Rede von
Norbert
Eimer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das von der Koalition eingebrachte Gesetz zur Änderung der Bundesärzteordnung soll dazu dienen, dem ärztlichen Nachwuchs eine bessere Chance zu geben und Stellen für die zunächst 18 Monate Praxisphase als „Arzt im Praktikum" zu finden. Das Problem ist, genügend Stellen zu finden und zur Verfügung zu haben. Dies wird dadurch erreicht, daß die Möglichkeiten zum Abschluß befristeter Arbeitsverträge für Ärzte in der Weiterbildung geschaffen werden. Ähnliches ist ja bereits für wissenschaftliches Personal an Hochschulen und Forschungseinrichtungen möglich. Damit wird eine größere Flexibilität der Personalpolitik der Kliniken erreicht. Ich wiederhole also: Die Möglichkeit zur Schaffung von Zeitverträgen betrifft Ärzte in Weiterbildung bzw. solche, die eine Weiterbildung anstreben, und die zukünftigen Ärzte im Praktikum.
Die Befristung der Verträge war ursprünglich schon bei anderer Gelegenheit vorgesehen, ist aber aus verschiedenen Gründen nicht mehr zum Tragen gekommen. Dies war der Grund dafür, daß die Koalitionsfraktionen dem Anliegen durch die Änderung der Bundesärzteordnung entsprechen wollten.
Die Beratungen im Ausschuß, aber vor allem auch die Diskussion mit den betroffenen Verbänden, haben uns gezeigt, daß die Regelung besser in einem eigenen Gesetz erfolgt. Das, was wir vorhaben, ist ja keine berufsrechtliche Änderung, sondern eine Änderung im arbeitsrechtlichen Bereich. Dies wird aber deutlicher, wenn es nicht in der Bundesärzteordnung, sondern eigenständig geregelt wird. Inhaltlich hat sich dabei nichts geändert.
Gegen das Gesetz wurde eine Reihe von Bedenken geltend gemacht, so z. B., die Regelung greife in das Tarifrecht ein und sei verfassungswidrig. Dies ist aber nicht der Fall; denn es werden keine Vorschriften für Arbeitsverträge vorgesehen, sondern nur Voraussetzungen für die Befristung genannt. Ein Verstoß gegen Art. 9 Ab:. 3 des Grundgesetzes liegt also nicht vor.
Das hat übrigens der Rechtsausschuß im Zusammenhang mit dem Gesetz über befristete Arbeitsverträge mit wissenschaftlichem Personal an Hochschulen und Forschungseinrichtungen, das ähnliche Regelungen enthält, ebenso gesehen. Auch der Rechtsausschuß des Bundestages hat zugestimmt. Die Freiheit der Tarifpartner, von den Möglichkeiten Gebrauch zu machen, bleibt völlig unberührt.
Weiter wird eingewendet, die Regelung betreffe das Weiterbildungsrecht und falle in die Kompetenz der Länder. Auch das trifft nicht zu. Das Gesetz ändert keine bestehenden Länderregelungen; Gegenstand des Gesetzes ist nicht die ärztliche Weiterbildung als solche. Es handelt sich, wie bereits vorher angemerkt, nur um arbeitsrechtliche Änderungen. Damit dies deutlich wird, wurde statt einer Änderung der Bundesärzteordnung, die ursprünglich vorgesehen war, ein eigenes Gesetz gemacht.
Ein gewichtiges Argument gegen das Gesetz besagt, es führe zur gezwungenen Fluktuation in den Kliniken, was auch den Patienten schade. Auch dieses Argument ist falsch. Es handelt sich um eine Kann-Regelung, die zu keiner Fluktuation zwingt.
Darüber hinaus sind heute 50 % aller im Krankenhaus arbeitenden Ärzte bereits weitergebildet, und auf diese Ärzte trifft die neue Vorschrift nicht zu. Außerdem kann man den Kliniken nicht unterstellen, sie würden nur noch befristete Arbeitsverträge abschließen. Auch Krankenhäuser sind daran interessiert, daß eingespielte Teams zusammenbleiben und nicht jeweils neue Teams eingearbeitet werden müssen. Eine hohe Fluktuation ist immer mit mangelnder Effektivität verbunden. Also werden Krankenhäuser von sich aus kein Interesse haben, diese Regelung zu überziehen. Dem Votum der Chefärzte kommen hier ein großes Gewicht und große Verantwortung zu.
Kurzfristig wurde nun vorgeschlagen, die Zahl der Stellen, die befristet werden dürfen, zu quotieren. Dies halten wir für außerordentlich problematisch. Vor allem führt es zu weiterer Bürokratisierung. Um genügend Stellen für den „Arzt im Praktikum" sicherzustellen, wollen wir den Krankenhäusern mehr Flexibilität in Personalfragen ermöglichen.
Dies kommt ohne Zweifel dem ärztlichen Nachwuchs zugute. Eine Quotierung würde diese Flexibilität wieder einengen. Wir sind überzeugt davon, daß die vorgesehene Regelung nicht zum Mißbrauch führen wird.
Bei all den Einwendungen und Bedenken darf man aber eines nicht vergessen, nämlich die Ursachen, die Notwendigkeit dieses Gesetzes. Es soll sichergestellt werden, daß die benötigten „AiP"Stellen geschaffen werden und dem ärztlichen Nachwuchs zur Verfügung gestellt werden können.
Wir erwarten von den Krankenhäusern, daß sie die ihnen gewährte Flexibilität tatsächlich zur Schaffung dieser benötigten „AiP"-Stellen nutzen. Darauf legen wir allergrößten Wert.
Wir werden dem Gesetz zustimmen.
Vielen Dank.
Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 201. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Februar 1986 15501