluß sagen — auch ihre bisherige Ablehnung einer chemiewaffenfreien Zone als eines ersten Schritts zu einer weltweiten Ächtung chemischer Waffen überdenken, und sie sollte mit uns gemeinsam doch überprüfen, ob wir nicht darin recht haben, daß jetzt, nach einer Einigung über INF, der Vorschlag eines nuklearwaffenfreien Korridors diesseits und jenseits der Bündnisgrenze mit einer Ausdehnung von ungefähr 150 km nicht auch in unserem Interesse liegen könnte, weil so das Risiko eines begrenzten Nuklearkrieges, eines Krieges mit Nuklearwaffen kurzer und kürzester Reichweite, wirklich ausgeschlossen werden kann.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)