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ID1017618000

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    Plenarprotokoll 10/176 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 176. Sitzung Bonn, Dienstag, den 26. November 1985 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg Ronneburger 13229 A Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1986 (Haushaltsgesetz 1986) — Drucksachen 10/3700, 10/4101 — Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes — Drucksachen 10/4154, 10/4180 — Dr. Vogel SPD 13229 B Dr. Dregger CDU/CSU 13241A Schmidt (Hamburg-Neustadt) GRÜNE 13248 D Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi 13252 D Dr. Kohl, Bundeskanzler 13259 D Schröder (Hannover) SPD 13269 B Mischnick FDP 13275A Rühe CDU/CSU 13278 C Vizepräsident Stücklen . . . . 13279A, 13282A Namentliche Abstimmung 13282 A Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts — Drucksachen 10/4155, 10/4180 Voigt (Frankfurt) SPD 13284 A Dr. Stercken CDU/CSU 13287 C Frau Borgmann GRÜNE . . . . 13290A, 13307A Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 13292 B Genscher, Bundesminister AA 13294 D Gansel SPD 13299 D Dr. Rose CDU/CSU 13302 B Würtz SPD 13305 A Klein (München) CDU/CSU 13307 C Frau Huber SPD 13308 C Vizepräsident Stücklen 13286 A Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung — Drucksachen 10/4164, 10/4180 — in Verbindung mit Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte — Drucksache 10/4175 — Kleinert (Marburg) GRÜNE (zur GO) . 13311C Löher CDU/CSU 13312 B Frau Traupe SPD 13313 B Frau Seiler-Albring FDP 13316 C Lange GRÜNE 13318 D Dr. Friedmann CDU/CSU 13321 B Kleinert (Marburg) GRÜNE 13324A Walther SPD 13325 A II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 176. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 26. November 1985 Dr. Dregger CDU/CSU 13327 B Dr. Wörner, Bundesminister BMVg . . 13328 B Jungmann SPD 13332 C Wimmer (Neuss) CDU/CSU 13334 C Namentliche Abstimmung 13335 D Ergebnis 13341 C Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksachen 10/4170, 10/4180 — Esters SPD 13336 B Borchert CDU/CSU 13337 D Volmer GRÜNE 13339 C Frau Seiler-Albring FDP 13343 A Dr. Warnke, Bundesminister BMZ . . 13344 C Ströbele GRÜNE (Erklärung nach § 30 GO) 13347 C Dr. Warnke, Bundesminister BMZ (Erklärung nach § 30 GO) 13348 B Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen — Drucksachen 10/4170, 10/4180 — Dr. Diederich (Berlin) SPD 13348 D Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 13350 D Dr. Schierholz GRÜNE 13353 C Ronneburger FDP 13355 A Hiller (Lübeck) SPD 13357 B Windelen, Bundesminister BMB . . . 13358 D Dr. Vogel SPD 13361 C Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt — Drucksachen 10/4151, 10/4180 — . . . 13362 C Einzelplan 02 Deutscher Bundestag — Drucksachen 10/4152, 10/4180, 10/4327 — 13362 D Einzelplan 03 Bundesrat — Drucksachen 10/4153, 10/4180 — . . 13363A Nächste Sitzung 13363 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 13364* A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 176. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 26. November 1985 13229 176. Sitzung Bonn, den 26. November 1985 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 28. 11. Böhm (Melsungen) 26. 11. Bueb 29. 11. Büchner (Speyer) * 29. 11. Collet 29. 11. Egert 26. 11. Frau Eid 29. 11. Ertl 29. 11. Gallus 26. 11. Dr. Haack 27. 11. Höffkes 27. 11. Dr. Hupka 26. 11. Jäger (Wangen) * 29. 11. Jung (Düsseldorf) 26. 11. Junghans 29. 11. Kalisch 26. 11. Kastning 26. 11. Kittelmann * 29. 11. Klose 29. 11. Dr. Kreile 29. 11. Leonhart 29. 11. Lutz 26. 11. Michels 26. 11. Dr. Müller * 29. 11. Nagel 29. 11. Dr. Olderog 29. 11. Oostergetelo 26. 11. Petersen 26. 11. Rappe (Hildesheim) 26. 11. Frau Rönsch 26. 11. Rühe 28. 11. Schlaga 29. 11. Frau Schmidt (Nürnberg) 29. 11. Schmidt (Wattenscheid) 29. 11. Dr. Schwenk (Stade) 27. 11. Dr. Todenhöfer 29. 11. Voigt (Sonthofen) 26. 11. Frau Wagner 28. 11. Werner (Dierstorf) 29. 11. Frau Dr. Wex 29. 11. Zierer 29. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Nils Diederich


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Lieber Herr Kollege Ströbele, Sie haben hier eben von Herstellung der Öffentlichkeit gesprochen. Man kann nur sagen, daß hier von Öffentlichkeit nicht sehr viel zu sehen ist. Im Jahre 1907 sind die Journalisten mal aus dem Reichstag ausgezogen, weil ein Zentrumsabgeordneter sie Saubengel geschimpft hatte. — Ich fürchte, wenn ich hier heute sagte: Die Saubengels sind nicht da, nähme das überhaupt kein Journalist wahr. Ausziehen könnte sowieso keiner.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, die Deutschlandpolitik ist das Feld, auf dem sich die Abgeordneten der Regierung und der Opposition so lange wie nur möglich um Gemeinsamkeit zu bemühen haben. Hierzu verpflichtet uns der Auftrag des Grundgesetzes, hierzu verpflichtet uns unsere eigene Ge-



    Dr. Diederich (Berlin)

    schichte, und hierzu verpflichtet uns die Sorge um das Schicksal der Menschen in Mitteleuropa. Sozialdemokraten stehen trotz aller Widrigkeiten zu diesen Verpflichtungen.
    Ich möchte zu Eingang meiner Bemerkungen Gelegenheit nehmen, mich bei den Mitarbeitern des Ministeriums für die Zusammenarbeit mit den Haushaltsberichterstattern zu bedanken. Ich deute das als Zeichen, daß über alle politischen Meinungsunterschiede hinweg die gemeinsame. Aufgabe im Vordergrund steht.
    Ich stehe auch nicht an, die Aufstockung der besonderen Hilfsmaßnahmen im humanitären Bereich um immerhin fast 123 Millionen DM zu begrüßen. Die Fraktion der GRÜNEN möchte diesen Titel qualifiziert sperren um, wie es so schön heißt, Transparenz herzustellen.

    (Beifall des Abg. Dr. Schierholz [GRÜNE])

    — Mein lieber Kollege Schierholz, Sie hätten mal mit dem Kollegen Kleinert sprechen sollen. Dann hätte er Ihnen wahrscheinlich erzählt, daß die Berichterstatter in ihren Gesprächen mit dem Ministerium jede für die Beurteilung des Titels notwendige Auskunft erhalten haben. Ich denke, daß der Herr Kollege Kleinert das bestätigen wird, nachdem er fast einen halben Tag mit dem Staatssekretär darüber gesprochen hat.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Wo ist er denn?)

    Wir sollten uns einig sein, daß sich gerade dieser Bereich nicht dazu eignet, auf dem offenen Markt behandelt zu werden.
    Ich stelle fest: Die Beamten im Bundesministerium leisten ihre Arbeit ohne Ansehen der Person, wie sie es ihrem Beamteneid schuldig sind, also anders, als Sie es in Ihrem Antrag darstellen. Unterschiedlich schnellen Erfolg der Bemühungen um Übersiedlung unseren Beamten anzulasten grenzt für mich an Zynismus. Wir alle wissen, daß die Ursachen für die Verzögerungen in der Umsiedlung nicht im Zuständigkeitsbereich der Bundesregierung liegen.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Im übrigen darf ich Ihnen sagen: Viele Bürger nehmen die Gelegenheit wahr, sich an die Abgeordneten zu wenden, und jeder Abgeordnete kann mit dem Ministerium über jeden Einzelfall sprechen. Wir brauchen deshalb keine dazwischengeschaltete Kontrollkommission, wie Sie es wollen. Das Parlament kontrolliert hier.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, ich möchte die Bemühungen des Ministeriums um eine Verstärkung der deutschlandpolitischen Forschung ausdrücklich honorieren. Ich freue mich, daß es den gemeinsamen Bemühungen der Berichterstatter gelungen ist, die Mittel für die Informationsreisen nach Berlin wenigstens in bescheidenem Maße zusätzlich aufzustocken.
    Meine Damen und Herren, ich möchte auf ein Problem hinweisen, das eigentlich einer ausführlicheren Behandlung bedürfte, nämlich das des RIAS Berlin. Sie wissen, daß dieser Sender besondere Aufgaben hat, nämlich das Informationsangebot für Deutsche in Ost und West zu liefern. Dazu gehört übrigens — das muß betont werden —, daß die innere Unabhängigkeit der Journalisten dort gewahrt bleibt. Wir lehnen den Antrag der GRÜNEN, die Mittel für den RIAS zu streichen, ab.
    Der Ausschuß hat Mittel für die Vorbereitung eines Fernsehprogramms bewilligt. Das wird auf lange Frist eine Verdoppelung der Zuschüsse bedeuten.
    Ich möchte hier namens meiner Fraktion feststellen: Eine Verwirklichung der Pläne sollte auf zwei Grundsätzen aufbauen. Erstens. Bei der Programmgestaltung muß gewährleistet sein, daß weder RIAS Fernsehen ein Transportmittel für kommerzielle Bestrebungen wird, noch daß hier ein Instrument für platte Propagandasendungen geschaffen wird oder gar ein Regierungsrundfunk Adenauerscher Konzeption.

    (Ströbele [GRÜNE]: Reaganscher Konzeption!)

    Zweitens. Wie jede Anstalt, die mit öffentlichen Mitteln gefördert wird, muß RIAS eine zweckmäßige Kontrollstruktur erhalten, die demokratisch legitimiert wird. Ich möchte die Bundesregierung ausdrücklich auffordern, ihre Autorität gegenüber unserem Bündnispartner, den Vereinigten Staaten von Amerika — wir sollten, das wurde heute schon mehrfach festgestellt, zuerst vom Kollegen Walther, wie Bündnispartner und nicht wie Besetzte und Besetzer miteinander umgehen —, einzusetzen und zu verlangen, diese Minimalvoraussetzung, die ich geschildert habe, durch Abmachung abzusichern.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich auf die eigentlichen Konfliktfelder der Deutschlandpolitik zu sprechen kommen. Wir Sozialdemokraten bedauern das Scheitern der gemeinsamen deutschlandpolitischen Entschließung zur Lage der Nation. Aber wir alle, die hier in diesem Hause anwesend sind, wissen, daß dies nicht die Schuld der drei Kollegen aus dem Innerdeutschen Ausschuß war, sondern daß hier der Traditionszug aus der Ostlandreiterstaffel in der Union das Heft in die Hand genommen hat. Der Vorrat an Gemeinsamkeiten wird leider von bestimmten Kräften in Ihrer Partei, in der Union, gestört und zerstört. Mit Sorge haben wir alle die Entwicklung im Rahmen der Erinnerungsveranstaltung „40 Jahre nach der Vertreibung" und die Vorgänge um die Zeitschrift „Der Schlesier" zur Kenntnis genommen.
    Die Vertriebenenverbände haben — lassen Sie mich das betonen — nach 1945 einen wichtigen Beitrag zur Eingliederung der Flüchtlinge in das wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Leben der Bundesrepublik geleistet. Die Vertriebenenverbände haben eine wichtige Aufgabe in der Pflege der kulturellen Tradition und der Bewahrung kultureller Werte. Wir folgen daher nicht dem Kahlschlagantrag der GRÜNEN.



    Dr. Diederich (Berlin)

    Es erfüllt uns jedoch zunehmend mit Sorge, wenn die Bundesregierung Jahr für Jahr erhebliche Steigerungen der Beträge für die politische Arbeit jener Kräfte vorsieht, die gewollt oder ungewollt den Keim für einen neuen Revanchismus in unserer Gesellschaft legen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Unerhört!)

    Ich möchte von Ihnen eine klare Antwort darauf, wie sich die Regierung gegenüber den ständigen Provokationen des Vertriebenenpräsidenten, Herrn Czajas, verhält. Ende September erklärte Herr Genscher auf der Akademie in Loccum anläßlich des 20. Jahrestages der EKD-Denkschrift zur Lage der Vertriebenen, daß wir „diese Grenze nicht in Frage stellen, weder heute noch morgen". Herr Czaja spricht daraufhin von polnischen Annexionsversuchen und wirft Herrn Genscher vor, er versuche das Vertragswerk zum Schaden ganz Deutschlands nachzubessern. Herr Rühe hat vor einigen Tagen sinngemäß dasselbe wie Herr Genscher erklärt, nämlich: Im Warschauer Vertrag hätten sich die Bundesrepublik und Polen gegenseitig zur uneingeschränkten Achtung ihrer territorialen Integrität verpflichtet. Herr Czaja bestreitet dies wiederum. Morgen wird man wahrscheinlich in den Zeitungen lesen, daß er auch das tadelt, was der Herr Rühe heute auf diesem Podium erklärt hat.
    Wann endlich, Herr Minister, hört man eine klare Stellungnahme von Ihnen gegen diesen militanten Revisionismus? Sie sind aufgefordert, hier etwas zu sagen. Durch Verschweigen ist dieser Widerspruch nicht zu lösen.

    (Beifall bei der SPD — Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Das ist ja eine Vorlesung! Aber eine schlechte!)

    Meine Damen und Herren, ich möchte eine weitere Frage stellen. Was tut die Bundesregierung eigentlich, um ' die unglaubliche Äußerung des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Herrn Pfahls, zurückzuweisen, mit der er den Übersiedlern aus der DDR unterstellt, viele von ihnen seien Ostagenten?

    (Dr. Vogel [SPD]: Wer sagt denn so etwas? — Ströbele [GRÜNE]: Die ganze FDP-Führung!)

    Inzwischen hat es zwar, wie ich in der „Bild-Zeitung" gelesen habe, eine Relativierung gegeben, aber im Grunde genommen ist die Äußerung damit eher bekräftigt worden. Ich denke, die Geheimdienste sollten ihre Arbeit tun und ansonsten schweigen, statt zu politisieren und ganze Bevölkerungsgruppen zu diskriminieren.

    (Dr. Schierholz [GRÜNE]: Lieber abschaffen!)

    Denn wer will es einem Arbeitgeber verdenken, wenn er auf eine solche Äußerung hin sagt: „Einen DDR-Übersiedler stelle ich erst gar nicht ein"? Herr Minister, was tun Sie, um den Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz zur Ordnung zu rufen?

    (Ströbele [GRÜNE]: Herr Zimmermann hat andere Sorgen!)

    Das ist Ihre Aufgabe in der Bundesregierung.
    Meine Damen und Herren, das Genfer Gipfelgespräch hat für uns alle neue Hoffnungen geweckt, Hoffnungen darauf,

    (Ströbele [GRÜNE]: Bei uns nicht!)

    daß es endlich gelingt, die Sicherheit der Menschen nicht nur in Europa auf der Grundlage partnerschaftlicher Abmachungen und gegenseitigen Vertrauens zu gewährleisten. Wir möchten die Bundesregierung jetzt auffordern, endlich wieder einen eigenen deutschen Beitrag für eine zweite Phase der Entspannungspolitik nach Genf zu leisten.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Wir Sozialdemokraten haben auf diesem Gebiet unsere Schularbeiten gemacht, wir haben Vorarbeiten geleistet, und wir verstehen unsere Kontakte und Bemühungen als flankierende Maßnahmen für eine Politik der Bundesregierung, die endlich selbst wieder aktiv werden muß.

    (Beifall bei der SPD)

    Herr Minister, wir fordern daher die Bundesregierung auf, jede Anstrengung zu unternehmen, um mit den Verantwortlichen der DDR die sich aus der Verantwortungsgemeinschaft der Deutschen ergebenden Aufgaben in der Mitte Europas endlich wahrzunehmen und einen aktiven deutschen Beitrag zur Sicherheit in Europa und zu einer neuen europäischen Friedensordnung zu leisten. Ich möchte Sie bitten: Machen Sie — vielleicht in Anknüpfung an die gemeinsame Entschließung — wenigstens den Versuch, zu den notwendigen Gemeinsamkeiten zurückzukehren; dann werden wir künftig auch wieder dem innerdeutschen Etat zustimmen können, den wir heute leider ablehnen müssen.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Berger (Berlin).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Lieselotte Berger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Diederich, ich muß Ihnen offen gestehen, daß mir die Begründung, die Sie soeben für die Ablehnung des Einzelplans 27 vorgetragen haben, etwas — wie man in Berlin sagt — dünn vorkommt. Sie paßt im Grunde genommen auch nicht in das Bild, das sich nach unseren Berichterstattergesprächen und nach den Beratungen im Haushaltsausschuß ergibt, wo wir ja festgestellt haben, daß wir beide zwar an verschiedenen Seiten der Deichsel, aber immerhin doch am selben Karren ziehen.

    (Dr. Schierholz [GRÜNE]: An derselben Deichsel!)

    — Entschuldigen Sie, Herr Schierholz, im Gegensatz zu Ihnen haben wir, der Herr Kollege Diederich und ich, den Karren in der Tat in die gleiche Richtung zu ziehen versucht, nämlich nach vorne. Gerade vor diesem Hintergrund betrübt mich natürlich die angekündigte Ablehnung des Haushalts des innerdeutschen Ministeriums.



    Frau Berger (Berlin)

    Herr Kollege Diederich, erlauben Sie mir, noch eines zu sagen: Ich habe eben noch einmal in den Haushalt geschaut und habe mir den Titel 685 02 — Förderung der deutschlandpolitischen Arbeit —, in dem j a die Mittel für die Vertriebenenverbände eingestellt sind, angesehen. Da ist doch von einer unvertretbaren Erhöhung überhaupt nicht die Rede! In der Zeit von Minister Franke ist dieser Titel ständig stark reduziert worden, und bei uns ist er wieder ein bißchen angehoben worden. Im vorigen Jahr haben wir aus Anlaß des 40. Jahrestages der Vertreibung 740 000 DM draufgelegt und sie als „künftig wegfallend" bezeichnet, und für den Haushalt 1986 haben wir bis auf einen geringfügigen Betrag von etwa 250 000 DM den Titel praktisch überrollt.
    Nun meine ich wirklich, liebe Kollegen, daß man sich schon einmal über den einen oder anderen Kollegen ärgern kann. Sie haben Herrn Czaja genannt, aber vielleicht auch jemand anderen gemeint. Ich nehme Ihnen das so nicht ab. Ich möchte aber fragen: Muß man denn, auch wenn man sich einmal über einen oder über fünf oder über zehn Kollegen ärgert, eigentlich mehr als 10 Millionen Menschen in unserem Lande, die ein schweres Schicksal hinter sich gebracht haben und denen wir viel Dank für die Aufbauleistung schulden, die sie bei uns in der Bundesrepublik Deutschland vollbracht haben, ebenfalls verärgern?

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Ströbele [GRÜNE]: Von Hupka und Czaja mißbraucht! Das ist das Schlimme!)

    — Wissen Sie, ich wollte mich eigentlich angesichts der knappen Zeit, die mir zur Verfügung steht, mit Ihnen gar nicht beschäftigen. Erst einmal sind Sie zu Beginn dieser Wahlperiode mit dem vollmundigen Versprechen angetreten, daß Sie es uns schon zeigen würden. Sie würden immer da sein, auch zu später Stunde. Jetzt sind Sie zu dritt, und das Allerfeinste ist: der Berichterstatter zum Einzelplan 27, der j a auch an dem Berichterstattergespräch nicht teilgenommen hat — er hat sich nachher wenigstens im Ministerium erkundigt —, ist jetzt auch nicht da. Das wollen wir festhalten.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wie üblich!)

    Wer im Berichterstattergespräch nicht da ist, wer im Innerdeutschen Ausschuß nicht mitredet, der soll dann hier im Plenum kleinere Brötchen backen. So halten wir das in Berlin.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Schierholz [GRÜNE]: Es sind noch 13% unserer Fraktion!)

    Meine Damen und Herren, liebe Kollegen, in diesen Tagen blickten die Menschen in West und Ost mit Spannung nach Genf, wo Präsident Reagan und Generalsekretär Gorbatschow einen neuen Dialog begonnen und weitere Zusammenarbeit vereinbart haben. Die gemeinsame Abschlußerklärung vom 21. November 1985 bedeutet sicher auch eine Weichenstellung für die innerdeutschen Beziehungen. Die Ergebnisse kennen Sie: Humanitäre Fälle sollen im Geiste der Zusammenarbeit gelöst werden; es soll mehr Reisen und damit auch mehr menschliche Kontakte geben.
    Wir hoffen und wünschen, daß diese Absichtserklärungen auch für uns Deutsche bald unmittelbare praktische Verbesserungen bringen werden. Wer denn anders als wir Deutsche könnte dieses in besonderer Weise hoffen und wünschen!
    Die positive Entwicklung, die wir in den letzten Jahren in der Deutschlandpolitik zu verzeichnen haben, hat damit gute Chancen einer Fortsetzung. Im Einzelplan 27 sind dafür seit 1983 die entsprechenden haushaltsmäßigen Voraussetzungen geschaffen worden. Wir wollen auch künftig deutlich machen, Herr Kollege Diederich, daß die Aufgabe, der Einheit der Nation zu dienen, den Zusammenhalt des deutschen Volkes zu stärken, die Beziehungen der beiden Staaten in Deutschland zu fördern und die deutschlandpolitische Verantwortung wahrzunehmen, an hervorragender Stelle in der Arbeit des Bundestages und der Bundesregierung steht.
    Das Haushaltsjahr 1986 ist für den Einzelplan 27 jetzt das vierte Jahr der Konsolidierung durch die Koalition von CDU/CSU und FDP. Bei der Regierungsübernahme — nun will ich doch einmal auf das zurückkommen, was wir hier des öfteren als Erblast bezeichnen — haben wir einen Haushalt vorgefunden, der in der Zeit unter Bundesminister Franke stark vernachlässigt worden war. Während z. B. der Gesamthaushalt 1980 bis 1982 um 5,5, 7,8 bzw. 6,6% gestiegen ist, wurde der Einzelplan 27, dessen Aufgaben ich geschildert habe, die auch von Herrn Kollegen Diederich geschildert wurden, im Jahre 1980 nur um 0,8% angehoben und in den Jahren 1981 und 1982 sogar um 1 % bzw. 5,6 % gekürzt.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Das Haushaltsjahr 1982 brachte mit 439 Millionen DM den absoluten Tiefpunkt im Einzelplan 27. Herr Kollege Ehmke, Bundesminister Dr. Barzel hat damals ein Haus übernommen, um das es wahrlich nicht gut bestellt gewesen ist.
    Die Bundesregierung hat in den Haushaltsjahren 1983 bis zum vorliegenden Haushalt 1986 eine Wende vollzogen und neue Prioritäten gesetzt, die ich aufzählen könnte und die ich Ihnen gerne schriftlich gebe.
    Der Einzelplan 27 ist von der Bundesregierung für 1986 mit einem Volumen von 759,8 Millionen DM vorgelegt worden.

    (Zurufe von der SPD)

    — Herr Kollege, ich habe doch gerade gesagt, daß es Minister Franke im Jahre 1982 auf ein Jahresvolumen von 439 Millionen DM gebracht hat und daß wir jetzt 1986 auf ein Volumen von 759,8 Millionen DM kommen. Das muß Ihnen doch etwas sagen, wenn Sie wenigstens ein bißchen rechnen und nachdenken können.
    Die Berichterstatter haben einige Umschichtungen und eine Verstärkung um 9,2 Millionen DM auf 769,1 Millionen DM vorgenommen. Dabei wurden auch die besonderen Bemühungen der Bundesregierung um menschliche Erleichterungen — ein



    Frau Berger (Berlin)

    ausgesprochen schwieriges Gebiet — berücksichtigt. Dies kommt in dem erhöhten Plafond des Einzelplans 27 zum Ausdruck. Es gibt hier, wie der Kollege Diederich schon ausgeführt hat, keine Geheimniskrämerei mehr. Bundesminister Windelen hat entschieden, daß diese Dinge in den Berichterstattergesprächen, in den Ausschüssen und auch hier im Deutschen Bundestag in angemessener Weise beraten werden können. Hierfür möchte ich ausdrücklich danken. Das war nicht immer so.
    Vor dem Regierungswechsel hatten wir gelegentlich Schwierigkeiten, unser Recht auf parlamentarische Kontrolle durchzusetzen.

    (Jungmann [SPD]: Das haben wir heute noch in anderen Bereichen! Fragen Sie mal den Wörner!)

    — Herr Kollege, Sie wollen es so haben; Sie können es also auch bekommen. Herr Kollege Jungmann, ich denke dabei an so manche Schwierigkeiten, die wir in dem früheren Dreier-Ausschuß hatten.

    (Zuruf von der SPD: Lassen wir es mal!)

    — Nein, wir lassen es jetzt einmal nicht. — Das war ein Unterausschuß des Haushaltsausschusses, der die für humanitäre Zwecke ausgegebenen Gelder zu kontrollieren hatte.
    Eine Nachwirkung davon ist das Strafverfahren, das gegen Bundesminister a. D. Egon Franke und seinen früheren Ministerialdirektor Hirt zur Zeit beim Bonner Landgericht anhängig ist.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Wir sind damals geleimt worden!)

    Ich möchte zu diesem Verfahren nicht Stellung nehmen.

    (Zuruf von der SPD: Sie machen es aber damit!)

    — Ich möchte im Gegensatz zu Ihrem Fraktionsvorsitzenden und zu einem anderen Kollegen Ihrer Fraktion, die dies im Pressedienst Ihrer Partei getan haben, zu diesem Verfahren nicht Stellung nehmen. Ich möchte hier weder eine Vorverurteilung noch einen Vorfreispruch aussprechen. Ich halte es nun aber für angebracht, aus der Abschlußerklärung des Dreier-Ausschusses vom 11. Februar 1983, die nach Abschluß unserer gemeinsamen Beratungen mit dem Bundesrechungshof von den Kollegen Hans-Günter Hoppe, Albert Nehm und von mir unterzeichnet worden ist, zu zitieren:
    Die behauptete Verwendung von Haushaltsmitteln, die durch grobe Haushaltsverstöße verfügbar gemacht und der Kontrolle durch das Parlament entzogen worden waren, ist weiterhin unklar geblieben. Soweit für die Ausgabe der Mittel Angaben gemacht wurden, sind sie für die Ausschußmitglieder nicht zureichend glaubhaft gemacht worden.
    Da es für die in Rede stehenden Geldbewegungen keinerlei Aufzeichnungen und Belege gibt, sieht sich der Ausschuß gehindert, den Sachverhalt aufzuklären.
    Er empfiehlt deshalb, den Bundesdisziplinaranwalt und die Staatsanwaltschaft über den Tatbestand zu unterrichten.
    Mögliche — aus den Haushaltsverstößen resultierende — Schadenersatzansprüche sind geltend zu machen.
    Die Vorgänge, mit denen sich der Ausschuß zu befassen hatte, haben sich nicht auf die besonderen Bemühungen der Bundesregierung im humanitären Bereich mit der DDR bezogen.
    Ich wiederhole den letzten Satz:
    Die Vorgänge, mit denen sich der Ausschuß zu befassen hatte, haben sich nicht auf die besonderen Bemühungen der Bundesregierung im humanitären Bereich mit der DDR bezogen.
    Ich wiederhole den letzten Satz im Klartext: Das Geld, nach dem gesucht wird, wird also nicht in der DDR zu finden sein.
    Es steht fest, daß im vorliegenden Fall gegen haushaltsrechtliche Bestimmungen verstoßen worden ist und daß die Mittelverwendung unter Ausschaltung der Haushaltsabteilung des Ministeriums, des Bundesrechnungshofes und schließlich auch des Bundestages erfolgt ist.
    Ich wünsche mir — damit will ich zum Ende kommen —, daß der Prozeß möglichst schnell beendet werden kann. Dies liegt sowohl im Interesse der Demokratie als auch im Interesse Egon Frankes, dessen Verdienste um die deutsche Demokratie unbestritten sind und der mein menschliches Mitgefühl hat.

    (Büchler [Hof] [SPD]: Das merkt man!)

    — Herr Kollege Büchler, an Ihrer Stelle würde ich mich für die Bemerkung, die Sie soeben gemacht haben, in Grund und Boden schämen.

    (Schreiner [SPD]: Wichtigtuerin!)

    Lassen Sie mich nun einige Punkte zum Einzelplan 27 vortragen.
    Erstens. Die Zahl der Deutschen, die Deutschland als politische Einheit erlebt haben, wird ständig kleiner. Deshalb bedarf es der Information, der Aufklärung und der Argumente gerade bei der nachwachsenden Generation. Die Zahl der Deutschen, die wissen, daß Rügen nicht nur Tadeln bedeutet, sondern eine Insel ist — nämlich die schönste in der Ostsee —, darf nicht kleiner werden. Deshalb bedarf es, wie ich soeben sagte, der besseren Information.
    Im Vorjahr habe ich gefordert, das Bücherpaket, das für Lehrer und Schüler über das Gesamtdeutsche Institut zur Verfügung gestellt wird, zu durchforsten, zu straffen und zu aktualisieren. Ich stelle fest, daß erste Fortschritte erzielt sind; weitere sind denkbar und nach meiner Ansicht auch nötig.
    Zweitens. Vor einem Jahr habe ich hier im Deutschen Bundestag angeregt, eine Zeitschrift für die Jugend herauszugeben, die neben der inhaltlichen Akzentuierung der deutschen Frage entscheidend auch nach Aufmachung und Sprache für die Jugend geschaffen werden sollte. Sie sollte Pep haben und



    Frau Berger (Berlin)

    in der Sprache der Jugend getrost frech und kess aufgemacht werden, also in einem ganz und gar unamtlichen Stil. Ich kann auch hierzu feststellen, daß meine Anregung in die Tat umgesetzt worden ist. Im September 1985 ist die Zeitschrift „Wir in Ost und West" mit der ersten Titelnummer „Was ist der Deutschen Vaterland" erschienen.

    (Dr. Schierholz [GRÜNE]: Leider mißlungen!)

    Mir persönlich ist diese Zeitschrift für die Jugend zwar noch etwas zu steif. Ich denke aber, das wird sich ändern lassen. Wie ich erfahren habe, ist das Echo aus Jugendorganisationen und Schulen bisher erfreulich positiv. Bis zum heutigen Tage sind mehr als 100 positive Zuschriften von Jugendorganisationen und Institutionen der politischen Bildung eingegangen.
    Drittens. Die Angebote an Förderungsmitteln für Reisen nach Berlin, an die Grenze zur DDR und in die DDR selbst sind weiter verstärkt worden. Die Berichterstatter, der Kollege Diederich und ich, haben gemeinsam versucht, den Regierungsansatz von 29 Millionen DM noch einmal zu verstärken. Es ist uns durch Umschichtung gelungen, wenigstens 250 000 DM für die Förderung von Schülerreisen nach Berlin zuzulegen, sozusagen zusammenzukratzen. Damit können aber immerhin 5 000 Jugendliche zusätzlich Förderungsmittel für eine Berlin-Fahrt erhalten.

    (Sehr gut! hei der CDU/CSU)

    Leider war es auch im Haushalt 1986 noch nicht möglich, die Zuschüsse für die Jugendfahrten von zur Zeit 5 DM je Tag und Teilnehmer und den Zuschuß von 80 % der Omnibuskosten anzuheben. Die Eltern müssen also weiterhin einen ganz erheblichen Eigenbeitrag leisten, damit z. B. eine Klassenfahrt nach Berlin oder in die DDR zustande kommt. Diesen Eltern gilt unser besonderer Dank.
    Viertens. Der Ansatz für die deutschlandpolitische Forschung, für die 1984 3,7 Millionen DM zur Verfügung standen, wird auf 5,9 Millionen DM erhöht. Wir sind uns im klaren darüber, daß die deutschlandpolitische Forschung, für die wir den wissenschaftlichen Nachwuchs an den Hochschulen gewinnen wollen, verstärkt werden muß.
    Fünftens. Die Förderung des Zonenrandgebiets bleibt ein fester Bestandteil und besonderer Schwerpunkt des Einzelplans 27.
    Sechstens. Wir haben alle erkannt, daß der Informationsarbeit im Ausland über die deutsche Frage mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden muß. Uns liegt daran, daß Beamte aus dem Innerdeutschen Ministerium oder andere Fachleute an zwischenstaatlichen und nichtstaatlichen Konferenzen und Kommissionen mit deutschlandpolitischer Thematik teilnehmen können. Für Auslandsreisen hatte der Einzelplan 27 im Jahre 1982 ganze 5 000 DM vorgesehen. Wir haben diesen Ansatz für 1986 auf zunächst 135 000 DM erhöht.
    Ich hoffe und wünsche, Herr Minister Windelen, daß Sie Ihre Arbeit so erfolgreich wie bisher fortsetzen werden. Im Bereich des Haushalts des innerdeutschen Ministeriums ist unter Ihrer Federführung gute Arbeit geleistet worden. Die innerdeutschen Aufgaben liegen bei Ihnen, bei Ihren Staatssekretären und bei Ihren Mitarbeitern in guten Händen.
    Die Fraktion der CDU/CSU stimmt dem Einzelplan 27 zu.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)