Rede von
Manfred
Schmidt
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Kollege Erhard, ich hatte eigentlich nicht die Absicht, Ihnen für das zu danken, was Sie gesagt haben. Aber nachdem ich die Debatte jetzt so miterlebt habe, drängt es mich geradezu, Ihnen zu danken. Denn der einzige, der bisher etwas Klares zum Thema gesagt hat, waren Sie, und dafür muß man Ihnen herzlich danken.
Alle anderen Diskussionsbeiträge
sind aufs eigentliche Thema des heutigen Tages überhaupt nicht eingegangen.
Also, Herr Kollege Erhard, meinen herzlichen Dank dafür.
Im übrigen danke ich Ihnen auch dafür, daß Sie damit begonnen haben, die Krokodilstränen zu trocknen, die in der Diskussion um die Neue Heimat von dieser Seite für die Mieter immer vergossen worden sind.
Jetzt möchte ich mich dem Herrn Justizminister zuwenden.
Ich habe also — —
— Nein, ich will mich seinem Tempo nicht anpassen. — Ich will mich nun dem Herrn Justizminister zuwenden und folgendes sagen. Heute früh habe ich ein Dementi, über den Ticker gelaufen, gelesen. Ich habe meine Ohren hier vergeblich gespitzt, um zu hören, ob dieses Dementi wiederholt wird. Dieses Dementi war so wachsweich, daß wir dem die gleiche Bedeutung beimessen, die Ihrem Ansehen und Ihrer Stellung in der Bundesregierung entspricht. Das ist also etwa der Wert einer 1-Billion-Reichs marknote, nämlich gar nichts.
Trotzdem will ich mich hier in erster Linie mit einem Thema beschäftigen, bei dem nicht einmal der Versuch gemacht worden ist zu dementieren. Es geht um die Abschaffung oder um die Reduzierung der Sperrfrist für Kündigungen bei Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. Hier haben Sie nämlich selber, Herr Justizminister, in der Fragestunde auf eine entsprechende Frage des Kollegen Sperling gesagt — ich zitiere —, daß die Bundesregierung die Auffassung des Parlamentarischen Staatssekretärs Erhard teilt, daß eine Verkürzung der Frist bei Eigenbedarf in Umwandlungsfällen überlegenswert ist.
Die Wohnungsspekulation in Ballungsräumen ist eine der Geißeln für die Mieter. Wir haben in München eine Reihe von Spekulationen: Da kauft ein Spekulant einen Wohnblock, teilt die Wohnungen auf,
verkauft sie zu weit überhöhten Preisen. Die Quadratmeterpreise bewegen sich in einer Größenordnung von 3 000 bis 6 000 DM.
Bisher brauchte ein Mieter allenfalls mit einer Eigenbedarfskündigung zu rechnen, so daß er bei Käufern mehrerer Wohnungen meist relativ ruhig bleiben konnte. Aber selbst wenn jemand eine Wohnung gekauft hatte, in die er selbst einziehen wollte, konnte der Mieter deshalb noch einigermaßen ruhig sein, weil die Kündigung überhaupt erst drei Jahre nach Eintragung im Grundbuch ausgesprochen werden durfte, und dann kam noch die Kündigungsschutzzeit dazu. Trotz dieser Regelung war die Situation in einem Zentrum der Spekulation wie München so schlimm, daß der damalige CSU-Oberbürgermeister Kiesl
auf Grund eines einstimmigen Stadtratsbeschlusses an Minister Schneider schrieb und ihn im Namen des gesamten Stadtrats aus FDP, CSU und SPD darum bat, daß die Zeit von drei auf fünf Jahre erhöht wird. Herr Schneider, Sie werden sich erinnern; das war im übrigen genau vor vier Jahren. Heute tun Sie genau das Gegenteil: Sie verkürzen diese Zeiten. Und wenn das noch unter einem Mini-
18726 Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 242. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. November 1986
Schmidt
ster Engelhard geschieht, der selber aus München kommt, dann hoffe ich, daß sich die Münchener Mieter bei ihm wenigstens bedanken werden.
Es dürfte im übrigen ein eigenartiger Justizminister,
der — statt in der Frage des Kronzeugen die Fahne der Liberalität und der Freiheit hochzuhalten — die Mieter rechtlos stellt.
Ich glaube, Herr Kollege Engelhard, daß Sie seit der Zeit, wo Kaiser Caligula sein Pferd zum Konsul ernannt hat, die klassischste Fehlbesetzung in einem öffentlichen und politischen Amt sind.
— Nein. Ich verstehe ja, daß Sie dagegen protestieren, Herr Kollege Kleinert. Der Vergleich ist auch deswegen falsch, weil der Hengst vom Caligula erheblich mehr Temperament hatte.
Herr Minister Schneider, als Sie Wohnungsbauminister wurden, haben Sie erklärt, daß Sie der Anwalt der Mieter sein wollten. Ich komme selber aus diesem Geschäft.
Angesichts dessen, was Sie bisher getan haben, müßten Sie eigentlich wegen Parteienverrats aus der Anwaltskammer der Mieteranwälte ausgeschlossen werden. Wir weisen darauf hin, daß die Aufhebung der Pläne gegen die Mieter bis nach der Wahl und das mehr oder weniger zufällige Aufkommen jetzt vor der Wahl auf das hinweist, was Sie vorhaben: Sie wollen die Stimmen der Mieter noch kassieren und sie nachher in skandalöser Weise betrügen.