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ID1023907000

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    Plenarprotokoll 10/239 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 239. Sitzung Bonn, Freitag, den 17. Oktober 1986 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 18469 C Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zur Inbetriebnahme des Atomkraftwerks Brokdorf Frau Hönes GRÜNE 18453 B Austermann CDU/CSU 18454 A Duve SPD 18455 B Beckmann FDP 18456 C Dr. Wallmann, Bundesminister BMU . 18457 B Kuhbier, Senator der Freien und Hansestadt Hamburg . . . 18459B, 18467 A Gerstein CDU/CSU 18461 A Heyenn SPD 18462 A Baum FDP 18462 D Frau Roitzsch (Quickborn) CDU/CSU . 18463 C Lennartz SPD 18464 C Uldall CDU/CSU 18465 C Schäfer (Offenburg) SPD 18467 B Schmidbauer CDU/CSU 18468 D Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Roth, Dr. Jens, Rapp (Göppingen), Bernrath, Daubertshäuser, Ibrügger, Dr. Klejdzinski, Kretkowski, Dr. Kübler, Müller (Schweinfurt), Oostergetelo, Pfuhl, Ranker, Stahl (Kempen), Dr. Schwenk (Stade), Frau Weyel, Wolfram (Recklinghausen), Dr. Vogel und der Fraktion der SPD Benachteiligung kleiner und mittlerer Unternehmen — Drucksachen 10/5784, 10/6089 — in Verbindung mit Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Doss, Hauser (Krefeld), Wissmann, Hinsken, Landré, Dr. Unland, Pohlmann, Kraus, Hinrichs, Schulze (Berlin), Frau Will-Feld, Lenzer, Austermann, Bayha, Dr. Becker (Frankfurt), Dr. Blank, Bohlsen, Borchert, Dr. Bugl, Carstensen (Nordstrand), Dr. Czaja, Eigen, Engelsberger, Feilcke, Fellner, Funk, Frau Geiger, Dr. Götz, Haungs, Freiherr Heereman von Zuydtwyck, Frau Dr. Hellwig, Herkenrath, Höffkes, Dr. Hoffacker, Frau Hoffmann (Soltau), Hornung, Dr. Hüsch, Jäger (Wangen), Jagoda, Dr. Jobst, Jung (Lörrach), Kalisch, Dr.-Ing. Kansy, Keller, Dr. Kunz (Weiden), Dr. Lammert, Lattmann, Dr. Laufs, Linsmeier, Löher, Louven, Lowack, Frau Männle, Milz, Dr. Möller, Müller (Wadern), Niegel, Dr:Ing. Oldenstädt, Frau Pack, Rode (Wietzen), Dr. Rose, Rossmanith, Ruf, Sauer (Stuttgart), Sauter (Epfendorf), Sauter (Ichenhausen), Schartz (Trier), Schemken, Schmidbauer, Schreiber, Dr. Schroeder (Freiburg), Schulhoff, Schwarz, Dr. Schwörer, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Spilker, Dr. Stark, Stockhausen, Straßmeir, Strube, Susset, Frau Verhülsdonk, Graf von Waldburg-Zeil, Wilz, Wimmer (Neuss), Frau Dr. Wisniewski und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Grünbeck, Dr. Graf Lambsdorff, Bredehorn, Dr. Solms, Gattermann, Dr. Feldmann, Dr. Haussmann, Frau Seiler-Albring, Frau Dr. Adam-Schwaetzer, Dr. Weng (Gerlingen), Cronenberg (Arnsberg) und der Fraktion der FDP II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 239. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. Oktober 1986 Lage und Perspektiven des selbständigen Mittelstandes in der Bundesrepublik Deutschland — Drucksachen 10/5812, 10/6090 — Roth SPD 18470A Hauser (Krefeld) CDU/CSU 18472 D Tatge GRÜNE 18476 A Grünbeck FDP 18478 A Rapp (Göppingen) SPD 18481 A Grüner, Parl. Staatssekretär BMWi . . 18483 C Doss CDU/CSU 18486 A Dr. Jens SPD 18487 D Hinsken CDU/CSU 18489 D Erste Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und FDP Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Internationale Rechtshilfe in Strafsachen und des Asylverfahrensgesetzes — Drucksache 10/6151 — Lowack CDU/CSU 18492 D Bachmaier SPD 18493 C Kleinert (Hannover) FDP 18494 B Ströbele GRÜNE 18495A Nächste Sitzung 18496 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 18497* A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 239. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. Oktober 1986 18453 239. Sitzung Bonn, den 17. Oktober 1986 Beginn: 8.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 17. 10. Amling 17. 10. Frau Augustin 17. 10. Breuer 17. 10. Brunner 17. 10. Büchner (Speyer) * 17. 10. Carstensen (Nordstrand) 17. 10. Cronenberg (Arnsberg) 17. 10. Frau Dann 17. 10. Eickmeyer 17. 10. Ewen 17. 10. Dr. Faltlhauser 17. 10. Fischer (Bad Hersfeld) 17. 10. Franke (Hannover) 17. 10. Frau Fuchs (Köln) 17. 10. Dr. Geißler 17. 10. Dr. Götz 17. 10. Haase (Fürth) 17. 10. Dr. Häfele 17. 10. Handlos 17. 10. Hanz (Dahlen) 17. 10. Frau Dr. Hartenstein 17. 10. Hauff 17. 10. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 17. 10. Helmrich 17. 10. Hettling 17. 10. Höpfinger 17. 10. Ibrügger 17. 10. Jansen 17. 10. Jaunich 17. 10. Jung (Düsseldorf) 17. 10. Junghans 17. 10. Kiechle 17. 10. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Klein (Dieburg) 17. 10. Dr. Köhler (Duisburg) 17. 10. Dr. Kreile 17. 10. Kroll-Schlüter 17. 10. Linsmeier 17. 10. Dr. Müller * 17. 10. Müller (Wadern) 17. 10. Nagel 17. 10. Nelle 17. 10. Niegel 17. 10. Reuschenbach 17. 10. Sander 17. 10. Schartz (Trier) 17. 10. Dr. Scheer ** 17. 10. Schlatter 17. 10. Schmidt (Hamburg) 17. 10. Schröer (Mülheim) 17. 10. Freiherr von Schorlemer 17. 10. Schulte (Menden) 17. 10. Schulte (Unna) 17. 10. Dr. Solms 17. 10. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim 17. 10. Stobbe 17. 10. Stücklen 17. 10. Frau Dr. Timm 17. 10. Dr. Voss 17. 10. Dr. Waigel 17. 10. Werner (Ulm) 17. 10. Wiefel 17. 10. Frau Dr. Wisniewski 17. 10. Frau Will-Feld 17. 10. Wissmann 17. 10. Frau Zeitler 17. 10. Dr. Zimmermann 17. 10. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Josef Grünbeck


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Jetzt habe ich Sie begriffen. Da gebe ich Ihnen völlig recht. Nur haben Sie 13 Jahre den Justizminister gestellt und sich an die Insolvenzrechtsreform nicht herangewagt. Aber wir machen das jetzt. In der nächsten Legislaturperiode werden wir das machen.

    (Roth [SPD]: Jetzt macht es einer in Zeitlupe, über vier Legislaturperioden! — Oostergetelo [SPD]: Das ist eure Hilfe für den Mittelstand: der Justizminister!)

    Erstens. Mit dem ständigen und dynamischen Strukturwandel in der mittelständischen Wirtschaft müssen wir uns mehr als bislang beschäftigen. Dazu gehören die Rahmenbedingungen, die für diese Entwicklung notwendig sind.
    Zweitens. Für uns, für die FDP, ist vor allen Dingen die Stärkung der Finanzkraft der Unternehmen von ungeheurer Bedeutung — damit sie diesen Strukturwandel überhaupt bestehen können. Wir begrüßen, daß die Bundesregierung eine sorgfältige Ausgabenpolitik betreibt. Wir mittelständischen Unternehmen erwarten von der öffentlichen Hand einen sorgfältigen Umgang mit den Steuereinnahmen. Die Preis- und Geldwertstabilität wird einen großen Rang erhalten. Wir erwarten, daß der Mut zum Spielraum für Innovationen und Investitionen größer wird. Niedrigere Zinsen, meine Damen und Herren, sind für die Investoren von größerer Bedeutung als alles andere. Ein Prozent Zinsbewegung bedeutet für die mittelständische Wirtschaft eine Belastung von 8 Milliarden DM oder eine Entlastung von 8 Milliarden DM. Hier sind die entscheidenden Rahmenbedingungen zu setzen, damit das Vertrauen zum Staat gestärkt wird. Mittelständische Unternehmen mögen keine Schlamper in der öffentlichen Hand.
    Drittens. Der Abbau von Bürokratie und der Ausbau von Privatisierung ist uns in dieser Antwort der Bundesregierung nicht ausreichend behandelt. Allerdings sagen wir dazu, daß ein Schritt in die richtige Richtung begonnen hat. Wir brauchen den Abbau der Bürokratie, um die Gestaltungs- und Entfaltungskräfte in der mittelständischen Wirtschaft zu stärken.

    (Rapp [Göppingen] [SPD]: Warum tun Sie es denn nicht?)

    Wir brauchen mehr Freiheit und weniger Staat, weil das die Lebensqualität unserer Bürger anhebt.
    Viertens. Ich glaube, daß sich dieser Deutsche Bundestag stärker als bislang mit dem Abbau der Schattenwirtschaft beschäftigen muß. Wenn wir tatsächlich hinnehmen, daß 150 oder mehr Milliarden DM Umsatz in diesem Bereich getätigt werden, müssen wir natürlich erkennen, welche Wettbewerbsverzerrung hier stattfindet. Ich will die Selbsthilfe und die Nachbarschaftshilfe nicht zur Disposition stellen, überhaupt nicht; aber wenn diese Entwicklung in der Bundesrepublik anhält, wird sie den mittelständischen Unternehmen ersten Schaden zufügen. Sie können kein Auto schwarz produzieren, aber Sie können jedes Auto schwarz reparieren und handeln. Das ist der Punkt, über den wir in der nächsten Legislaturperiode ernsthaft werden reden müssen. Ich kündige an, daß die FDP in der nächsten Zeit einen Maßnahmenkatalog für dieses Gebiet vorlegen wird.
    Fünftens. Wir brauchen eine Offensive, ja, ich möchte sagen, eine Generaloffensive für die Qualifikation in der gewerblichen Bildung. Wir brauchen die Weiterbildung und die Umschulung mit der Chance der Anschlußbeschäftigung. Ich begrüße auch die Zeitverträge, die die Bundesregierung eingeführt hat und die jetzt als flexibles Instrument immer mehr Beachtung und Akzeptanz finden. Ich glaube aber auch, daß gerade die Qualifikationsoffensive nur dann funktionieren wird, wenn die Arbeitsverwaltung, die Wirtschaft und die Gewerkschaften gemeinsam Verantwortung übernehmen.
    Sechstens. Wir hoffen auf eine Erneuerung der sozialen Marktwirtschaft. Meine Damen und Herren, wir brauchen eine ordnungspolitische Erneuerung! Ich kann die Ausführungen, die Sie, Herr Roth, hier heute gemacht haben, nicht verstehen. Ich will es mir ersparen, die Fakten zu wiederholen, die der Kollege Hauser hier schon aufgezählt hat, die Angaben dazu, was Sie in dieser Legislaturperiode an neuen Steuern und Abgaben beantragt und auf dem Nürnberger Parteitag als Forderung beschlossen haben. Ich kann Ihnen nur eines sagen: Wenn Sie wieder einmal nach Nürnberg kommen und einen Parteitag abhalten, dann gehen Sie nicht in die für die Handwerker ehrwürdige Meistersingerhalle, sondern in den Komödienstadl; da paßt das besser hin.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Es gibt ja jetzt auch eine neue Offensive — ich habe das gestern abend in die Hand bekommen —: Handwerker für Johannes Rau.

    (Hauser [Krefeld] [CDU/CSU]: Was ist denn das?)




    Grünbeck
    Das sind die Gewerkschaftsvertreter in den Handwerkskammern.

    (Heiterkeit bei der FDP und der CDU/ CSU)

    Die haben eine Offensive für Johannes Rau ins Leben gerufen, und da habe ich etwas Lustiges gefunden, nämlich die Forderung nach paritätischer Mitbestimmung in den mittelständischen Betrieben.

    (Lachen bei der FDP und der CDU/CSU — Hauser [Krefeld] [CDU/CSU]: Was für Handwerker unterschreiben denn so etwas?)

    Ich gebe Ihnen heute einmal eine Aufgabe mit nach Hause: Sagen Sie bitte einmal, wie wir in den 1,7 Millionen Betrieben in der Bundesrepublik Deutschland, die weniger als zehn Beschäftigte haben — —

    (Roth [SPD]: Das ist doch eine grobe Fälschung!)

    — Die Forderung ist doch nicht eingegrenzt! Ich kann mir j a vorstellen, daß Sie sich für dieses Papier schämen,

    (Roth [SPD]: Eine grobe Fälschung!)

    aber ich habe es ja nicht erfunden. Sie müssen mir bitte einmal sagen, wie die Mitbestimmung in den kleinen Betrieben anfängt. Wenn Sie dann mit dem Meister, mit den Gesellen und mit den Azubi — —

    (Kolb [CDU/CSU]: Mit den Lehrlingen!)

    Ja, „Azubi" erinnert mich immer an ein japanisches Motorrad. Das ist auch so eine Ihrer glorreichen Erfindungen. Ich sage lieber auf Deutsch „Lehrling".
    Sagen Sie mir also bitte, wie Sie das machen wollen. Bis die paritätische Mitbestimmung beendet ist, ist doch der Tag um. Die mittelständischen Betriebe müssen aber arbeiten; sie können sich nicht von Palaver ernähren. Das ist bei uns die Problematik.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Wir sind Freunde der Mitbestimmung, aber wir sind keine Freunde der Fremdbestimmung. Was Sie wollen, ist nämlich etwas anderes: Sie wollen in den Betrieben die Fremdbestimmung, und Sie wollen die Einbringung der Ideologien. Wir wollen, daß wir miteinander arbeiten und miteinander die Dinge erledigen, die im Tagesgeschäft anfallen.
    Meine Damen und Herren, ich habe noch ein ernstes Problem anzusprechen, nämlich die Unternehmensnachfolge. Es macht uns in zunehmendem Maße Sorge, daß die Unternehmensnachfolge in den letzten Jahrzehnten nicht nur von hohen Erbschaftsteuern belastet ist, sondern auch durch einen Mangel an Motivation der jungen Generation, das Erbe der Väter anzutreten. Ich glaube, wir brauchen auch eine Offensive für die junge Generation, um mehr Mut, mehr Risikobereitschaft, mehr Verantwortung, auch soziale Verantwortung, und die Faszination der unternehmerischen Gestaltung zu vermitteln, damit wir sicherstellen, daß für die Betriebe Nachfolger gefunden werden.
    Wir sagen ja zu Existenzgründungen; da finden Sie uns immer an Ihrer Seite. Das ist eine Frischluftzufuhr, die die Wirtschaft braucht. Aber ich will keine Existenzgründungen, wie Sie sie wollen. Wenn Sie Kredite für sogenannte alternative Betriebe beantragen, wenn dann Leute ankommen, die als Unternehmer null Rechtsform haben, die null Vorstellungen über die Rückzahlung der ausgeliehenen Kredite haben

    (Kolb [CDU/CSU]: Und die Null zurückzahlen wollen!)

    und die null Vorstellungen von ihrer Steuerpflicht haben, dann habe ich — das kann ich Ihnen nur sagen — null Bock auf solche Kredite.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

    Forschung und Entwicklung sind natürlich ein wichtiger Bestandteil.

    (Weitere Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

    — Sie können doch nicht mit mir über Forschung und Entwicklung reden, wenn Sie keine Ahnung von Forschung und Entwicklung in mittelständischen Betrieben haben. Wir brauchen die verstärkte Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und der Wissenschaft, und wir brauchen die überdurchschnittliche Leistung.
    Wir schätzen die freien Berufe. Was Sie dazu angeboten haben, war j a kabarettreif.

    (Zuruf von der SPD: Was Sie machen, ist kabarettreif!)

    Sie wollen die freien Berufe verstärkt fördern, und gleichzeitig fordern Sie die Einführung der Gewerbesteuer für die freien Berufe, damit Sie die Förderung finanzieren können. Das ist Rothsche Logik.

    (Zustimmung bei der FDP und der CDU/ CSU — Kolb [CDU/CSU]: Das ist ein Beschäftigungsprogramm!)

    Wir brauchen keine solchen Belehrungen. Ich möchte zum Schluß kommen.

    (Abg. Roth [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Es tut mir leid, Herr Kollege Roth, aber meine Redezeit ist vorbei. Ich möchte zum Schluß nur noch auf ein wichtiges Kapitel zu sprechen kommen und Ihnen folgendes ans Herz legen: Meine Tätigkeit in den letzten drei Monaten im Untersuchungsausschuß „Neue Heimat" hat neben den materiellen Erkenntnissen auch humane Erkenntnisse gebracht. Da wird eine Kälte gegen uns und gegen die sozial Schwachen ins Feld geführt, die kann einen erschrecken. Ich würde Ihnen nur mal eine Bildungsreise in die mittelständischen Betriebe empfehlen.
    Für mich — und, meine Damen und Herren, das sage ich mit vollem Ernst — ist die mittelständische Wirtschaft einer der größten Träger von Sozialleistungen in unserer Gesellschaft. Deshalb habe ich die Gesellschaftspolitik noch einmal ins Feld geführt. 50 % der Leistungen der gesetzlichen Sozial-



    Grünbeck
    versicherung bringen die mittelständischen Unternehmer auf. Darüber hinaus erfüllen sie fast zu 100% die tarifvertraglichen Leistungen, und sie leisten dafür in Anbetracht des gesamten Sozialpakets noch etwa 30 % freiwillige Leistungen aus ihrer eigenen Tasche, nicht aus den Taschen anderer; das ist ja viel einfacher.
    Hierzu kommt eine humane Arbeitswelt in den mittelständischen Betrieben, die noch von menschlichen Beziehungen und von menschlicher Wärme getragen ist. Hier reden der Meister, der Geselle und der Lehrling noch miteinander. Wir begleiten die Arbeitnehmer oft von der Taufe bis zur Hochzeit und leider Gottes manchmal bis zur Beerdigung. Wir brauchen diese menschlichen Kontakte, damit wir mit unseren Mitarbeitern die schweren Aufgaben lösen können. Wir suchen die Partnerschaft und wir bieten sie allen an. Wir brauchen keinen ideologischen Klassenkampf, sondern wir wollen die soziale Partnerschaft über unsere Menschlichkeit in dieser Welt erhalten. — Ich danke Ihnen sehr.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Rapp (Göppingen).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Heinz Rapp


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Herren Kollegen! Vor kurzem hat die SPDFraktion Leitlinien zur Selbständigenpolitik beschlossen. Aus der CDU/CSU-Fraktion kam daraufhin nach der Art eines Pawlowschen Reflexes eine geradezu selbstschädigende Presseerklärung: Die Leitlinien der SPD taugen nichts, hieß es da, und außerdem seien sie bei der CDU abgeschrieben. Eine derart kopflose Reaktion kommt aus dem Bauch. Da war einer in seinem Urgemüt aus der Balance gekommen ob der Anmaßung der Sozialdemokraten, Selbständige aus Handel, Handwerk und Gewerbe, aus den freien Berufen und der Landwirtschaft werbend anzusprechen: gehört doch, nicht wahr, „die Wirtschaft" — in Anführungszeichen — rechtens den bürgerlichen Parteien.
    Stark pointiert, gewiß, aber nicht falsch. Beispiele: Wenn der DGB sagt, die einzelnen Parteien bestimmten ihre Nähe oder Ferne zur Einheitsgewerkschaft durch ihr Verhalten und ihr Handeln selber und demgemäß bestehe eine größere Affinität zur SPD, dann schäumt das ganze sogenannte bürgerliche Lager. Gefahren für die Einheitsgewerkschaft werden beschworen, der Herr Esser darf den DGB eine Art Partei nennen. Hingegen hat es völlig seine Ordnung, wenn die großen Wirtschaftsverbände, die ja niemals Partei sind, nicht wahr, PR-Kampagnen machen, die wie zufällig zu denen des Adenauer-Hauses passen; wenn in Verbandsorganen die Position der derzeit oppositionellen SPD oft genug gar nicht, verkürzt oder verbogen zur Kenntnis gebracht wird; wenn die bis 1982 gute Übung immer mehr außer Brauch gerät, bei Verbandstagungen auch die Opposition zu Wort kommen zu lassen; und so weiter und so weiter. Bis in verkammerte, also öffentlich-rechtliche Bereiche hinein sorgen die Seilschaften dafür, daß möglichst nirgendwo ein Sozialdemokrat zur Geltung kommt.
    Vor kurzem kam ein kleiner Bauunternehmer, SPD-Mitglied, zu mir und sagte, der örtlich beherrschende Architekt, CDU-Stadtrat selbstverständlich, habe ihm gesagt, soweit sein Einfluß reiche werde es Aufträge erst dann geben, wenn er, der Bauunternehmer, sein SPD-Parteibuch zurückgebe. Diese Erfahrung machen viele SPD-Mitglieder im selbständigen Mittelstand zuhauf und fast täglich. Meine Damen und Herren, ist das die Freiheit, die Sie meinen? Pluralität ist das Maß der Freiheit, die Beherrschung ganzer gesellschaftlicher Bereiche durch eine Partei ist das genaue Gegenteil davon. Bitte, reflektieren Sie das mal und versetzen Sie sich in die Haut derjenigen, die Sie damit schädigen!

    (Hinsken [CDU/CSU]: Hoffentlich ist der Bauunternehmer nicht zur Neuen Heimat gegangen!)

    — Ersparen Sie es mir, diesen Zwischenruf zu qualifizieren.
    Meine Damen und Herren, demokratischer und unternehmerischer Wettbewerb haben vergleichbare Strukturprinzipien. Wer die des demokratischen Wettbewerbs nicht begreift, wird schwerlich denen ein verläßlicher Partner sein, die vermachte-ter Konkurrenz ausgesetzt sind. Erst gestern noch kam mir die Eingabe des Lebensmitteleinzelhandels auf den Tisch, wonach auch im Jahre 1985 per Saldo wieder 3 000 kleine und mittlere Geschäfte machtbestimmter Konkurrenz zum Opfer gefallen sind. Es werden da Maßnahmen gefordert, wie die SPD-Fraktion sie in der Debatte vom 18. Juni vorgeschlagen hat. Die Koalition hat sie abgelehnt.
    Was die Bundesregierung in ihren Antworten zu den Großen Anfragen dazu sagt, ist allenfalls mittelmäßige PR-Arbeit, Beschönigung, Vertröstung. Hilfe ist da nicht zu erwarten.

    (Sehr gut! bei der SPD)

    Wann und wo immer es in der Vergangenheit um die Erhaltung des Leistungswettbewerbs und seine Verbesserung gegangen ist, waren Sozialdemokraten die treibende Kraft — Sie nicht, Herr Grünbeck —, und so wird es auch bleiben.

    (Hornung [CDU/CSU]: Aber in die falsche Richtung haben Sie getrieben!)

    Vielen Selbständigen, vor allem denen in den kleinen und mittleren Betrieben, werden die Leitlinien der SPD eher einleuchten als diese Antworten der Bundesregierung. Lieber Herr Hauser, wenn Sie mal wirklich eine stimmige Darstellung der gesellschaftlichen und gesellschaftspolitischen Bedeutung der Selbständigen im Mittelstand lesen wollen, dann studieren Sie diese Leitlinien!

    (Beifall bei der SPD)

    Bei den Landtagswahlen im Saarland und in Nordrhein-Westfalen hat die SPD übrigens gerade in dieser Wählerschicht besonders deutlich hinzugewonnen, und bei der Bundestagswahl 1987 wird es wieder so sein. Es haben eben nicht alle vergessen und verdrängt, wie Sie, Herr Hauser, und anderen fällt es auch wieder ein, was sozialdemokratisch geführte Bundesregierungen zur Verbes-



    Rapp (Göppingen)

    serung der Lage des wirtschaftlichen Mittelstands geleistet haben,

    (Hornung [CDU/CSU]: Siehe NordrheinWestfalen!)

    von der Öffnung der Rentenversicherung über die Wettbewerbspolitik, über genau zielende steuerliche Entlastungen und Finanzierungshilfen bis hin zur Forschungsförderung und den Beratungshilfen. Und ersparen Sie es mir lieber Herr Grünbeck, jetzt die psychologische Kategorie zu nennen, die angezeigt ist, wenn jemand in derart manischer Weise wie Sie seine eigene Vergangenheit verbrennt.

    (Beifall bei der SPD — Lenzer [CDU/CSU]: Was heißt das denn?)

    Immer mehr Menschen, meine Damen und Herren, realisieren, wem denn die Vermögens- und Gewerbesteuersenkung der konservativen Regierung tatsächlich zugute gekommen ist. Den kleinen und mittleren Unternehmen jedenfalls kaum. Daß die gewiß notwendige und von uns bereits eingeleitete Rückführung der jährlichen Nettoneuverschuldung, soweit sie nicht dem Bundesbankgewinn zu verdanken ist, nach 1982 einseitig zu Lasten der Massenkaufkraft und also auch zu Lasten der auf den Binnenmarkt verwiesenen kleinen und mittleren Unternehmen ging, haben viele erfahren müssen; die nach 1982 stark gestiegenen Insolvenzzahlen weisen es aus. Selbst die Erwartung hat ja getrogen, daß dies alles den Investitionen und somit der Beschäftigung zugute käme. Ein Großteil der nach oben umgeschichteten Gelder wurde von Reagans Voodoo-Politik angesogen und dort absorbiert; für den Arbeitsmarkt blieb gar nichts mehr übrig.
    Damit Sie mir jetzt nicht mit dem Vorwurf der Schwarzmalerei kommen, sage ich: Es geht uns insgesamt gewiß nicht schlecht, allzu vielen einzelnen geht es schlechter, als es in unserer reichen Gesellschaft sein müßte.

    (Zuruf von der SPD: So ist es!)

    Und es könnte uns in mancherlei Hinsicht besser gehen. Vor allem wird zu wenig Vorsorge getroffen, daß es in der Zukunft nicht schlechter geht. Die Zukunftsaufgaben bleiben liegen; das ist der Vorwurf, den wir erheben.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich weiß, meine Damen und Herren, „Leistung muß wieder lohnen". Aber welcher Leistungsbegriff, bitte, ist denn da gemeint? Soll wirklich gelten, daß der Manager, der 500 Mille verdient, 550 oder 600 haben muß, damit er 10 % mehr Leistung erbringt?

    (Hornung [CDU/CSU]: So wie bei der Neuen Heimat!)

    Soll denn das wirklich gelten, daß man den Leistungswillen des kleinen Mannes am besten dadurch stimuliert, daß man ihn kürzer hält und ihm das austreibt, was die Konservativen und Liberalen seine Anspruchsmentalität nennen? Ist das gemeint, haben Sie diesen Leistungsbegriff? Und welches Menschenbild steht denn dahinter? frage ich Sie.

    (Mann [GRÜNE]: Eine gute Frage!)

    Da man den Grenznutzen einer persönlich zurechenbaren Leistung nicht bestimmen kann, läuft dieses ganze Gerede doch nur auf die Tautologie und auf die Rechtfertigungsideologie hinaus, daß der, der mehr verdient, auch mehr leistet.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Wenn ich mehr Zeit hätte, meine Damen und Herren, würde ich genauer den Unternehmer beschreiben, den wir bei uns in der SPD brauchen; zuzugeben, Herr Grünbeck: von denen wir mehr haben sollten, weil wir die Erfahrung derer nicht entbehren können, die sich täglich im Markt und in sozialer und ökologischer Verantwortung bewähren müssen. Diese Unternehmerin, dieser Unternehmer hat gewiß einen anderen Leistungsbegriff als den, den ich dauernd von Ihnen höre. Mitbestimmung begreift er, Herr Grünbeck, als ein wertvolles und unverzichtbares Element der betrieblichen und der unternehmenswirtschaftlichen Entscheidungsstruktur und nicht als Bedrohung. Aus der Aufgabe der Ausbildung wird er sich nicht zu Lasten anderer wegstehlen. Er weiß, daß Kapital und Arbeit aufeinander verwiesen sind, aber doch stets so, daß die lebendige Arbeit Vorrang hat vor dem toten Kapital und seiner bloßen, von der Sicherung des Unternehmens abgehobenen Mehrung.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Er versteht, daß sich das Gemeinwohl nicht als die Summe des wirtschaftlichen Wohlergehens einzelner herstellt, sondern daß es dazu vielmehr auch staatlicher Gestaltung bedarf. Den Staat wie auch den Tarifvertragsgegner betrachtet er nicht als seinen Feind, er weiß vielmehr, daß das Gemeinwohl vom Zustandekommen und Wohlergehen aller abhängt. Die Art und Weise, wie Sie über den Staat reden, wie Sie ihn zum Feind des Mittelstandes machen, haben Sie selber zu verantworten.

    (Grünbeck [FDP]: Wer hat denn so etwas gesagt? Wer hat denn vom Staat als Feind geredet? — Tatge [GRÜNE]: Das ist richtig!)

    Nun behaupten aber Herr Hauser und andere, auch Herr Grünbeck, der Staat sozialdemokratischer Provenienz überfordere die Wirtschaft. Nun, was die Bürokratielast anlangt, so verweise ich auf die Umfrage der Zeitschrift „Impulse", die ergeben hat, daß die Bürokratielast für die kleinen und mittleren Unternehmen seit 1982 um rund 70% gestiegen ist.

    (Hört! Hört! bei der SPD — Mann [GRÜNE]: An ihren Taten sollt ihr sie messen! — Tatge [GRÜNE]: Das ist die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit!)

    Im ganzen hat ja auch die Abgaben- und Steuerlast zugenommen. Und was da nun unsere Steuerbeschlüsse, unseren Tarifbeschluß und die Ergänzungsabgabe betrifft, so gilt, meine Damen und Herren, daß der SPD-Tarif für Verheirateteneinkommen bis zu 90 000 Mark Entlastungen bringt,



    Rapp (Göppingen)

    und das sind 80 % der Steuerfälle. Von welchem Facharbeiter, von welchem Handwerker, von welchem Einzelhändler reden Sie denn da, der dadurch in seiner Existenz bedroht sein soll?

    (Beifall bei der SPD)

    Da sollten Ihre Redenschreiber sorgfältiger recherchieren.
    Meine Damen und Herren, das alles bereden wir vor dem Hintergrund drängender Zukunftsaufgaben: Wir müssen die Sozialversicherung sichern, Umweltaltlasten aufarbeiten, zu einer anderen Stromversorgung kommen, die Wirtschaft ökologisch erneuern, uns die internationale Solidarität mehr kosten lassen.

    (Grünbeck [FDP]: Lauter wolkige Sprüche sind das!)

    Das alles muß nicht der Staat erledigen; je mehr davon in gesellschaftlicher und unternehmerischer Verantwortung aufgearbeitet werden kann, desto besser.

    (Mann [GRÜNE]: Sehr gut! — Hornung [CDU/CSU]: Sagen Sie doch einmal, was haben Sie davon in den dreizehn Jahren getan? Nur Sprüche sind das!)

    Übrigbleiben wird aber doch, daß Entscheidendes von der Leistungsfähigkeit der öffentlichen Finanzwirtschaft abhängt. Deshalb, meine Herren, versprechen wir Sozialdemokraten über die Rückgabe der heimlichen Steuererhöhungen hinaus keine weiteren Steuersenkungen.

    (Beifall bei der SPD)

    Lassen Sie uns erst die Gemeinschafts- und die Zukunftsbedürfnisse aufarbeiten, das hat Vorrang; hernach wird man dann sehen. Wir sind nicht scharf auf eine hohe Staatsquote um ihrer Höhe willen, wohl aber auf die Fähigkeit des Staates, die ihm aufgetragenen Aufgaben zu erledigen.

    (Bohl [CDU/CSU]: Nur Sprechblasen, alles Sprechblasen! — Hornung [CDU/CSU]: Bei Ihnen hat der Staat zugenommen, begreifen Sie das doch!)

    Dabei wird keiner ärmer, nur die aus den 50er, 60er und 70er Jahren gewohnten Zuwachsraten an konsumierbarem Einkommen wird es wohl nicht mehr geben. Wir orientieren um: vom quantitativen Mehr zum qualitativen Besser.

    (Bohl [CDU/CSU]: Alles Sprechblasen!)

    Wie das geht, können Sie aus unserem Projekt Sondervermögen „Arbeit und Umwelt" ersehen.

    (Beifall bei der SPD)

    Gestern hat Herr Stoltenberg hier gesagt, wir müßten uns bescheiden; in diesem Sinne: j a. Wir Sozialdemokraten haben ihm Beifall gezollt, fügen allerdings hinzu: wir alle und nicht nur immer die kleinen Leute, im Gegenteil: die Starken — siehe Ergänzungsabgabe —

    (Zuruf von der CDU/CSU: Siehe Neue Heimat!)

    einstweilen und zeitbegrenzt etwas mehr.
    Meine Damen und Herren, es gibt ihn, den Unternehmer, der das alles genauso sieht und für richtig hält, der darin auch Chance und nicht nur Beschwernis sieht. Es gibt sie, die Unternehmer in der Sozialdemokratischen Partei. Es gibt übrigens Fachleute nicht nur in der FDP, sondern es gibt auch welche in anderen Parteien, lieber Herr Grünbeck. Gewiß ist es seine primäre Aufgabe, das Unternehmen in Takt zu halten und voranzubringen. Staat und Tarifparteien müssen ihm das ermöglichen.
    Die Leitlinien der SPD zur Selbständigenpolitik bieten den wirtschaftlich Selbständigen und fortschrittlichen unternehmerisch Tätigen Erhellende-res als die Antworten der Bundesregierung auf die Großen Anfragen. Wir Sozialdemokraten stellen uns da gerne dem Wettbewerb.

    (Beifall bei der SPD — Bohl [CDU/CSU]: Das ist auch gut so, das können Sie am 25. Januar machen!)