Rede von
Dr.
Heinz
Riesenhuber
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Verehrter Herr Kollege Roth, ich werde darauf sehr gerne eingehen. Lassen Sie mich im einzelnen nur eines sagen: Staatliche Technikförderungspolitik ist eine sehr langfristige Politik. Ob wir von der Kohleverflüssigung oder vom Schnellen Brüter sprechen: Wenn wir lange technologische Stränge haben, die sich über Jahrzehnte hinziehen, dann dürfen wir unser Urteil über die Chancen einer Technologie nicht aus der Extrapolation einer momentanen Energieversorgungslage herleiten.
Es wäre ebenso falsch, aus den jetzigen Erwartungen im Zusammenhang mit den Ölmärkten unsere künftige Strategie zur Kohleveredelung herzuleiten, wie es falsch ist, aus den jetzigen Beschreibungen der Uranmärkte eine Aussage zur langfristigen Nützlichkeit des Schnellen Brüters herbeizuführen. Im einzelnen werde ich gerne noch darauf eingehen.
Die Chancen für die nichtnuklearen regenerativen Energien liegen in zwei Punkten, und da setzen wir auch an. Das ist bei der Photovoltaik, bei der direkten Umwandlung von Sonnenergie in Strom, und das ist die Chance, nichtnukleare Energien, Sonne und Wind, dort einzusetzen, wo es viel Sonne und viel Wind gibt, wo andere Energien nicht hinreichend verfügbar sind. Deshalb haben wir die Möglichkeiten, in Ländern der Dritten Welt diese Technologien zu demonstrieren, erweitert. Deshalb haben wir das Sonderprogramm mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau und dem BMZ angelegt. Deshalb haben wir 100 Windkraftwerke in Ländern der Dritten Welt in Gruppen zu je zehn so angelegt, daß sie dort demonstriert und genützt werden können. Damit können in den Ländern selbst Chancen entwikkelt werden wie auch in der Zusammenarbeit mit unserer Industrie.
Herr Wolfram hat die Frage gestellt, was mit der Energieeinsparung sei. Herr Wolfram, ich darf das nur auf einen Punkt bringen. Auch für rationelle Energieverwendung haben wir Hunderte von Millionen über die Jahre ausgegeben. Aber hier haben wir einen Standard erreicht, der es offenkundig rechtfertigt, daß das jetzt überwiegend als Sache der Wirtschaft läuft. Es gibt noch bestimmte, sehr vorgeschobene Technologien, die ich hier in der begrenzten Zeit nicht im einzelnen darstellen kann. Aber die Erfahrung hat in der Tat gezeigt, daß die Intelligenz der Märkte in kürzerer Zeit mehr Energieeinsparung erreicht hat, als irgendwelche Maßnahmen des Staates es gekonnt hätten. Was wir in diesen Jahren erfahren haben, ist, daß die Entkoppelung, die man durch staatliche Maßnahmen erzwingen wollte, aus der Logik der Märkte heraus deshalb stattgefunden hat, weil die Energiepreise so gestiegen sind, daß es sich gelohnt hat, wirtschaftliche Alternativen zu entwickeln, Kraftwerkstechniken mit sehr hohem Wirkungsgrad.
Sie brauchen sich nur das Beispiel der Automotoren anzusehen, Herr Catenhusen. Was war das damals für eine Verhandlung über die Auflagen an die Automobilindustrie zu energiesparenden Automotoren! Tatsächlich erreicht worden ist, daß die Automotoren wesentlich schneller mit wesentlich höheren Wirkungsgraden, d. h. mit höherer Kilometerleistung an den Markt gekommen sind, weil es nicht erzwungen worden ist, sondern ein Verhandlungsargument, ein Verkaufsargument der Industrie gewesen ist.
— Ich habe nie behauptet, daß ein Knüppel hinter der Tür ein Fehler ist. Ich habe nur behauptet, daß es weise ist, die Kräfte des Marktes dort, wo sie funktionieren, zu ermutigen. Daß die Methoden hier durchaus verschieden sein können, räume ich freimütig ein.
Herr Wolfram, Sie haben nach Kohle gefragt. Sie haben gesagt, wir betrieben eine Politik, die Kernkraft vor Kohle behandele.
Herr Wolfram, das ist uneingeschränkt falsch. Die Politik, die wir in der Opposition betrieben haben und die wir in der Regierung betreiben, ist eine Politik aus Kernkraft und Kohle in dem gemeinsamen Verbund in der Energiewirtschaft, in der Verteilung der Lasten und Aufgaben und in ihrer langfristigen Perspektive, vielleicht sogar in einer gemeinsamen Technologie, auf die wir hinarbeiten. Nur dann, wenn jede Energie innerhalb der Rahmenbedingungen des Staates ihren Platz im Markt findet, kriegen wir die Chancen für unsere Technik, für unsere Wirtschaft. Nur dann können wir die Chance, unsere Ressourcen bestmöglich zu nützen, wirklich wahrnehmen. Und die einzige Ressource, die wir als Bodenschatz besitzen, ist die Kohle.
Schauen wir, wo wir die Möglichkeiten für Kohle zu erweitern suchen: Kohle im Wärmemarkt. Ich weiß, daß das schwierig ist, daß das langsam geht. Kohle im Wärmemarkt ist ein Potential, das vielleicht noch 4 oder 8 Millionen Jahrestonnen haben kann. Vielleicht nicht gewaltig, aber eine Chance, wenn es uns gelingt, Kohle so anzubieten, daß sie verbrauchernah, daß sie verbrauchsfreundlich, umweltfreundlich, daß sie hochautomatisierbar und in kleinen Einheiten handhabbar ist. Hier setzt unsere systematische Technologieförderung an. Ich freue mich, daß das von der Industrie aufgegriffen worden ist.