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ID1017605100

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    Plenarprotokoll 10/176 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 176. Sitzung Bonn, Dienstag, den 26. November 1985 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg Ronneburger 13229 A Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1986 (Haushaltsgesetz 1986) — Drucksachen 10/3700, 10/4101 — Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes — Drucksachen 10/4154, 10/4180 — Dr. Vogel SPD 13229 B Dr. Dregger CDU/CSU 13241A Schmidt (Hamburg-Neustadt) GRÜNE 13248 D Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi 13252 D Dr. Kohl, Bundeskanzler 13259 D Schröder (Hannover) SPD 13269 B Mischnick FDP 13275A Rühe CDU/CSU 13278 C Vizepräsident Stücklen . . . . 13279A, 13282A Namentliche Abstimmung 13282 A Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts — Drucksachen 10/4155, 10/4180 Voigt (Frankfurt) SPD 13284 A Dr. Stercken CDU/CSU 13287 C Frau Borgmann GRÜNE . . . . 13290A, 13307A Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 13292 B Genscher, Bundesminister AA 13294 D Gansel SPD 13299 D Dr. Rose CDU/CSU 13302 B Würtz SPD 13305 A Klein (München) CDU/CSU 13307 C Frau Huber SPD 13308 C Vizepräsident Stücklen 13286 A Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung — Drucksachen 10/4164, 10/4180 — in Verbindung mit Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte — Drucksache 10/4175 — Kleinert (Marburg) GRÜNE (zur GO) . 13311C Löher CDU/CSU 13312 B Frau Traupe SPD 13313 B Frau Seiler-Albring FDP 13316 C Lange GRÜNE 13318 D Dr. Friedmann CDU/CSU 13321 B Kleinert (Marburg) GRÜNE 13324A Walther SPD 13325 A II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 176. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 26. November 1985 Dr. Dregger CDU/CSU 13327 B Dr. Wörner, Bundesminister BMVg . . 13328 B Jungmann SPD 13332 C Wimmer (Neuss) CDU/CSU 13334 C Namentliche Abstimmung 13335 D Ergebnis 13341 C Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksachen 10/4170, 10/4180 — Esters SPD 13336 B Borchert CDU/CSU 13337 D Volmer GRÜNE 13339 C Frau Seiler-Albring FDP 13343 A Dr. Warnke, Bundesminister BMZ . . 13344 C Ströbele GRÜNE (Erklärung nach § 30 GO) 13347 C Dr. Warnke, Bundesminister BMZ (Erklärung nach § 30 GO) 13348 B Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen — Drucksachen 10/4170, 10/4180 — Dr. Diederich (Berlin) SPD 13348 D Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 13350 D Dr. Schierholz GRÜNE 13353 C Ronneburger FDP 13355 A Hiller (Lübeck) SPD 13357 B Windelen, Bundesminister BMB . . . 13358 D Dr. Vogel SPD 13361 C Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt — Drucksachen 10/4151, 10/4180 — . . . 13362 C Einzelplan 02 Deutscher Bundestag — Drucksachen 10/4152, 10/4180, 10/4327 — 13362 D Einzelplan 03 Bundesrat — Drucksachen 10/4153, 10/4180 — . . 13363A Nächste Sitzung 13363 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 13364* A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 176. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 26. November 1985 13229 176. Sitzung Bonn, den 26. November 1985 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 28. 11. Böhm (Melsungen) 26. 11. Bueb 29. 11. Büchner (Speyer) * 29. 11. Collet 29. 11. Egert 26. 11. Frau Eid 29. 11. Ertl 29. 11. Gallus 26. 11. Dr. Haack 27. 11. Höffkes 27. 11. Dr. Hupka 26. 11. Jäger (Wangen) * 29. 11. Jung (Düsseldorf) 26. 11. Junghans 29. 11. Kalisch 26. 11. Kastning 26. 11. Kittelmann * 29. 11. Klose 29. 11. Dr. Kreile 29. 11. Leonhart 29. 11. Lutz 26. 11. Michels 26. 11. Dr. Müller * 29. 11. Nagel 29. 11. Dr. Olderog 29. 11. Oostergetelo 26. 11. Petersen 26. 11. Rappe (Hildesheim) 26. 11. Frau Rönsch 26. 11. Rühe 28. 11. Schlaga 29. 11. Frau Schmidt (Nürnberg) 29. 11. Schmidt (Wattenscheid) 29. 11. Dr. Schwenk (Stade) 27. 11. Dr. Todenhöfer 29. 11. Voigt (Sonthofen) 26. 11. Frau Wagner 28. 11. Werner (Dierstorf) 29. 11. Frau Dr. Wex 29. 11. Zierer 29. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Karsten D. Voigt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Es gibt zumindest eine gemeinsame Konzeption dieser Witze über Helmut Kohl, aber noch keine gemeinsame Konzeption für die Außen- und Sicherheitspolitik dieser Koalition.

    (Heiterkeit und Zustimmung bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN — Reddemann [CDU/CSU]: Das war ein typisch sozialistischer Witz!)

    Unser Konzept für eine Sicherheitspartnerschaft findet in Ost und West, auch und insbesondere bei den Kirchen, immer mehr Unterstützung. Nicht die Einführung neuer Waffentechnologien, seien sie defensiv oder offensiv, nicht das SDI-Konzept, sondern nur das politische Konzept der Sicherheitspartnerschaft, auf das sich jetzt zum erstenmal Vertreter aus Ost und West in diesem Papier, das wir mit den Vertretern der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei

    (Reddemann [CDU/CSU]: Das ist ein Instrument einer kommunistischen Diktatur, keine Arbeiterpartei!)

    vereinbart haben, geeinigt haben, ist es, das den Weg zur Überwindung des Systems wechselseitiger Abschreckung eröffnet.
    Zur Entmilitarisierung des Macht- und Systemkonflikts können Zonen verringerter Rüstung beitragen, wie wir sie sowohl in dem Papier, das wir mit führenden Vertretern Polens, als auch in dem Papier, das wir mit führenden Vertretern der DDR vereinbart haben, vorgeschlagen haben.

    (Strube [CDU/CSU]: Nützliche Idioten waren Sie da!)

    Diese Zonen verringerter Rüstung sind ein Beitrag zum Frieden mit immer weniger Waffen. Wir tun dafür etwas; andere reden nur davon.
    Wenn Parteien und Organisationen Vorschläge erarbeiten und Regierungen zum Handeln anregen, erfüllen sie damit ihre politische Pflicht. Wir werden damit fortfahren, denn es gibt in der Demokratie zwar ein außenpolitisches Exekutivmonopol der Bundesregierung, aber es gibt kein Monopol für Formulierungen und Ideen. Die Formulierung politischer Ideen und außenpolitischer Vorschläge ist nicht nur das Recht von Parlamentsfraktionen und Parteien, es ist ihre Pflicht.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Wenn die Bundesregierung hierzu nicht in der Lage ist, wenn die Koalitionsparteien hierzu nicht in der Lage sind, verabsäumen sie ihre Pflicht. Wenn die SPD in der Lage ist, in Vorbereitung ihres Regierungshandelns oder als Anregung für Ihr jetziges Regierungshandeln, Ihr Handeln in der jetzigen Regierungskoalition,

    (Schwarz [CDU/CSU]: Dafür habt ihr noch ein bißchen Zeit! — Berger [CDU/CSU]: Dann sind Sie längst in Ruhestand, Herr Voigt!)

    solche Vorschläge gemeinsam mit Politikern aus Osteuropa zu erarbeiten, so sollten Sie dies als Anregung, als Chance nutzen und nicht verteufeln. Sie werden in einigen Jahren froh sein, wenn Sie selber solche Vereinbarungen auf Regierungsebene zustande bringen oder wenn Sie in der Opposition solche neuen Ideen formulieren können. (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist ein
    Traumwunsch!)
    Wer den Mut hat zum Abbau von Feindbildern, zu
    Schritten zur Partnerschaft in der Sicherheit, der



    Voigt (Frankfurt)

    muß auch den Mut zum Dialog, ja, zum Interessenausgleich mit osteuropäischen Gesprächspartnern haben.
    Solche Pilotprojekte im Ost-West-Verhältnis stellen ein neues Element unserer außenpolitischen Aktivitäten dar. Wir leugnen das nicht. Wir haben aber auch den Mut gehabt, neue Schritte zur Vorbereitung der ersten Phase der Entspannungspolitik zu gehen. Wir werden auch den Mut haben, durch solche Vorschläge konzeptionell den Weg für eine zweite Phase der Entspannungspolitik zu bereiten. Ich richte den Appell an Sie: Setzen Sie sich mit der Substanz dieser Vorschläge auseinander und polemisieren Sie nicht dagegen, daß man dort drüben mit Kommunisten spricht, denn Sie müssen auch mit Kommunisten drüben sprechen, wenn Sie zu Verträgen mit Partnern in Osteuropa kommen wollen.

    (Berger [CDU/CSU]: Aber auf Regierungsebene!)

    In Wirklichkeit können solche Vorschläge, können solche Gespräche nur von denjenigen bekämpft werden, die träge, denkfaul und feige sind. Wir aber haben den Mut zu solchen neuen Wegen.
    Ich sage darüber hinaus: Wir werden in den nächsten Wochen und Monaten nicht nur mit der DDR weiter über einen atomwaffenfreien Korridor sprechen, wir werden auch mit der Tschechoslowakei über Fragen der Ökologie sprechen, denn das be-führt uns auch unmittelbar, und wir werden mit den Ungarn über gesamteuropäische wirtschaftspolitische Fragen sprechen, denn das ist auch nicht nur eine Frage von Zusammenarbeit, sondern im weiteren Sinne auch von Sicherheit.

    (Klein [München] [CDU/CSU]: Da seid ihr Fachleute!)

    Ich bitte Sie, sich dann auch mit diesen Vorschlägen auseinanderzusetzen.
    Was zur Zeit passiert, ist, daß Sie gespannt auf das warten, was aus Washington kommt, während wir in der Bundesrepublik konkret das formulieren, was im deutschen und europäischen Interesse liegt.

    (Berger [CDU/CSU]: Was in Moskau gemacht wird!)

    Während Sie darauf warten, daß Gorbatschow und Reagan sich im deutschen Interesse einigen, entwickeln wir im deutschen und europäischen Interesse Vorschläge dafür, wie unsere Interessen wahrgenommen werden können im Dialog zwischen den beiden, aber auch im Dialog zwischen den kleineren und mittleren Staaten.
    Es ist schon beschämend, wenn Länder in Osteuropa, die einen außenpolitisch viel geringeren Handlungsspielraum haben als die Bundesregierung und die Bundesrepublik Deutschland, an die Bundesregierung appellieren, doch die Interessen und die Möglichkeiten und die Chancen der kleineren und mittleren Staaten nicht zu verspielen. Die Bundesregierung hat mehr Möglichkeiten als viele Staaten in Osteuropa, aber sie nutzt diese Möglichkeiten schlechter, als Staaten Osteuropas ihre geringeren Chancen und Möglichkeiten nutzen. Das ist ein Armutszeugnis für diese Außenpolitik.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Stercken.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans Stercken


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als mich mein väterlicher Freund Felix von Eckardt in die Außenpolitik einführte, gab er mir den Rat, nie Außenpolitik als einen besonders geeigneten Gegenstand für innenpolitische Profilierungen zu machen.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU — Schwarz [CDU/CSU]: Ein guter Vorschlag!)

    Verehrter Herr Kollege Voigt, ich habe es in Krakau als besonders eindrucksvoll empfunden, daß die neun Kollegen des Deutschen Bundestages, die dort auftraten, dies unter solchen Vorzeichen geleistet haben. Sie haben nämlich nicht versucht, die Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland einer Kontroverse zu unterwerfen.
    Wenn die Form der Darstellung, die Sie gerade gewählt haben und auf die sicherlich auch noch einige meiner Kollegen eingehen wollen, darauf ausgerichtet wäre, der Bundesrepublik, der Bundesregierung bessere Ratschläge zu erteilen, mit uns um Gedanken zu ringen, die ich gleich zum Thema Außenpolitik zu formulieren versuche, dann, meine ich, würden wir der Aufgabe gerecht, die durch das Wort „Parlamentarier" qualifiziert wird. Das sind nämlich für mich und in der Verantwortung, in der ich mich fühle, Menschen, die miteinander sprechen und die nicht mit Dachlatten aufeinander einschlagen.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU — Rusche [GRÜNE]: Dachlatten, nein danke!)

    Meine Damen und Herren, das Haushaltsgesetz ist auch das Schicksalsbuch der deutschen Außenpolitik. Die Wünsche der Bundesregierung nach Mitteln für Personal- und Sachausgaben sind geprüft worden; über sie soll heute entschieden werden.
    Wirkungsmöglichkeiten und Lebensverhältnisse des auswärtigen Dienstes sind in den Sitzungen der beteiligten Ausschüsse einer eingehenden Prüfung unterzogen worden. Einige Verbesserungen konnten für das nächste Rechnungsjahr erreicht werden. Viele Wünsche bleiben bestehen, um in kommenden Haushalten den personellen, arbeitstechnischen und repräsentativen Maßstab vergleichbarer Länder zu erreichen. Es geht nicht darum, Privilegien auszuhandeln; unsere parlamentarische Entscheidung zieht Konsequenzen aus dem Auftrag, deutsche Interessen zu vertreten. Die Kolleginnen und Kollegen, die Verantwortung im Bereich der Außenpolitik tragen, sind den Mitgliedern des Haushaltsausschusses, insbesondere den Berichterstattern für das Verständnis dankbar, das sie den parlamentarischen Initiativen entgegengebracht haben.

    Dr. Stercken
    Wir sollten in diesem Augenblick nicht vergessen, daß uns der Einsatz von Werner Marx eine Verpflichtung bleiben wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wenn auch Grenzen des Machbaren erkennbar sind, so hängt doch auch das, was in kommenden Haushalten zu tun ist, nicht von der Kassenlage des Bundes allein ab. Wir werden dies mit Augenmaß und Entschiedenheit weiterzuentwickeln haben.
    Mit dieser Absicht ist allerdings der Wunsch verbunden, daß die deutschen Interessen im Ausland mit einem höheren Maß an Zusammenarbeit der vor Ort wirkenden Ressorts und freier Träger vertreten werden sollten. Die Unabhängigkeit des Denkens fördert gewiß Kreativität und Originalität solcher Beiträge. Dennoch muß dies alles der Zweckbestimmung des Haushalts unterworfen bleiben, aus dem es ja auch insgesamt finanziert wird. Der sorgsame Umgang mit den Mitteln des Steuerzahlers und das Bemühen um eine erfolgreiche Arbeit verlangen Zusammenarbeit vor Ort. Dies gilt für die von anderen Ressorts als dem Auswärtigen Amt entsandten Kräfte wie für die Mittlerorganisationen im Bereich der Kultur, der wirtschaftlichen und der politischen Zusammenarbeit.

    (Klein [München] [CDU/CSU]: So ist es!)

    Es muß verlangt werden, daß alle Dienst leisten, auswärtigen Dienst. Der Botschafter vertritt den Bundespräsidenten und damit den deutschen Souverän. Ich meine, dies sollte so respektiert werden und auch vor Ort zum Ausdruck kommen.
    Die Chancen zur Vertretung politischer, wirtschaftlicher und kultureller Interessen haben sich für unser Land — daran kommt, glaube ich, keiner vorbei— deutlich verbessert. Darin kommt, wie ich es sehe, ein hohes Maß an Vertrauen in den deutschen Beitrag zur Sicherung des Friedens und der Menschenrechte zum Ausdruck. Wir haben diese Beachtung und Achtung durch uns ere Mitwirkung in der Europäischen Gemeinschaft und in der atlantischen Allianz erreicht. Berechenbarkeit und Zuverlässigkeit sind unser größtes Kapital. Solche Voraussetzungen zu ändern kann daher nur unseren konstruktiven Beitrag schmälern.
    Der beste Exportartikel, über den wir verfügen, sind unsere europäischen Überzeugungen. Nur wenn sich rivalisierende Mächte zur Integration entschließen, lassen sich viele regionale Konflikte entschärfen, die heute noch einem anachronistischen Denken entspringen. Die Bundesrepublik Deutschland und die Europäischen Gemeinschaften sollten prüfen, ob sich die den ASEAN-Staaten und der Contadora-Gruppe zuteil gewordenen Ermunterungen nicht auch in anderen Regionen dieser Welt nutzbringend einsetzen ließen.
    Das Ansehen unserer Republik hat sich auch dadurch gefestigt, daß die deutsche Wirtschaft nicht nur den größten Export an Waren leistet, den es je in der deutschen Geschichte gegeben hat, sondern sie hat auch in Zusammenwirkung mit der deutschen Forschung ein vorbildliches Maß an Technologietransfer ermöglicht. Wir wissen, daß entwikkelte Staaten bessere Handelspartner sind. Wer sich allein auf Export beschränkt, wird schon bald das Nachsehen haben.
    Die Kollegen aus allen Fraktionen, die mit einer Delegation des Auswärtigen Ausschusses kürzlich in China waren, haben davon ein beredtes Beispiel miterleben dürfen, als nämlich die Chinesen kurz nach unserer Abreise den Import ausländischer Automobile untersagt haben und damit in China im Bereich der Automobilindustrie nur diejenigen weiterhin begünstigt bleiben, die rechtzeitig einen Transfer von Technologie geleistet haben. Das ist glücklicherweise, wie Sie wissen, das Unternehmen Volkswagen. Damit sind, glaube ich, sehr wesentliche Interessen, die nicht ohne ihren politischen Kontext bewertet werden können, gewahrt.
    Gerade die rasante Entwicklung technologischer Innovationen sollte dem Deutschen Bundestag häufiger Veranlassung geben, im Rahmen seiner Verantwortung an der weiteren Entwicklung mitzuwirken. Es wäre verhängnisvoll, wenn zu den politischen, ideologischen und wirtschaftlichen Spannungen in dieser Welt auch noch technologische hinzutreten würden.
    Wir haben auch die künftige Rolle der Technologie in den West-Ost-Beziehungen zu bedenken. Nicht die normative Kraft des Faktischen, sondern unser Wille muß hier entscheiden.
    Wer sich in dieser Welt Wohlstand reserviert und ihn noch ausbaut, der übernimmt auch Verantwortung für die Solidargemeinschaft dieser Erde. Dies ist keine beiläufige Phrase. Dies entspricht der rechtzeitigen Erkenntnis, daß unsere Außenpolitik sich alsbald schon dem sich immer mehr über die West-Ost-Politik lagernden Nord-Süd-Gefälle zuwenden wird. Es wäre doch für uns alle eine Erlösung, denke ich, wenn sich aus dem in Genf demonstrierten Friedenswillen konkrete Abrüstungsmaßnahmen ergeben würden, die Mittel für die Entwicklung dieser Welt freimachen würden. Als Folge hätten Diplomatie und Wirtschaft ihre Zusammenarbeit weiter auszubauen. Vornehme Zurückhaltung scheint mir auf diesem Gebiet nicht angebracht. Wir schulden dies gewiß auch dem deutschen Arbeitnehmer.
    Doch die Wahrnehmung deutscher Interessen im Ausland in den klassischen Bereichen von Politik, Wirtschaft und Kultur ist nicht allein der Exekutive anvertraut. Die Auslandskontakte der Legislative finden im Haushalt des Deutschen Bundestages eine breite Berücksichtigung. Davon haben wir in diesem Hause bislang wenig gesprochen, weil das Reisen der Deputierten immer wieder der Kritik unterworfen ist. Ich möchte daher diese Debatte nutzen, um in Erinnerung zu rufen, daß sich der Auftrag des Souveräns auch auf die Außenpolitik erstreckt, so daß der Parlamentarier unmittelbar auf außenpolitische Prozesse einwirken soll, kann, muß. — Dies gibt mir übrigens Gelegenheit, Bundesminister Genscher stellvertretend für die Aufnahme und Betreuung zu danken, die uns durch die



    Dr. Stercken
    Angehörigen des auswärtigen Dienstes in aller Welt zuteil wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD — Zustimmung des Abg. Vogel [München] [GRÜNE])

    Ich habe den Eindruck, daß insbesondere vor Ort der Beitrag verstanden und gewertet wird, der durch diese besondere Art der Kontaktpflege und des Austauschs politischer Überzeugungen geleistet wird. In diesem Sinne verdient sicher die kürzliche Reise einer Delegation des Auswärtigen Ausschusses in die Volksrepublik China Erwähnung. Sinn dieser Reise war es, die ersten parlamentarischen Kontakte zwischen beiden Ländern herzustellen. Wir werden diese Gespräche fortsetzen und fühlen uns dazu durch den Verlauf der Gespräche ausdrücklich ermutigt.
    Am letzten Sonntag endete in Krakau das vierte deutsch-polnische Forum, an dem neun Abgeordnete dieses Hauses teilgenommen haben. Die Breite und Vielseitigkeit dieser Gespräche war derartig weit gefächert, daß dies nur als ein konstruktiver Beitrag gewertet werden kann, die fünf Jahre auf dieser Ebene unterbrochenen Kontakte wiederherzustellen. Ich sage dies auch, Herr Kollege Voigt, an Ihre Adresse gerichtet, weil Sie einmal. mehr den Versuch unternehmen, unseren Kollegen Rühe hier in einen Gegensatz zu den Kollegen zu stellen, die auf anderen Plätzen Verantwortung im Bereich der Außenpolitik tragen.

    (Voigt [Frankfurt] [SPD]: Der ist mit Czaja ganz einig!)

    Ich möchte dies, an Ihre Adresse gerichtet, für mich — jeder kann dies für sich leisten — ausdrücklich betonen, daß die von ihm wo immer vorgetragenen Auffassungen mit meinen Auffassungen identisch sind.

    (Dr. Klejdzinski [SPD]: Herzlichen Dank für diese Auskunft!)

    Wir sollten deshalb diese sensible Materie nicht dazu nutzen. Sie schmälert den Erfolg, den dieses Haus in seiner Versöhnung mit Polen leisten kann.

    (Dr. Klejdzinski [SPD]: Wie ist das denn mit Hupka?)

    Das ist genau das, Herr Kollege Voigt, was ich Ihnen zum Eingang gesagt habe, wo durch ein solches Mißtrauen am Ende nichts anderes bewirkt wird, als daß Schaden der deutschen Außenpolitik zugefügt wird,

    (Berger [CDU/CSU]: Das ist wahr! — Voigt [Frankfurt] [SPD]: Jetzt lobt man Sie mal, dann ist es auch wieder nicht richtig!)

    wenn man Gegensätze konstruiert, die in dieser Form nicht bestehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zurufe von der SPD)

    Diese Beiträge, meine ich, müssen sich positiv auf die Meinungsbildung im Bereich legislativer Verantwortung auswirken, und sie haben dies nach meiner Überzeugung auch getan.
    Dank der Hilfe aller Mitglieder der deutschen IPU-Delegation gelang es kürzlich auf der Herbsttagung der Interparlamentarischen Union, zum erstenmal einen Deutschen zum Präsidenten zu wählen. Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, um Ihre Unterstützung:

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Drei Jahre lang kann durch unsere Verantwortung in diesem Parlament der Parlamente ein gewichtiger Beitrag zur Verständigung in der Welt geleistet werden. Es liegt an unserem Einsatz, an unserer Phantasie, ob wir diese Chance in den nächsten drei Jahren ausschöpfen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

    Ähnliches gilt für die Unterstützung unserer Kollegen im Europäischen Parlament. Die Bereitschaft der Bundesregierung, sich auf dem bevorstehenden Gipfel in Luxemburg für die Sicherung und Erweiterung der Rechte dieses Parlaments einzusetzen, verdient unser aller Unterstützung.
    Ich möchte auch an den Beitrag der Vertreter dieses Hauses in der Beratenden Versammlung des Europarates sowie in den parlamentarischen Versammlungen der Nordatlantischen Gemeinschaft und der Westeuropäischen Union erinnern.
    Wir werden als Parlamentarier für unser Land um so mehr bewirken, je weniger wir im Ausland eine Bühne für unsere innenpolitischen Konflikte aufbauen. Die Verfassung überantwortet den einzelnen Abgeordneten seinem Gewissen, weist aber die Zuständigkeit für die Außenpolitik des Landes der von der Mehrheit dieses Hauses getragenen Bundesregierung zu. Alle Versuche, dies zu unterlaufen, sind bis auf den heutigen Tag — dies sage ich als Historiker — fehlgeschlagen. Man kann davon nur abraten.

    (Dr. Klejdzinski [SPD]: Einen neuen Anfang wagen!)

    Was der Erkenntnis unserer außenpolitischen Interessen gut bekommen würde, Herr Bundesminister, wäre eine bessere Öffentlichkeitsarbeit im Inland. Vielen Bürgern ist der Zugang zu dieser wichtigen Aufgabenstellung verstellt.

    (Dr. Klejdzinski [SPD]: Vor allen Dingen des Dialogs Genscher-Kohl!)

    Für sie ist das alles zu abstrakt, zu wenig erreichbar.
    Wenn es richtig ist, daß die Welt weiter schrumpfen wird und daß wir mehr Verständnis für solche Verantwortlichkeiten brauchen, dann muß dafür mehr getan werden. Ich meine damit nicht allein die Verbreitung von Reden, Dokumenten, Kommuniqués. Die Aufgabenstellung als solche muß deutlicher erkannt werden. Wenn nämlich die wichtigsten Aufgaben der Außenpolitik darin bestehen, den Frieden zu erhalten und die Rechte der Menschen zu sichern, dann muß deutlich werden, daß dies die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutsch-



    Dr. Stercken
    land leistet, daß der Deutsche Bundestag in diesem Sinne die größte Friedensbewegung ist, über die unsere Bürger verfügen. Sie haben sie zudem auch zu diesem Zweck gewählt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dies sind Gedanken, die mich angesichts dieses Haushalts des Auswärtigen Amtes bewegen.
    Die Zustimmung meiner Fraktion gilt der Arbeit, die sich hinter den Zahlen verbirgt. Diese hätte eigentlich unser aller Einverständnis verdient.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Rusche [GRÜNE]: Ein müder Applaus!)