Rede von
Herbert
Rusche
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Noch heute — das ist j a nicht die einzige Debatte, die wir haben — werden wir über die Erhöhung der Diäten der Bundestagsabgeordneten in diesem Hause diskutieren. Angesichts der ca. 1 000 DM — es sind knapp unter 1 000 DM —, die sich die Abgeordneten in den letzten vier Jahren mehr gegönnt haben, ist der Betrag, den Sie den jungen Männern, die Sie zum Dienst an der Waffe verpflichtet haben
und den Zivildienstleistenden zukommen lassen wollen, viel zu bescheiden.
Tausende von jungen Männern werden durch Ihre Gesetzgebung zu einem Dasein gezwungen, in dem sie schwere und oft unsinnige Dienste leisten müssen, für die von einem Entgelt überhaupt keine Rede sein kann. Der Betrag, der jungen Soldaten und Kriegsdienstverweigerern ausgezahlt wird, liegt in den meisten Fällen unter dem Existenzminimum. Im Gegensatz zu vielen Kollegen aus den anderen Fraktionen hier im Bundestag ist bei den GRÜNEN die Jugend noch nicht so lange vorbei und daher in Vergessenheit geraten, daß wir nicht wüßten, was es bedeutet, ständig den Verlockungen der Konsumgesellschaft ausgesetzt zu sein, ohne auch nur annähernd die Mittel zu haben, die notwendig sind, um die notwendigsten Bedürfnisse zu befriedigen.
— Ja, wir kennen das, Sie nicht mehr.
— Darüber habe ich keine statistische Erhebung. Die meisten von uns waren Kriegsdienstverweigerer. Darauf sind wir auch stolz.
Ein anderes Thema in diesem Zusammenhang ist die Verlängerung des Kriegsdienstes auf 18 Monate ab 1989 sowie die Verlängerung des Zivildienstes. Anscheinend möchte sich die Bundesregierung bei ihren Jungwählern nicht allzu unbeliebt machen und versucht nun, diese Dienste wenigstens finanziell etwas lukrativer zu gestalten.
Nur, meine Damen und Herren von der Bundesregierung, dazu ist der Beitrag, den Sie durch diesen Gesetzentwurf leisten, zu gering.
Damen sind leider keine da, wie ich sehe, obwohl das Bundesministerium für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit doch auch damit befaßt ist, soviel ich weiß. Aber auch für Frauen werden Sie den Dienst an der Waffe damit nicht lukrativer gestalten. Und erzählen Sie mir nicht, daß Frauen in der Bundeswehr insgeheim nicht schon lange zu Ihrem Konzept gehören.
Zum Abschluß der Rede — ich möchte mich kurzfassen — möchte ich noch den Volksmund bemühen, der da sagt: Der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen.
— Das ist der Volksmund, den können Sie dem Volk nicht verbieten.
Dies kommt einem in den Sinn, wenn man an die noch später zu diskutierenden Diätenerhöhungen denkt und im Vergleich dazu die Beträge sieht, mit denen unsere Jugendlichen im Kriegs- und Zivildienst abgespeist werden.
Meine Damen und Herren, wenn ich das Modebewußtsein der Mitglieder dieses Hauses mit dem der Jugend von heute vergleiche, bin ich mir sehr sicher, daß die Jugendlichen mit dem Geld mehr anfangen könnten.
Wie Sie vielleicht gemerkt haben, geht es uns GRÜNEN nicht wie den anderen Fraktionen um eine Befriedung der Bundeswehr durch die Solderhöhung, sondern um eine ausreichende Bezahlung von schweren, oft sehr gefährlichen und nicht immer gern getanen Diensten unserer Jungs bei der Bundeswehr und im Zivildienst.
Soviel dazu.
Natürlich möchte ich Ihnen nicht vorenthalten, daß ich der Meinung bin, daß auch im Interesse unserer Bundeswehrsoldaten der § 175 endlich gestrichen werden müßte.
Danke.