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ID1017618200

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    Plenarprotokoll 10/176 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 176. Sitzung Bonn, Dienstag, den 26. November 1985 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg Ronneburger 13229 A Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1986 (Haushaltsgesetz 1986) — Drucksachen 10/3700, 10/4101 — Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes — Drucksachen 10/4154, 10/4180 — Dr. Vogel SPD 13229 B Dr. Dregger CDU/CSU 13241A Schmidt (Hamburg-Neustadt) GRÜNE 13248 D Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi 13252 D Dr. Kohl, Bundeskanzler 13259 D Schröder (Hannover) SPD 13269 B Mischnick FDP 13275A Rühe CDU/CSU 13278 C Vizepräsident Stücklen . . . . 13279A, 13282A Namentliche Abstimmung 13282 A Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts — Drucksachen 10/4155, 10/4180 Voigt (Frankfurt) SPD 13284 A Dr. Stercken CDU/CSU 13287 C Frau Borgmann GRÜNE . . . . 13290A, 13307A Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 13292 B Genscher, Bundesminister AA 13294 D Gansel SPD 13299 D Dr. Rose CDU/CSU 13302 B Würtz SPD 13305 A Klein (München) CDU/CSU 13307 C Frau Huber SPD 13308 C Vizepräsident Stücklen 13286 A Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung — Drucksachen 10/4164, 10/4180 — in Verbindung mit Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte — Drucksache 10/4175 — Kleinert (Marburg) GRÜNE (zur GO) . 13311C Löher CDU/CSU 13312 B Frau Traupe SPD 13313 B Frau Seiler-Albring FDP 13316 C Lange GRÜNE 13318 D Dr. Friedmann CDU/CSU 13321 B Kleinert (Marburg) GRÜNE 13324A Walther SPD 13325 A II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 176. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 26. November 1985 Dr. Dregger CDU/CSU 13327 B Dr. Wörner, Bundesminister BMVg . . 13328 B Jungmann SPD 13332 C Wimmer (Neuss) CDU/CSU 13334 C Namentliche Abstimmung 13335 D Ergebnis 13341 C Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksachen 10/4170, 10/4180 — Esters SPD 13336 B Borchert CDU/CSU 13337 D Volmer GRÜNE 13339 C Frau Seiler-Albring FDP 13343 A Dr. Warnke, Bundesminister BMZ . . 13344 C Ströbele GRÜNE (Erklärung nach § 30 GO) 13347 C Dr. Warnke, Bundesminister BMZ (Erklärung nach § 30 GO) 13348 B Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen — Drucksachen 10/4170, 10/4180 — Dr. Diederich (Berlin) SPD 13348 D Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 13350 D Dr. Schierholz GRÜNE 13353 C Ronneburger FDP 13355 A Hiller (Lübeck) SPD 13357 B Windelen, Bundesminister BMB . . . 13358 D Dr. Vogel SPD 13361 C Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt — Drucksachen 10/4151, 10/4180 — . . . 13362 C Einzelplan 02 Deutscher Bundestag — Drucksachen 10/4152, 10/4180, 10/4327 — 13362 D Einzelplan 03 Bundesrat — Drucksachen 10/4153, 10/4180 — . . 13363A Nächste Sitzung 13363 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 13364* A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 176. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 26. November 1985 13229 176. Sitzung Bonn, den 26. November 1985 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 28. 11. Böhm (Melsungen) 26. 11. Bueb 29. 11. Büchner (Speyer) * 29. 11. Collet 29. 11. Egert 26. 11. Frau Eid 29. 11. Ertl 29. 11. Gallus 26. 11. Dr. Haack 27. 11. Höffkes 27. 11. Dr. Hupka 26. 11. Jäger (Wangen) * 29. 11. Jung (Düsseldorf) 26. 11. Junghans 29. 11. Kalisch 26. 11. Kastning 26. 11. Kittelmann * 29. 11. Klose 29. 11. Dr. Kreile 29. 11. Leonhart 29. 11. Lutz 26. 11. Michels 26. 11. Dr. Müller * 29. 11. Nagel 29. 11. Dr. Olderog 29. 11. Oostergetelo 26. 11. Petersen 26. 11. Rappe (Hildesheim) 26. 11. Frau Rönsch 26. 11. Rühe 28. 11. Schlaga 29. 11. Frau Schmidt (Nürnberg) 29. 11. Schmidt (Wattenscheid) 29. 11. Dr. Schwenk (Stade) 27. 11. Dr. Todenhöfer 29. 11. Voigt (Sonthofen) 26. 11. Frau Wagner 28. 11. Werner (Dierstorf) 29. 11. Frau Dr. Wex 29. 11. Zierer 29. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Lieselotte Berger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Diederich, ich muß Ihnen offen gestehen, daß mir die Begründung, die Sie soeben für die Ablehnung des Einzelplans 27 vorgetragen haben, etwas — wie man in Berlin sagt — dünn vorkommt. Sie paßt im Grunde genommen auch nicht in das Bild, das sich nach unseren Berichterstattergesprächen und nach den Beratungen im Haushaltsausschuß ergibt, wo wir ja festgestellt haben, daß wir beide zwar an verschiedenen Seiten der Deichsel, aber immerhin doch am selben Karren ziehen.

    (Dr. Schierholz [GRÜNE]: An derselben Deichsel!)

    — Entschuldigen Sie, Herr Schierholz, im Gegensatz zu Ihnen haben wir, der Herr Kollege Diederich und ich, den Karren in der Tat in die gleiche Richtung zu ziehen versucht, nämlich nach vorne. Gerade vor diesem Hintergrund betrübt mich natürlich die angekündigte Ablehnung des Haushalts des innerdeutschen Ministeriums.



    Frau Berger (Berlin)

    Herr Kollege Diederich, erlauben Sie mir, noch eines zu sagen: Ich habe eben noch einmal in den Haushalt geschaut und habe mir den Titel 685 02 — Förderung der deutschlandpolitischen Arbeit —, in dem j a die Mittel für die Vertriebenenverbände eingestellt sind, angesehen. Da ist doch von einer unvertretbaren Erhöhung überhaupt nicht die Rede! In der Zeit von Minister Franke ist dieser Titel ständig stark reduziert worden, und bei uns ist er wieder ein bißchen angehoben worden. Im vorigen Jahr haben wir aus Anlaß des 40. Jahrestages der Vertreibung 740 000 DM draufgelegt und sie als „künftig wegfallend" bezeichnet, und für den Haushalt 1986 haben wir bis auf einen geringfügigen Betrag von etwa 250 000 DM den Titel praktisch überrollt.
    Nun meine ich wirklich, liebe Kollegen, daß man sich schon einmal über den einen oder anderen Kollegen ärgern kann. Sie haben Herrn Czaja genannt, aber vielleicht auch jemand anderen gemeint. Ich nehme Ihnen das so nicht ab. Ich möchte aber fragen: Muß man denn, auch wenn man sich einmal über einen oder über fünf oder über zehn Kollegen ärgert, eigentlich mehr als 10 Millionen Menschen in unserem Lande, die ein schweres Schicksal hinter sich gebracht haben und denen wir viel Dank für die Aufbauleistung schulden, die sie bei uns in der Bundesrepublik Deutschland vollbracht haben, ebenfalls verärgern?

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Ströbele [GRÜNE]: Von Hupka und Czaja mißbraucht! Das ist das Schlimme!)

    — Wissen Sie, ich wollte mich eigentlich angesichts der knappen Zeit, die mir zur Verfügung steht, mit Ihnen gar nicht beschäftigen. Erst einmal sind Sie zu Beginn dieser Wahlperiode mit dem vollmundigen Versprechen angetreten, daß Sie es uns schon zeigen würden. Sie würden immer da sein, auch zu später Stunde. Jetzt sind Sie zu dritt, und das Allerfeinste ist: der Berichterstatter zum Einzelplan 27, der j a auch an dem Berichterstattergespräch nicht teilgenommen hat — er hat sich nachher wenigstens im Ministerium erkundigt —, ist jetzt auch nicht da. Das wollen wir festhalten.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wie üblich!)

    Wer im Berichterstattergespräch nicht da ist, wer im Innerdeutschen Ausschuß nicht mitredet, der soll dann hier im Plenum kleinere Brötchen backen. So halten wir das in Berlin.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Schierholz [GRÜNE]: Es sind noch 13% unserer Fraktion!)

    Meine Damen und Herren, liebe Kollegen, in diesen Tagen blickten die Menschen in West und Ost mit Spannung nach Genf, wo Präsident Reagan und Generalsekretär Gorbatschow einen neuen Dialog begonnen und weitere Zusammenarbeit vereinbart haben. Die gemeinsame Abschlußerklärung vom 21. November 1985 bedeutet sicher auch eine Weichenstellung für die innerdeutschen Beziehungen. Die Ergebnisse kennen Sie: Humanitäre Fälle sollen im Geiste der Zusammenarbeit gelöst werden; es soll mehr Reisen und damit auch mehr menschliche Kontakte geben.
    Wir hoffen und wünschen, daß diese Absichtserklärungen auch für uns Deutsche bald unmittelbare praktische Verbesserungen bringen werden. Wer denn anders als wir Deutsche könnte dieses in besonderer Weise hoffen und wünschen!
    Die positive Entwicklung, die wir in den letzten Jahren in der Deutschlandpolitik zu verzeichnen haben, hat damit gute Chancen einer Fortsetzung. Im Einzelplan 27 sind dafür seit 1983 die entsprechenden haushaltsmäßigen Voraussetzungen geschaffen worden. Wir wollen auch künftig deutlich machen, Herr Kollege Diederich, daß die Aufgabe, der Einheit der Nation zu dienen, den Zusammenhalt des deutschen Volkes zu stärken, die Beziehungen der beiden Staaten in Deutschland zu fördern und die deutschlandpolitische Verantwortung wahrzunehmen, an hervorragender Stelle in der Arbeit des Bundestages und der Bundesregierung steht.
    Das Haushaltsjahr 1986 ist für den Einzelplan 27 jetzt das vierte Jahr der Konsolidierung durch die Koalition von CDU/CSU und FDP. Bei der Regierungsübernahme — nun will ich doch einmal auf das zurückkommen, was wir hier des öfteren als Erblast bezeichnen — haben wir einen Haushalt vorgefunden, der in der Zeit unter Bundesminister Franke stark vernachlässigt worden war. Während z. B. der Gesamthaushalt 1980 bis 1982 um 5,5, 7,8 bzw. 6,6% gestiegen ist, wurde der Einzelplan 27, dessen Aufgaben ich geschildert habe, die auch von Herrn Kollegen Diederich geschildert wurden, im Jahre 1980 nur um 0,8% angehoben und in den Jahren 1981 und 1982 sogar um 1 % bzw. 5,6 % gekürzt.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Das Haushaltsjahr 1982 brachte mit 439 Millionen DM den absoluten Tiefpunkt im Einzelplan 27. Herr Kollege Ehmke, Bundesminister Dr. Barzel hat damals ein Haus übernommen, um das es wahrlich nicht gut bestellt gewesen ist.
    Die Bundesregierung hat in den Haushaltsjahren 1983 bis zum vorliegenden Haushalt 1986 eine Wende vollzogen und neue Prioritäten gesetzt, die ich aufzählen könnte und die ich Ihnen gerne schriftlich gebe.
    Der Einzelplan 27 ist von der Bundesregierung für 1986 mit einem Volumen von 759,8 Millionen DM vorgelegt worden.

    (Zurufe von der SPD)

    — Herr Kollege, ich habe doch gerade gesagt, daß es Minister Franke im Jahre 1982 auf ein Jahresvolumen von 439 Millionen DM gebracht hat und daß wir jetzt 1986 auf ein Volumen von 759,8 Millionen DM kommen. Das muß Ihnen doch etwas sagen, wenn Sie wenigstens ein bißchen rechnen und nachdenken können.
    Die Berichterstatter haben einige Umschichtungen und eine Verstärkung um 9,2 Millionen DM auf 769,1 Millionen DM vorgenommen. Dabei wurden auch die besonderen Bemühungen der Bundesregierung um menschliche Erleichterungen — ein



    Frau Berger (Berlin)

    ausgesprochen schwieriges Gebiet — berücksichtigt. Dies kommt in dem erhöhten Plafond des Einzelplans 27 zum Ausdruck. Es gibt hier, wie der Kollege Diederich schon ausgeführt hat, keine Geheimniskrämerei mehr. Bundesminister Windelen hat entschieden, daß diese Dinge in den Berichterstattergesprächen, in den Ausschüssen und auch hier im Deutschen Bundestag in angemessener Weise beraten werden können. Hierfür möchte ich ausdrücklich danken. Das war nicht immer so.
    Vor dem Regierungswechsel hatten wir gelegentlich Schwierigkeiten, unser Recht auf parlamentarische Kontrolle durchzusetzen.

    (Jungmann [SPD]: Das haben wir heute noch in anderen Bereichen! Fragen Sie mal den Wörner!)

    — Herr Kollege, Sie wollen es so haben; Sie können es also auch bekommen. Herr Kollege Jungmann, ich denke dabei an so manche Schwierigkeiten, die wir in dem früheren Dreier-Ausschuß hatten.

    (Zuruf von der SPD: Lassen wir es mal!)

    — Nein, wir lassen es jetzt einmal nicht. — Das war ein Unterausschuß des Haushaltsausschusses, der die für humanitäre Zwecke ausgegebenen Gelder zu kontrollieren hatte.
    Eine Nachwirkung davon ist das Strafverfahren, das gegen Bundesminister a. D. Egon Franke und seinen früheren Ministerialdirektor Hirt zur Zeit beim Bonner Landgericht anhängig ist.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Wir sind damals geleimt worden!)

    Ich möchte zu diesem Verfahren nicht Stellung nehmen.

    (Zuruf von der SPD: Sie machen es aber damit!)

    — Ich möchte im Gegensatz zu Ihrem Fraktionsvorsitzenden und zu einem anderen Kollegen Ihrer Fraktion, die dies im Pressedienst Ihrer Partei getan haben, zu diesem Verfahren nicht Stellung nehmen. Ich möchte hier weder eine Vorverurteilung noch einen Vorfreispruch aussprechen. Ich halte es nun aber für angebracht, aus der Abschlußerklärung des Dreier-Ausschusses vom 11. Februar 1983, die nach Abschluß unserer gemeinsamen Beratungen mit dem Bundesrechungshof von den Kollegen Hans-Günter Hoppe, Albert Nehm und von mir unterzeichnet worden ist, zu zitieren:
    Die behauptete Verwendung von Haushaltsmitteln, die durch grobe Haushaltsverstöße verfügbar gemacht und der Kontrolle durch das Parlament entzogen worden waren, ist weiterhin unklar geblieben. Soweit für die Ausgabe der Mittel Angaben gemacht wurden, sind sie für die Ausschußmitglieder nicht zureichend glaubhaft gemacht worden.
    Da es für die in Rede stehenden Geldbewegungen keinerlei Aufzeichnungen und Belege gibt, sieht sich der Ausschuß gehindert, den Sachverhalt aufzuklären.
    Er empfiehlt deshalb, den Bundesdisziplinaranwalt und die Staatsanwaltschaft über den Tatbestand zu unterrichten.
    Mögliche — aus den Haushaltsverstößen resultierende — Schadenersatzansprüche sind geltend zu machen.
    Die Vorgänge, mit denen sich der Ausschuß zu befassen hatte, haben sich nicht auf die besonderen Bemühungen der Bundesregierung im humanitären Bereich mit der DDR bezogen.
    Ich wiederhole den letzten Satz:
    Die Vorgänge, mit denen sich der Ausschuß zu befassen hatte, haben sich nicht auf die besonderen Bemühungen der Bundesregierung im humanitären Bereich mit der DDR bezogen.
    Ich wiederhole den letzten Satz im Klartext: Das Geld, nach dem gesucht wird, wird also nicht in der DDR zu finden sein.
    Es steht fest, daß im vorliegenden Fall gegen haushaltsrechtliche Bestimmungen verstoßen worden ist und daß die Mittelverwendung unter Ausschaltung der Haushaltsabteilung des Ministeriums, des Bundesrechnungshofes und schließlich auch des Bundestages erfolgt ist.
    Ich wünsche mir — damit will ich zum Ende kommen —, daß der Prozeß möglichst schnell beendet werden kann. Dies liegt sowohl im Interesse der Demokratie als auch im Interesse Egon Frankes, dessen Verdienste um die deutsche Demokratie unbestritten sind und der mein menschliches Mitgefühl hat.

    (Büchler [Hof] [SPD]: Das merkt man!)

    — Herr Kollege Büchler, an Ihrer Stelle würde ich mich für die Bemerkung, die Sie soeben gemacht haben, in Grund und Boden schämen.

    (Schreiner [SPD]: Wichtigtuerin!)

    Lassen Sie mich nun einige Punkte zum Einzelplan 27 vortragen.
    Erstens. Die Zahl der Deutschen, die Deutschland als politische Einheit erlebt haben, wird ständig kleiner. Deshalb bedarf es der Information, der Aufklärung und der Argumente gerade bei der nachwachsenden Generation. Die Zahl der Deutschen, die wissen, daß Rügen nicht nur Tadeln bedeutet, sondern eine Insel ist — nämlich die schönste in der Ostsee —, darf nicht kleiner werden. Deshalb bedarf es, wie ich soeben sagte, der besseren Information.
    Im Vorjahr habe ich gefordert, das Bücherpaket, das für Lehrer und Schüler über das Gesamtdeutsche Institut zur Verfügung gestellt wird, zu durchforsten, zu straffen und zu aktualisieren. Ich stelle fest, daß erste Fortschritte erzielt sind; weitere sind denkbar und nach meiner Ansicht auch nötig.
    Zweitens. Vor einem Jahr habe ich hier im Deutschen Bundestag angeregt, eine Zeitschrift für die Jugend herauszugeben, die neben der inhaltlichen Akzentuierung der deutschen Frage entscheidend auch nach Aufmachung und Sprache für die Jugend geschaffen werden sollte. Sie sollte Pep haben und



    Frau Berger (Berlin)

    in der Sprache der Jugend getrost frech und kess aufgemacht werden, also in einem ganz und gar unamtlichen Stil. Ich kann auch hierzu feststellen, daß meine Anregung in die Tat umgesetzt worden ist. Im September 1985 ist die Zeitschrift „Wir in Ost und West" mit der ersten Titelnummer „Was ist der Deutschen Vaterland" erschienen.

    (Dr. Schierholz [GRÜNE]: Leider mißlungen!)

    Mir persönlich ist diese Zeitschrift für die Jugend zwar noch etwas zu steif. Ich denke aber, das wird sich ändern lassen. Wie ich erfahren habe, ist das Echo aus Jugendorganisationen und Schulen bisher erfreulich positiv. Bis zum heutigen Tage sind mehr als 100 positive Zuschriften von Jugendorganisationen und Institutionen der politischen Bildung eingegangen.
    Drittens. Die Angebote an Förderungsmitteln für Reisen nach Berlin, an die Grenze zur DDR und in die DDR selbst sind weiter verstärkt worden. Die Berichterstatter, der Kollege Diederich und ich, haben gemeinsam versucht, den Regierungsansatz von 29 Millionen DM noch einmal zu verstärken. Es ist uns durch Umschichtung gelungen, wenigstens 250 000 DM für die Förderung von Schülerreisen nach Berlin zuzulegen, sozusagen zusammenzukratzen. Damit können aber immerhin 5 000 Jugendliche zusätzlich Förderungsmittel für eine Berlin-Fahrt erhalten.

    (Sehr gut! hei der CDU/CSU)

    Leider war es auch im Haushalt 1986 noch nicht möglich, die Zuschüsse für die Jugendfahrten von zur Zeit 5 DM je Tag und Teilnehmer und den Zuschuß von 80 % der Omnibuskosten anzuheben. Die Eltern müssen also weiterhin einen ganz erheblichen Eigenbeitrag leisten, damit z. B. eine Klassenfahrt nach Berlin oder in die DDR zustande kommt. Diesen Eltern gilt unser besonderer Dank.
    Viertens. Der Ansatz für die deutschlandpolitische Forschung, für die 1984 3,7 Millionen DM zur Verfügung standen, wird auf 5,9 Millionen DM erhöht. Wir sind uns im klaren darüber, daß die deutschlandpolitische Forschung, für die wir den wissenschaftlichen Nachwuchs an den Hochschulen gewinnen wollen, verstärkt werden muß.
    Fünftens. Die Förderung des Zonenrandgebiets bleibt ein fester Bestandteil und besonderer Schwerpunkt des Einzelplans 27.
    Sechstens. Wir haben alle erkannt, daß der Informationsarbeit im Ausland über die deutsche Frage mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden muß. Uns liegt daran, daß Beamte aus dem Innerdeutschen Ministerium oder andere Fachleute an zwischenstaatlichen und nichtstaatlichen Konferenzen und Kommissionen mit deutschlandpolitischer Thematik teilnehmen können. Für Auslandsreisen hatte der Einzelplan 27 im Jahre 1982 ganze 5 000 DM vorgesehen. Wir haben diesen Ansatz für 1986 auf zunächst 135 000 DM erhöht.
    Ich hoffe und wünsche, Herr Minister Windelen, daß Sie Ihre Arbeit so erfolgreich wie bisher fortsetzen werden. Im Bereich des Haushalts des innerdeutschen Ministeriums ist unter Ihrer Federführung gute Arbeit geleistet worden. Die innerdeutschen Aufgaben liegen bei Ihnen, bei Ihren Staatssekretären und bei Ihren Mitarbeitern in guten Händen.
    Die Fraktion der CDU/CSU stimmt dem Einzelplan 27 zu.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schierholz.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Henning Schierholz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)

    Herr Präsident! Meine wenigen verbliebenen Damen und Herren! Liebe Frau Berger, es kann doch wohl nicht angehen, daß hier nur Berichterstatter das Wort ergreifen dürfen. Ich darf daran erinnern, daß heute morgen der Herr Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU zuerst über Deutschlandpolitik geredet hat.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Formal finde ich das gut. Inhaltlich hätte ich bei dem, was er im Kontext von Außen- und Militärpolitik erzählt hat, allerdings sehr viel Veranlassung, Ihnen schon jetzt eine gute Nacht zu wünschen. Denn die Deutschlandpolitik der Koalition ist doch eindeutig

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Sollen wir gehen oder wie?)

    — Sie können das gern, Herr Gerster — gekennzeichnet von einer — wenn man es einmal vorsichtig ausdrückt — Hängepartie, von Unausgegorenheiten bis hin zur politischen Lähmung, wenn man Klartext reden will.
    Diese politische Lähmung der Regierungskoalition wurde gerade jüngst bei der Aktuellen Stunde zum Entschließungsentwurf zum Bericht zur Lage der Nation erschreckend deutlich. Daß eine Bundestagsentschließung dazu ausgerechnet an der Verweigerung eines eindeutigen Bekenntnisses zu den bestehenden Grenzen in Europa scheitert, mutet geradezu gespenstisch an, wenn berücksichtigt wird, daß die territoriale Nachkriegsordnung ein Resultat des kriegerischen Größenwahnsinns deutscher Politiker und Armeen gewesen ist. Glauben Sie denn wirklich, meine Damen und Herren von der Koalition, daß ein Abbau der Blockkonfrontation, eine Überwindung der Spaltung Europas in zwei Blöcke ernsthaft möglich sei, ohne daß von bundesdeutscher Seite ein eindeutiges Bekenntnis zum gegenwärtigen territorialen Status quo ausgesprochen wird? Jeder Mensch, der die friedenspolitische Verantwortung in beiden deutschen Staaten mit Inhalt füllen will, der kalkulierte einseitige, aber auch multilateriale Initiativen zur Abrüstung in Europa und besonders in Mitteleuropa zu erreichen wünscht, muß die Oder-Neiße-Grenze und die DDR verbindlich anerkennen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)




    Dr. Schierholz
    Das bedeutet natürlich auch eine klare Antwort in der Staatsbürgerschaftsfrage.

    (Werner [Ulm] [CDU/CSU]: Haben Sie eigentlich einmal das Grundgesetz gelesen?)

    Es gab kürzlich wieder mächtig viel Aufregung über die Feststellung des saarländischen Ministerpräsidenten Lafontaine, daß die Anerkennung der DDR-Staatsbürgerschaft langfristig nicht zu umgehen sei, und es wird Sie nicht wundern, meine Herren und Damen auf der linken Seite: Wir stimmen dem zu. Weshalb also die aufgebrachten Reden?

    (Zurufe und Lachen bei der CDU/CSU) — Jetzt lachen Sie!


    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Wenn ich Sie sehe, immer!)

    Warum dann das Getöse nach den Äußerungen von Herrn Lafontaine? Weshalb diese aufgeregten Kommentare, wenn der Mann zu Recht darauf hinweist, daß das fossile Relikt einer deutschen — sprich gesamtdeutschen — Staatsangehörigkeit des mit allen juristischen Winkelzügen künstlich erhaltenen Deutschen Reiches als Ballast für zwischengesellschaftliche Beziehungen abgeworfen werden soll?

    (Reddemann [CDU/CSU]: „Zwischengesellschaftliche Beziehungen"!)

    Es geht eigentlich, Herr Reddemann, nicht um die DDR-Staatsbürgerschaft, da es einen Staat ohne Staatsbürger wohl kaum geben kann. Im Kern geht es — das wird bei den Diskussionen über Respektierung oder Anerkennung der DDR-Staatsbürgerschaft in der Regel verschwiegen —, um die Tatsache, daß die Bundesrepublik keine eigene Staatsbürgerschaft besitzt, sondern für sich als selbsternannter legitimer Teil des für sie immer noch existierenden Deutschen Reiches in Anspruch nimmt, für alle Deutschen in den Grenzen von 1937 als Souverän zu fungieren. Das ist der Schrott des Kalten Krieges, der weggeräumt werden muß.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Werner [Ulm] [CDU/CSU]: Wer im „Neuen Deutschland" hat Ihnen das aufgeschrieben, Herr Schierholz?)

    Mir ist dabei klar — ich spreche jetzt die nicht anwesenden Damen und Herren in der Mitte an —, daß für West-Berlin darin ein großes Problem liegt. Das ist völlig klar; nur sollte die Bundesregierung das einmal nutzen, dort politische Initiativen — auch gegenüber den Allierten — zu ergreifen, um dieses Problem einer Lösung zuzuführen.

    (Dr. Hennig [CDU/CSU]: Der hat mal Rechtswissenschaft studiert! Das ist unglaublich! Weiterer Zuruf von der CDU/ CSU: Aber in Berlin!)

    Zum Stichpunkt „Ballast": Unser Entschließungsantrag zur Auflösung des Bundesministeriums für innerdeutsche Beziehungen steht in diesem Kontext, nämlich Ballast abzuwerfen, um für die Menschen und den Frieden neue Wege zu eröffnen. Das BMB symbolisiert gegenwärtig einzig den anachronistischen Anspruch der Bundesrepublik, alle Deutschen in den Grenzen von 1937 als Staatsmacht zu vertreten und zu repräsentieren, bis der gewünschte deutsche Nationalstaat, der bei Ihnen im Hintergrund steht, mit der Bundesrepublik als bestimmender Kern wieder errichtet werden kann, und den wollen wir nicht.

    (Zustimmung des Abg. Ströbele [GRÜNE] — Werner [Ulm] [CDU/CSU]: Welchen wollen Sie dann?)

    Statt dessen — Herr Werner, vielleicht lassen Sie mich ausreden; vielleicht kommen Sie ja auch noch dran — sollte die Deutschlandpolitik zu einer Selbstanerkennung der Bundesrepublik als eines normalen westlichen Staates führen, zu einer Befreiung der bundesdeutschen Gesellschaft und ihres Staates vom Provisorischen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wer hat Ihnen den Quatsch aufgeschrieben?)

    Der Antrag auf Auflösung des Ministeriums bedeutet nicht die Streichung der in ihm versammelten Abteilungen und Aufgaben, die, sofern sie die Beziehungen zur DDR betreffen, ins Auswärtige Amt oder ins Bundeskanzleramt verlagert werden sollen. Deshalb haben wir auch als einzige Fraktion in diesem Hause Änderungsanträge zu Einzelplan 27 gestellt.
    Zum Schluß möchte ich — Frau Berger, vielleicht hören Sie einen Moment zu —

    (Frau Berger [Berlin] [CDU/CSU]: Ich höre immer zu, wenn Sie reden!)

    auch noch zu dem Punkt Hilfsmaßnahmen gesamtdeutschen Charakters von meiner Seite aus etwas sagen, damit da keine Mißverständnisse entstehen. Wir sind uns durchaus über die Problematik im klaren, die darin steckt; solange das Verhältnis der beiden deutschen Staaten so verkniffen ist, dürfte es kaum eine andere Möglichkeit geben, die humanitären Anliegen der betroffenen Menschen zu verfolgen. Nur, wenn man sich einmal die Sprünge ansieht, die vom Haushalt des Jahres 1983 bis zum jetzigen Entwurf zu erkennen sind, dann sind wir schon der Meinung, daß hier eine stärkere parlamentarische Kontrolle erfolgen muß. Das ist keineswegs — ich sage das ausdrücklich — ein Mißtrauen gegen das BMB und gegen seine Beamten, die uns dankenswerterweise mit allen Auskünften zur Verfügung gestanden haben.

    (Werner [Ulm] [CDU/CSU]: Deswegen wollen Sie es abschaffen!)