Rede von
Dr.
Jürgen
Warnke
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Angesichts des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN ist man versucht zu sagen: Wenn man's so hört, mag's leidlich klingen. Aber beim zweiten Blick zeigt sich der Pferdefuß.
Die erste Frage: Ist das, was die GRÜNEN beantragen, von den begünstigten Ländern überhaupt gewollt? Antwort: Nein. Die Organisation für afrikanische Einheit hat durch ihre Staats- und Regierungschefs im letzten Sommer erklärt — wörtliches Zitat —:
Wir erkennen an, daß es sich bei den Auslandsschulden um Verpflichtungen handelt, die unsere Mitgliedsstaaten einzeln eingegangen sind und die sie erfüllen müssen.
Zweite Frage: Ist es gegen den erklärten Willen der hier Begünstigten dennoch hilfreich? Ich kann nur feststellen: Der Schuldenerlaß gegenüber den ärmsten Entwicklungsländern hat nicht entscheidend dazu beigetragen, ihre Notlage zu bessern.
Ich gehe einen Schritt weiter. Die Länder in der Organisation für afrikanische Einheit haben diese Erklärung, die ich eben zitiert habe, nicht umsonst abgegeben. Es kann im Einzelfall sogar schaden, eine solche Maßnahme durchzuführen. Es kann den Ländern schaden, die sich — bewußt und gewollt — darum bemühen, ihre internationale Kreditwürdigkeit durch Bedienung ihrer Schulden aufrechtzuerhalten, und da sind durchaus — und ich hoffe, das wird Erfolg haben — Länder in dem von Ihnen genannten Kreis dabei, jetzt mit der Weltbank solche Regelungen durchzuführen. Daß wir hier Elfenbeinküste, Liberia, Senegal und Zaire oder selbst Länder wie Gabun und Nigeria in einen Topf werfen mit Ländern, die zu den ärmsten gehören, das geht nicht. Das ist ein grundlegendes Mißverständnis der Selbsthilfe. Hilfe zur Selbsthilfe auf staatlichem Gebiet kann nur heißen, einem Lande zu helfen, seine Herausforderungen zu bewältigen, nicht, ihm diese Herausforderungen abzunehmen.
Ich bestreite gar nicht, daß die Geberländer hier noch weitere Beiträge zur Lösung eines Problems erbringen müssen, das in der Tat in gewissen Einzelfällen auch zu überhöhten Rückzahlungen geführt hat. Nur, Herr Kollege Bindig, was Sie hier behauptet haben, daß der Bundeshaushalt durch die Entwicklungsländer saniert werde,
das ist schlicht und einfach absurd.
— Hören Sie mal zu! Die Zahlen kennen Sie offensichtlich nicht. Ich rechne damit — es sind Schätzungen —, daß wir in diesem Jahr, 1986, die Rekordhöhe von 10 Milliarden DM an Zahlungen aus Bundesmitteln an die Entwicklungsländer knapp erreichen werden. Dem stehen Rückzahlungen aus den Entwicklungsländern auf Darlehen in der Größenordnung von 900 Millionen DM gegenüber. Das wird eine staatliche Entwicklungshilfe geben, eine international anrechenbare ODA-Quote in der Größenordnung von insgesamt 9 Milliarden DM.
Das ist eine Rekordleistung, die wir aufgestellt haben.
— Ich bedaure, daß ich wegen der Kürze der Zeit Zwischenfragen nicht zulassen kann.
— Sie können nicht unterscheiden zwischen Rückzahlungen und Zinsen. Das erkläre ich Ihnen ein andermal, Herr Kollege Bindig.
Meine Damen und Herren, das ist der Grund, weshalb wir der Meinung sind, wir sollten — sorgfältig vorbereitet — Eigenanstrengungen der Entwicklungsländer, Eigenanstrengungen der gesellschaftlichen Gruppen fördern, und da mangelt es in der Tat nicht an zusätzlichem Kapital. Dort, wo erfolgversprechende Ansätze vorhanden sind, steht das Geld auch heute bereit. So helfen wir etwa nomadischen Viehzüchtern in Kenia mit einem Fonds, der aus Erlösen aus dem Verkauf von Nahrungsmittelhilfe gebildet ist. Ich versichere Ihnen, auch zukünftig wird es nicht an deutscher Unterstützung für Selbsthilfeaktionen fehlen.
Diesen Antrag, der eher geeignet ist, negative Auswirkungen zu haben, bitte ich abzulehnen.