Ich bedanke mich ausdrücklich, Herr Präsident, für den Hinweis und erlaube mir, an dieser Stelle anzufügen, daß wir diesen ganzen Umstand gar nicht benötigt hätten, wenn am Anfang die Geschäftsführer so konziliant gewesen wären, wie es in der Vergangenheit in solchen Fällen immer gehandhabt worden ist.
Ich ergreife an dieser Stelle als Berichterstatter zum Einzelplan 35 das Wort, um vor dem Plenum des Deutschen Bundestages einige Eindrücke darzulegen, die aus meiner Sicht hier dargelegt werden müssen, Eindrücke, die sich mir bei dem Versuch, in diesem Bereich wenigstens einen Ansatz von parlamentarischer Kontrolle zu versuchen, aufgedrängt haben.
Es geht beim Einzelplan 35 um Kosten, die der bundesdeutsche Steuerzahler für die alliierten Truppen in der Bundesrepublik und West-Berlin zu zahlen hat.
Von besonderem Interesse dabei sind die Aufwendungen für die alliierten Streitkräfte in West-Berlin. Sie sind in Kapitel 35 02 enthalten. Vorgesehen sind für das Jahr 1986 Ausgaben in der stolzen Größenordnung von knapp 1,4 Milliarden DM,
wobei erneut eine beträchtliche Steigerungsrate von ca. 7,5% gegenüber dem Vorjahr vorgesehen ist, eine Steigerungsrate, die bei weitem über der Gesamtsteigerungsrate des Bundeshaushalts liegt. Diese 1,4 Milliarden DM sind in dem Haushaltsplan auf ganzen zwei Seiten veranschlagt und nur in wenige Einzeltitel mit Sammelbezeichnungen untergliedert. Diese Sammelbezeichnungen erlauben so, wie sie da stehen, praktisch keinen näheren Aufschluß über die Verwendungszwecke der Mittel. Ich habe bereits 1984 darauf hingewiesen, daß über die Verwendung der Mittel seit Jahrzehnten keinerlei wirkliche parlamentarische Beratung stattgefunden hat und daß schon der Versuch, näheren Aufschluß darüber zu erhalten, was mit diesen Mitteln passiert, außerordentlich schwierig ist. Ich habe 1984 bereits darauf hingewiesen, daß die Mittelansätze de facto von den zuständigen alliierten Stellen festgesetzt werden und daß auch der Rechnungshof in diesem Bereich keinerlei wirkliche Kontrollrechte besitzt.
1985 ist erstmals wenigstens im Ansatz der Versuch gemacht worden, im Parlament, d. h. im Haushaltsausschuß, diese Ansätze zu behandeln. Das kleine Stückchen größerer Transparenz, das dabei gewonnen wurde, hat allerdings nur folgenden
Sachverhalt bestätigt: Über die Einstellung der Etatansätze bei den Besatzungskosten in West-Berlin entscheiden letzten Endes nicht Vertreter oder Organe der Bundesrepublik Deutschland, sondern Vertreter ausländischer Staaten, und das Parlament vollzieht hier nur geschäftsmäßig das nach, was alliierte Stellen an Bedarf anmelden.
Das, was sie anmelden, ist nicht zu knapp. So zahlt der bundesdeutsche Steuerzahler auch noch die Hausangestellten, auf die jeder britische Offizier in West-Berlin Anspruch erhebt. Das ist nach meinem Eindruck als Berichterstatter die faktische Situation. Souverän ist nach meinem Eindruck hinsichtlich dieses Teils des Haushaltsplans offenkundig nicht das Parlament der Bundesrepublik Deutschland; souverän sind Vertreter fremder Staaten, die im wesentlichen schalten und walten können, wie sie wollen, und die sich offenkundig auch nicht gern in die Karten schauen lassen wollen und deshalb deutschen Stellen allenfalls Konsultationsrechte zubilligen. Als dem Berichterstatter zum Einzelplan 35 mußte sich mir der Eindruck aufdrängen, daß auch 40 Jahre nach Kriegsende die Souveränität der Bundesrepublik Deutschland ihre Grenzen hat und daß es Bereiche gibt, wo diese auch im Haushaltsverfahren sehr deutlich spürbar werden. Als Berichterstatter glaube ich, daß hier endlich Konsequenzen gezogen werden müssen, wenn das Haushaltsverfahren mehr sein soll als ein demokratisches Feigenblatt.
Angesichts dieses Zustandes ist es mir als Berichterstatter absolut unverständlich gewesen, wieso Anträge der Fraktion DIE GRÜNEN und der SPD, die einen Rechtshilfesonderfonds für WestBerliner Bürger gerade wegen dieser Problematik gefordert haben, von der Mehrheit im Haushaltsausschuß abgelehnt worden sind. Dieser Sonderfonds würde West-Berliner Bürgern überhaupt erst die Chance einräumen, gegen Planungen und Vorhaben der Alliierten, durch die sie sich in ihren Belangen verletzt sehen, den Rechtsweg einschlagen zu können, ohne dabei unermeßlichen finanziellen Risiken ausgesetzt zu sein. In der gegenwärtigen Situation bleibt den West-Berlinern in solchen Fällen allenfalls die Möglichkeit, Appellationsinstanzen in den Ländern der Westalliierten anzurufen. Dieser Zustand führt zu einer erheblichen Benachteiligung West-Berliner Bürger gegenüber Bundesbürgern.
Um dem abhelfen zu können, müßte man wenigstens kurzfristig einen solchen Rechtshilfefonds einrichten. Deswegen möchte ich Sie an dieser Stelle auffordern — es ist noch nicht zu spät, das auch zu tun —: Stimmen Sie dem entsprechenden Änderungsantrag, den die Fraktion der GRÜNEN vorgelegt hat, zu.