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    Plenarprotokoll 10/196 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 196. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 5. Februar 1986 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Dr. Vogel 15137A Erweiterung der Tagesordnung 15137 B Zur Geschäftsordnung Seiters CDU/CSU 15137 B Porzner SPD 15138 C Wolfgramm (Göttingen) FDP 15139A Bueb GRÜNE 15139 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der Neutralität der Bundesanstalt für Arbeit bei Arbeitskämpfen — Drucksache 10/4989 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Sicherung der Tarifautonomie und Wahrung der Neutralität der Bundesanstalt für Arbeit in Arbeitskämpfen — Drucksache 10/4995 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN Erhaltung der Streikfähigkeit der Gewerkschaften — Drucksache 10/5004 — Dr. Blüm, Bundesminister BMA 15140D, 15175 D Dr. Vogel SPD 15146A Scharrenbroich CDU/CSU 15150 B Schmidt (Hamburg-Neustadt) GRÜNE 15152C Cronenberg (Arnsberg) FDP 15154 B Glombig SPD 15156 C Hauser (Krefeld) CDU/CSU 15159C Tischer GRÜNE 15161 B Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi 15163A Dreßler SPD 15166 C Seehofer CDU/CSU 15169 B Kolb CDU/CSU 15171 D Brandt SPD 15173 B Frau Fuchs (Köln) SPD 15177 C Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Anpassung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung und der Geldleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung im Jahre 1986 — Drucksache 10/4990 — Günther CDU/CSU 15179A Heyenn SPD 15180 D Frau Dr. Adam-Schwaetzer FDP . . . 15182 B Dr. Müller (Bremen) GRÜNE 15184C Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 15185 D Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung wirtschafts- und verbraucherrechtlicher Vorschriften — Drucksache 10/4741 — II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 196. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Februar 1986 in Verbindung mit Beratung des Antrags der Abgeordneten Roth, Rapp (Göppingen), Ranker, Oostergetelo, Stiegler, Dr. Schwenk (Stade), Bachmaier, Curdt, Fischer (Homburg), Huonker, Meininghaus, Müller (Schweinfurt), Pfuhl, Reschke, Stahl (Kempen), Vosen, Frau Weyel, Wolfram (Recklinghausen), Dr. Vogel und der Fraktion der SPD Wettbewerb und Verbraucherschutz im Einzelhandel — Drucksache 10/5002 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Ladenschluß im Einzelhandel — Drucksache 10/5003 — Sauter (Ichenhausen) CDU/CSU . . . . 15188 B Dr. Schwenk (Stade) SPD 15189 D Dr. Graf Lambsdorff FDP 15191 C Auhagen GRÜNE 15193 C Erhard, Parl. Staatssekretär BMJ . . . 15195 C Senfft GRÜNE (Erklärung nach § 32 GO) 15196 A Nächste Sitzung 15196 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 15196 C Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 196. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Februar 1986 15137 196. Sitzung Bonn, den 5. Februar 1986 Beginn: 11.00 Uhr
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    Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Frau Dr. Martiny-Glotz 5. 2. Müller (Schweinfurt) 5. 2. Frau Pack * 5. 2. Pauli 5. 2. Rappe (Hildesheim) 5. 2. Reimann 5. 2. Roth (Gießen) 5. 2. Schäfer (Mainz) 5. 2. Schmidt (Hamburg) 5. 2. Schreiner 5. 2. Schröder (Hannover) 5. 2. Sielaff 5. 2. Stobbe 5. 2. Stücklen 5. 2. Frau Dr. Timm 5. 2. Verheugen 5. 2. Voigt (Frankfurt) 5. 2. Voigt (Sonthofen) 5. 2. Dr. Warnke 5. 2. Frau Dr. Wilms 5. 2. Wischnewski 5. 2. Frau Dr. Wisniewski 5. 2. Dr. de With 5. 2. * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    In der Einschätzung dieser Maßnahme und ihrer Auswirkungen gebe ich Ihnen selbstverständlich nicht recht, wie Sie sich denken können.

    (Tischer [GRÜNE]: Warum nicht?)

    Im übrigen muß ich Ihnen sagen: Es gibt natürlich schon einen Unterschied zwischen der Zahlung von Geld und der dadurch geschaffenen Möglichkeit, einen Streik länger oder kürzer anzulegen, und einer politischen Kommentierung. Wenn es das gute Recht von Gewerkschaften ist — das nehmen sie ja für sich in Anspruch —, den demokratischen Charakter beispielsweise des Regimes in Nicaragua oder irgendeine andere Entwicklung auf der Welt zu beurteilen, dann ist es doch wohl selbstverständlich, wenn ein verantwortlicher Politiker darauf aufmerksam macht, welche wirtschaftspolitischen Konsequenzen bestimmte Streiktaktiken und -ziele haben.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Tischer [GRÜNE]: Das hat doch keine andere Regierung vorher gemacht! — Zurufe von der SPD)

    Meine Damen und Herren, freie und autonome Gewerkschaften kann es nur geben, wenn sie auch bereit sind, die finanziellen Risiken von Arbeitskämpfen auf sich zu nehmen.

    (Zuruf des Abg. Immer [Altenkirchen] [SPD])

    Eine gesetzliche Regelung ist deshalb notwendig, weil eine Regelung durch die Tarifpartner in eigener Verantwortung durch die Sachgegensätze erschwert worden ist. Einem Richter ist ja auch gar keine Grundlage gegeben, in einem zur Entscheidung anstehenden Fall darüber zu richten, ob jemandem die Arbeitslosenunterstützung zu Recht oder zu Unrecht verwehrt worden ist. Ein Richter muß nach Recht und Gesetz handeln, und er muß einen klaren § 116 vorfinden. Deswegen hat Norbert Blüm völlig recht, wenn er sagt: Es liegt im Interesse der Arbeitslosen, wenn der § 116 so klar ist, daß sie wissen, worauf sie Anspruch erheben können.

    (Zustimmung bei der FDP und der CDU/ CSU — Zuruf von der SPD: Wo haben Sie denn studiert?)

    Meine Damen und Herren, es sind im wesentlichen zwei Elemente, die wir hier klarstellen müssen. Zum einen wird durch die Forderung, den Text so zu ändern, daß nach Art und Umfang eine erhobene Hauptforderung annähernd gleich sein muß, wenn eine Betroffenheit vorliegen soll, deutlich gemacht, daß Identität nicht gefragt ist. Das ist doch nun wirklich blauäugig. Glauben sie denn, daß es eine Gewerkschaft auf der Welt gäbe, die es nicht mit Leichtigkeit sondergleichen fertigbrächte, in zwei Tarifgebieten unterschiedliche Forderungen zu erheben, also in dem Sinne, daß die Forderungen insgesamt nicht identisch sind! Es ist doch blauäugig, anzunehmen, daß eine solche Einladung von den Gewerkschaften nicht aufgegriffen würde und zu einem Ergebnis führte, das wir heute haben. Wer die „Minimax"-Strategie ins Gesetz festschreiben will, der gefährdet den sozialen Frieden in der Bundesrepublik.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Wer das verhindert, wer Waffengleichheit herstellt, auf die beide, Gewerkschaften wie Arbeitgeber, Anspruch haben, der hat einen Beitrag zum sozialen Frieden geleistet, auch wenn das in dieser aufgeregten Debatte manchmal so nicht zum Ausdruck kommt.



    Bundesminister Dr. Bangemann
    Aber die Form der Auseinandersetzung und auch die Art und Weise, in der sie bisher — nicht von allen, aber doch von einigen Gewerkschaften — geführt worden ist, macht viele Bürger viel nachdenklicher als ein gründliches Studium von Gesetzestexten,

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    weil derjenige, der in einer tätlichen Auseinandersetzung oder mit Psychoterror über Mahnwachen oder ähnliches, Bürger daran hindern will, zum vernünftigen Nachdenken über einen Gesetzestext zu kommen, seinen Interessen am meisten schadet.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: So doof sind die Bürger gar nicht!)

    Meine Damen und Herren, wir haben übrigens auch klargestellt — auch das muß man einmal sagen, weil es die Gewerkschaften nicht tun —, daß für den Fall, daß ein Betrieb durch den Streik in einem anderen Tarifgebiet keine Arbeit mehr hat, die Ursächlichkeit dieser Betriebsstillegungen nachgewiesen und glaubhaft gemacht werden muß und daß der Betriebsrat das Recht hat, dazu eine Stellungnahme abzugeben.

    (Zuruf von der SPD: Wo steht das?)

    — Wenn Sie das noch nicht gefunden haben, wenn Sie nicht wissen, wo das steht, dann sollten Sie wirklich erst einmal den Gesetzestext lesen, bevor Sie hier Diskussionen veranstalten.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Auch wenn ausgesperrt wird?)

    Da gilt der alte Spruch, den auch Detlef Kleinert kennt: Ein Blick in den Gesetzestext vertieft die Rechtskenntnisse.

    (Heiterkeit bei der FDP)

    Meine Damen und Herren, von einem Angriff auf das Streikrecht kann überhaupt keine Rede sein. Dies ist ein Beitrag zur Klarstellung eines Gesetzestextes, der ganz offenbar von den Gerichten anders interpretiert wird, als der Gesetzgeber ihn gewollt hat. Dies ist ein Beitrag zur Aufrechterhaltung eines sozialen Friedens, auf dem bisher sicherlich sehr viel mehr in der Bundesrepublik ruhte als nur wirtschaftliches Wohlergehen und die Entwicklung unserer Wirtschaft. Wenn wir diesen sozialen Frieden erhalten wollen, dann brauchen wir selber die Klarheit, die manchmal etwas Mut voraussetzt, die aber am Ende immer noch mehr für den sozialen Frieden geleistet hat als eine Dramatisierung, als eine Verleugnung eines Problems und als eine Aufblähung eines Konflikts, der in Wahrheit in einer Demokratie sehr vernünftig und ordentlich gelöst werden kann.
    Diese Regierung und die Fraktionen der Regierungskoalition werden ihren Beitrag dazu leisten. Wir hoffen, daß das in den Beratungen gelingt, die ohne jede Hast und mit Gründlichkeit und Sauberkeit durchgeführt werden können. Und wir hoffen, daß jemand bei Beibehaltung des Zieles, die Neutralität der Anstalt zu sichern, noch bessere Gesetzestexte vorlegt. Dazu ist jeder eingeladen. Aber an dem Ziel, durch eine Klarstellung des § 116 die Neutralität der Anstalt zu sichern, werden wir festhalten, und an diesem Ziel werden wir jeden Formulierungsvorschlag messen.

    (Lebhafter Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, das Wort hat Herr Abgeordneter Dreßler.

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    Rede von Rudolf Dreßler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der zur ersten Beratung im Bundestag anstehende Gesetzentwurf der CDU/CSU/FDP-Koalition ist mit dem erklärten Ziel eingebracht worden — wir haben das gerade wieder gehört —, damit solle Rechtsklarheit geschaffen werden.
    Die Tinte der Unterschrift des verantwortlichen Arbeitsministers ist noch nicht trocken und die Druckerschwärze dieses Gesetzentwurfs noch feucht, da bescheinigen prominenteste Christdemokraten dem Blümschen Gesetzentwurf das Gegenteil von Klarheit, nämlich rechtliche Unklarheit, die nur durch Einzelfallentscheidung beseitigt werden könne. Und gleichzeitig fügen sie das neue Zauberwort an: die Schiedsstelle.
    Es entbehrt nicht einer gewissen Tragik, meine Damen und Herren, daß Sozialausschußmitglieder der CDU nach diesem Strohhalm greifen, der Vorsitzende Blüm von einem interessanten Gedanken spricht und die Beamten des Bundesarbeitsministeriums bereits Prüfarbeiten durchführen müssen.

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    Die Tragik besteht nämlich darin, daß derselbe Vorsitzende Blüm in der Rolle des amtierenden Arbeitsministers mit seinem Gesetzentwurf seine Mißachtung berufenen Schiedsstellen unserer Verfassung, den Sozialgerichten und dem Bundessozialgericht gegenüber dokumentiert hat.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN — Zuruf des Abg. Dr. Dregger [CDU/CSU])

    Ich frage Sie, meine Damen und Herren: Wenn eine ganze Bundesregierung der Dritten Gewalt als Schiedsstelle nicht traut, wieso kommen Sie eigentlich, Herr Blüm, auf die Idee, die deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihre Gewerkschaften würden ausgerechnet einer von Ihnen geschaffenen Schiedsstelle trauen?

    (Beifall bei der SPD)

    Täglich neu stellen sich viele Bürger die Frage: Was treibt diese Regierung und ihre Fraktionen?

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Was treiben Sie?)

    Organisierte und unorganisierte Arbeitnehmer, eine wachsende Zahl von Bürgern, die den Gewerkschaften eher distanziert gegenüberstehen, suchen nach Motiven. Was bringt diese Regierung zu dieser neuerlichen Offensive gegen Arbeitnehmerrechte?



    Dreßler
    Vor mehr als einem Jahrzehnt haben die Gewerkschaften einen Kompromiß geschlossen.

    (Zuruf des Abg. Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU])

    Bundesregierung und Arbeitgeber, die Gerichte — niemand hat bis zum Jahre 1984 irgendeinen wirklichen Handlungsbedarf gesehen.

    (Kolb [CDU/CSU]: Weshalb denn?)

    Wie denn auch? In allen großen Industrieländern gingen und gehen viel mehr Arbeitstage durch Streiks verloren als bei uns, obwohl wir in der Aussperrungsstatistik allerdings einen traurigen Spitzenplatz haben. Arbeitgeber haben immer viel mehr Arbeitnehmer ausgesperrt, als von der Seite der Arbeitnehmer am Streik beteiligt waren.
    Es sind die gewachsenen Verflechtungen der Unternehmen, meine Damen und Herren, die zu immer größeren Fernwirkungen von Aussperrungen geführt haben.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Wie war es denn gestern?)

    Und es ist allein die Verantwortung der Unternehmen, wenn sie ihre Lagerhaltung auf wenige Tage, zum Teil auf einen Tag reduzieren.

    (Immer [Altenkirchen] [SPD]: Rollendes Material!)

    1984 haben gut 50 000 Metallarbeiter gestreikt, aber dreimal so viel wurden im umstrittenen Tarifgebiet ausgesperrt. Mit anderen Worten: 75% der Verantwortung für die Fernwirkungen der Arbeitskämpfe haben sich allein die Arbeitgeber zuzuschreiben, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    350 000 unbeteiligte Arbeitnehmer,

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Zutiefst unglaubhaft! Unwahr!)

    zusätzlich die Familienangehörigen, mußten 1984 die völlig überzogene Aussperrungspraxis der deutschen Arbeitgeber aushalten; und sie mußten völlig unzureichende Lagerhaltung ausbaden. Von dem rechtswidrig vorgetäuschten Nachschubmangel in etlichen Fällen will ich gar nicht reden.

    (Kolb [CDU/CSU]: Davon verstehen Sie sehr viel! — Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/ CSU]: Wann waren Sie denn das letzte Mal in einem Betrieb?)

    Die Freiheit des einzelnen Arbeitnehmers, auf der die Arbeitgeber im Streikfalle so sehr bestehen, wird im Aussperrungsfalle mißachtet. Nicht Streikende werden dann auf die Straße gesetzt, um den Streikwillen der Streikenden zu brechen. So werden Nichtbeteiligte gegen ihren Willen in die Auseinandersetzung als Mittel zum Zweck einbezogen.

    (Beifall bei der SPD — Kolb [CDU/CSU]: Was wäre Ihr Vorschlag?)

    Diese Sätze, meine Damen und Herren, schrieb Norbert Blüm 1979.

    (Heiterkeit bei der SPD)

    Sechs Jahre später will der gleiche Mann Nichtbeteiligten, die nach seiner eigenen Erkenntnis „in die Auseinandersetzung als Mittel zum Zweck einbezogen" wurden, ihre Ansprüche auf Unterstützungsleistungen per Gesetz wegnehmen. Das ist das Faktum, meine Damen und Herren!

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Von den Gewerkschaften als Mittel zum Zweck einbezogen!)

    Dagegen wehren sich Arbeitnehmer, dagegen wehren sich Gewerkschaften, und dagegen wehrt sich auch die deutsche Sozialdemokratie.

    (Beifall bei der SPD)

    Herr Blüm, eine Ihrer jüngsten Überreaktionen ließen Sie durch eine Zeitschrift verbreiten. „Was ich wirklich unterschätzt habe", erklärten Sie, „ist das Verleumdungspotential im Deutschen Gewerkschaftsbund."

    (Müller [Remscheid] [CDU/CSU]: Sehr wahr! — Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Das ist ein wahrer Satz!)

    Dieser Amoklauf, Herr Blüm, macht deutlich, daß Sie mittlerweile der Gefangene Ihrer Auftraggeber sind. Herr Blüm, wenn den Gewerkschaften und den Arbeitnehmern ein Vorwurf zu machen wäre, dann der, daß Sie unterschätzt haben, zu welchen Wandlungen ein Vorsitzender der CDU-Sozialausschüsse fähig ist, wenn er in der CDU Karriere machen will.

    (Beifall bei der SPD)

    Diesen Vorwurf kann man den deutschen Gewerkschaften machen. Herr Blüm, was Sie in Wahrheit unterschätzt haben, ist die Fähigkeit der Arbeitnehmer, der Arbeiter, der Angestellten und der Beamten, Ihre noch so komplizierten Versuche, durch Gesetzestechniken ihre Rechte zu beschneiden, zu durchschauen.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Die Begründung dafür haben Sie 1979 — ebenfalls in Ihrem Buch — der Nachwelt hinterlassen. „Der Streik entstand", schreibt Blüm, „als ein Instrument, das überhaupt erst die materielle Vertragsfreiheit der Arbeitnehmer sicherstellte."

    (Zuruf von der CDU/CSU: Natürlich!)

    Das, was Ihnen, Herr Blüm, noch 1979 klar war, wissen die Arbeitnehmer 1986 immer noch.
    Weil Ihr Buch so aufschlußreich ist, wollen wir uns einer weiteren interessanten Stelle zuwenden: „Erst die Streikdrohung der Arbeitnehmer beförderte sie in die Position eines gleichgewichtigen Vertragspartners und gab so der Koalitionsfreiheit ihren praktischen Sinn", schrieb Norbert Blüm.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Das ist heute noch richtig!)




    Dreßler
    Richtig, Herr Bundesarbeitsminister. Wir sind am Punkt. Die Streikdrohung bedingt die Streikfähigkeit. Genau diese Streikfähigkeit wollen Sie den Arbeitnehmern und ihren Gewerkschaftn nehmen.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Das ist absoluter Quatsch! Die Neue Heimat und die 1,5 Milliarden nehmen die Streikfähigkeit! — Weitere lebhafte Zurufe von der CDU/ CSU)

    Wenn eine Gewerkschaft zehn Jahre lang ihre gesamten Überschüsse

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: An die Neue Heimat zahlt!)

    ansparen muß, um fünf Tage Aussperrung zu überstehen, dann ist die Streikfähigkeit mindestens in Frage gestellt, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie wollten Argumente, Herr Blüm. Reichen Ihnen Ihre eigenen Aufsätze und die gewerkschaftliche Wirklichkeit, um über Ihre Position nachzudenken? Es ist nämlich kein Kunststück, in Interviews, ohne korrigiert werden zu können, Plattheiten wie: „Die Arbeiter werden belogen, daß sich die Balken biegen" zu formulieren.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: So ist es!)

    Das Forum des Bundestages ist anders strukturiert. Hier wird nachgefragt. War Ihr Buch 1979 eine Lüge?

    (Dr. Waigel [CDU/CSU]: Hier wird nicht abgelesen! Sie sind ein Blattableser! Nicht einen Satz spricht der Mann frei! Sprechen Sie doch endlich frei! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Sind Ihre Thesen von 1979 Hetze, Herr Blüm? Dieses wirklich interessante Buch von Norbert Blüm bringt nämlich die Argumente der Gegner dieses Gesetzentwurfs auf den Punkt.

    (Dr. Waigel [CDU/CSU]: Dem Mann fällt doch nichts ein! Geistige Armut!)

    Blüm schrieb:
    Nur wenn die Tarifpartner mächtig genug sind, den Gegenspieler zur Verhandlung zu zwingen, sind sie tariffähig.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Richtig!
    Ohne Streikbereitschaft fehlt der Tarifautonomie der Einigungszwang der Partner. Die Streikfähigkeit ist damit Bestandteil der Tarifautonomie.
    Wo, Herr Blüm, liegen die Gründe dafür, daß Sie diese Sätze aus Ihrem politischen Handeln — übrigens auch aus Ihren Reden — gestrichen haben?

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Jetzt kommt Ihr Kurzschluß!)

    Herr Blüm, nehmen Sie endlich Ihre kohlrabenschwarze Brille ab. Dann gewinnen Sie vielleicht den Blick für die Wirklichkeit wieder.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Wirklichkeit, meine Damen und Herren, das ist erstens ein Gesetzentwurf, der unbeteiligten Arbeitnehmern und ihren Familien den Schutz der von ihnen Monat für Monat finanzierten Arbeitslosenversicherung nehmen will.

    (Kolb [CDU/CSU]: Fahrlässig herbeigeführt!)

    Sie sollen für eine Unternehmerstrategie haften, die ihre Vorratshaltung teilweise weniger verantwortungsvoll handhabt als jede Hausfrau

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Lesen Sie den Gesetzentwurf!)

    und die der kalten Aussperrung, der illegalen Solidaritätsaussperrung, Tür und Tor öffnet.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Sie müssen den Gesetzentwurf lesen!)

    Die Wirklichkeit ist zweitens, meine Damen und Herren, ein Gesetzentwurf, an dessen Ende die völlige Neuordnung unseres sozialen Gefüges stehen kann. Den Arbeitnehmern und ihren Gewerkschaften soll die wirkliche Fähigkeit zum Arbeitskampf und damit die Fähigkeit genommen werden,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Nein!)

    mit Nachdruck ihrem Auftrag der Gestaltung der Arbeitsverhältnisse nachzukommen.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Glatte Lüge! — Stockhausen [CDU/CSU]: Das ist nicht wahr!)

    Am Ende stünde nicht nur das Problem, Forderungen nicht mehr durchsetzen zu können, nein, es stellt sich zusätzlich die Frage, wer alle Arbeitnehmer noch davor schützen soll, wenn in Tarifverhandlungen die Forderungen nach dem Abbau tariflicher Leistungen und tariflicher Einkommen gestellt werden.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Das ist die Wirklichkeit.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Nein, das ist Lüge!)

    Für das, was in diesen Wochen in diesem unserem Land geschieht, tragen ganz allein Sie die Verantwortung. Kein objektiver Tatbestand hat Sie gezwungen, eine in mehr als zehn Jahren bewährte Regelung aufzugeben.

    (Zuruf von der SPD: Bangemann!)

    Dieser Gesetzentwurf ist der vorläufige Höhepunkt in einer schon langen Reihe arbeitnehmerfeindlicher Gesetze, die Sie zu verantworten haben.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Siehe Preissteigerungsrate!)

    Meine Damen und Herren, als wir vor wenigen Monaten Herrn Scharrenbroich hier begrüßt haben, habe ich ihn anläßlich einer Plenarsitzung darauf



    Dreßler
    vorbereitet, daß für die Vertreter von Arbeitnehmerinteressen bei dieser Regierung kein Blumentopf zu holen ist.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Das haben Sie gedacht!)

    Ich hatte nicht geglaubt, daß Herr Scharrenbroich das schon in fünf Monaten restlos begriffen hat. Speziell für Sie, Kollege Scharrenbroich, möchte ich einen schönen Satz vorlesen:

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Einen wahren hoffentlich!)

    „Eine Änderung des § 116 Arbeitsförderungsgesetz, die darauf abzielt, die Koalitionsfreiheit und die Tarifautonomie zu untergraben und die Streikfähigkeit der Gewerkschaften zu beeinträchtigen, wird abgelehnt."

    (Beifall bei der CDU/CSU — Scharrenbroich [CDU/CSU]: Sehr wahr! — Stockhausen [CDU/CSU]: Genauso ist es!)

    — Das ist wörtlich, Herr Kollege Scharrenbroich, Ihr Beschluß vom 30. November 1985.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Diesem Beschluß, Kollege Scharrenbroich, schließe ich mich an.

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: Dazu stehen wir! Das war der erste richtige Satz! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Deshalb sage ich Ihnen: Koalitionsfreiheit, Herr Scharrenbroich, Tarifautonomie, Einheitsgewerkschaften, soziale Stabilität, das sind für uns keine Papiertiger, die man nur auf das Papier schreibt, aber für die man keine politischen Voraussetzungen zu schaffen gedenkt,

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: In 13 Jahren habt ihr es nicht geschafft!)

    oder die man da, wo die politischen Voraussetzungen gegeben sind, auf eine ganz miese Tour wegnehmen will. Für uns sind das entscheidende Bestandteile eines demokratischen und sozialen Rechtsstaats. Das werden wir Ihnen immer wieder verdeutlichen. Nachdem 60 % der Bevölkerung diese Auffassung von uns und die Auffassung der Gewerkschaften teilen, werden wir es nicht aufgeben, Ihnen, meine Damen und Herren, in den kommenden Beratungen immer wieder klarzumachen, daß Sie einen für diese Gesellschaft gefährlichen Weg gehen.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)