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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/176 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 176. Sitzung Bonn, Dienstag, den 26. November 1985 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg Ronneburger 13229 A Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1986 (Haushaltsgesetz 1986) — Drucksachen 10/3700, 10/4101 — Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes — Drucksachen 10/4154, 10/4180 — Dr. Vogel SPD 13229 B Dr. Dregger CDU/CSU 13241A Schmidt (Hamburg-Neustadt) GRÜNE 13248 D Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi 13252 D Dr. Kohl, Bundeskanzler 13259 D Schröder (Hannover) SPD 13269 B Mischnick FDP 13275A Rühe CDU/CSU 13278 C Vizepräsident Stücklen . . . . 13279A, 13282A Namentliche Abstimmung 13282 A Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts — Drucksachen 10/4155, 10/4180 Voigt (Frankfurt) SPD 13284 A Dr. Stercken CDU/CSU 13287 C Frau Borgmann GRÜNE . . . . 13290A, 13307A Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 13292 B Genscher, Bundesminister AA 13294 D Gansel SPD 13299 D Dr. Rose CDU/CSU 13302 B Würtz SPD 13305 A Klein (München) CDU/CSU 13307 C Frau Huber SPD 13308 C Vizepräsident Stücklen 13286 A Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung — Drucksachen 10/4164, 10/4180 — in Verbindung mit Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte — Drucksache 10/4175 — Kleinert (Marburg) GRÜNE (zur GO) . 13311C Löher CDU/CSU 13312 B Frau Traupe SPD 13313 B Frau Seiler-Albring FDP 13316 C Lange GRÜNE 13318 D Dr. Friedmann CDU/CSU 13321 B Kleinert (Marburg) GRÜNE 13324A Walther SPD 13325 A II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 176. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 26. November 1985 Dr. Dregger CDU/CSU 13327 B Dr. Wörner, Bundesminister BMVg . . 13328 B Jungmann SPD 13332 C Wimmer (Neuss) CDU/CSU 13334 C Namentliche Abstimmung 13335 D Ergebnis 13341 C Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksachen 10/4170, 10/4180 — Esters SPD 13336 B Borchert CDU/CSU 13337 D Volmer GRÜNE 13339 C Frau Seiler-Albring FDP 13343 A Dr. Warnke, Bundesminister BMZ . . 13344 C Ströbele GRÜNE (Erklärung nach § 30 GO) 13347 C Dr. Warnke, Bundesminister BMZ (Erklärung nach § 30 GO) 13348 B Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen — Drucksachen 10/4170, 10/4180 — Dr. Diederich (Berlin) SPD 13348 D Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 13350 D Dr. Schierholz GRÜNE 13353 C Ronneburger FDP 13355 A Hiller (Lübeck) SPD 13357 B Windelen, Bundesminister BMB . . . 13358 D Dr. Vogel SPD 13361 C Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt — Drucksachen 10/4151, 10/4180 — . . . 13362 C Einzelplan 02 Deutscher Bundestag — Drucksachen 10/4152, 10/4180, 10/4327 — 13362 D Einzelplan 03 Bundesrat — Drucksachen 10/4153, 10/4180 — . . 13363A Nächste Sitzung 13363 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 13364* A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 176. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 26. November 1985 13229 176. Sitzung Bonn, den 26. November 1985 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 28. 11. Böhm (Melsungen) 26. 11. Bueb 29. 11. Büchner (Speyer) * 29. 11. Collet 29. 11. Egert 26. 11. Frau Eid 29. 11. Ertl 29. 11. Gallus 26. 11. Dr. Haack 27. 11. Höffkes 27. 11. Dr. Hupka 26. 11. Jäger (Wangen) * 29. 11. Jung (Düsseldorf) 26. 11. Junghans 29. 11. Kalisch 26. 11. Kastning 26. 11. Kittelmann * 29. 11. Klose 29. 11. Dr. Kreile 29. 11. Leonhart 29. 11. Lutz 26. 11. Michels 26. 11. Dr. Müller * 29. 11. Nagel 29. 11. Dr. Olderog 29. 11. Oostergetelo 26. 11. Petersen 26. 11. Rappe (Hildesheim) 26. 11. Frau Rönsch 26. 11. Rühe 28. 11. Schlaga 29. 11. Frau Schmidt (Nürnberg) 29. 11. Schmidt (Wattenscheid) 29. 11. Dr. Schwenk (Stade) 27. 11. Dr. Todenhöfer 29. 11. Voigt (Sonthofen) 26. 11. Frau Wagner 28. 11. Werner (Dierstorf) 29. 11. Frau Dr. Wex 29. 11. Zierer 29. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
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    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Beschreibung der Ausgangssituation, die Darstellung der Probleme, vor denen wir alle gemeinsam stehen, wird sicher ein Stück Gemeinsamkeit in dieser Debatte sein. Bei den Schlußfolgerungen, die wir daraus ziehen, bei den Möglichkeiten, die wir sehen, die Probleme zu überwinden, zeigen sich aber schon jetzt tiefe Unterschiede. Das ist nicht nur eine Frage des sachlichen Ansatzes, sondern dahinter verbirgt sich auch ein Unterschied in der Einstellung zu den Problemen.



    Bundesminister Dr. Bangemann
    Es gibt die negative, verzweifelte Reaktion der Weltuntergangspropheten, die die Beschreibung der Probleme eigentlich nur brauchen, um ihre eigene verzweifelte Gemütsstimmung immer wieder zu vertiefen.
    Es gibt daneben die etwas abgemilderte Haltung derjenigen, die am liebsten den Mangel verwalten möchten, weil darin ein masochistisches Element liegt; und die die Problembeschreibung benutzen, um die Menschen noch mehr zu gängeln, ihnen noch mehr Vorschriften vorzugeben, sie noch mehr daran zu hindern, ein Leben zu führen, wie sie es sich vorstellen, und die daraus eine scheinbare moralische Rechtfertigung beziehen.
    Es gibt schließlich die Reaktion, von der sich diese Regierung und die Parteien, die sie tragen, leiten lassen: Ein Problem ist dazu da, daß man es überwindet.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    In der Politik wird Gestaltungskraft, die sich aus dem Bewußtsein ergibt, daß man fähig und in der Lage ist, mit den Problemen fertig zu werden, von den Bürgern immer noch eher geschätzt als die Schwarzmalerei, als die Beschreibung eines unglücklichen Zustandes, zu dessen Bewältigung man dann gar nichts mehr beitragen will, weil man im Grunde politisch von diesem schlechten Zustand leben muß.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Das läßt sich sehr schön am Beispiel der Technologie darlegen. Natürlich werden — niemand bestreitet das — mit den modernen Entwicklungen im Bereich der Technologie im weiten Sinne — einschließlich dessen, was die Biotechnologie vermag oder noch wird leisten können — Grenzen deutlich, die eine Herausforderung sind, und zwar nicht nur in einem technischen, sondern auch in einem moralischen Sinne. Weil diese Grenzen technisch sehr weit gezogen werden können, brauchen wir eine moralische Anstrengung, um zuvor moralische, menschliche Grenzen setzen zu können.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Aber auch diese Anstrengung ist nur möglich und wird nur dann zum Erfolg führen, wenn man weiß: Man kann es schaffen.
    Meine Damen und Herren, der Mensch hat immer vor solchen Herausforderungen der Technologie gestanden. Nur haben wir jetzt ein Empfinden dafür, daß Grenzen überschritten werden, die in der Vergangenheit nicht in dieser Form vorhanden waren, weil wir zum erstenmal ein Bewußtsein dafür entwickeln, daß der Mensch technologisch die Fähigkeit erlangt hat, die Welt, auf der er lebt, zu einem lebensunwerten, lebensunfähigen Ort zu machen.

    (Zustimmung des Abg. Dr. Vogel [SPD])

    Diese Herausforderung, die wir jetzt zum erstenmal erblicken, ist neu. Ihr zu begegnen verlangt natürlich eine besondere Anstrengung. Aber der Weg, den viele vor Augen haben und den sie für möglich halten, gerade bei der Bewältigung dieser Herausforderung auf die Technologie zu verzichten, also bewußt einen Schritt zurück zu machen, sozusagen seine eigene Vergangenheit, seine eigene Geschichte als eine schützende Höhle, schützend vor den Herausforderungen und vor den Risiken der Gegenwart und Zukunft, aufzusuchen, ist nicht gangbar. Das unterscheidet uns auch in dem Versuch, dieses Problem zu bewältigen. Man kann es, wenn Sie wollen, wirtschaftlich beschreiben, man kann es an Hand der Herausforderungen der Sicherheitspolitik beschreiben. Beides möchte ich tun.
    Dabei gilt auch eines nicht mehr, verehrter Kollege Vogel, die alte Zweiteilung der Welt, die Sie immer wieder vornehmen. Auch in Ihrer Rede sprachen Sie von denen da unten und denen da oben, von den Schwachen und von den Starken, von den Armen und den Reichen.

    (Dr. Vogel [SPD]: Die gibt es doch weiß Gott noch! — Weitere Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

    — Nun warten Sie doch erst einmal ab, bis ich meinen Satz zu Ende gebracht habe. Wenn wir dieses Problem gemeinsam bewältigen wollen, müssen Sie sich erst einmal anhören, was ich dazu vorschlage. Sie können es ja immer noch ablehnen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Natürlich gibt es diese Zweiteilung noch, aber daraus den Schluß zu ziehen, daß sie zur Grundlage von Politik werden kann, daß man also die Ideale des Klassenkampfes hier noch anlegen kann und daß man diese Zweiteilung der politischen Welt auch noch perpetuiert — —

    (Dr. Vogel [SPD]: „Solidarität" haben wir gesagt!)

    — Wenn Sie das nicht wollen, Herr Kollege Vogel, dann gehen Sie doch mit uns zunächst einmal zum Vorstand der IG Metall und sorgen Sie dafür, daß das Bild in der Zeitung der IG Metall, wo ein Demonstrant gezeigt wird, auf dessen Plakat, das er vor sich herträgt, steht: „Die Nazis haben die Gewerkschaften abgeschafft, diese Regierung will sie ausbluten", mit dieser Art von Klassenkampf nicht mehr gezeigt wird.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Das stimmt doch!)

    Wer hat denn die sogenannten Mahnwachen vor wessen Haus gestellt und damit die Kinder erschreckt? Wer hat das denn gemacht?

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU: Dr. Soell [SPD]: An die Adresse da drüben müssen Sie sich wenden wegen der Mahnwachen!)

    — Nein. Ich halte eine Mahnwache vor Ihrem Haus, vor dem Haus jedes hier Sitzenden, vor dem Hause eines jeden Menschen, für eine Angst- und Einschüchterungstaktik, die unmenschlich ist und die ich bei Ihnen genauso kritisieren würde wie bei jedem anderen auch.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)




    Bundesminister Dr. Bangemann
    Sie wissen zumal ganz genau, daß Kinder von Politikern sowieso in einer Situation leben, die man eigentlich Menschen ersparen sollte.

    (Widerspruch bei der SPD)

    — Doch, das ist so. Im Zeitalter des Terrorismus, wo Kinder wissen, daß ihre Eltern, ihre Mütter und Väter, in der Politik in einer besonderen Gefährdungssituation leben — und sie selbst damit auch —, ist das, wie ich finde, eine Bemerkung, die schon einmal angebracht ist und die man sehr wohl machen kann.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU: Zurufe von der SPD)

    Ich finde es auch nicht gut, daß man in einer Gesellschaft, wenn auch nur verbal, einen Gegensatz zwischen denen, die leistungsfähiger sind als andere, und denen, die diese Fähigkeit entweder nicht aufbringen können, zum Teil auch manchmal auch nicht aufbringen wollen, was ich gar nicht untersuchen will, herbeiführt.

    (Dr. Vogel [SPD]: „Leistung muß sich wieder lohnen!")

    — Ich will Ihnen sagen, warum „Leistung muß sich wieder lohnen" ein Grundsatz der Solidarität in einer liberalen offenen Gesellschaft ist,

    (Zuruf von der SPD: Vor allem bei den Zahnärzten!)

    weil nämlich in der Vergangenheit solcher Gesellschaften Solidarität immer schon auf zweierlei beruhte, daß es nämlich Menschen gab, die aber nicht deswegen als mindere Menschen angesehen wurden, weil sie weniger leisten konnten, sondern die sehr wohl ihren Platz in der Gesellschaft hatten, die aber auch anerkannten, daß andere, die mehr geleistet haben, das nicht nur aus Egoismus, aus Gewinnsucht gemacht haben, sondern aus der Bereitschaft heraus, in einer Solidarität für die gesamte Gesellschaft auch für die Schwachen etwas zu leisten.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Mann [GRÜNE]: Die Solidarität der Steuerflüchtigen à la Boris Becker!)

    Das ist der Geist von Robert Bosch, den Sie auch vergessen haben. Dieser Mann hat damals mehr geleistet als der Durchschnitt der Menschen, die zu seiner Zeit lebten und arbeiteten. Auf Grund dessen Lebensleistung haben heute viele Menschen einen Arbeitsplatz, und viele, die keinen haben, können wenigstens die materielle Sicherheit von dieser Gesellschaft beziehen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Diesen Geist von Robert Bosch meinen wir, wenn wir sagen: Es muß sich wieder lohnen, etwas zu leisten; und das meinen wir, meine Damen und Herren, wenn wir sagen: Leistung gehört auch zu einem erfüllten Leben eines Menschen.

    (Gansel [SPD]: Hat Herr Bosch seine Leistung jemals vom Steuersatz abhängig gemacht?)

    Das müßten Sie doch eigentlich selber auch sagen, wenn Sie mit uns die Arbeitslosigkeit beklagen. Warum ist Arbeitslosigkeit ein so furchtbares Schicksal? Natürlich auch wegen der materiellen Verluste, aber — Herr Vogel, darüber werden wir uns doch einig sein — in erster Linie doch wegen des Verlustes an Lebenschancen, den diese Menschen dadurch erleiden.

    (Dr. Vogel [SPD]: Wem sagen Sie denn das? — Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Macht doch was dagegen! — Weitere Zurufe von der SPD)

    — Wenn Sie mit uns darin nicht mehr übereinstimmen, dann weiß ich nun wirklich nicht, wo wir diese Solidarität noch gemeinsam suchen sollen.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Wir wollen diese Solidarität in der Gesellschaft auf allen, die in einer Gesellschaft leben, aufbauen,

    (Zuruf von den GRÜNEN: Heuchelei!)

    nicht auf einzelnen Schichten und nicht auf einzelnen Klassen.

    (Beifall bei der FDP — Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Es beginnt sich ja auch bei Ihnen herumzusprechen — Ihre Rede, Herr Vogel, hat das heute morgen ja schon gezeigt, das ehrt Sie; Sie haben auch Herrn Rühe ehrend erwähnt —, daß wir in den wichtigen wirtschaftspolitischen Bereichen — auf den Arbeitsmarkt komme ich noch einmal gesondert zu sprechen — eine hervorragende Bilanz vorzulegen haben.

    (Dr. Vogel [SPD]: Das hatten wir im internationalen Vergleich immer! Der Lambsdorff war doch nicht schlechter als Sie! Machen Sie doch den Lambsdorff nicht schlecht! Miserabler Lambsdorff!)

    — Wir haben nicht nur im internationalen Vergleich eine hervorragende Bilanz aufzuweisen, sondern, Herr Vogel, auch in absoluten Zahlen. Wir hatten vor 15 Jahren übers Jahr gerechnet eine Preissteigerungsrate von 2 %. Die Sachverständigen sagen uns für das nächste Jahr Preissteigerungen in Höhe von 1,5% voraus. Wir werden in diesem Jahr einen Überschuß in der Außenhandelsbilanz von etwa 70 Milliarden DM haben; im nächsten Jahr wird es wahrscheinlich noch mehr sein. Auch das sagen die Sachverständigen voraus. Wir haben ein Wirtschaftswachstum, das sich im nächsten Jahr noch steigern wird und von dem die Sachverständigen sagen, daß es sich auch darüber hinaus fortsetzen wird. Wo hat es das vorher in dieser Weise schon einmal gegeben?

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

    Das wirkt sich auch auf den Arbeitsmarkt aus. Wir werden in diesem Jahr 200 000 Arbeitsplätze mehr haben.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Rambo!)




    Bundesminister Dr. Bangemann
    Wir werden nach der Schätzung der Sachverständigen im nächsten Jahr 300 000 Arbeitsplätze mehr haben.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Und 500 000 Arbeitslose mehr!)

    Ein Institut ist gestern sogar noch über diese Zahlen hinausgegangen. Das Wirtschaftswachstum wird sich auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar machen.

    (Rusche [GRÜNE]: Wann denn?)

    — „Wann denn?"; ich sage es noch einmal, ganz langsam, damit Sie es auch wirklich verstehen:

    (Lachen bei den GRÜNEN)

    in diesem Jahr 200 000 Arbeitsplätze mehr. Im nächsten Jahr sagen die Sachverständigen 300 000 Arbeitsplätze mehr voraus. Ein Institut hat gestern gesagt, daß es 330 000 Arbeitsplätze mehr sein werden.

    (Zurufe von den GRÜNEN)

    Meine Damen und Herren, diese Entwicklung — darüber machen wir uns überhaupt keine Illusionen —

    (Suhr [GRÜNE]: Doch!)

    wird einen Teil der Arbeitslosen nur schwer erreichen,

    (Dr. Vogel [SPD]: Aha!)

    nämlich diejenigen Arbeitslosen, die dieser modernen technologischen Gesellschaft, die auf hohem technologischem Niveau arbeitet, nicht mit dem eigenen persönlichen Rüstzeug gegenübertreten können.

    (Zurufe von den GRÜNEN)

    Weil 1 Million von den jetzt 2 Millionen Arbeitslosen keine abgeschlossene Schulbildung bzw. keine abgeschlossene Berufsausbildung haben, haben wir Qualifikationsmaßnahmen in Gang gesetzt. Wir haben dabei Priorität darauf gelegt, daß sich diese Arbeitslosen, wenn sie es wollen, aus Mitteln der Bundesanstalt besser qualifizieren können. Denn wir werden nur einen Arbeitsplatz mit höheren Anforderungen anbieten können, anders als das in der Vergangenheit möglich und nötig war. Gerade deswegen ist j a die Verteufelung des Leistungsgedankens eine Arbeitslosen gegenüber zutiefst unmenschliche Einstellung. Wer sich nämlich darauf verläßt, daß er nichts mehr machen muß, weil ihm der Staat schon einen Arbeitsplatz garantiert,

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Das ist Solidarität!)

    ist ein Mensch, den andere — nicht wir — in eine Situation getrieben haben, die wir ihm ersparen sollten.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Dr. Vogel [SPD]: Christliche Soziallehre in Reinkultur!)

    Nun sagen Sie: Warum machen Sie denn nicht das, was wir vorschlagen? Herr Vogel, Sie stellen sich hier beschwörend hin und sagen: Nun macht doch endlich „Arbeit und Umwelt", nun macht die
    Beschäftigungsprogramme, die wir vorgeschlagen haben!

    (Dr. Vogel [SPD]: So ist es! — Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Sehr richtig!)

    — Ich wiederhole nur das, was Sie sagen. Da ich Ihnen zuhöre — im Gegensatz vielleicht zu vielen anderen, die mir nicht zuhören —, nehme ich an Weisheit auch jeden Tag zu.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Bei denen nicht!)

    — Nein, das hängt vom Zuhören ab.
    Jetzt will ich Ihnen aber auch sagen, warum wir das nicht machen: nicht, weil wir in der Theorie wissen, daß es falsch ist, sondern weil wir es — mit Ihnen übrigens — ausprobiert haben. In den letzten zehn Jahren der sozialliberalen Koalition hat es sieben Beschäftigungsprogramme mit einem Gesamtaufwand von 70 Milliarden DM gegeben.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Eine Million neue Arbeitsplätze!)

    Am Schluß waren wir mit zwei Millionen Arbeitslosen am Ende dieser Politik angelangt.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Eine Million neue Arbeitsplätze! — Gegenruf Jung [Lörrach] [CDU/CSU]: Arbeitslose habt ihr gemacht! — Mann [GRÜNE]: Die FDP hat das alles mitgemacht!)

    — Das ist schon richtig. Wir haben das leider zu lange mitgemacht.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU) Das kann ich Ihnen ohne jede Rücksicht sagen.


    (Zuruf von den GRÜNEN: Er hat alles mitgemacht! Er war immer dabei!)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
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Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Westphal?

(Dr. Vogel [SPD]: Da wird sich aber der Herr Genscher freuen!)


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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


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    Wenn Sie erlauben, Herr Abgeordneter, möchte ich genau wie meine Vorredner zu Ende reden.

    (Mann [GRÜNE]: Ich denke, Sie können zuhören!)

    Es wird dann noch im Lauf der Diskussion Gelegenheit geben, Ihre Fragen zu stellen und zu beantworten.
    Die Sachverständigen nehmen in ihrem Gutachten zu den Alternativkonzepten Stellung. Man sollte sich diese Passagen wirklich sorgfältig durchlesen,

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Alle Passagen! Das ist das Wichtigste!)

    denn sie machen sich auch die Mühe, mit den Alternativkonzepten ins Gericht zu gehen. Die Alterna-



    Bundesminister Dr. Bangemann
    tivkonzepte, die Sie vorschlagen, werden von allen Sachverständigen abgelehnt.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Wundert Sie das? Das ist doch logisch!)

    - Das wundert mich nicht. Aber daß es Sie nicht wundert, das ist gerade Ihr Problem.

    (Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Mann [GRÜNE]: Das sind auch die fünf Schwarzen!)

    Warum lehnen die Sachverständigen es ab? Weil sie sagen: Nur die Verbesserung der Investitionsbedingungen schafft mehr Arbeitsplätze. Bei der Schaffung von Arbeitsplätzen geht es nicht darum, Beschäftigung auf kurze Sicht und ohne Rentabilität zu schaffen, sondern die Frage ist: Wie kann ich auf Dauer angelegte rentable Arbeitsplätze schaffen? Das geht nur so, wie es diese Regierung und wie wir es hier alle gemeinsam gemacht haben.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Über zwei Millionen Arbeitslose auf Dauer!)

    Diese Rahmenbedingungen allerdings — das sagen die Sachverständigen auch — können wir noch verbessern. Ich bin mit den Sachverständigen einer Meinung, daß wir da noch einen Haufen Arbeit vor uns haben. Ich denke etwa daran, daß wir von der Deregulierung, von der Flexibilisierung von Märkten noch zu wenig Gebrauch gemacht haben. Ich denke hier an die Post. Die Sachverständigen sagen das ganz deutlich:

    (Zuruf von der CDU/CSU: Privatisieren!)

    Die Privatisierung der Beschaffungsmärkte bei den öffentlichen Unternehmen, insbesondere bei der Post, wird nicht nur für private Unternehmen neue Chancen bringen, sondern wird neue Arbeitsplätze schaffen.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Deswegen müssen wir weg vom Monopol der Post auf diesen Beschaffungsmärkten.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU — Dr. Vogel [SPD]: Hört! Hört!)

    Ich unterstütze das, was der Kollege Dollinger im Verkehrsministerrat der Europäischen Gemeinschaft mit seinen Kollegen beschlossen und mitgetragen hat: daß wir nämlich auch zu einer größeren Flexibilität im Bereich der Güterverkehrstarife und -kontingente kommen müssen. Wenn er jetzt von einigen Verbänden angegriffen wird, dann muß man — deswegen sage ich das hier — solche Angriffe solidarisch zurückweisen. Er hat genau das getan, was diese Verbände gemeinsam mit uns beschlossen hatten, nämlich zu sagen: Wenn die Wettbewerbsbedingungen in der EG harmonisiert werden, wenn es die gleiche steuerliche Belastung bei Kraftfahrzeugsteuer und Mineralölsteuer gibt, dann können wir einer Harmonisierung zustimmen, und dann können Tarife und Kontingente wegfallen. Nichts anderes hat Dollinger mit beschlossen und durchgesetzt. Das sollte niemand kritisieren, denn wir brauchen mehr Markt auch in diesen Bereichen, die heute noch ein Dornröschendasein führen.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU — Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Das wird die Arbeitsplätze bei der Post sichern, was Sie da erzählen!)

    — Arbeitsplätze zu sichern, indem man das unwirtschaftlich macht — egal, wo sie das machen —, bringt uns nicht weiter. Aber Sie begreifen es nicht. Es ist hoffnungslos.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Rusche [GRÜNE]: Was ist denn unwirtschaftlich bei der Post? Die ganze Verkabelung!)

    Wir müssen auch die Lohnnebenkosten senken, denn sie sind der Grund für die Schwarzarbeit. Mehr und schärfere Strafbestimmungen bringen uns nicht weiter. Sie würden nur eine Kriminalisierung auslösen, die der Gesellschaft nicht nützt. Aber eine Senkung der Lohnnebenkosten, d. h. auch eine Senkung der Krankenkosten, der Kosten für die Krankenversicherung, ist wichtig. Auch dort gibt es nur das Mittel der marktwirtschaftlichen Lösung.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: So ein Unsinn, so ein Quatsch!)

    Glauben Sie nicht, daß die Krankenversicherung heute sozial ist!

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Gehen Sie doch mal an die Pharmaindustrie ran! Sie sind zu feige! Nennen Sie doch endlich die Pharmaindustrie!)

    Es ist ein System, das zu Mißbrauch einlädt. Da müssen Sie nicht die Ärzte angreifen, sondern Sie müssen das System angreifen. Das System, das mit einer Rezeptgebühr eine unbeschränkte Menge an Arzneimitteln kostenlos zur Verfügung stellt, lädt zu Mißbrauch ein. Das ist unsozial; denn die steigenden Krankenkosten werden von allen Arbeitern und Angestellten und von niemand sonst bezahlt. Deswegen müssen wir das besser lösen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Das sagen Sie mal der Pharmaindustrie!)

    Meine Damen und Herren, wir müssen auch das Steuersystem über das hinaus, was wir schon beschlossen haben, marktgerechter, gerechter machen, und wir müssen es so gestalten, daß die Beschränkungen für Investitionen, die heute noch bestehen, wegfallen. Es wird immer wieder gesagt: Umverteilung von oben nach unten oder von unten nach oben; ich weiß gar nicht, wie Sie die Richtung da bezeichnen.

    (Rusche [GRÜNE]: Klassenkampf von oben!)

    Im nächsten Jahr werden wir mit der ersten Stufe der Steuerreform 11 Milliarden DM für kinderreiche Familien freigeben. 11 Milliarden DM bekommen kinderreiche Familien im nächsten Jahr durch die erste Stufe der Steuerreform. Wenn Sie die



    Bundesminister Dr. Bangemann
    6 Milliarden DM dazunehmen, die für die Verbesserung von Sozialleistungen ausgegeben werden, sind das 17 Milliarden DM mehr zur Verbesserung der sozialen Gerechtigkeit. Dann sollten Sie nicht davon reden, daß wir hier eine unsoziale Politik betreiben.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Der Herr Kollege Vogel hat sehr vornehm darum herumgeredet; er hat das Wort „Trümmerfrauen" nicht in den Mund genommen. Ich weiß — warum soll man nicht davon sprechen? —, es ist eine Ungerechtigkeit, daß die Trümmerfrauen nicht in die Regelung betreffend das Babyjahr einbezogen worden sind.

    (Beifall bei der FDP — Zustimmung des Abg. Mann [GRÜNE])

    Aber Sie wissen ganz genau, daß wir das nicht getan haben, weil wir die Leistung dieser Frauen nicht schätzen,

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Sie geben das lieber der Landwirtschaft!)

    sondern wir haben es gemacht, weil es aus finanziellen Gründen nicht anders zu machen war.

    (Zurufe von der SPD)

    — Nun regen Sie sich nicht auf: Zu Ihrer Regierungszeit haben Sie einen Entwurf zum Babyjahr vorgelegt, der noch restriktiver als das war, was wir hier gemacht haben.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Ich rege mich aber auf, weil es ein Skandal ist! Unglaublich, was Sie da erzählen! 1972 haben Sie es abgelehnt! Sie müssen noch was lernen, Herr Kollege! — Weitere Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)