Rede von
Renate
Schmidt
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen! Frau Ministerin, Sie haben hier auf Ihre Ausführungen und Ihre Worte zum Bereich der Gentechnologie hin zu Recht den Beifall des ganzen Hauses bekommen. Ich kann deshalb nur annehmen, daß es sich um ein schlimmes Versehen handelt und um etwas, was Ihrer Aufmerksamkeit entgangen ist, wenn Sie die Schirmherrschaft eines Kongresses übernommen haben, der sich mit Augenkrankheiten bei Kindern befaßt, bei dem Ihr Name auf einem Fragebogen ausgedruckt ist, der Fragen wie diese enthält — er enthält noch schlimmere dieser Sorte —:
Sollte sich die gentechnologische Forschung auf die vorgeburtliche Diagnostik erstrecken mit dem Ziel, die Geburt RP-kranker Kinder durch Schwangerschaftsabbruch zu verhindern?
Sie sind auf diesem Fragebogen als Schirmherrin ausgedruckt. Es wäre schön, wenn Sie hier zur Klarstellung beitragen würden.
Frau Ministerin, Sie haben des weiteren beklagt, die SPD würde die unterschiedlichen Lebensläufe von Menschen nicht ausreichend berücksichtigen. Als eine Frau, die drei Kinder hat, die ihr ganzes Leben lang berufstätig war, die gesehen hat, welche Schwierigkeiten es macht, dies miteinander zu vereinbaren, als eine Frau, die selber einen Hausmann zu Hause hatte und gesehen hat, was es für ihn bedeutet hat, als eine Frau, die Großmutter ist und zwei Enkelkinder hat und deren Tochter nicht erwerbstätig ist, komme ich mir dabei immer ein ganz klein bißchen komisch vor. Ich weiß, wir wissen, welche unterschiedlichen Lebensverläufe es gibt und welch unterschiedliche Angebote Politik zu machen hat. Deshalb geht dieser Vorwurf genauso ins Leere wie der Vorwurf, den Sie uns in bezug auf unser Grundsatzprogramm gemacht haben.
Sie selber haben in Ihrer weitgehend philosophischen und leider viel zu wenig konkreten Rede gesagt,
Familienpolitik könne eben nicht losgelöst betrachtet werden.
— Ja, sie war ja in vielen Passagen gut, Herr Sauer, nur: Wir vermissen die konkreten Umsetzungen.
Wenn Sie hier selber sagen, daß Familienpolitik eben nicht losgelöst betrachtet werden könne: Sie finden in unserem gesamten Programmentwurf — von der Umweltpolitik über die Arbeitsmarktpolitik, über die Jugendpolitik, über die Frauenpolitik — durchgängig Bereiche, die die Familie betreffen, eben weil Familienpolitik nicht losgelöst von anderen Politikbereichen gesehen werden kann.
Deshalb geht auch dieser Vorwurf, wie gesagt, ins Leere.
Aber ich möchte gern vom Philosophischen zum Konkreten kommen; ich habe auch nicht ganz so viel Zeit wie Sie. Wir haben von Ihnen gerade eine Bilanz gehört, die in meinen Augen doch sehr durch die rosarote Brille gesehen wurde und die sich — ich sage es noch einmal — konkret im Haushalt und in der mittelfristigen Finanzplanung nicht niederschlägt.
Ich werde hier nicht ein weiteres Mal die positive Bilanz unserer Regierungszeit aufmachen. - Übrigens, falls Sie den Fragebogen suchen sollten: Ich habe ihn hier; vielleicht kann er durch einen der Saaldiener einmal herübergereicht werden.