Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Wagner, ich muß sagen, ich empfinde es als ausgesprochen ärgerlich, wenn Sie hier behaupten, es käme uns nicht auf die Qualität der ärztlichen Versorgung an. Das geht nun wirklich so unglaublich an der Sache vorbei, wie man sich das schlimmer eigentlich gar nicht vorstellen kann.
Wenn sich in diesem Lande wirklich etwas positiv entwickelt hat, dann ist es die Qualität der medizinischen Versorgung, und die Patienten draußen wissen das ganz genau.
Die Entwicklung der Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung ist, meine Damen und Herren, unbefriedigend. Das sagen wir vor allem deshalb, weil es einen Schub zu mehr Lohnnebenkosten gibt. Das können wir so natürlich nicht hinnehmen. Trotzdem sagen wir, die Neiddiskussion, die hier von der SPD und den GRÜNEN wieder angefangen wird, ist sicherlich nicht das Mittel zur Lösung der Probleme.
Das gesamte System, meine Damen und Herren, ist auf Verschwendung und Expansion ausgerichtet. Das betrifft die Leistungserbringer, aber das betrifft genausogut die Patienten. Der einzelne fühlt sich eben nicht dafür verantwortlich, daß das Ganze funktioniert und auch im Rahmen bleibt. Die Krankenkassen machen da munter mit. Wenn ich mir überlege, daß in diesem Lande schon jemand, der 5 400 DM brutto verdient, ein Härtefall in den Augen verschiedener Krankenkassen ist, wenn es um Zahnersatzregelungen geht, dann frage ich mich wirklich, was Härtefall eigentlich noch bedeuten könnte.
Die Selbstverwaltung hat viel mehr Erfolge erzielt, meine Damen und Herren, als viele Kostendämpfungsbemühungen, die in der Vergangenheit diskutiert oder auch durchgesetzt worden sind. Die Verträge, die in der Konzertierten Aktion jetzt empfohlen worden sind,
legen zum erstenmal auch die Mengenentwicklung in die Verantwortung der Leistungserbringer. Daß hier zugestimmt worden ist, kann wirklich als ein Erfolg dieses Selbstverwaltungsinstrumentes bezeichnet werden. Deshalb, denke ich, ist es besser, auf diesem Wege weiterzugehen, als neue Kostendämpfungsgesetze einzubringen, wie das früher der Fall gewesen ist. Kostendämpfungsgesetze hat es in der Vergangenheit etliche gegeben. Die Erfahrungen sollten uns eigentlich zeigen, daß sie zwar kurzfristig ein wenig die Kostenentwicklung zu bremsen vermögen, daß aber anschließend Kostensprünge auftreten, die dann nur schwer wieder in den Griff zu bekommen sind. Deshalb, meine Damen und Herren, fordere ich auch die SPD auf: Sie sollte aus der Vergangenheit lernen — das haben wir gemeinsam gemacht, und dazu stehen wir — und sollte sagen: Dieser Weg ist nicht der gangbare.
Was wir brauchen, ist eine Strukturreform des Gesundheitswesens. Das werden wir in der nächsten Legislaturperiode angehen. Wir werden eine Strukturreform vorschlagen, in der alle, Frau Steinhauer, Leistungserbringer und auch Patienten, einbezogen werden. Wir gehen nämlich nicht den Weg, den Sie gehen. Sie verlagern die Probleme ja immer nur auf eine Seite des Gesundheitswesens.
Wir wollen alle am Gesundheitswesen Beteiligten an der Lösung mitwirken lassen und alle einbeziehen. Gesundheitsbewußtes und kostenbewußtes Verhalten muß in der Zukunft belohnt werden.
Dazu sind die Strukturen auf allen Seiten zu verändern.
Für heute, meine Damen und Herren, gilt wie für den Rest dieser Legislaturperiode: Wir dürfen den Krankenkassen keine neuen Belastungen durch den Gesetzgeber auferlegen, die nur bei den Krankenkassen verbleiben, ohne daß wir ihnen gleichzeitig an einer anderen Stelle Entlastung verschaffen.
Ich sage das ganz bewußt im Hinblick auf die Forderungen, die hier in den Raum gestellt werden. Es ist vieles wünschbar, es ist vieles denkbar.
Aber gerade deshalb, weil uns die Beitragssatzentwicklung nicht befriedigen kann, müssen wir uns für den Rest dieser Legislaturperiode stärkste Zurückhaltung auferlegen.