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ID1017118700

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/171 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 171. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 7. November 1985 Inhalt: Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Zink und Dr. Czaja 12765 D Wahl der Abg. Dr. Waigel, Frau Dr. Martiny-Glotz und Wolfgramm (Göttingen) zu ordentlichen Mitgliedern und der Abg. Daweke, Duve und Baum zu stellvertretenden Mitgliedern im Verwaltungsrat der Filmförderungsanstalt 12765 D Erweiterung der Tagesordnung 12766 A Abwicklung der Tagesordnung . 12766A, 12808A Wahl der Abg. Frau Rönsch, Schemken, Frau Steinhauer, Eickmeyer, Kohn und Frau Zeitler zu Schriftführern 12808 A Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zum Waldschadensbericht Schulte (Menden) GRÜNE 12753 B Sauter (Epfendorf) CDU/CSU 12754 B Frau Dr. Hartenstein SPD 12755 B Dr. Rumpf FDP 12756 B Gallus, Parl. Staatssekretär BML . . . 12757 C Freiherr von Schorlemer CDU/CSU . . 12758 B Müller (Düsseldorf) SPD 12759A Baum FDP 12760A Spranger, Parl. Staatssekretär BMI . . 12760 C Schäfer (Offenburg) SPD 12761 D Schmidbauer CDU/CSU . . . . . . . 12762 D Dr. Penner SPD 12763 D Fellner CDU/CSU 12764 C Boroffka CDU/CSU 12765 B Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Windenergie — Drucksache 10/2255 — Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses — Drucksache 10/3826 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu dem Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN Nukleare Entsorgung — Drucksachen 10/906, 10/3893 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Forschung und Technologie zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat über ein Forschungs-Aktionsprogramm zum Ausbau der Energiegewinnung aus Kernspaltung (1984-1987) — Drucksachen 10/376 Nr. 82, 10/3103 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die, Bundesregierung II Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 171. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. November 1985 Vorschlag für einen Beschluß des Rates zur Änderung des Beschlusses 77/271 EURATOM hinsichtlich des Höchstbetrags der EURATOM-Anleihen, welche die Kommission im Hinblick auf einen Beitrag für die Finanzierung von Kernkraftanlagen aufnehmen kann (EURATOM) — Drucksachen 10/3116 Nr. 12, 10/3372 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Forschung und Technologie zu dem Bericht der Enquete-Kommission „Zukünftige Kernenergie-Politik" über den Stand der Arbeit gemäß Beschluß des Deutschen Bundestages vom 26. Mai 1981 — Drucksachen 9/2438, 9/2439, 10/154 —— Drucksache 10/3409 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Neue energiepolitische Ziele für die Gemeinschaft — Drucksachen 10/3592 Nr. 4, 10/4131 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Antrag der Fraktion der SPD Sicherung umweltfreundlicher Energieversorgung — Drucksachen 10/1476, 10/3031 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Schnellbrüter-Reaktortechnologie — Drucksache 10/4122 — Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi . 12767 A Wolfram (Recklinghausen) SPD . . . 12771 D Gerstein CDU/CSU 12774A Dr. Müller (Bremen) GRÜNE 12778 B Dr.-Ing. Laermann FDP 12779 C Lennartz SPD 12782 D Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 12785B Tatge GRÜNE 12789 D Engelsberger CDU/CSU 12791 B Vosen SPD 12794 B Dr. Warrikoff CDU/CSU 12796 C Catenhusen SPD 12797 D Reuter SPD 12799 C Dr. Hirsch FDP (Erklärung nach § 31 GO) 12803 D Wolfram (Recklinghausen) SPD (Erklärung nach § 31 GO) 12804 B Namentliche Abstimmungen . . 12802 B, 12804 C, 12806 C Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Fischer (Frankfurt), Schily, Frau Reetz und der Fraktion DIE GRÜNEN Lage und Forderungen der Sinti, Roma und verwandter Gruppen — Drucksachen 10/2032 (neu), 10/3292 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Verbesserung der Situation der Sinti und Roma — Drucksache 10/4127 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und FDP Lage der Sinti, Roma und verwandter Gruppen — Drucksache 10/4128 — Dr. Kohl, Bundeskanzler 12808 C Dr. Vogel SPD 12809 D Kroll-Schlüter CDU/CSU 12810 D Ströbele GRÜNE 12811 D Baum FDP 12813 B Jaunich SPD 12814 B Götzer CDU/CSU 12816 B Schily GRÜNE 12817 C Frau Dr. Segall FDP 12819C Aussprache zum 40. Gründungstag der Vereinten Nationen Frau Geiger CDU/CSU 12820 D Frau Dr. Timm SPD 12822 C Schäfer (Mainz) FDP 12824 C Tatge GRÜNE 12826 B Genscher, Bundesminister AA 12827 A Frau Huber SPD 12828 D Frau Fischer CDU/CSU 12831 A Ströbele GRÜNE 12832 C Dr. Wulff CDU/CSU 12833 B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 171. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. November 1985 III Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die schnellere und weitergehende Verminderung der Emissionen aus Altanlagen — Drucksache 10/2965 — in Verbindung mit Beratung des Siebten Berichts und der Empfehlung der Europa-Kommission zur Frage der Festlegung der europäischen Abgasnormen — Drucksache 10/3609 — Spranger, Parl. Staatssekretär BMI . . 12834 D Stahl (Kempen) SPD 12836 B Schmidbauer CDU/CSU • 12838A Schulte (Menden) GRÜNE 12841A Baum FDP 12842 A Duve SPD 12844 B Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Entwicklungspolitik in Afrika — Drucksache 10/3702 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Abgeordneten Verheugen, Bindig, Brück, Dr. Hauchler, Herterich, Dr. Holtz, Dr. Kübler, Frau Luuk, Neumann (Bramsche), Schanz, Schluckebier, Frau Schmedt (Lengerich), Toetemeyer, Voigt (Frankfurt), Dr. Vogel und der Fraktion der SPD Maßnahmen zur Abschaffung der Apartheid — Drucksache 10/3994 — Verheugen SPD 12847 A Dr. Hornhues CDU/CSU 12849A Frau Borgmann GRÜNE 12850 D Dr. Rumpf FDP 12851 D Dr. Warnke, Bundesminister BMZ . . 12853 B Toetemeyer SPD 12854 D Feilcke CDU/CSU 12856 A Möllemann, Staatsminister AA 12857 B Beratung des Antrags der Abgeordneten Schulte (Menden), Dr. Müller (Bremen), Frau Hönes, Schmidt (Hamburg-Neustadt) und der Fraktion DIE GRÜNEN Gutachtliche Stellungnahme „Umweltprobleme der Ostfriesischen Inseln", Zuleitung an den Deutschen Bundestag — Drucksache 10/3768 — Dr. Müller (Bremen) GRÜNE 12858 D Dr. Olderog CDU/CSU 12861 A Ewen SPD 12863 A Bredehorn FDP 12864 C Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes — Drucksache 10/3933 — Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses — Drucksache 10/4121 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/4130 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN Förderung umweltverträglicher Verkehrsmittel III; hier: Nutzung und Förderung der öffentlichen Verkehrsmittel und der Deutschen Bundesbahn — Drucksache 10/4133 — Dr. Lippold CDU/CSU 12866 B Lennartz SPD 12868 B Hoffie FDP 12870 D Senfft GRÜNE 12873 B Dr. Häfele, Parl. Staatssekretär BMF . 12875A Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht — Drucksache 10/2951 — Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses — Drucksache 10/4105 — Marschewski CDU/CSU 12876 B Fischer (Osthofen) SPD 12877 C Kleinert (Hannover) FDP 12878 C Mann GRÜNE 12879 D Engelhard, Bundesminister BMJ . . . 12881 A Lowack CDU/CSU (Erklärung nach § 31 GO) 12882 B Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Reschke, Conradi, Waltemathe, Müntefering, Lohmann (Witten), Meininghaus, Menzel, Polkehn, Schmitt (Wiesbaden), Dr. Sperling, Huonker, Wolfram (Recklinghausen) und der Fraktion der SPD IV Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 171. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. November 1985 Baulandsituation, Entwicklung der Baulandpreise, des Bodenrechts und der Bodensteuern — Drucksachen 10/2358, 10/3690 — . . 12882 B Nächste Sitzung 12882 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 12883* A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abg. Wolfram (Recklinghausen), Rappe (Hildesheim), Reuschenbach, Sander, Stahl (Kempen), Haehser, Grunenberg, Nagel, Eickmeyer (alle SPD) zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD: Schnellbrüter-Reaktortechnologie — Drucksache 10/4122 — 12883* B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 171. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. November 1985 12753 171. Sitzung Bonn, den 7. November 1985 Beginn: 8.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 8. 11. Antretter 7. 11. Dr. Blank 7. 11. Böhm (Melsungen) ** 7. 11. Büchner (Speyer) * 8. 11. Ertl 7. 11. Dr. Feldmann 8. 11. Fischer (Hamburg) 8. 11. Funk 7. 11. Frau Dr. Hamm-Brücher 7. 11. Dr. Hauff 8. 11. Herterich 8. 11. Kiechle 8. 11. Dr. Kreile 8. 11. Lenzer ** 7. 11. Peter (Kassel) 7. 11. Frau Schmedt (Lengerich) 8. 11. Schmidt (Hamburg) 8. 11. Schmidt (München) ** 7. 11. Schmidt (Wattenscheid) 8. 11. Dr. Schmude 8. 11. Schulze (Berlin) 8. 11. Dr. Schwarz-Schilling 8. 11. Dr. Stoltenberg 8. 11. Frau Terborg 7. 11. Voigt (Sonthofen) 7. 11. Dr. Wieczorek 8. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Wolfram (Recklinghausen), Rappe (Hildesheim), Reuschenbach, Sander, Stahl (Kempen), Haehser, Grunenberg, Nagel, Eickmeyer, (alle SPD) zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD: Schnellbrüter-Reaktortechnologie (Drucksache 10/4122) Der Beitrag der Kernenergie zur Stromerzeugung ist notwendig. Voraussetzung auch für den zukünftigen Betrieb der am Netz und im Bau befindlichen Leichtwasserreaktoren ist ein Höchstmaß an Sicherheit und die Regelung der Zwischenlagerung und Entsorgung. Die Arbeitsteilung, Braunkohle und Kernenergie im Grundlastbereich und Steinkohle in der Mittellast einzusetzen, ist richtig. Verhindert muß werden, daß Kernenergie die Kohle in Mittellast verdrängt. Der bis 1995 laufende Kohleverstromungsvertrag muß rechtzeitig vor Ablauf verlängert werden. Anlagen zum Stenographischen Bericht Die Förderung von Energieforschung und -entwicklung ist notwendig und industriepolitisch geboten. Es war und ist richtig, daß im Intereresse einer langfristigen sicheren Energieversorgung im Bereich der Kernenergie verschiedene Reaktorlinien mit öffentlichen Mitteln gefördert wurden. So gesehen war es richtig, daß trotz einer Präferenzierung des THTR 300 unsererseits auch der SNR 300 öffentlich gefördert wurde. Das war wohl auch der Grund, daß alle bisherigen Bundesregierungen und ihre jeweiligen Forschungsminister - gestützt auf breite parlamentarische Mehrheiten - den SNR 300 bis heute mit Bundesmitteln entscheidend gefördert haben. Im Gegensatz zu der von uns akzeptierten und respektierten Meinung der eindeutigen Mehrheiten in unserer Partei und Bundestagsfraktion gibt es für uns zur Zeit keinen aktuellen politischen Entscheidungsbedarf, ob der SNR 300 fertiggestellt und in Betrieb gehen soll. Der SNR 300 ist ein internationales Projekt. Deshalb ist es sinnvoll, die Option für diese Reaktorlinie offenzuhalten. Niemand kann nämlich heute mit Sicherheit sagen, wie sich die Energieversorgungslage in den nächsten zwei Jahrzehnten entwickelt. Soweit es die atomrechtlichen Genehmigungsverfahren betrifft, sind diese nach Recht und Gesetz von der NRW-Landesregierung in Koordination mit der Bundesregierung korrekt und zügig abzuwickeln. Das ist auch die Auffassung der SPD-Bundestagsfraktion und des SPD-Parteirates. Spätestens zum Zeitpunkt der Fertigstellung ist die öffentliche finanzielle Förderung einzustellen. Eine zusätzliche Subventionierung eines an das Netz gehenden SNR 300 ist nicht vertretbar. Vor Erteilung der Betriebsgenehmigung sind in einem öffentlichen Verfahren noch einmal folgende Fragenkomplexe zu klären: Wo und in welchem Umfang wird diese Reaktorlinie in anderen Industrieländern erforscht und entwickelt? Gibt es einen langfristigen energie- und/oder energiepolitischen Bedarf für den SNR 300? Sind die Betreiber aus der Energiewirtschaft bereit, den SNR 300 ohne weitere öffentliche Subventionierung zu übernehmen und zu betreiben? Welche Regreßansprüche kämen bei Abbruch des Projekts aus internationalen Verträgen und aus der Wirtschaft auf den Bund zu? Welche personellen Konsequenzen für Forschung und Wirtschaft hätte eine Aufgabe dieser Reaktorlinie, und wie sollen diese bewältigt werden? Gibt es gegenüber den Erkenntnissen und Empfehlungen der Enquete-Kommission „Friedliche Nutzung der Kernenergie" neue und gravierende Fakten, die unter Abwägung 12884* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 171. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. November 1985 aller Gesichtspunkte eine Inbetriebnahme des SNR 300 unter energiepolitischen Gesichtspunkten und Fragen der Sicherheit faktisch verbieten? Das sind Gründe und offene Fragen, die die Unterzeichner zu einem von der Mehrheitsentscheidung der SPD-Bundestagsfraktion abweichenden Stimmverhalten veranlassen.
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    Rede von Hans-Dietrich Genscher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn wir heute über 40 Jahre Vereinte Nationen Bilanz ziehen, können wir feststellen: Sie sind unverzichtbar, aber sie haben viele Erwartungen nicht erfüllt. Sie sind auf jeden Fall reformbedürftig. Sie haben einen großen Beitrag zur Entwicklung des Völkerrechts geleistet. Die Vereinten Nationen haben wesentlich dazu beigetragen, daß das Kolonialzeitalter beendet werden konnte. Für viele Völker, die über Jahrhunderte unter kolonialer Vorherrschaft gestanden haben, wurde die Aufnahme in die Vereinten Nationen das Symbol für neugewonnene Unabhängigkeit.
    Die Vereinten Nationen sind das Zentrum universaler Zusammenarbeit bei der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungspolitik. Sie haben in ihren Sonderorganisationen umfassende Regelungen für die internationale Zusammenarbeit entwickelt, auf den Gebieten des Handels, der Währungen, des Verkehrs. Die Vereinten Nationen sind aber auch das zentrale Forum der weltweiten Diskussion über große Fragen der Abrüstung und Sicherheit geworden. Sie haben unmittelbar am Zustandekommen wichtiger multilateraler Rüstungskontrollvereinbarungen teilgenommen.
    Aber das alles ändert nichts an den Schwächen des Systems. Die Vereinten Nationen sind ihrer zentralen Aufgabe, der Friedenssicherung, den Erwartungen nicht gerecht geworden. Aber, meine Damen und Herren, muß dieser Vorwurf die Vereinten Nationen treffen, oder sind sie nicht vielmehr ein Spiegelbild der nach wie vor durch schwerwiegende Gegensätze gekennzeichneten Weltlage?
    Das in der UNO-Satzung verankerte System der kollektiven Sicherheit beruht auf der konventionellen Ordnungsvorstellung, nach ' der einige Großmächte den universalen Frieden sichern sollten. Diese Entwicklung und diese Erwartung haben sich in der politischen Wirklichkeit der West-Ost-Auseinandersetzungen nicht erfüllen lassen. Die Hilfe der Vereinten Nationen für die von Hunger und Not betroffenen Menschen könnte wirkungsvoller sein.
    Vor allen Dingen brauchen wir Strukturreformen im Wirtschaftbereich. Der Nord-Süd-Dialog könnte wesentlich effizienter werden, wenn es gelingen würde, die vielfältigen Aktivitäten der Vereinten Nationen besser zu koordinieren und zu straffen. Wir müssen auch feststellen, daß die Sonderorganisationen der UNO. immer wieder für politische Zwecke genutzt und damit an ihrer sachlichen Arbeit gehindert werden,

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    während die politischen Diskussionen in die Plenarsitzung der Vereinten Nationen gehören.

    (Ströbele [GRÜNE]: Die USA wollen sie jetzt zerstören!)

    Wir bemühen uns um Reformen, die sachfremde Politisierung von Sonderorganisationen zu überwinden.
    Die Bundesrepublik Deutschland, die an der Gründung der UNO nicht beteiligt war, arbeitet seit ihrem Bestehen für die Erfüllung des Weltfriedensauftrages der Vereinten Nationen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Ströbele [GRÜNE]: Sagen Sie mal was dazu, daß die USA das kaputtmachen wollen!)

    Das tun wir mit unserer weltweiten Friedenspolitik. Unser Konzept der Vorbeugung von Konflikten manifestiert sich in unseren Bemühungen um eine Stärkung und einen Ausbau der verfügbaren Instrumente der Friedenssicherung der Vereinten Nationen. Wir setzen uns nachhaltig für eine Stärkung der präventiven Funktion des Sicherheitsrates und des Generalsekretärs der Vereinten Nationen ein. Der Generalsekretär hat dazu in den vergangenen Jahren eine Reihe von konkreten Vorschlägen vorgelegt, die wir unterstützen.
    Wir selbst haben der Generalversammlung Vorschläge zur Vorbeugung von internationalen Konflikten unterbreitet. Sie zielen auf ein frühzeitiges eingreifen von Sicherheitsrat und Generalsekretär in Krisenfällen ab. Wir brauchen auch ein effektives Frühwarnsystem für Konflikte. Der Sicherheitsrat sollte in stärkerem Maße als Verhandlungsforum auch für die Streitparteien drohender Konflikte genutzt werden. Informelle Verhandlungen in der Entstehungsphase von Konflikten können zu größerer Transparenz der Absichten von Konfliktparteien und zum Abbau von Unsicherheit beitragen. Dazu sollten auch die Möglichkeiten stiller Diplomatie des Generalsekretärs in stärkerem Maße genutzt werden;

    (Ströbele [GRÜNE]: Dazu sollten Sie den UNO-Resolutionen folgen, z. B. zu Palästina!)

    er sollte zunehmend als objektive dritte Kraft agieren. Dem Ziel der Vorbeugung von Konflikten dient auch unsere Flüchtlingsinitiative.
    Die Aufnahme der Bundesrepublik Deutschland in die westliche Staatengemeinschaft und die Vertragspolitik mit unseren östlichen Nachbarn haben die Grundlage für unseren Beitritt zu den Vereinten



    Bundesminister Genscher
    Nationen geschaffen, so daß wir nunmehr direkt und unmittelbar an den weltweiten Friedens- und Entwicklungsaufgaben mitarbeiten können. Dabei ist es unser Ziel, daß der West-Ost-Gegensatz nicht auf die Dritte Welt übertragen wird, weil wir wissen, daß wirkliche Blockfreiheit der Staaten der Dritten Welt ein unverzichtbarer Beitrag zum Weltfrieden und zur Verwirklichung der Ziele der Vereinten Nationen ist.
    Bei den Fragen der Abrüstung und Rüstungskontrolle dürfen wir das globale Ausmaß dieser Probleme nicht aus den Augen verlieren. Deshalb treten wir z. B. im Bereich der Achtung der chemischen Waffen für eine weltweite Ächtung dieser Waffen ein, weil wir keinen Sinn darin sehen können, gerade die Regionen vom Verbot auszuklammern, in denen heute Menschen Opfer dieser grausamen Waffen werden.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Herr Kollege, das ist schief dargestellt!)

    In Europa wie in den Vereinten Nationen müssen Maßnahmen zum Abbau des Mißtrauens gefördert werden. Das tun wir in Stockholm, das tun wir bei dem KSZE-Nachfolgetreffen in Wien. Wir haben auch in den Vereinten Nationen Initiativen zu vertrauensbildenden Maßnahmen und zur Vorbeugung internationaler Konflikte ,ergriffen. Wir arbeiten aktiv im Gewaltverzichtsausschuß der Vereinten Nationen mit, und wir unterstützen die von den Vereinten Nationen eingesetzten Friedenstruppen.
    In der Welt, in der wir leben, könnte ein dauerhafter Frieden nicht entstehen, wenn sie auf Dauer in reiche und arme Nationen gespalten bliebe. Deshalb muß die Überwindung von Hunger und Armut eine der hervorragenden Zielsetzungen der Vereinten Nationen sein. In der Tat sind in vielen Krisenregionen soziale Spannungen und wirtschaftliche Probleme die eigentliche Ursache der Krisensituation.
    Im Mittelpunkt der diesjährigen Generalversammlung stehen zwei Themen, die das Nord-SüdVerhältnis betreffen, die Verschuldenskrise und die Lage in Afrika. Die Verschuldenskrise tickt als Zeitbombe in der Weltwirtschaft. Sie gefährdet Wachstum und soziale Stabilität der Entwicklungsländer wie übrigens ebenso die Stabilität des Bankensystems der Industrieländer. In Lateinamerika gefährdet die wachsende Schuldenlast den hoffnungsvollen Prozeß der Demokratisierung. Hier sind wir alle aufgerufen, nach Wegen zu einer Lösung zu suchen.
    Zur Linderung der Hungersnot in Afrika hat gerade die Bundesrepublik Deutschland mit Nahrung, Transport und Medikamenten einen wesentlichen Beitrag geleistet. Unzähligen Bürgern unseres Landes gebührt unser Dank für ihre großzügige Hilfe und Spende für die Hilfsaktionen für die bedrohten Gebiete Afrikas.

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD)

    Meine Damen und Herren, ein zentrales Thema unserer UNO-Politik ist die Sicherung der Menschenrechte. Wir setzen uns für die Achtung der Menschenrechte ein — ohne Blindheit auf dem einen oder dem anderen Auge. Wir fordern das Selbstbestimmungsrecht für alle Völker,

    (Ströbele [GRÜNE]: Aha!)

    auch für das deutsche Volk.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Wir haben in den Vereinten Nationen eine Konvention gegen die Todesstrafe vorgeschlagen. Wir wissen, wie schwierig dieses Thema ist, weil es in dieser Frage unterschiedliche Vorstellungen — auch religiöse Vorstellungen — gibt. Trotzdem hat diese Initiative das Ziel, langfristig ein völkerrechtliches Instrument zu schaffen, das zur weltweiten Abschaffung der Todesstrafe beiträgt. Was wir brauchen, ist eine unabhängige Institution, eine international beauftragte Persönlichkeit, die sich der Rechte der einzelnen annehmen kann. Deshalb fordert die Bundesregierung die Einsetzung eines Hochkommissars für Menschenrechte,

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    und wir fordern nach den jüngsten Erfahrungen im Europarat die Schaffung eines internationalen Menschenrechtsgerichtshofs bei den Vereinten Nationen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Wir dürfen nicht müde werden, die Wirkungsweise der Vereinten Nationen zu verbessern und ihre Mängel abzubauen. Wir dürfen keine Anstrengungen scheuen, aktiv in den Gremien mitzuarbeiten, auf die sich die Hoffnung der Völker richtet. Das ist das Gebot unserer weltweiten Friedensverantwortung, deren wir uns gerade an diesem 40. Jahrestag des Bestehens der Vereinten Nationen besonders bewußt sein müssen.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie Beifall des Abg. Voigt [Frankfurt] [SPD])



Rede von Dr. Philipp Jenninger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Huber.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Antje Huber


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seien wir ehrlich: Das 40jährige Jubiläum der UNO reißt niemanden auf der Welt zu Begeisterungsstürmen hin.
    Die Rooseveltsche Vision von der Sicherung des Friedens durch die Großmächte, für die er in Jalta um Bundesgenossen warb, hat nicht zur Beendigung von Kriegsangst geführt und schon gar nicht zur Abrüstung und Einsparung von Finanzen zugunsten einer besseren Versorgung in einer glücklicheren Welt.

    (Klein [München] [CDU/CSU]: Leider wahr!)

    Im Gegenteil. 40 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs starrt Europa diesseits und jenseits der Elbe von Waffen. Dahin ist der Glaube an den



    Frau Huber
    atomaren Schirm, der uns mit seiner Schrecklichkeit alle schützt. Immer neue Varianten atomarer Waffen haben neue denkbare Konfliktmöglichkeiten, neue Risiko- und Erfolgsberechnungen ausgelöst, und das neue Weltraumprogramm SDI, als reines Abwehrsystem gedacht, hat nach unserer Meinung schon jetzt mehr neue Unsicherheit gebracht als den Frieden gesichert.

    (Beifall bei der SPD)

    Und wenn, was zu hoffen ist, Amerika und die Sowjetunion sich jetzt in Genf einander nähern, so ist auch dies kein Ergebnis von UNO-Politik, aber immerhin erfreulich für die UNO, weil der Ost-West-Konflikt ihre Debatten immer überlagert hat.
    Auch lokale Kriege sind in den letzten 40 Jahren nicht eingedämmt worden. Es waren insgesamt über 140, die an vielen Stellen der Welt aufgeflakkert sind, und einige dauerten etliche Jahre, so der irakisch-iranische Konflikt, der j a immer noch schwelt. Lokale Kriege, das klingt so unwichtig. Aber auch sie haben einige Millionen Tote unter den Menschen gefordert, die das Unglück haben, in diesen Regionen zu leben.
    Was gibt es da eigentlich zu feiern?
    Die UNO konnte nichts tun in Ungarn, nichts in der Tschechoslowakei, nichts in Afghanistan und nichts in Kambodscha. Sie hat keinen Einfluß auf die amerikanische Mittelamerika-Politik, keine Lösung für Nahost und auch nicht für das brodelnde Südafrika. Und sie hat kein Rezept gegen den internationalen Terrorismus.

    (Ströbele [GRÜNE]: Auch nicht gegen den Staatsterrorismus!)

    Wie viele Resolutionen haben nichts gebracht! Wie oft hat das Veto-Recht im Sicherheitsrat uns die Ohnmacht der UNO vorgeführt! Und immer noch ist die Gefahr nicht gebannt, auch nicht durch die UNO, daß lokale Konflikte sich zu Weltkriegen erweitern.
    Das Ärgerliche ist nur: Wir haben keine andere Weltorganisation. Es wäre zwecklos, diese aufzugeben, um eine neue, ganz ähnliche zu gründen.
    Die UNO ist keine Firma, die für den Markt produzieren kann, der die Ware Frieden gern hätte, ohne dafür richtig zu zahlen.
    Die UNO ist keine Weltmacht, die mit ihren Truppen, ihren Waffen drohen kann.
    Die UNO ist keine Weltregierung. Sie hat keine Souveränität, außer in dem Haus, in dem sie wohnt und das Barbara Ward das „Weltdorf" genannt hat.
    Aber wie gut oder wie schlecht die UNO ist, hängt nicht von der Zahl ihrer Mitarbeiter ab, die auch nichts dafür können, daß die Mittelfrage hier beklagt werden müßte. Die Qualität der UNO hängt allein davon ab, welchen Grad von Friedensfähigkeit die Völker erlangt haben, die in der UNO versammelt sind.

    (Beifall bei der SPD)

    Schon 1945 spiegelte die Charta der Vereinten Nationen nur den Willen der Großmächte zu einem
    Zusammenspiel wider, bei dem sie sich selbst jede Rückzugsmöglichkeit durch das Vetorecht offenließen. Die Enttäuschung war deshalb vorprogrammiert. Sie wurde nur durch die unerwartete Enttäuschung ergänzt, daß ihr eigener Einfluß, der Einfluß der Großmächte, so schnell dahinschwand. Die Großmächte als Friedensgaranten zu sehen, wie Roosevelt es noch getan hatte, war höchstens noch regional und höchstens noch von denen akzeptiert, die immer noch auf die Abschreckung bauen. Die zum Teil aus geringfügigem Anlaß praktizierte Anwendung des Vetorechts trug der ganzen UNO bisweilen das Odium des Niedergangs und den Vorwurf der Morallosigkeit ein.
    Statt dessen erwies sich jedoch die Blockfreiheit der Staaten als ein immer wichtigerer Beitrag zur Sicherung des Friedens und zur Sicherstellung des Funktionierens der UNO. Denn anders als es den Gründern vorschwebte, sind Konfliktbeherrschung, Vertrauensbildung, Rüstungskontrolle keineswegs bloß Sache der Großmächte, auch wenn diese unverändert wichtig bleiben. Da die meisten kleineren Völker aber mit größerer Sorge auf die Bedrohung reagieren, ist das Friedensengagement der kleineren und mittleren Staaten glaubwürdiger, auch wenn die Fülle der Probleme, die die vielen kleinen Länder mit in die UNO gebracht haben, inzwischen zu mehr Arbeit und auch zu mehr Sorgen geführt hat. Wenn die UNO je eine umfassend funktionierende Clearing-Stelle wird, meine Damen und Herren, so nicht wegen ihrer Truppenzahl, sondern weil Moral und Vernunft über Aggression und Kriegsangst gesiegt haben.

    (Beifall bei der SPD)

    Diese Hoffnung darf man nicht aufgeben, darf man gerade im Atomzeitalter nie aufgeben. Deshalb ist es gut, daß die kleineren Staaten in der UNO mit dafür gesorgt haben, daß sie den Weg des Völkerbundes nicht gehen mußte. Daß sie dabei versucht haben, das Nord-Süd-Verhältnis über die Weltorganisation zu ihren Gunsten zu beeinflussen, ist ihnen sicherlich nicht zu verübeln.
    Im 40. Jahr des Bestehens wird der UNO nun in mancher Feierstunde Kritik und auch Hoffnung mitgegeben. Kritik ist berechtigt, und sei es nur, daß sie deutlich macht, wie sehr die Völker in Wirklichkeit ihre eigenen Unzulänglichkeiten beklagen, ihr altmodisches Verständnis von Souveränität sowie ihre zum Teil extensive Auslegung der Ausnahmeklausel des Gewaltverzichts.

    (Beifall bei der SPD)

    Aber die Hoffnung ist wichtiger. Bei aller Unzufriedenheit darüber, wie polemisch und unklug Debatten in New York — ich habe das selbst miterlebt — über Ost und West und über das Nord-SüdVerhältnis oft sind, in denen vieles breitgetreten, statt aufgearbeitet wird, bei aller Enttäuschung: Wir dürfen nicht schimpfen, wir müssen arbeiten. Wer soll denn die Fragen einer umfassenden Abrüstung und Friedenssicherung bewältigen? Wer die Kampagne gegen den Hunger auf der Welt siegreich beenden? Wer wird den Umweltschutz grenzüberschreitend und multilateral koordinieren? Wer die



    Frau Huber
    in weiten Teilen der Welt noch unterdrückten Menschenrechte wirklich schützen und die Abschaffung der Todesstrafe letztlich durchsetzen? Wo soll notwendiges internationales Recht sonst entstehen?
    Die Welt ist durch die technische Entwicklung noch enger zusammengerückt, als dies vor 40 Jahren absehbar war. Es gibt kein Land, das Sicherheit und Wohlstand auf Dauer ohne seine Nachbarn sichern kann. Und Nachbarn, liebe Kollegen, sind wir nun alle.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

    Offene Märkte, Lösungen der gefährlich gewordenen Schuldenproblematik sind für die Entwicklungs- wie für die Industrieländer gleich wichtig.
    Deshalb wären internationale Mechanismen angebracht, mit denen es gelingt, in Zukunft mehrheitlich nicht nur unliebsame Zwischenfälle von gestern zu beklagen und zu rügen und eingetretene Schäden zu reparieren, sondern sie auch zu verhindern. Das ist ein weiter Weg, der auch substantielle Veränderungen erfordert, z. B. im Sicherheitsrat, damit aus dem zahnlosen Tiger ein verläßlicher Schiedsrichter wird. Auch hier ist den kleinen und mittleren Staaten dafür zu danken, daß sie sich seit 1970 um die Reform der UNO mehr gekümmert haben als die Großmächte.
    Aber es ist nun nicht so, daß man am 40. Jahrestag der UNO, den wir hier heute spät und zu ungünstiger Stunde begehen, gar nichts Gutes vermelden könnte. Die UNO war in Korea erfolgreich. Ihre Blauhelme standen in vielen Spannungsgebieten der Welt, manchmal jahrelang, und auch dann, wenn große Staaten vergaßen, ihre Beiträge dafür zu bezahlen. Die UNO hat in ihren Unterorganisationen gegen den Hunger auf der Welt gewirkt und dazu beigetragen, daß in Asien, Afrika und Lateinamerika die Kindersterblichkeit um die Hälfte zurückging, daß die Ausbildung und Erziehung dort vorwärtsgebracht wurde, wo sich sonst niemand um die Chancen der Kinder gekümmert hat. Mit dem Geld, das ein Bomber kostet, konnte die WHO in zehn Jahren die Pocken ausrotten und über 400 Millionen Menschen retten.
    Auch als Notar betätigt sich die UNO, wenn man an den Konflikt England/China über Hongkong denkt, der nun beigelegt ist. Die UNO hat auf ihrer 3. Seerechtskonferenz ein Drittel der Erde, nämlich die Wirtschaftszonen an den Küsten, neu verteilt. Sie regelt die Durchfahrts- und Überflugrechte an über hundert Meerengen und Wasserstraßen und hat auch auf dem Gebiet der friedlichen Weltraumnutzung Beachtliches geleistet.
    Die UNO betreibt unter anderem lebenswichtige Schiffahrts- und Wetterorganisationen, sie liefert Weltkarten, Weltdaten, vereinbart Namen, sie kümmert sich um die Drogenszene und führt Kulturgüter in ihre Heimatländer zurück.
    In vielem sind die Vereinten Nationen über das hinausgegangen, was die Charta eigentlich hergab. Sie haben sich so auf eine Weise nützlich gemacht, von der weniger Aufhebens gemacht worden ist als von den zirka 200 Vetos im Sicherheitsrat.
    So hat die Vision von der geeinten Welt doch Blüten getrieben, auch wenn der Garten Eden noch weit ist und wahrscheinlich niemals ganz erreicht werden wird.
    Jeder Realist weiß, daß es bei solcher Zusammenarbeit auch zu Ärgernissen kommt. Aber wir glauben, daß es besser ist, solche Ärgernisse, solche Schwierigkeiten aufzuarbeiten, als z. B. aus der UNESCO auszutreten.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Bundesrepublik Deutschland, die erst 1973 Mitglied wurde, sich aber schon 1949 dem Völkerrecht und damit den Prinzipien der Charta der Vereinten Nationen unterwarf, setzt sich für eine Stärkung der UNO ein. Unsere geschichtlichen Erfahrungen und unsere gegenwärtige Lage geben uns einen ganz besonderen Grund, für den Frieden, für eine für alle wichtige Kooperation zur Eröffnung von Chancen und Vermeidung von Schäden sowie für Menschenrechte zu arbeiten.
    Wir, die Bundesrepublik Deutschland, deren Parlament heute nach mehr als einem Jahrzehnt wieder einmal grundsätzlich über die UNO debattiert, wollen auf alle Fälle immer zu den Völkern gehören, die sich durch Schwierigkeiten, durch Negatives nicht abschrecken, sondern eher anspornen lassen. Regierung und Parlament müssen sich daher fragen lassen, ob sie in den vergangenen Jahren genug getan haben. Dies sollte uns in der Tat konkreter und öfter beschäftigen.
    Die UNO zeigt wie ein Spiegel die Welt, wie sie ist. Aber deshalb müssen wir nicht resignieren. Das Bild kann sich ändern, wenn der Glaube an die Unabdingbarkeit friedlicher Problemlösungen den Völkern unterschiedlichster Kulturen und Traditionen das beschert, was doch alle gemeinsam wollen: Frieden ohne latente Bedrohung, Freiheit unabhängig von militärischer Macht und Größe, wirtschaftliche Chancen durch multilaterale Kooperation, soziale Sicherheit als Grundlage für Angstlosigkeit und Menschenwürde und kulturelle Entfaltung durch gegenseitige Befruchtung.
    Vor 40 Jahren hätte es vielleicht noch übertrieben geklungen, zu sagen, daß die Durchsetzung dieses Glaubens unsere einzige gemeinsame Zukunftschance ist. Aber heute wissen wir ganz sicher, daß wir uns morgen alle vernichten können. Seien wir wenigstens zuversichtlich, daß wir uns trotzdem auch retten können.
    Deshalb: Gäbe es die UNO nicht, so müßte man sie gründen. Schöneres kann man ihr zum Geburtstag nicht sagen. Aber ich wünsche doch, daß zum 50. Jahrestag weniger Kritik und mehr frohe Botschaften uns erreichen mögen.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)