Rede:
ID1022912300

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Metadaten
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    Plenarprotokoll 10/229 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 229. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 11. September 1986 Inhalt: Begrüßung des Ersten Stellvertreters des Vorsitzenden des Staatsrates der Volksrepublik Bulgarien und seiner Delegation . 17757 B Änderung der Überweisung des Antrags betr. Einführung von Bestandsobergrenzen zum Schutz der bäuerlichen Landwirtschaft und der Umwelt — Drucksache 10/2822 — an Ausschüsse 17757 B Begrüßung einer Delegation des australischen Parlaments 17782 D Zur Geschäftsordnung Volmer GRÜNE 17755 B Seiters CDU/CSU 17756 A Porzner SPD 17756 B Wolfgramm (Göttingen) FDP 17757 A Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1987 (Haushaltsgesetz 1987) — Drucksache 10/5900 — in Verbindung mit Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1986 bis 1990 — Drucksache 10/5901 — Dr. von Dohnanyi, Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg . . 17757 D Dr. Friedmann CDU/CSU 17762 C Bueb GRÜNE 17766 B Cronenberg (Arnsberg) FDP 17768 B Sieler (Amberg) SPD 17772 B Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 17774 A Frau Fuchs (Köln) SPD 17783 A Frau Dr. Adam-Schwaetzer FDP . . . 17788 D Jagoda CDU/CSU 17792 C Wieczorek (Duisburg) SPD 17797 A Seehofer CDU/CSU 17799 C Dr. Wallmann, Bundesminister BMU . 17804A Dr. Hauff SPD 17812 B Dr. Laufs CDU/CSU 17819 D Dr. Müller (Bremen) GRÜNE 17824 B Frau Seiler-Albring FDP 17827 A Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI 17830 B Dr. Penner SPD 17834 D Dr. Miltner CDU/CSU 17840 B Ströbele GRÜNE 17843 D Dr. Hirsch FDP 17846 D Broll CDU/CSU 17848 D Schäfer (Offenburg) SPD 17851 B Kuhlwein SPD 17853 D Engelhard, Bundesminister BMJ . . . . 17855 C Dr. Emmerlich SPD 17858A Vizepräsident Westphal 17801 A Vizepräsident Stücklen 17824 A Nächste Sitzung 17860 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 17861* A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 229. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. September 1986 17755 229. Sitzung Bonn, den 11. September 1986 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 12. 9. Antretter * 11. 9. Bahr 12. 9. Frau Borgmann 11. 9. Büchner (Speyer) * 11. 9. Eigen 12. 9. Frau Fischer * 11. 9. Dr. Geißler 11. 9. Dr. Götz 12. 9. Hanz (Dahlen) 12. 9. Dr. Hüsch 11. 9. Dr. Hupka 11. 9. Dr. Klejdzinski * 11. 9. Dr. Kreile 12. 9. Dr. Kronenberg 12. 9. Dr. Kübler 11. 9. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Landré 11. 9. Lenzer * 11. 9. Dr. Mitzscherling 12. 9. Dr. Müller * 12. 9. Nagel 12. 9. Frau Pack * 11. 9. Pöppl 12. 9. Dr. Riedl (München) 12. 9. Dr. Soell 12. 9. Dr. Sperling 12. 9. Dr. Stercken 12. 9. Frau Verhülsdonk 12. 9. Voigt (Sonthofen) 12. 9. Dr. Wieczorek 11. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Volker Hauff


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ja, für die Redezeit.
    Wenn wir für Energieeinsparung plädieren, dann heißt das nicht, daß man im kalten Zimmer sitzt, sondern das heißt, daß man technische Möglichkeiten nutzt, daß neue Technologien wie Wärme-KraftKopplung, Blockheizkraftwerke, Wirbelschichtfeuerung, bessere Isolationsmaterialien, andere Haushaltsgeräte, Wärmepumpen, Solarzellen genutzt werden, um neue Industrien entstehen zu lassen, um auf diesem Gebiet Wachstum entstehen zu lassen, damit unsere Probleme besser gelöst werden.

    (Beifall bei der SPD — Hinsken [CDU/ CSU]: Sie haben keine Ahnung von Wirtschaftspolitik!)

    Jetzt bleibt das Argument übrig, das Sie heute nachmittag hier auch eingeführt haben, nämlich die umweltpolitische Verträglichkeit.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Herr Kollege Wallmann, der Sachverständigenrat für Umweltfragen hat in einem Sondergutachten 1981 betont, daß bei der Kohle keine Parallele zu den möglichen großen Reaktorunfällen besteht. Er führt dann weiter aus — wörtlich —:
    Das Risiko eines Unfalls von katastrophalem Ausmaß kann bei der Kernenergie aus der Gesamtbewertung deswegen nicht ausgeklammert werden.
    Das ist eine Aussage des Sachverständigenrates für Umweltfragen.
    Auch wenn wir, wie das RWI annimmt, keine Energieeinsparung und keine technischen Innovationen vornehmen und keine Fortschritte in der Gesetzgebung durch Umweltgesetze machen — davon geht das RWI-Gutachten aus —, dann bleibt es dennoch so, daß wir bei dem Weg, den wir empfehlen, zu einer Verringerung von Schwefeldioxid kommen, und zwar im Laufe der nächsten Jahre um 60 %, daß es zu keinem Zeitpunkt eine höhere Emission geben wird und daß wir bei NOx zu einer Reduktion um über 50% kommen. Wir wollen aber die Energieeinsparung zur Priorität Nummer eins machen. Wir wollen den strukturellen Wandel in der Wirtschaft fördern. Wir wollen technische Innovationen im Umweltschutz voranbringen. Wir wollen auch in der Gesetzgebung auf diesem Gebiet keinen Stillstand haben. Deswegen ist es zu schaffen, diese Zahl noch wesentlich zu unterschreiten. In der Tat, wir müssen die Ärmel auf all den Gebieten hochkrempeln.

    (Lemmrich [CDU/CSU]: Warum haben Sie es denn nicht gemacht?)

    Wir müssen neue Lösungen wirklich suchen. Wir müssen in unserer Industriegesellschaft die Chance nutzen, Arbeit und Umwelt miteinander zu verknüpfen. Es kann doch überhaupt keinen Zweifel geben, daß es unter allen Energietechnologien
    keine kapitalintensivere und arbeitsplatzärmere Technologie gibt als die Atomkraft.

    (Beifall bei der SPD — Pfeffermann [CDU/ CSU]: Warum hat denn der Forschungsminister Hauff das dann immer gefördert?)

    — Herr Pfeffermann, das CO2-Problem nehmen wir sehr ernst, und es darf nicht verharmlost werden. Nur muß der, der das CO2-Problem ernst nimmt, mit uns zusammen erstens als wichtigste Priorität der Energiepolitik die rationelle und sparsame Energieverwendung einsetzen.

    (Beifall bei der SPD — Beifall des Abg. Dr. Hirsch [FDP])

    Zweitens muß er, bevor er über andere Dinge nachdenkt, mit uns zusammen dafür eintreten, daß der Wahnsinn aufhört, daß in der Dritten Welt laufend tropische Wälder brandgerodet werden, mit riesigen Belastungen für die Umwelt.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Beifall des Abg. Dr. Hirsch [FDP])

    Und wer das CO2-Problem ernst nimmt, der muß mit uns zusammen dafür eintreten, daß die unglaublich schädlichen Treibgase in dem Zusammenhang hier in der Bundesrepublik endlich verboten werden, wie das in Schweden ist.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Erst dann, wenn Sie das getan hätten, wären Sie überhaupt legitimiert zu sagen:

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: Wenn Sie es getan hätten, wären Sie legitimiert!)

    Jetzt müssen noch zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden.

    (Beifall bei der SPD — Pfeffermann [CDU/ CSU]: Herr Hauff, war das Ihr Zwillingsbruder, der früher immer regiert hat, der Forschungsminister, der Verkehrsminister war?)

    Es gibt viele in Europa und anderswo, die mit uns zusammen diesen Weg gehen, wo es solche Entwicklungen gibt, von Schweden über die Niederlande, von Dänemark über Österreich.

    (Boroffka [CDU/CSU]: Bei Österreich denken Sie mal an die Donau-Kanalisierung!)

    Die Diskussion unserer Freunde in Italien und auch die Situation in den Vereinigten Staaten von Amerika muß Sie doch dazu bringen, wo kein einziges neues Kernkraftwerk bestellt wurde.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Der frühere Leiter der Umweltschutzbehörde der Vereinigten Staaten, den ich gefragt habe, warum das seines Erachtens so sei, sagt mir, er glaube nicht, daß unter Sicherheitsgesichtspunkten in den USA überhaupt noch ein Kernkraftwerk genehmigt werde. Wenn man den Satz wirklich ernst nimmt, Wirtschaftlichkeit geht vor Sicherheit, dann wird sich sehr rasch herausstellen, was dabei von dem Märchen vom billigen Atomstrom übrigbleibt.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)




    Dr. Hauff
    Wir stehen vor einer großen Reformaufgabe — das ist richtig —, und wir müssen diese Reform auch als industriepolitische Chance begreifen.

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: Warum hat denn der Hauff 17 Kernkraftwerke ans Netz gebracht?)

    Wenn alle mitziehen — das sage ich noch einmal —, dann kann es im Laufe von zehn Jahren gelingen.

    (Bohl [CDU/CSU]: Gehen Sie mal auf unsere Zwischenrufe ein! Kneifen Sie nicht!)

    Das zeigt im übrigen auch ein Blick auf die Vergangenheit: In den letzten zehn Jahren, zwischen 1979 und 1985,

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: Den schlagen wir für Schilda vor!)

    haben wir 46 Millionen Tonnen Öl aus dem Energiesystem verdrängt.

    (Zurufe von der [CDU/CSU]: Wodurch? — Wodurch denn?)

    41 Millionen ist die Vergleichszahl der Kernenergie. Niemand soll behaupten, das sei völlig ausgeschlossen; deswegen sagen die Institute das auch. Das geht.

    (Gerstein [CDU/CSU]: Dabei haben Sie das 01 durch die Kernenergie verdrängt!)

    — Hören Sie doch sorgfältig zu! Ich polemisiere doch gar nicht gegen Sie.

    (Dr. Vogel [SPD]: Verlang' nichts Unmögliches!)

    Richtig ist: Es gab in diesen Jahren eine Übereinstimmung zwischen nahezu allen Beteiligten in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft, daß dieser Prozeß „Weg vom 01" vorangetrieben werden müßte.

    (Gerstein [CDU/CSU]: Mit Hilfe der Kernenergie!)

    Eine sichere Energieversorgung ohne Atomkraft ist aus folgenden Gründen möglich.
    Erstens. Wir haben heute aus verschiedenen Gründen Überkapazitäten. Nach Angaben der Elektrizitätswirtschaft, die sicherlich nicht zu hoch gegriffen sind, liegen sie in einer Größenordnung von etwas mehr als 10 000 Megawatt.
    Zweitens. Die Möglichkeiten zur Stromeinsparung sind größer als vermutet. Es gibt seriöse Untersuchungen, die zu heutigen wirtschaftlichen Bedingungen mit einem Sparpotential im Strombereich zwischen 15 und 20 % rechnen.

    (Bueb [GRÜNE]: Die gab es schon zu Ihrer Regierungszeit!)

    Allerdings müssen wir das alle wollen.
    Drittens. Es gibt genügend Braun- und Steinkohle,

    (Gerstein [CDU/CSU]: Wo? In Südafrika!)

    um den anfallenden Bedarf auf jeden Fall zu dekken, auch dann, wenn wir mit den Einsparungen nicht so schnell vorankommen, wie wir das hoffen.
    Viertens. In Zukunft werden vor allem regenerative Energiequellen eine wachsende Rolle spielen. Ich teile die Auffassung von Carl Friedrich von Weizsäcker — jetzt beziehe ich mich auf das Vorwort —, der sagt, er rücke von seiner frühere Position ab für ein Energiesystem, das als Hauptenergieträger die Kernenergie vorsieht, und plädiert dafür für die Entwicklung eines Energiesystems mit dem Hauptenergieträger der Solarenergie für die Zukunft.

    (Boroffka [CDU/CSU]: Unter der Voraussetzung, daß die wissenschaftlichen Ergebnisse stimmen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU — Dr. Vogel [SPD]: Wer hat hier eigentlich das Wort? — Gegenruf von der CDU/CSU: Der Vogel nicht! — Dr. Vogel [SPD]: Das wird eine schöne Entwicklung, Herr Präsident!)

    Ich halte das für richtig. Aber dieses Ziel — das ist richtig — werden wir nur erreichen, wenn wir unsere technischen Fähigkeiten und unsere Ingenieurleistungen wirklich bündeln und konzentriert einsetzen. Nur muß man sich dann entscheiden, auch ökonomisch entscheiden: Man kann nicht gleichzeitig 10 Milliarden DM für Wackersdorf in den Sand setzen und meinen, dann sei noch eine vergleichbare Größenordnung an Geld zur Verfügung,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wer hat das beschlossen?)

    um die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten auf diesem Gebiet voranzutreiben. Hier muß man sich entscheiden.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluß trotz allen Meinungsstreits — und vielleicht können Sie all die Zwischenrufe einmal verdichten und dann einen qualifizierten Debattenbeitrag von hier oben machen; das wäre ja auch nicht schlecht —

    (Beifall bei der SPD)

    zwischen Regierung und Opposition, der notwendig ist, unser Angebot wiederholen: Wir meinen es ernst

    (Zuruf von der CDU/CSU: Eben nicht!)

    mit der Neubesinnung in der Energiepolitik. Wir können nicht einfach weitermachen wie bisher. Wir wollen, daß unser Land, daß unsere Industriegesellschaft einen zukunfts- und technikorientierten Weg in der Energiepolitik geht.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich stimme ausdrücklich — und es ermutigt mich im Gegensatz zu Ihren Zwischenrufen — dem Landesvorsitzenden der CDU von Nordrhein-Westfalen zu, der vor wenigen Tagen folgendes gesagt hat: „Machen wir eine große nationale Kraftanstrengung, um möglichst bald auf die Kernspaltung als Energieträger verzichten zu können."

    (Beifall bei der SPD)




    Dr. Hauff
    Dies ist ein hoffnungsvolles Zeichen, daß ein Konsens möglich ist.
    Er fügt dann hinzu — das kann er auch gar nicht anders —: „Die SPD sagt, das ist in zehn Jahren möglich; die CDU sagt, das geht in 30 bis 50 Jahren." Nur wenn Sie das sagen und wenn Sie zu dem Ergebnis kommen,

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: Der Unterschied ist: Bei 30 bis 50 Jahren ist es eine Übergangsregelung!)

    dann ist eines sicher: Dann macht es überhaupt keinen Sinn mehr, den Schnellen Brüter in Kalkar in Betrieb zu nehmen.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)

    Dann wäre doch das das erste Stückchen neuer Gemeinsamkeit, das wir dann miteinander vor der Öffentlichkeit vertreten, daß wir bereit sind, auch etwas daraus zu lernen, wenn ein solcher Unfall passiert, und daß die Menschen in diesem Lande besorgt sind darüber, daß die Politik darauf nur mit dem Motto reagiert: Augen zu und weitermachen wie bisher.

    (Zurufe von der SPD: Weitermachen! — Weiter so!)

    Ich bin fest davon überzeugt, daß die Atomkraft ein Irrweg ist.

    (Lemmrich [CDU/CSU]: Ihr habt es doch angeleiert! — Pfeffermann [CDU/CSU]: Ihr baut einen Popanz auf!)

    — Herr Pfeffermann, setzen Sie sich doch mit Herrn Biedenkopf auseinander.

    (Beifall bei der SPD — Pfeffermann [CDU/ CSU]: Sie wissen doch genau, welche Passage ich gemeint habe!)

    Wer den Prognosen der Weltenergiekonferenz folgt
    — Herr Wallmann hat in letzter Zeit diese Konferenz mehrfach zitiert —, der muß der Öffentlichkeit auch sagen, daß dort das Bild entwickelt wurde, daß wir im Jahre 2050 in der Tat ein Energiesystem haben, das weltweit im wesentlichen auf Kernenergie aufbaut. Ein solches Weltenergiesystem würde bei der heutigen Größe von Reaktoren dazu führen, daß wir dann im Jahre 2050 weltweit 20 000 Atomreaktoren laufen haben. Wenn man dann den hohen Sicherheitsstandard der Reaktorsicherheitsstudie für die Bundesrepublik nimmt, dann haben Sie die Situation, daß jedes halbe Jahr ein GAU stattfindet.

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: Sie sind ja der Frankenstein des Bundestages mit Ihren Horrorgemälden! — Zuruf von der CDU/ CSU: Sie machen doch nur Angst!)

    Spätestens dann wird man einsehen, daß das ein Irrweg ist und daß das nicht gemacht werden darf.

    (Beifall bei der SPD — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Das ist kein Horrorgemälde, das sind die Zahlen der Weltenergiekonferenz.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Nein!)

    Das mag Ihnen nicht gefallen. Das ändert aber nichts daran, daß es wahr ist.
    Wir tragen Verantwortung für kommende Generationen, und zwar nicht nur mit Worten, sondern konkret durch das, was wir an Gefährdungen, an denen diese zu tragen haben, tun. Astrid Lindgren hat einmal über die Entwicklung von Kindern gesagt: „Die Kindheit ist der Morgen des Lebens, und bei einem glücklichen und sorglos erlebten Morgen kann einem Menschen später nicht mehr viel passieren."
    Meine Damen und Herren, ich habe meine Meinung geändert; Sie machen mir das zum Vorwurf.

    (Dr. Probst [CDU/CSU]: Sie haben sie ja gar nicht geändert!)

    Ich muß das akzeptieren. Ich habe meine Gründe dafür vorgetragen. Ich will Ihnen nur noch sagen: Mein Appell geht an Sie: Schaffen wir gemeinsam die Voraussetzung dafür, daß unsere Kinder in der Tat — wie es hieß — einen glücklichen und sorglos erlebten Morgen erleben können.
    Es lohnt sich, die Zeichen der Zeit wirklich zu erkennen; es lohnt sich, daraus Konsequenzen zu ziehen; und es lohnt sich, dann durch unsere praktische Politik dafür ein Zeichen, das die Menschen in unserem Land verstehen können, als ein Stück begründbare Hoffnung für unsere Zukunft zu setzen.

    (Anhaltender Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Laufs.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Prof. Dr. Paul Laufs


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Umweltpolitik ist
    — davon sind die Unionsparteien überzeugt — zu einem Schlüssel für die Zukunft unseres Landes geworden. Dieser Überzeugung entspricht es, daß wir — im Gegensatz zu Ihnen, Herr Kollege Hauff
    — erstmals über den Haushalt eines Bundesumweltministers debattieren. Herr Kollege Hauff, Sie haben übrigens so gesprochen, als seien Sie ganz neu im Deutschen Bundestag. Ihr eigenes vergangenes Wirken war total ausgeblendet. Was verstehen Sie eigentlich unter politischer Verantwortung?

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Wenn heute, wie Sie sagen, Volksvermögen wie in Kalkar in riesigem Umfang in den Sand gesetzt werden soll, so sind Sie es doch und ihre politischen Freunde, die die Verantwortung dafür tragen, wenn es je so weit kommen sollte.

    (Zurufe von der SPD)

    Meine Damen und Herren, von der Umweltpolitik wird es wesentlich abhängen, ob die Zukunft unseres Landes in den 90er Jahren die eines leistungsfähigen und sozialen Industriestaates ist, in dem wirtschaftliches Wachstum und technischer Fortschritt



    Dr. Laufs
    den Menschen und ihrer natürlichen Umwelt dienen.
    Nach vier Jahren gemeinsamer Umweltpolitik der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und FDP mit den Ministern Dr. Zimmermann und Dr. Wallmann können wir feststellen: die umweltpolitischen Weichen sind richtig gestellt. In keiner Legislaturperiode ist für den Umweltschutz so viel getan worden, wie in dieser. Das gilt nicht nur für die Gesetzgebung, sondern vor allem auch für den Vollzug neuer Umweltvorschriften.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sie SPD spricht in ihrem Nürnberger Leitantrag zur Umweltpolitik mit selbstkritischem Blick auf ihre eigene Regierungszeit wörtlich davon, „daß auch auf Grund eigener Fehler die Umweltprobleme die Umweltpolitik überholt haben", und weiter: „Trotz anfänglicher Erfolge gelang es uns aber nicht, den Trend zu fortschreitender Umweltzerstörung nachhaltig umzukehren."
    Hier ist unter der christlichen-liberalen Regierung eine entscheidende Wende erfolgt.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Wieso das denn?)

    — Ich möchte Ihnen das hier an einem Beispiel darstellen. Als wir im Jahre 1982 die Regierungsverantwortung übernahmen, betrug der Schwefeldioxidausstoß über dem Bundesgebiet 3 Millionen t pro Jahr. Inzwischen wurde dank der Großfeuerungsanlagen-Verordnung von 1983 ein Drittel der Kraftwerksleistung entschwefelt. 1988 werden die Schwefelemissionen auf 1,6 Millionen Jahrestonnen, 1993 auf nur noch 1,1 Millionen Jahrestonnen vermindert sein. Dann sind wir wieder dort, wo wir vor hundert Jahren waren.
    Diesen großen Erfolg unserer Luftreinhaltepolitik stellt die Opposition durch ihren Bruch mit einer langfristig angelegten und gemeinsam getragenen Energiepolitik grundsätzlich in Frage.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Der Ausstieg aus der Kernkraft und der Umstieg auf fossile Energieträger — denn andere stehen für lange Zeit nicht ausreichend zur Verfügung — hätten verheerende Folgen für die Umwelt. Es verwundert nicht, daß im Nürnberger SPD-Umweltpapier der Wald nur noch ganz am Rande erwähnt wird. Es ist eben unmöglich, weitere 40 Millionen t Steinkohle — woher auch immer sie kommen mögen —, jährlich zu verstromen, um die heutige Kernkraftwerksleistung zu ersetzen, ohne daß 140 Millionen t Kohlendioxid und weit über 1 Millionen t Schadstoffe zusätzlich in die Umwelt ausgestoßen werden.

    (Zurufe des Abg. Vogel [München] [GRÜNE])

    Es gibt kein Gutachten, das zu anderen Ergebnissen kommt. Da hilft alles Verstecken und Verschweigen nicht.

    (Jung [Lörrach] [CDU/CSU]: So ist es!)

    Was Sie, Herr Kollege Hauff, über Energiesparen im Bereich der Elektrizitätsnutzung gesagt haben, ist pures Wunschdenken. Minister Jochimsen weiß, warum er das erste Prognos-Gutachten versteckt hat.
    Die SPD regt sich über diese enorme zusätzliche Umweltbelastung nicht auf, aber um 32 000 Jahrestonnen Stickoxide zu vermeiden, will sie allen Bürgern ein drastisches Tempolimit verpassen. Ich meine, das hat nichts mehr mit Umweltschutz zu tun, sondern vor allem mit der Gängelung der Bürger.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

    In Nürnberg ist ihr nichts mehr eingefallen als — ich zitiere wörtlich — „die Förderung des Fahrrads und die Dämpfung des motorisierten Individualverkehrs". Darum geht es Ihnen.