Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die heutige Debatte hat eines klargemacht: Der Neue-Heimat-Skandal ist ein Gewerkschaftsskandal, ein SPD-Skandal, und das zu Lasten der Mieter und zu Lasten der Steuerzahler.
Erstens. Der Skandal Neue Heimat ist ein DGBSkandal; denn der DGB als Unternehmer entzieht sich seiner Verantwortung.
Meine Damen und Herren, wer 1,5 Milliarden DM zur Sanierung des nichtgemeinnützigen Teils Neue Heimat Städtebau zur Verfügung stellt, muß sich fragen lassen, wie es eigentlich um seine soziale Verantwortung bestellt ist, wenn es um die Sanierung des gemeinnützigen Bereichs geht, dort, wo die Mieter betroffen sind.
Der normale Bürger, der beim Sozialamt anklopft, wird dort gefragt, wie seine Vermögensverhältnisse sind. Hat er Vermögen, wird ihm zugemutet, zunächst sein Vermögen in Anspruch zu nehmen und dann nach dem Steuerzahler zu rufen. Was diesem kleinen Mann in unserer Bundesrepublik zugemutet wird, das können wir erst recht vom vermögenden Deutschen Gewerkschaftsbund verlangen.
Zweitens. Der Skandal Neue Heimat ist ein SPDSkandal. In den Aufsichtsräten sitzen nahezu ausnahmslos SPD-Mitglieder: Herr Breit, Herr Steinkühler und viele andere.
Herr Minister Zöpel, es gibt genügend Prüfungsbeanstandungen aus den 70er Jahren. In diesen Prüfungsbemerkungen aus Nordrhein-Westfalen heißt es — man muß sich das einmal vorstellen —: Je unverkäuflicher die Wohnungen werden, so schreiben die Prüfer, desto höher wird ihr Bilanzwert. Trotz unserer sehr deutlichen Feststellungen wurden auch 1974 wieder Zinsen als Ertrag ausgewiesen, der die entscheidende Quelle des Bilanzgewinns war. Gegen alle Übungen empfahl die Geschäftsführung, diesen Gewinn mindestens zu Teilen als Dividende auszuschütten.
— Von 1975!
Dann heißt es: Die hier vorliegenden Probleme sind so beachtlich, daß wir eine grundsätzliche Klärung von einer neutralen Stelle für erforderlich halten.
Dieses Schreiben ging an die Neue Heimat. Es ist nicht ersichtlich, daß diese neutrale Prüfung bis heute stattgefunden hat.
Es gab eine weitere Prüfungsfeststellung, Herr Minister Zöpel. 1984 schreibt die Großbetriebsprüfungsstelle Düsseldorf an die Neue Heimat, man möge auf Prüfungsfeststellungen antworten. Die Antwort lautet: „Zu den von Ihnen getroffenen Prüfungsfeststellungen zur Gemeinnützigkeit möchten wir Ihnen mitteilen, daß unser Unternehmen zur Zeit nicht zu einer Stellungnahme bereit ist."
Dann kommt heute diese Anzeige, die da lautet:
Sehr geehrter Herr Bundesbauminister! Die Neue Heimat hat nichts zu verschweigen. Rufen Sie uns an.
Ich appelliere von dieser Stelle an die Neue Heimat: Herr Hoffmann, lassen Sie neutrale Prüfer ins Haus, und verletzen Sie nicht die alte Geschäftsgrundlage.
Herr Sperling, Sie stellen die Dinge auf den Kopf.
Es ist sinnvoll, erst ein Gesamtkonzept zu haben,
dann ein neutrales Gutachten und dann die Bundesregierung nach flankierenden Maßnahmen im Interesse der Mieter zu fragen. Diese gemeinsame Geschäftsgrundlage, Herr Kollege Sperling, hat nicht der Bundesbauminister verlassen, sondern der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Neue Heimat gemeinsam mit den SPD-regierten Bundesländern.
Drittens: Skandal Neue Heimat zu Lasten der Mieter. Herr Minister Zöpel, die Mieter sind nicht gefährdet
wegen des geltenden Mieterschutzes, wohl aber wegen der Praktiken der Neuen Heimat, wie es im Untersuchungsbericht von Hamburg steht.
Herr Kollege Roth, ich empfehle Ihnen diesen Untersuchungsbericht. Dann werden Sie feststellen, daß in ungeahntem Ausmaß Gelder vom gemeinnützigen Bereich der Wohnungswirtschaft in den nicht gemeinnützigen Bereich rechtswidrig geflossen sind — daran gibt es nichts zu beschönigen —,
Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 216. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Mai 1986 16639
Parl. Staatssekretär Dr. Jahn und das zu Lasten der Mieter.
Viertens: Neue-Heimat-Skandal zu Lasten des Steuerzahlers. Meine verehrten Kollegen von der Sozialdemokratie, Sie haben heute einen Entschließungsantrag vorgelegt.
Darin identifizieren Sie sich mit den Praktiken der Wohnungsverkäufe im Lande Nordrhein-Westfalen. Denn es heißt dort, daß das Engagement in Nordrhein-Westfalen begrüßt wird.
Was da läuft, ist eine verschleierte Subventionierung auf Kosten des Steuerzahlers in dreifacher Hinsicht.
Subventionstatbestand Nummer 1: Die West-LB gewährte der Wohnungsbauförderungsanstalt ein Darlehen von 59 Millionen DM. Der vereinbarte Zinssatz beträgt 5,5%. Er ist um einen Prozentpunkt niedriger als der Marktzins, der sonst nur erstklassigen Schuldnern gewährt wird. Hier handelt es sich um eine Subventionierung durch das Land.
Subventionierungstatbestand Nummer 2: Darüber hinaus gewährte die Wohnungsbauförderungsanstalt für zehn Jahre einen jährlichen Kredit von 1,2 Millionen DM über eine Laufzeit von 15 Jahren zins- und tilgungsfrei. Dadurch erhält die LEG insgesamt 18 Millionen DM. Diese 18 Millionen DM fehlen an anderer Stelle bei der Förderung des Wohnungsbaus in Nordrhein-Westfalen.
Subventionstatbestand Nummer 3: Minister Zöpel schreibt der Landesentwicklungsgesellschaft am 26. Februar 1986:
Die Landesseite erklärt sich außerdem bereit, spätestens nach sieben Jahren auf Grund einer Überprüfung der Hausbewirtschaftungsergebnisse dieser Objekte auf geeignete Weise dazu beizutragen, daß die Übernahme der Wohnungen durch die Landesentwicklungsgesellschaft ergebnisneutral bleibt.
Meine Damen und Herren, das sind Verpflichtungen in unbestimmter Höhe zu Lasten des Steuerzahlers. Der eigentliche Subventionstatbestand wird verschleiert und ein Wechsel auf die Zukunft gezogen, und das, Herr Minister, in einem Land, in dem man heute davon redet, daß es in diesen Tagen, vielleicht schon heute, die nächsten 20 000 Wohnungen nach demselben Strickmuster durch die LEG kaufen will. Der Kaufpreis soll, wie man aus der Presse erfährt, 2,8 Milliarden DM betragen, und der Zinssatz soll — dem Vernehmen nach — nochmals um einen Prozentpunkt gesenkt werden.
Das Land Nordrhein-Westfalen mit seiner alarmierenden Finanzlage und der höchsten Neuverschuldung aller Bundesländer geht so mit dem Geld des Steuerzahlers um.
Einer der maßgeblichen Gründe wird hier vom Land Nordrhein-Westfalen bewußt verschwiegen. Es liegt dort ein Antrag vor, der Neuen Heimat rückwirkend die Gemeinnützigkeit abzuerkennen. Das würde nach vorläufigen Berechnungen mindestens 1 Milliarde DM an Steuerrückzahlungen bedeuten. Man geht jetzt den Weg, die Neue Heimat möglichst schnell nicht mehr vorzufinden. Denn dem, den es nicht mehr gibt, kann man nichts mehr aberkennen. Das ist ein Weg, der mitgesehen werden muß.
Meine Damen und Herren, es ist grotesk: Dieselbe Landesregierung, nämlich die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen, die durch ihre Finanzverwaltung — sprich: die Oberfinanzdirektion Düsseldorf — beim Regierungspräsidenten in Düsseldorf den Antrag stellt, der Neuen Heimat in Nordrhein-Westfalen rückwirkend die Gemeinnützigkeit abzuerkennen, in eineinhalb Jahren nicht darauf eingeht und bis heute unbeantwortet läßt, geht durch ihren Wohnungsbauminister hin und erklärt, hier werde auf Kosten des Steuerzahlers saniert.
Herr Kollege Sperling, Sie haben gesagt, zum Ausmisten gehörten objektive Fakten, und ich sage: auch ein Gutachten von neutraler Stelle.
Herr Kollege Zöpel, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sich — wie in diesen Tagen geschehen — in bezug auf Fragen, die die Bundesregierung zu all den Fakten um die Neue Heimat hat, nicht auf das Bankgeheimnis stützten und sagten, Sie verwiesen darauf, daß das Bankgeheimnis eingehalten werden müsse.
— Herr Kollege Roth, der Empfänger öffentlicher Subventionen kann sich unserer Auffassung nach nicht wie ein Bankkunde, der private Geschäfte mit einer Bank tätigt, auf das Bankgeheimnis berufen.
Wer Subventionen aus Steuermitteln bezieht, muß auch über die Verwendung dieser Mittel Rechnung legen und sich Kontrollen unterziehen.