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ID1017606100

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    Plenarprotokoll 10/176 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 176. Sitzung Bonn, Dienstag, den 26. November 1985 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg Ronneburger 13229 A Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1986 (Haushaltsgesetz 1986) — Drucksachen 10/3700, 10/4101 — Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes — Drucksachen 10/4154, 10/4180 — Dr. Vogel SPD 13229 B Dr. Dregger CDU/CSU 13241A Schmidt (Hamburg-Neustadt) GRÜNE 13248 D Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi 13252 D Dr. Kohl, Bundeskanzler 13259 D Schröder (Hannover) SPD 13269 B Mischnick FDP 13275A Rühe CDU/CSU 13278 C Vizepräsident Stücklen . . . . 13279A, 13282A Namentliche Abstimmung 13282 A Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts — Drucksachen 10/4155, 10/4180 Voigt (Frankfurt) SPD 13284 A Dr. Stercken CDU/CSU 13287 C Frau Borgmann GRÜNE . . . . 13290A, 13307A Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 13292 B Genscher, Bundesminister AA 13294 D Gansel SPD 13299 D Dr. Rose CDU/CSU 13302 B Würtz SPD 13305 A Klein (München) CDU/CSU 13307 C Frau Huber SPD 13308 C Vizepräsident Stücklen 13286 A Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung — Drucksachen 10/4164, 10/4180 — in Verbindung mit Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte — Drucksache 10/4175 — Kleinert (Marburg) GRÜNE (zur GO) . 13311C Löher CDU/CSU 13312 B Frau Traupe SPD 13313 B Frau Seiler-Albring FDP 13316 C Lange GRÜNE 13318 D Dr. Friedmann CDU/CSU 13321 B Kleinert (Marburg) GRÜNE 13324A Walther SPD 13325 A II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 176. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 26. November 1985 Dr. Dregger CDU/CSU 13327 B Dr. Wörner, Bundesminister BMVg . . 13328 B Jungmann SPD 13332 C Wimmer (Neuss) CDU/CSU 13334 C Namentliche Abstimmung 13335 D Ergebnis 13341 C Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksachen 10/4170, 10/4180 — Esters SPD 13336 B Borchert CDU/CSU 13337 D Volmer GRÜNE 13339 C Frau Seiler-Albring FDP 13343 A Dr. Warnke, Bundesminister BMZ . . 13344 C Ströbele GRÜNE (Erklärung nach § 30 GO) 13347 C Dr. Warnke, Bundesminister BMZ (Erklärung nach § 30 GO) 13348 B Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen — Drucksachen 10/4170, 10/4180 — Dr. Diederich (Berlin) SPD 13348 D Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 13350 D Dr. Schierholz GRÜNE 13353 C Ronneburger FDP 13355 A Hiller (Lübeck) SPD 13357 B Windelen, Bundesminister BMB . . . 13358 D Dr. Vogel SPD 13361 C Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt — Drucksachen 10/4151, 10/4180 — . . . 13362 C Einzelplan 02 Deutscher Bundestag — Drucksachen 10/4152, 10/4180, 10/4327 — 13362 D Einzelplan 03 Bundesrat — Drucksachen 10/4153, 10/4180 — . . 13363A Nächste Sitzung 13363 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 13364* A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 176. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 26. November 1985 13229 176. Sitzung Bonn, den 26. November 1985 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 28. 11. Böhm (Melsungen) 26. 11. Bueb 29. 11. Büchner (Speyer) * 29. 11. Collet 29. 11. Egert 26. 11. Frau Eid 29. 11. Ertl 29. 11. Gallus 26. 11. Dr. Haack 27. 11. Höffkes 27. 11. Dr. Hupka 26. 11. Jäger (Wangen) * 29. 11. Jung (Düsseldorf) 26. 11. Junghans 29. 11. Kalisch 26. 11. Kastning 26. 11. Kittelmann * 29. 11. Klose 29. 11. Dr. Kreile 29. 11. Leonhart 29. 11. Lutz 26. 11. Michels 26. 11. Dr. Müller * 29. 11. Nagel 29. 11. Dr. Olderog 29. 11. Oostergetelo 26. 11. Petersen 26. 11. Rappe (Hildesheim) 26. 11. Frau Rönsch 26. 11. Rühe 28. 11. Schlaga 29. 11. Frau Schmidt (Nürnberg) 29. 11. Schmidt (Wattenscheid) 29. 11. Dr. Schwenk (Stade) 27. 11. Dr. Todenhöfer 29. 11. Voigt (Sonthofen) 26. 11. Frau Wagner 28. 11. Werner (Dierstorf) 29. 11. Frau Dr. Wex 29. 11. Zierer 29. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hans-Dietrich Genscher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Nein, ich wollte gerne, wie alle anderen Kollegen auch, meine Gedanken zu Ende führen, schon um den anderen Kollegen der Koalition nicht die Redezeit rauben zu müssen.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Meine Damen und Herren, es ist einfach nicht richtig, daß die Beiträge der Bundesrepublik Deutschland und die Beiträge der Bundesregierung

    (Dr. Klejdzinski [SPD]: Äußerst gering sind sie!)

    nicht deutlich und klar und nach vorn weisend wären. Frau Kollegin Hamm-Brücher hat soeben zu Recht das zu Ende gegangene Kulturforum im Rahmen des KSZE-Prozesses in Budapest gewürdigt. Dieses Kulturforum wäre ohne unseren Beitrag nicht zustande gekommen und ohne die Art, wie unsere Delegation zusammengesetzt war und wie sie dort gewirkt hat, nicht zu einer Stätte wirklicher kultureller Begegnung zwischen West und Ost geworden. Hier hat die Bundesrepublik Deutschland einen ganz entscheidenden Beitrag geleistet, auch um bewußt zu machen, daß die europäische Identität, die sich auch in unserer gemeinsamen Kultur deutlich macht, nicht nur in der Vergangenheit stärker war als Kriege, sondern daß sie heute stärker ist als Systemgrenzen. Das werden Ihnen unsere Teilnehmer aus ihren Gesprächen mit Schaffenden aus dem kulturellen Bereich aus den anderen Staaten, aus den Staaten des Warschauer Paktes, bestätigen können.
    Hier hat sich in Wahrheit gezeigt, daß die Bewußtseinsbildung unter den Menschen, auch den im kulturellen Bereich tätigen, heute schon wesentlich weiter ist als manche Regierung in ihrer Fähigkeit zur Zusammenarbeit. Daran ist das gemeinsame Dokument gescheitert, nicht etwa an mangelnder Dialogfähigkeit der dort in den Delegationen Vertretenen. Deshalb wollen wir das zusammenhalten. Treten Sie also bitte hier nicht auf und sagen sie nicht, diese Regierung lasse es an Initiativen fehlen. Das haben wir möglich gemacht.
    Wenn Sie hier über die Dritte Welt reden, will ich Ihnen sagen, es ist diese Bundesregierung, die einen friedlichen Beitrag, Frau Kollegin Borgmann, zur Stabilität, zur Herstellung sozialer Gerechtigkeit, zu wirtschaftlicher Gesundung in Zentralamerika leistet. Wir haben vorgeschlagen, ein Kooperationsabkommen mit allen Staaten Zentralamerikas zu schließen, damit als Voraussetzung für die Herstellung politischer Stabilität soziale Unge-



    Bundesminister Genscher
    rechtigkeit überwunden werden kann. Das ist unsere Politik.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zurufe von den GRÜNEN)

    Denken Sie doch einmal darüber nach, ob die von Ihnen viel gescholtene Marktwirtschaft, die Wirtschaft der offenen Märkte, nicht der beste Beitrag ist

    (Ströbele [GRÜNE]: Zur Ausbeutung der Völker!)

    zur Entwicklung der Dritten Welt. Ich will Ihnen etwas sagen: Wir werden — —

    (Ströbele [GRÜNE]: Zur Ausbeutung!)

    — Nun hören Sie doch einmal meine Gedanken an. Sie können doch hinterher reden.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden die Dritte Welt nur dann wirklich aus ihrer gegenwärtigen Lage befreien können,

    (Ströbele [GRÜNE]: Wenn wir sie nicht weiter ausbeuten!)

    wenn wir unsere Märkte in den Industrieländern nicht nur für ihr Öl und für ihre Rohstoffe öffnen, sondern auch für ihre Fertigfabrikate und Halbfertigfabrikate. Da ist es die Bundesrepublik Deutschland mit ihrer marktwirtschaftlichen Politik, die an der Spitze der Länder steht, die für Marktöffnung in der westlichen Welt, überhaupt in der nördlichen Halbkugel, eintreten.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Ströbele [GRÜNE]: Wieviel Milliarden haben Sie herausgepreßt?)

    Das ist ein praktischer, nicht ein ideologischer und auch kein propagandistischer Beitrag zur Hilfe für die Völker der Dritten Welt.
    So wie wir diese Kooperation mit den Staaten Zentralamerikas geschlossen haben, vorher mit den ASEAN-Staaten, wie wir jetzt bemüht sind, sie mit den Golfländern herzustellen, wie wir den Staaten Afrikas vorschlagen, sich auch regional zu organisieren, um ihre politische Unabhängigkeit zu stärken, um ihre wirtschaftliche Zusammenarbeit zu fördern, wie wir ihnen auch dort Zusammenarbeit anbieten, das ist unser Beitrag zur Herstellung gesunder wirtschaftlicher und sozialer Bedingungen.

    (Ströbele [GRÜNE]: Zur Ausbeutung!)

    Deshalb hören Sie doch bitte auf, die Politik einer Regierung, die hier in der Europäischen Gemeinschaft und in der westlichen Welt eine führende, drängende Kraft ist und nicht mitgezogen werden muß, zu diffamieren und herabzusetzen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, was den Genfer Gipfel angeht, so ist doch ganz unbestreitbar, daß die Bundesrepublik Deutschland wesentliche Beiträge dafür geleistet hat, daß dieser Gipfel so zustande kommen und so ablaufen konnte. Waren nicht wir es, die Wert darauf gelegt haben, daß der ABM-Vertrag nicht nur eingehalten, sondern auch restriktiv ausgelegt wird? Wir haben innerhalb des westlichen
    Bündnisses zusammen mit den anderen europäischen Partnern unser Gewicht für diese richtige Auslegung in die Waagschale geworfen, und wir haben das erreicht.

    (Gansel [SPD]: Für wen sprechen Sie?)

    Herr Kollege Vogel, das zeigt zweierlei. Es zeigt das Gewicht unseres Landes, und es zeigt die Bereitschaft der Vereinigten Staaten, darauf zu hören

    (Ströbele [GRÜNE]: Was haben Sie denn gemacht? — Mann [GRÜNE]: An Ihren Taten werden wir Sie messen, Herr Genscher, nicht an den Ankündigungen!)

    und an einer gemeinsamen Politik mitzuarbeiten, die von den europäischen und den amerikanischen Verbündeten getragen werden kann.
    Das gleiche gilt für die Beachtung des SALT-II-
    Vertrages, wie das bei der Außenministerkonferenz in Lissabon geschehen ist. Ich finde, Herr Kollege Vogel, Sie sollten noch einmal überlegen, ob es der Auseinandersetzung mit der Bundesregierung in einer solchen Debatte auch gerecht wird, wenn Sie vom „vorauseilenden Gehorsam" sprechen.

    (Dr. Vogel [SPD]: Lesen Sie die Stelle mal genau nach!)

    Wissen Sie, Partnerschaft vollzieht sich im Austausch eines offenen Wortes und im Meinungsaustausch zwischen Partnern. Das geschieht.
    Ich muß Ihnen sagen: Es lohnt sich für manchen aus Ihrer Fraktion — noch stärker aus Ihrer Partei —, der sich häufig in antiamerikanischen Sentenzen ergeht, einmal das nachzulesen, was Ihr Parteivorsitzender am Sonntag im Deutschlandfunk über seine in den Vereinigten Staaten gewonnenen Eindrücke gesagt hat. Das ist ein nachlesenswertes Interview. Er hat auf die Frage, ob er in bezug auf die Politik der Vereinigten Staaten Befürchtungen habe, gesagt: Sicher würde man manche Befürchtungen zu diesem Thema heute anders formulieren als vor ein paar Jahren. — Und an anderer Stelle heißt es: Jedenfalls habe ich mich wieder gut zu Hause gefühlt in Washington. — Das ist genau die richtige Sprache, wie wir transatlantisch unter Partnern miteinander und voneinander sprechen wollen. Ich finde, Sie sollten sich in Ihrer Partei offen mit denjenigen auseinandersetzen, die diesen Weg der Partnerschaft durch andere Begriffe stören.
    Meine Damen und Herren, dieses Europa, in dem wir ein entscheidendes Gewicht haben, hat sein Gewicht bei der Vorbereitung des Gipfels in die Waagschale geworfen. Es muß uns doch mit Befriedigung erfüllen, daß wir jetzt feststellen können, daß über die Mittelstreckenraketen verhandelt werden soll,

    (Voigt [Frankfurt] [SPD]: Es wird ja auch höchste Zeit!)

    und zwar unabhängig von dem Verhältnis zur Frage SDI und strategischer Waffen. Diese Verhandlungen über die Mittelstreckenraketen haben wir doch immer gewollt. Ich möchte einmal fragen, ob sich nicht alle Fraktionen — nicht nur die Regie-



    Bundesminister Genscher
    rungsfraktionen — dazu entschließen können, unsere Forderung, daß alle amerikanischen und alle sowjetischen Mittelstreckenraketen beseitigt werden sollen, zu unterstützen. Sie haben die NullLösung als illusionär bezeichnet.

    (Jungmann [SPD]: Das ist eine völlig neue Forderung!)

    Jetzt hören Sie einmal genau hin, was man in Genf zwischen den USA und der Sowjetunion vereinbart hat. Man will ein Interimsabkommen über die Mittelstreckenraketen haben, d. h. man will einen ersten Schritt tun, aber man will natürlich auch weiter gehen. Es muß doch unser zentrales Ziel hier in der Bundesrepublik Deutschland sein, daß alle amerikanischen und alle sowjetischen Mittelstreckenraketen verschwinden.

    (Ströbele [GRÜNE]: Tun Sie etwas dafür!)

    Unterstützen Sie das doch endlich! Das muß doch ein gemeinsames Ziel für unsere Politik sein.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Ströbele [GRÜNE]: Ihr holt doch jeden Tag neue Raketen her!)

    Meine Damen und Herren, wenn Sie sich einmal die Gespräche ansehen, die Sie über Fragen einer chemiewaffenfreien Zone in Mitteleuropa geführt haben: Wir haben Ihnen schon bei früheren Debatten gesagt, daß das Problem bei den chemischen Waffen und ihrer gänzlichen Beseitigung doch gar nicht das Zonenproblem ist, sondern daß es das Problem der Nachprüfbarkeit ist. Die wird nicht leichter, sondern komplizierter, wenn man nur für eine bestimmte Zone die chemischen Waffen beseitigen will. Hier halte ich es für einen großen Fortschritt, daß sich die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion verständigt haben, daß sie eine allgemeine Beseitigung haben wollen. Das heißt weltweite Beseitigung. Das war unsere Forderung. Damit ist das, was Sie mit der SED und mit anderen besprochen haben, überholt worden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich habe eigentlich auch nie verstehen können, wie man sich für eine nur regionale Beseitigung der chemischen Waffen einsetzt.

    (Mann [GRÜNE]: Weil man irgendwo anfangen muß! Sie können nicht immer nur reden!)

    Können wir es eigentlich verantworten, daß chemische Waffen in anderen Teilen der Welt dann weiter gelagert werden sollen? Sind es nicht gerade andere Teile der Welt, wo immer wieder chemische Waffen angewendet werden oder die Gefahr der Anwendung besteht?

    (Dr. Vogel [SPD]: Aber nicht in der Sowjetunion und in Amerika, Herr Genscher!)

    Ich bin der Meinung, es ist ein großer Fortschritt und es war richtig, daß wir als Bundesregierung darauf beharrt haben, daß ein weltweites Verbot von chemischen Waffen Gegenstand der Verhandlungen ist.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Die Aufnahme dieses Punktes in die Verhandlungsvorschläge des amerikanischen Präsidenten war eine deutsche Anregung, war ein deutscher Vorschlag.

    (Ströbele [GRÜNE]: Was ist dabei herausgekommen?)

    Ich glaube, wir haben allen Anlaß, den Vereinigten Staaten dafür zu danken, daß sie diese uns hier j a besonders betreffende Frage zu einem wichtigen Punkt bei dieser Verständigung gemacht haben.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Ströbele [GRÜNE]: Außer heißer Luft ist nichts herausgekommen!)

    Nun wollen wir doch auch festhalten, daß diese Begegnung in Genf weder von den Vereinigten Staaten noch von der Sowjetunion als eine einmalige Begegnung verstanden wurde und verstanden wird, sozusagen als eine politische Eintagsfliege, sondern — das ist eigentlich ganz ungewöhnlich — daß man sich zwischen Washington und Moskau darüber verständigt hat, daß es in den Jahren 1986 und 1987 Begegnungen geben wird. Damit ist ein Dialograhmen gesetzt. Damit ist aber auch die Notwendigkeit geschaffen, von Gipfel zu Gipfel mit Fortschritten in den Verhandlungen voranzukommen.

    (Mann [GRÜNE]: Das ist wie bei den europäischen Gipfelkonferenzen!)

    Das ist genau das, was wir immer wieder als Erwartung ausgesprochen haben. Das ist Teil unserer Politik.
    Dieser Rahmen, der von den Großmächten gesetzt worden ist, wird doch ganz offenkundig auch die Möglichkeiten der mittleren und kleineren Staaten in Europa erweitern, durch Entwicklung ihrer bilateralen Beziehungen, durch wirtschaftliche Zusammenarbeit, durch kulturellen Austausch und auch durch politischen Dialog ihren Beitrag zur Verbesserung des West-Ost-Verhältnisses zu leisten. Auch hier ist die Bundesrepublik Deutschland wieder in besonderer Weise gefordert. Da sind wir uns der Tatsache bewußt, daß die sowjetische Führung vor der Frage steht, ob sie den Schwerpunkt ihrer Anstrengungen, ob sie die Hauptkraft ihrer Bemühungen auf die Modernisierung ihres Landes konzentrieren kann oder ob es einen ungezügelten Rüstungswettlauf geben wird.
    Hier ist es wichtig, daß der Westen genau dieses Angebot der breiten Zusammenarbeit nicht nur in einem Bündnisbeschluß gemacht hat, sondern daß das auch der amerikanische Präsident — bis hin zu gemeinsamen technologischen Projekten — getan hat. Es entspricht unserer Auffassung, daß eine technologische Spaltung Europas eine zusätzliche Spaltung und mehr Instabilität bedeuten würde. Wir wollen weder die Sowjetunion totrüsten,

    (Mann [GRÜNE]: Sie vielleicht nicht, Herr Genscher! — Ströbele [GRÜNE]: Aber Ihre Waffen verkaufen! Das wollen Sie!)

    noch sind wir daran interessiert, daß die Sowjetunion im wirtschaftlichen Rückstand bleibt. Wir
    sind im Gegenteil der Meinung, daß eine positive



    Bundesminister Genscher
    wirtschaftliche Entwicklung auch in den sozialistischen Ländern der Stabilität in Europa dient und auch die materiellen Lebensbedingungen der dort lebenden Menschen verbessert, die Europäer sind wie wir auch.

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD und der GRÜNEN — Ströbele [GRÜNE]: Dann helfen Sie denen doch mehr!)

    Deshalb ist es so wichtig, daß wir unser Gewicht in das westliche Bündnis eingebracht haben; das sollte auch eine Opposition nicht herabsetzen. Da können wir auch damit sehr einverstanden sein, daß sowohl der amerikanische Präsident als auch der sowjetische Generalsekretär noch einmal bekräftigt haben, daß sie ein Wettrüsten im Weltraum verhindern und daß sie es auf Erden beenden wollen. Das ist ein Ziel, dem sich alle Völker verpflichtet fühlen können.

    (Zurufe von den GRÜNEN)

    Das unterstreichen wir, und diese Politik unterstützen wir.
    Das werden wir um so stärker tun können, je mehr wir uns hier in Europa als Europäische Gemeinschaft entwickeln, uns auf unsere Kräfte besinnen, unser Gewicht verstärken.
    Da ist Eureka, von dem Sie gesagt haben, Herr Kollege Vogel, sie finde bei uns nur eine laue Unterstützung, ein wichtiger Ausdruck europäischen Selbstbehauptungswillens. Da können Sie nicht von lauer Unterstützung reden.

    (Dr. Klejdzinski [SPD]: Machen Sie doch eine Absage an SDI!)

    Eureka ist eine gemeinsame deutsch-französische Initiative. Ohne uns wäre das doch gar nicht zustande gekommen; das ist die Wahrheit darüber.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Da sollten Sie sich bitte auch nicht an der Frage aufhängen, wieviel Mittel dafür zur Verfügung stehen.

    (Voigt [Frankfurt] [SPD]: Das ist aber wichtig! Das ist die materielle Basis!)

    Hier ist vielleicht eine unterschiedliche Position: Wir haben ein Wirtschaftsverständnis, wir haben ein Verständnis auch für technologische Entwicklung,

    (Dr. Klejdzinski [SPD]: Ohne Moos nichts los!)

    das die Chancen für solche Entwicklungen nicht zu allererst in staatlichen Zuschüssen, sondern in der Eröffnung von Rahmenbedingungen sieht, indem sich Kreativität und Investitions- und Innovationsbereitschaft entwickeln können. Das ist unser Modell von Eureka.

    (Dr. Klejdzinski [SPD]: Sie können sich in der Regierung diesbezüglich nicht durchsetzen!)

    Wir wollen uns weder an die Stelle freier Entscheidungen von Forschern setzen, noch wollen wir uns
    an die Stelle freier unternehmerischer Entscheidungen setzen; aber wir wollen einen größeren europäischen Rahmen bieten, damit die ganze Kraft des demokratischen Europas für unsere technologische Entwicklung eingesetzt werden kann. Das ist unsere Vorstellung von Eureka.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Dr. Klejdzinski [SPD]: Machen Sie doch eine Absage an SDI!)

    Meine Damen und Herren, eine andere Aufgabe von besonderem Gewicht, die uns gestellt ist, ist die Entwicklung der deutsch-deutschen Beziehungen. Darüber wird im Zusammenhang mit dem Haushalt des Kollegen Windelen noch zu sprechen sein.

    (Mann [GRÜNE]: Warum haben Sie sich denn jetzt über SDI ausgeschwiegen?)

    Wenn je bei einem Punkt Zurückhaltung, Behutsamkeit notwendig sind, dann bei der Behandlung der deutsch-deutschen Beziehungen,

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD)

    und das gilt in jeder nur möglichen Richtung. Da will ich Ihnen sagen: Was da von dem Ministerpräsidenten des Saarlandes gesagt wurde und heute von dem Vorsitzenden der Jungsozialisten an der Saar, glaube ich, über die Frage der Staatsbürgerschaft wiederholt worden ist,

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Wer ist das, Herr Genscher?)

    das paßte nicht in diese notwendige Behutsamkeit hinein.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Aha!)

    Wissen Sie, wir sind in dem Ausgleich dessen, den wir suchen, in der Erfüllung der Verantwortungsgemeinschaft der Deutschen zu vielem bereit, und da gibt uns der Grundlagenvertrag einen breiten Raum. Wir haben ihn längst nicht ausgefüllt; da kann man noch viel tun. Nur wird man Menschen nicht dadurch zusammenführen, daß man sie juristisch auseinanderbringt.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Ich sage Ihnen als meine ganz feste Überzeugung, als jemand, der aus dem Teil unseres Landes kommt, der heute die DDR ist: Sie werden mich zu vielem und bei vielem an Ihrer Seite finden, was der Verständigung dient — da werden wir auch zu großen Opfern bereit sein —, aber Sie werden mich nie dabei finden, wenn hier ein Gesetz verabschiedet werden sollte, das aus meinen Mitbürgern in der DDR Ausländer macht in der Bundesrepublik Deutschland.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Gansel.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Norbert Gansel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Genscher, aus DDR-Bürgern Ausländer machen, das will auch keiner in der SPD.



    Gansel
    Hier haben Sie uns einiges unterstellt. Im übrigen haben wir den Eindruck gehabt, daß Sie bei manchen Ihrer Beschwörungen, die in unsere Richtung gesprochen wurden, eigentlich Unterstützung auf der rechten Seite des Hauses gesucht haben,

    (Beifall bei der SPD)

    weil Sie wissen, daß das, was Sie an Kontinuität zu erhalten versuchen, dort in Frage gestellt ist.

    (Dr. Vogel Sie merken, daß die Wende Sie einholt. Ich bitte um Entschuldigung: Da können wir kein Mitleid mit Ihnen haben. Sie haben im übrigen durch die Intensität Ihrer Sprache nicht den Mangel in der Substanz ersetzen können. Wo, Minister Genscher, sind Ihre wirklichen Leistungen in der internationalen Politik? Woher kommt es eigentlich, daß auf internationalen Konferenzen über die Vorstellungen der SPD zu chemiewaffenfreien Zonen — übrigens mit Nachprüfbarkeit —, zur Reduzierung der atomaren Bedrohung in Europa, zu vertrauensbildenden Maßnahmen zwischen Ost und West so interessiert und so vorurteilsfrei diskutiert wird? Weil sie als die deutschen Beiträge für eine realisierbare Friedens-und Sicherheitspolitik gelten (Beifall bei der SPD — Stockhausen [CDU/ CSU]: Eine große Überschätzung!)


    (Zurufe von der CDU/CSU)

    und weil eigenständige Beiträge der Bundesregierung fehlen. In der offiziellen Außenpolitik unserer Bundesrepublik sind keine Prinzipien und Perspektiven mehr erkennbar. Noch schlimmer: sie hat den internationalen Stellenwert verloren, den sie unter Adenauer, Kiesinger, Brandt und Schmidt gehabt hat.
    Kennzeichnend dafür ist die Selbsterkenntnis Helmut Kohls, daß er der Staatengesellschaft nichts mehr zu sagen hatte, als er die UNO-Vollversammlung als Zuhörer besuchte und nicht als Sprecher für die Bundesrepublik Deutschland. Für diesen Verlust an Ansehen und an Einfluß der Bundesregierung gibt es vor allem drei Gründe: Zerstrittenheit, Unterordnung unter die Interessen der US- Administration und Verlust an moralischer Qualität.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Gebetsmühle!)

    Auf wen ist in der Außenpolitik eigentlich noch Verlaß? „Mit Minister Genscher hatten wir uns über die finanzielle Beteiligung der Bundesrepublik an Eureka geeinigt", sagte mir kürzlich ein französischer Diplomat. „Wir wissen jetzt, daß wir gleich Monsieur Stoltenberg hätten fragen sollen."
    Tatsächlich hat Herr Stoltenberg den Außenminister im Regen stehenlassen, als er ihm das zugesagte finanzielle Dach für Eureka entzog. Eine solche Sparsamkeit hätte Herrn Stoltenberg vielleicht angestanden, als er das unter ihm hochverschuldete Land Schleswig-Holstein verwaltete. Sie ist aber fehl am Platze, wenn es darum geht, die technologische Überlebensfähigkeit Westeuropas zu sichern.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Wenn der Außenminister nach China fährt, macht er sich groß, indem er von der „Selbstbehauptung Europas" spricht — übrigens ein Wort von Horst Ehmke. Wenn er nach Bonn zurückkehrt, muß er sich kleinmachen bis an die Grenze der europäischen Selbstverleugnung.
    Wer hat denn diese Bundesregierung gezwungen, ihre Forderung nach Mehrheitsentscheidungen in der Europäischen Gemeinschaft aufzugeben? Es war der bayerische Ministerpräsident, der eine Vetodemonstration in Brüssel verlangte, als ihm die Bauern aufs Fell rückten.
    Wie muß eigentlich dem Außenminister Genscher zumute gewesen sein, als Herr Czaja und Herr Hupka mit der in der CDU so genannten „Stahlhelm"-Fraktion die Westgrenzen Polens und der Sowjetunion in Frage stellten! Herr Genscher, wer sich gegen die „Stahlhelm"-Fraktion nicht durchsetzen kann, sollte lieber gleich den Hut nehmen. Wie muß einem Mann zumute gewesen sein, der mit Brandt und Schmidt die neue Ostpolitik realisiert hat, als sein Bundeskanzler Kohl von Vertriebenentreffen zu Vertriebenentreffen neue windelweiche Formulierungen fand, bis er auf die Grenzfragen endlich die Antwort im Artikel 1 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen entdeckte!
    Erinnern Sie sich noch an das peinliche Schauspiel, als sich die Minister der FDP, der CDU und der CSU öffentlich darüber stritten, was das Bundeskabinett eigentlich zu Südafrika beschlossen habe? Auch hier war Strauß der Regisseur.

    (Klein [München] [CDU/CSU]: Ein toller Kerl, nicht?)

    — Wer entscheidet eigentlich über die Waffenexportpolitik? Auch der „tolle Kerl" in München? Ist es nicht so, daß der Bundessicherheitsrat Akquisitionserfolge der Rüstungslobby zu seinen Beratungsgegenständen macht, anstatt politische Vorgaben zur Kontrolle und Reduzierung zu beschließen? „Frieden schaffen mit immer weniger Waffen", hat Helmut Kohl auf einem Kirchentag versprochen.
    Tatsächlich reist der Verteidigungsminister durch die Welt, um die Überkapazitäten einer neuentstandenen Rüstungsindustrie auslasten zu helfen. Ich weiß, Minister Genscher, daß das nicht Ihre Politik ist. Aber offenbar können Sie sie auch nicht verhindern.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist Ihr Phantom!)

    Wissen Sie überhaupt, Minister Genscher, daß z. B. in Thailand Leo-II-Panzer aus Bundeswehrbeständen durch die Firma Krauss-Maffei vorgeführt und von Soldaten bedient werden, die zu diesem Zweck von der Bundeswehr beurlaubt worden sind? Haben Waffenlieferungen in Spannungsgebiete des



    Gansel
    Fernen wie des Nahen Ostens nichts mehr mit Außenpolitik zu tun?

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Und wie ist es mit den Howaldtwerken?)

    Das ist die schlimmste Nebenaußenpolitik, die von der Rüstungsindustrie betrieben wird und die sich staatlicher Stellen nur noch für Handlangerarbeiten bedient.

    (Beifall bei der SPD)

    Eine Außenpolitik kann mehr oder weniger gut sein. Sie ist schlecht, wenn sie unberechenbar und unklar ist.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Wer bestimmt die Haltung der Bundesrepublik zu SDI? Der Außenminister, der Verteidigungsminister, der Forschungsminister, der Wirtschaftsminister,

    (Voigt [Frankfurt] [SPD]: Franz Josef Strauß!)

    oder ist es Staatsminister Möllemann? Wer dieses Chaos in der deutschen Außenpolitik beobachtet, könnte meinen, dafür sei Staatssekretär Schreckenberger zuständig. Tatsächlich ist es Kanzlerberater Teltschik im Bundeskanzleramt. Nach der Geschäftsordnung der Bundesregierung haben aber Sie die Verantwortung, Minister Genscher. Sie wollen der SPD eine Nebenaußenpolitik zum Vorwurf machen? Sie haben in der Regierung keine Außenpolitik, Sie haben nur noch Nebenaußenpolitik.

    (Beifall bei der SPD — Rühe [CDU/CSU]: Der Vorwurf hat wohl gesessen?)

    Es ist eine Tatsache, daß unter den gegebenen Umständen Entspannungspolitik mit dem Osten nur dann erfolgreich sein kann, wenn sie die Rükkendeckung der USA besitzt. Es ist aber auch eine Tatsache, daß man auf deutsche Beiträge zur Entspannungspolitik verzichtet, wenn man sich hinter dem Rücken der Amerikaner versteckt. Genau das ist aber zur typischen Verhaltensweise der bundesdeutschen Diplomatie geworden, in der Rüstungskontrollpolitik, in den Vereinten Nationen, bei den europäischen Verhandlungen in Madrid und in Stockholm. Warum erst noch mit der bundesdeutschen Delegation sprechen? Man kann doch gleich bei den Amerikanern erfahren, „was Linie ist". Das ist die Reaktion nicht nur osteuropäischer Verhandlungspartner, sondern auch der westeuropäischen Verbündeten. Konsequent!
    An Amerikanismus werden wir die Amerikaner nie überbieten können. Eine Partei, die dieser Illusion erliegt und jeden eigenständigen Beitrag deutscher, ja selbst europäischer Politik als Antiamerikanismus diffamiert, macht sich lächerlich, überall in der Welt und auch in Amerika.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie, Herr Bundeskanzler, haben sich heute morgen gerühmt, die Vorbereitungen für den Gipfel aus nächster Nähe beobachtet zu haben. Beobachten — auch als Freund des amerikanischen Präsidenten — reicht nicht aus. Als Bundeskanzler der Bundesrepublik, des Landes, das wie kein anderes durch nukleare, chemische und konventionelle Waffenmassierungen bedroht ist, müssen Sie Ihren Beitrag dafür leisten, daß Raketen wegverhandelt und abgezogen und vor allen Dingen nicht weiter stationiert werden. Handeln Sie mit diesem Ziel, und Sie werden unsere Unterstützung finden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Dann habt ihr immer noch etwas zu meckern!)

    Die Außenpolitik der Bundesrepublik war nie wie die Außenpolitik anderer Staaten die ausschließliche Vertretung nationaler Interessen. Adenauers Wiedergutmachungspolitik gegenüber Israel und der Élysée-Vertrag mit Frankreich, das Gewaltverzichtsangebot Erhards gegenüber den Staaten des Warschauer Paktes, der Beginn der neuen Ostpolitik unter Kiesinger und die Vollendung ihrer ersten Phase unter Brandt und Schmidt entsprachen nicht nur unseren Interessen, sondern auch unseren Lehren aus der Geschichte. Das war Außenpolitik mit moralischer Qualität.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Ist das heute alles nicht mehr nötig? Kann man sich, wie der Bundeskanzler ausgerechnet in Israel sagte, auf die „Gnade der späten Geburt" berufen und zur Tagesordnung übergehen? Herr Wörner hat zur 30-Jahr-Feier der Bundeswehr angekündigt, die teils schuldhafte Verstrickung der ehemaligen Streitkräfte in den Nationalsozialismus aus den Traditionsrichtlinien streichen zu lassen. Herr Dregger hat sich in einem Brief an amerikanische Senatoren beim Ende des Zweiten Weltkrieges nicht an die Verbrechen Hitlers und an den Überfall des Deutschen Reiches auf die Sowjetunion erinnert, sondern nur an die Verteidigung gegen Angriffe der Roten Armee. Wer sich so verhält, wird unfähig sein, aus der Geschichte zu lernen. Er muß aber damit rechnen, daß sich andere erinnern. Nichts hat unsere Beziehungen zu den gesellschaftlichen Gruppen in den USA so belastet, wie die Unempfindlichkeit Helmut Kohls über die Verletzlichkeit der Überlebenden des SS-Staates, als er, Helmut Kohl, den amerikanischen Präsidenten bei seinem Besuch im Frühjahr durch sein Programm führte.
    Die deutsch-französische Freundschaft ist auf das Niveau militärischer Koproduktion reduziert worden.