Rede:
ID1019504600

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    Plenarprotokoll 10/195 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 195. Sitzung Bonn, Freitag, den 31. Januar 1986 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 15097 A Zur Geschäftsordnung Seiters CDU/CSU 15097 B Porzner SPD 15098 A Mann GRÜNE 15099 A Wolfgramm (Göttingen) FDP 15100A Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Miltner, Dr. Laufs, Broll, Fellner, Dr. Blank, Dr. Blens, Clemens, Gerlach (Obernau), Dr. Göhner, Kalisch, Krey, Dr. Warrikoff, Dr. Olderog, Regenspurger, Schmidbauer, Weirich, Weiß und der Fraktion der CDU/CSU sowie den Abgeordneten Dr. Hirsch, Baum, Kleinert (Hannover), Beckmann, Wolfgramm (Göttingen) und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes, des Verwaltungsverfahrensgesetzes, des Bundesverfassungsschutzgesetzes und des Straßenverkehrsgesetzes — Drucksache 10/4737 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Miltner, Dr. Laufs, Broll, Fellner, Dr. Blank, Dr. Blens, Clemens, Gerlach (Obernau), Dr. Göhner, Kalisch, Krey, Dr. Warrikoff, Dr. Olderog, Regenspurger, Schmidbauer, Weirich, Weiß und der Fraktion der CDU/CSU sowie den Abgeordneten Dr. Hirsch, Baum, Kleinert (Hannover), Beckmann, Wolfgramm (Göttingen) und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Militärischen Abschirmdienst — MAD-Gesetz — MADG — — Drucksache 10/4738 — Broll CDU/CSU 15100 D Schröder (Hannover) SPD 15102 C Dr. Hirsch FDP 15106A Ströbele GRÜNE 15108A Dr. Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär BMI 15109 D Dr. Wernitz SPD 15111 D Fellner CDU/CSU 15114 D Baum FDP 15116 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit (20. Ausschuß) zu dem Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN Qualifizierte selbsthilfeorientierte Entschuldung der Länder Afrikas südlich der Sahara — Drucksachen 10/3160, 10/4033 — Volmer GRÜNE 15119 D Repnik CDU/CSU 15120 D Bindig SPD 15121 D II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 195. Sitzung. Bonn, Freitag, den 31. Januar 1986 Dr. Rumpf FDP 15122 B Dr. Warnke, Bundesminister BMZ . . 15123A Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches und des Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften — Drucksache 10/4682 — Seesing CDU/CSU 15124 A Dr. de With SPD 15124 D Beckmann FDP 15125 D Frau Wagner GRÜNE 15126 D Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Schöfberger, Dr. Emmerlich, Bachmaier, Fischer (Osthofen), Klein (Dieburg), Dr. Kübler, Lambinus, Frau Dr. MartinyGlotz, Reschke, Schmidt (München), Schröder (Hannover), Dr. Schwenk (Stade), Stiegler, Dr. de With, Wolfram (Recklinghausen), Dr. Vogel und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung des Kreditwuchers und zur Vertragshilfe bei notleidenden Krediten (Kreditwuchergesetz) — Drucksache 10/4595 — Dr. Schöfberger SPD 15127 D Lowack CDU/CSU 15129A Mann GRÜNE 15129 C Kleinert (Hannover) FDP 15130 C Dr. Schroeder (Freiburg) CDU/CSU . . 15131 D Nächste Sitzung 15133 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 15135*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 15135* C Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 195. Sitzung. Bonn, Freitag, den 31. Januar 1986 15097 195. Sitzung Bonn, den 31. Januar 1986 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein * 31. 1. Dr. Ahrens * 31. 1. Antretter * 31. 1. Berger * 31. 1. Böhm (Melsungen) * 31. 1. Büchner (Speyer) * 31. 1. Buschbom 31. 1. Dr. Corterier 31. 1. Dr. Ehrenberg 31. 1. Dr. Enders * 31. 1. Ertl 31. 1. Frau Fischer * 31. 1. Frau Fuchs (Köln) 31. 1. Gallus 31. 1. Gerstl (Passau) * 31. 1. Dr. Geißler 31. 1. Glos 31. 1. Dr. Glotz 31. 1. Haase (Fürth) * 31. 1. Handlos 31. 1. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 31. 1. Dr. Holtz * 31. 1. Frau Huber 31. 1. Ibrügger 31. 1. Jäger (Wangen) * 31. 1. Jaunich 31. 1. Jung 31. 1. Junghans 31. 1. Frau Kelly * 31. 1. Kiechle 31. 1. Kittelmann * 31. 1. Dr. Klejdzinski * 31. 1. Dr. Köhler (Wolfsburg) 31. 1. Kolbow ** 31. 1. Dr. Kreile 31. 1. Lamers 31. 1. Lange 31. 1. Lemmrich 31. 1. Lenzer * 31. 1. Lintner 31. 1. Matthöfer 31. 1. Dr. Mikat 31. 1. Dr. Mitzscherling 31. 1. Dr. Müller * 31. 1. Neumann (Bramsche) * 31. 1. Frau Pack * 31. 1. Petersen ** 31. 1. Dr. Pfennig * 31. 1. Reddemann * 31. 1. Reuschenbach 31. 1. Rossmanith 31. 1. Roth (Gießen) 31. 1. Dr. Rumpf 31. 1. Dr. Scheer * 31. 1. Schmidt (Hamburg) 31. 1. Schmidt (München) * 31. 1. Schröer (Mülheim) 31. 1. Schulte (Unna) * 31. 1. Schwarz * 31. 1. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Frau Simonis 31. 1. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim * 31. 1. Dr. Unland * 31. 1. Verheugen 31. 1. Voigt (Sonthofen) 31. 1. Frau Dr. Wilms 31. 1. Wilz 31. 1. Wimmer (Neuss) 31. 1. Frau Dr. Wisniewski 31. 1. Dr. Wulff * 31. 1. Zierer * 31. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen hat mit Schreiben vom 23. Januar 1986 unter Bezugnahme auf § 17 Abs. 5 Postverwaltungsgesetz den Voranschlag der Deutschen Bundespost für das Rechnungsjahr 1986 übersandt. Der Voranschlag liegt im Parlamentsarchiv zur Einsichtnahme aus. Mit Schreiben vom 23. Januar 1986 hat der Abgeordnete Curdt (SPD) mitgeteilt, daß er seine zu dem Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 29 Abs. 7) - Drucksache 10/4264 - geleistete Unterschrift zurückzieht. Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 der Geschäftsordnung die nachstehende Vorlage überwiesen: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Haushaltsführung 1985 bei Kap. 15 02 Titelgruppe 07 (Leistungen nach dem Bundeskindergeldgesetz); hier: Zustimmung zu einer überplanmäßigen Ausgabe (Drucksache 10/4722) zuständig: Haushaltsausschuß Der Vorsitzende des Ausschusses für Forschung und Technologie hat mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Berichterstattung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung über die nachstehende Vorlage absieht: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung zur Übereinstimmung des Vorschlags für ein EG-Forschungs- und Entwicklungsprogramm über nichtnukleare Energie (1983 bis 1987) mit den Auswahlkriterien für EG-Forschungsprogramme (Drucksache 10/2956) Der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft hat mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Berichterstattung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung über die nachstehende Vorlage absieht: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Antwort der Bundesregierung auf den Prüfungsauftrag des Deutschen Bundestages zur „Verbesserung der Risikokapitalausstattung der deutschen Wirtschaft" (Drucksache 10/1315) vom 6. Juni 1984 (Drucksache 10/2881) Der Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung hat mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Berichterstattung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung über die nachstehenden Vorlagen absieht: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über den Stand der Unfallverhütung und das Unfallgeschehen in der Bundesrepublik Deutschland (Unfallverhütungsbericht) (Drucksachen 10/618, 10/2353, 10/4601) 15136* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 195. Sitzung. Bonn, Freitag, den 31. Januar 1986 Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen der Änderungen des § 44 Arbeitsförderungsgesetz durch das Arbeitsförderungskonsolidierungsgesetz und das Haushaltsbegleitgesetz 1984 (Drucksache 10/3659) Der Vorsitzende des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit hat mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen hat: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 74/404/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Detergentien — KOM(85) 217 endg. — EG-Dok. Nr. 6917/85 — (Drucksache 10/3534 Nr.6, 10/3827 — Berichtigung —) Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über eine spezifische Ausbildung der Allgemeinmedizin — EG-Dok. Nr. 11387/84 — (Drucksache 10/2751 Nr. 24) Der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft hat mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen hat: Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates über den Abschluß eines Kooperationsabkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft einerseits und den Partnerländern des Generalvertrags über die zentralamerikanische Wirtschaftsintegration (Costa Rica, El Salvador, Guatemala, Honduras, Nicaragua) sowie Panama andererseits — KOM(85) 588 endg. — Rats-Dok. Nr. 9853/85 — (Drucksache 10/4400 Nr. 1) Entwurf einer Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für eine bestimmte Art von Polyvinylpyrrolidon der Tarifstelle ex 39.02 X XIV a) des Gemeinsamen Zolltarifs — KOM(85) 562 endg. — Rats-Dok. Nr. 9856/85 — (Drucksache 10/4400 Nr. 3) Entwurf für eine Verordnung (EWG) des Rates zur zeitweiligen Aussetzung der autonomen Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für einige industrielle Waren — KOM(85) 565 endg. — Rats-Dok. Nr. 9957/85 — (Drucksache 10/4400 Nr. 4) Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 950/68 über den Gemeinsamen Zolltarif — KOM(85) 538 endg. — Rats-Dok. Nr. 9958/85 — (Drucksache 10/4400 Nr. 5) Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur vollständigen oder teilweisen Aussetzung der Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für bestimmte Erzeugnisse der Kapitel 1 bis 24 des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Malta (1986) — KOM(85) 568 endg. — Rats-Dok. Nr. 10113/85 — (Drucksache 10/4400 Nr. 6)
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Axel Wernitz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Man sollte die Geschäftsordnung im Kopf, unter dem Arm und gelegentlich auch vor dem Gesicht haben.

    (Ströbele [GRÜNE]: Nicht nur!)

    Da gibt es viele Varianten. Aber es ist letzten Endes schlimm für unsere Arbeit,

    (Mann [GRÜNE]: Sehr wahr!)

    wenn wir im wesentlichen nur noch mit der Geschäftsordnung arbeiten. Das ist immer Ultima ratio, sollte nie die Regel sein.

    (Hornung [CDU/CSU]: Sie wollen sich nur nicht an die Spielregeln halten!)

    Ich möchte jetzt zur Sache sprechen. Ich bitte um Verständnis.
    Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin, ich möchte zu den Angriffen auf den Kollegen Gerhard Schröder und auch zu Alwin Brück, der hier ebenfalls in die Debatte eingeführt worden ist, einige Bemerkungen machen. Sie müssen sich darauf einrichten, daß die Sorgen und Nöte der Menschen und das, was die Menschen draußen umtreibt, hier in dieses Parlament eingeführt werden, auch wenn es von Ihnen, z. B. von Herrn Hirsch, als hart und zugespitzt empfunden wird. Das sind die Sorgen und Nöte derer, die glauben, daß die Freiheit in Gefahr ist.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Hier hat der Kollege Schröder das Recht, dies für
    unsere Fraktion zu formulieren. Er hat nicht nur



    Dr. Wernitz
    das Recht, sondern auch die Pflicht. Das hat er getan.

    (Duve [SPD]: Er hat es sehr gut gemacht!)

    Zu Alwin Brück möchte ich sagen, daß es falsch ist, ihm vorzuwerfen, daß er hier die Beratung des Personalausweis- und Paßgesetzes angemahnt hat. Das ist doch kein Vorwurf. Er hat etwas angemahnt. Aber das war nicht mit der Frage der Maschinenlesbarkeit zu verbinden. Das muß man hier sehr genau auseinanderhalten.

    (Strube [CDU/CSU]: Der wollte Wahlkampf machen, nichts anderes!)

    Zurück zur Thematik selbst. Meine Damen und Herren, wir beraten heute in erster Lesung Vorlagen der Koalition zur Sicherheit und zum Datenschutz, die zwar seit langem im Gerede, aber erst vorgestern im Bundestag eingebracht worden sind. Das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Dezember 1983 hat über Formulierungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung hinaus Maßstäbe und Vorgaben für die Weiterentwicklung des Datenschutzrechts im allgemeinen sowie im bereichsspezifischen Sektor erwarten lassen. Die SPD-Bundestagsfraktion legte bereits am 27. März 1984 ihren Gesetzentwurf zur Novellierung des BDSG vor. Nach dem kläglichen Fehlstart der Bundesregierung mit einem eigenen Referentenentwurf verzichtete sie auf weitere Aktivitäten. Fortan rangelten die Koalitionspartner um eine Datenschutznovelle. Mehr als zwei Jahre hat es gedauert, bis Sie in der Koalition diese Novelle im Rahmen eines Artikelgesetzes präsentieren.

    (Hornung [CDU/CSU]: Und jetzt ist es Ihnen zu früh!)

    Sieht man die Datenschutznovelle und die verschiedenen Sicherheitsgesetze im Kontext, was man tun muß, so ist unsere Gesamtbewertung, einzelne positive Aspekte und Ansätze durchaus zugestanden, insgesamt eindeutig negativ. Der Koalitionsentwurf wird auch nicht annähernd den Mindestanforderungen des Karlsruher Volkszählungsurteils gerecht.

    (Mann [GRÜNE]: So ist es!)

    Sowenig hier das Volkszählungsurteil durchgreifend gewirkt hat, so wenig gelang es offensichtlich dem Bundesdatenschutzbeauftragten, mit seinen Anregungen bei den Koalitionsfraktionen durchzudringen,

    (Mann [GRÜNE]: Das ist leider wahr!)

    als er Gelegenheit hatte, sich in das Beratungsverfahren einzuschalten.

    (Ströbele [GRÜNE]: Das Gesetz ist schlimmer als sein Ruf!)

    Es hatte im nachhinein betrachtet offenkundig nur Alibicharakter.
    Schließlich ist noch die umfangreiche Datenschutzanhörung des Innenausschusses vom 24. Juni des letzten Jahres zu erwähnen, von der gleichfalls nur schwache Impulse auf die Novellierungsbemühungen bei CDU/CSU und FDP ausgingen.
    Es versteht sich beinahe von selbst, daß die Koalition auch durch die eindringliche Argumentation des Bundesbeauftragten für den Datenschutz in seinen letzten drei Tätigkeitsberichten kaum zu beeindrucken war.
    Wir Sozialdemokraten werden dafür sorgen, meine Damen und Herren, daß dieser Gesetzentwurf im Parlament eingehend geprüft werden kann.

    (Broll [CDU/CSU]: Aber nicht durch Abwesenheit?)

    Dazu gehört, daß auch dieser Entwurf auf den parlamentarischen Prüfstand einer öffentlichen Anhörung kommt. Für die anschließende Detailberatung der vorliegenden Datenschutzgesetzentwürfe muß eine gründliche und solide Arbeit garantiert sein.

    (Mann [GRÜNE]: Zwei Tage mindestens!)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie sind in Gefahr, in einer Art Torschlußhektik zahlreiche Gesetzentwürfe zu präsentieren, die Sie dann durch die parlamentarischen Gremien wie durch einen Windkanal pfeifen lassen.

    (Beifall bei der SPD — Duve [SPD]: Die Demokratie pfeift auf dem letzten Loch! — Dr. Laufs [CDU/CSU]: Sie werden genügend Zeit für die Beratung haben!)

    Sie würden damit unabsehbaren Schaden für das Ansehen dieses Parlaments anrichten. Das ist schlimmer als die leeren Bänke in diesem Saal, wenn man an die möglichen Konsequenzen denkt.

    (Broll [CDU/CSU]: Meinen Sie die leeren Bänke des Innenausschusses auf der SPD Seite?)

    Aus dem Artikelgesetz sind selbstverständlich ebenso die einzelnen Sicherheitsgesetze eingehenden Anhörungen zu unterziehen.
    Wir bestreiten nicht, daß auch unser Gesetzentwurf zum Datenschutzgesetz verbesserungsbedürftig ist. Dies hat auch die Anhörung ergeben.
    Dagegen bleibt der Koalitionsentwurf in wesentlichen Punkten unter dem Niveau des weitgehend anerkannten datenschutzrechtlichen Erkenntnis- und Wissensstandes. Nach dem Volkszählungsurteil müssen neben den Dateien auch die personenbezogenen Daten in Akten geschützt werden. Aber bei der Koalition bleibt das Bundesdatenschutzgesetz weiterhin auf Dateien beschränkt. Für einen Teil der öffentlichen Verwaltung wird dieser Mangel, gleichsam durch die Hintertür, mittels einer Änderung des Verwaltungsverfahrensgesetzes beseitigt. Dafür fehlt nach wie vor im privatwirtschaftlichen Bereich jeder durchgreifende Schutz, wenn sich die personenbezogenen Daten in Akten oder anderen Unterlagen befinden.

    (Ströbele [GRÜNE]: Genau das habe ich ja gesagt!)

    Spätestens seit der Anhörung sollte unstrittig sein, daß der Datenschutz einsetzen muß, wenn die Daten beim Bürger erhoben werden. Die Datenerhebung beim Betroffenen als erster Schritt ist unbestreitbar der wichtigste Eingriff in die Rechts-



    Dr. Wernitz
    position des Betroffenen. Darauf hat auch gerade das Bundesverfassungsgericht in seinem Volkszählungsurteil hingewiesen und daran wesentliche rechtliche Konsequenzen geknüpft.
    Ich will hier auf die weiteren Einzelpunkte auch aus Zeitgründen nicht eingehen. Es bleibt eine Menge unbefriedigend: die generelle Auskunftsverweigerung der Nachrichtendienste; die Regelung über den Bundesbeauftragten für den Datenschutz reicht hier nicht aus.

    (Ströbele [GRÜNE]: Genau!)

    Meine Damen und Herren, auch wenn man zugeben kann und muß, daß der Entwurf der Koalition auch positive Einzelheiten und Anregungen enthält, muß man sagen:

    (Ströbele [GRÜNE]: Wo denn?)

    Diese Lichtblicke, die ich nicht bestreite, können bei einer Gesamtbewertung der Datenschutznovelle nicht darüber hinwegtäuschen, daß, gemessen an den Vorgaben und Meßlatten des Volkszählungsurteils, dem inzwischen erreichten Gesetzgebungsstandard auf der Länderebene

    (Broll [CDU/CSU]: Na, na! Gucken Sie mal NRW an!)

    und nicht zuletzt dem Zeitbedarf von sage und schreibe zwei Jahren, ein datenschutzrechtlich so defizitäres Produkt herausgekommen ist. Wir werden viel Zeit und Arbeit in die parlamentarischen Ausschußberatungen investieren müssen, um daraus ein Gesetzgebungswerk werden zu lassen, mit dem sich dieses Parlament sehen lassen kann.
    Das gilt auch noch aus einem anderen Grunde: Die Novelle zum Datenschutzgesetz kann nicht isoliert, sie muß im Zusammenhang mit den datenschutzbereichsspezifischen Sicherheitsgesetzen gesehen werden. Durch das Volkszählungsurteil ist das anerkannte Recht auf informationelle Selbstbestimmung des einzelnen auch für die Bereiche der Sicherheitsgesetze zu akzeptieren. Hier bedarf es überzeugender rechtlicher Regelungen und einer wirksamen Kontrolle.
    Auf der anderen Seite sind Sicherheit der Bürger und Sicherheit des Staates, der dies zu gewährleisten hat, gleichrangige und unverzichtbare Verfassungswerte. In Übereinstimmung mit dem Karlsruher Urteilsspruch vom Dezember 1983 stellen wir Sozialdemokraten darauf ab, daß der sich daraus ergebende Konflikt nicht durch einseitige Betonung einer dieser beiden Positionen, sondern nur durch sorgfältige Abwägung bei der Ausgestaltung der Rechtsgrundlagen gelöst werden kann. Diesen Abwägungsprozeß im Spannungsverhältnis zwischen Datenschutz und Sicherheit oder anders gesagt: zwischen Individual- und Persönlichkeitsrecht und den allgemeinen Belangen, den berechtigten Interessen des Staates an öffentlicher Sicherheit muß der Gesetzgeber insbesondere bei den Ausschußberatungen im Parlament Punkt für Punkt bei den einzelnen Gesetzentwürfen vornehmen.
    Sollte diese Möglichkeit durch ein Beratungsdiktat verkürzt werden, provoziert die Koalition angesichts des erheblich umstrittenen Inhalts des vorgelegten Artikelgesetzes möglicherweise eine verfassungsgerichtliche Nachprüfung dieses Gesetzespaketes.
    Wie wenig man seitens der Koalition mit dem Datenschutz am Hut hat, demonstriert die Tatsache, daß z. B. für die bevorstehende Anhörung zum Paßgesetz unter den der Koalition zustehenden sechs von insgesamt elf Sachverständigen nicht ein einziger Datenschutzbeauftragter Platz hatte. Das illustriert mehr als vieles andere, wie es bei dieser Koalition um den Stellenwert des Datenschutzes bestellt ist. Das Schlimme daran ist, daß viele in der Koalition offensichtlich daran glauben, mit diesem Kurs den Sicherheitsbehörden einen Dienst zu erweisen. Das ist ein fundamentaler Irrtum und ein gefährlicher obendrein. Datenschutz und Sicherheit dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Sie gehören zusammen.
    Nach unserem Eindruck gehen Bundesregierung und Koalition mit dem Gesetzespaket — bis hin zu dem besonders umstrittenen Zusammenarbeitsgesetz — einen bedenklichen Weg. Sollten die Entwürfe im wesentlichen unverändert verabschiedet werden, so hätte die Bundesrepublik ihr bisheriges hohes internationales Ansehen in Sachen Datenschutz wohl bald verspielt. Aus einem Spitzenreiter des Datenschutzes würde ein Nachzügler.
    Wir Sozialdemokraten werden uns konsequent und beharrlich einem solchen Wendetrend entgegenstellen und für eine Versöhnung von Datenschutz und Sicherheit eintreten. Dabei wollen wir beachten, was das Bundesverfassungsgericht in seinem Volkszählungsurteil so formulierte — ich zitiere zum Abschluß —:
    Mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung wären eine Gesellschaftsordnung und eine diese ermöglichende Rechtsordnung nicht vereinbar, in der Bürger nicht mehr wissen können, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über sie weiß.
    Zur Bewahrung der Grundrechte unserer Bürger aber brauchen wir beides: Datenschutz und Sicherheit. Wir werden in diesem Sinne an die Beratung der Gesetzentwürfe herangehen. Wir werden die Freiheit und die Sicherheit, damit die Grundrechte der Bürger unseres Landes konsequent und beharrlich schützen und verteidigen.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Fellner.

(Ströbele [GRÜNE]: Jetzt wollen wir einmal hören, was die CSU sagt! — Volmer [GRÜNE]: Haben Sie wieder tolle Sprüche?)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hermann Fellner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Wernitz, es scheint mir auffällig zu sein, daß Sie sich so lange mit der Form der Beratung auseinandergesetzt haben. Wie wir Sie kennen, hätten Sie zu diesem Gesetzespaket eigentlich wenig Kritik anbringen und sehr viel Lobendes sagen müssen. Darum habe ich Verständnis,



    Fellner
    daß Sie sich mit der Form der Beratung auseinandergesetzt haben.

    (Vogel [München] [GRÜNE]: Sagt der Chefideologe!)

    Die Tatsache, daß wir im Innenausschuß öfter zur Geschäftsordnung greifen müssen, hat ihren tieferen Grund eben darin, daß wir den Vorsitzenden bei seinem Vorhaben immer unterstützen wollen, eine zügige Beratung zu ermöglichen, möglichst wenig Zeit für Streit um formale Fragen zu verbrauchen und eifrig in der Sache selbst diskutieren zu können.
    Im Zusammenhang mit der Kritik, daß zur Vorbereitung der ersten Beratung nur wenig Zeit gewesen sei, d. h. die Gesetzentwürfe kaum hätten geprüft werden können, haben wir j a einiges Verräterische erlebt. Verschiedene Leute haben nämlich schon früher Pressekonferenzen durchgeführt und sogar schon Kommentare zu diesen Gesetzen geschrieben. Außerdem sollte jeder einmal zur Geschäftsordnung greifen, Herr Kollege Wernitz. Dann kann er nachlesen, daß in der Aussprache zur ersten Lesung eines Gesetzes jeweils nur die Grundsätze der Vorlage besprochen werden. Ich darf doch wohl unterstellen, daß die mit dieser Materie befaßten fachkundigen Kollegen keine längere Vorbereitungszeit brauchen, um zu den Problemen des Datenschutzes und auch zu den Problemen der Arbeit unserer Sicherheitsbehörden etwas sagen zu können.