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ID1016816300

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    Plenarprotokoll 10/168 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 168. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 24. Oktober 1985 Inhalt: Eintritt des Abg. Funk in den Deutschen Bundestag 12562 C Bestimmung des Abg. Jagoda als stellvertretendes Mitglied im Vermittlungsausschuß 12562 D Erweiterung der Tagesordnung . 12562 D, 12600 D Würdigung des 40. Jahrestages der Grün- dung der Vereinten Nationen 12562 D Begrüßung einer Delegation der Föderalversammlung der CSSR 12560 C Abweichung von den Richtlinien für die Fragestunde für die Sitzungswoche ab 4. November 1985 12620 B Aktuelle Stunde betr. die Lage der Weltwirtschaft und der deutschen Wirtschaft im Herbst 1985 Wissmann CDU/CSU 12549 B Dr. Jens SPD 12550 B Dr. Haussmann FDP 12551 C Tatge GRÜNE 12552 B Grüner, Parl. Staatssekretär BMWi . . 12553 A Dr. Mitzscherling SPD 12554 D Kraus CDU/CSU 12555 D Dr. Solms FDP 12557 A Dr. Ehrenberg SPD 12557 D Doss CDU/CSU 12558 D Dr. Kreile CDU/CSU 12559 C Esters SPD 12560 C Scharrenbroich CDU/CSU 12561 C Beratung der Stellungnahme der Bundesregierung zum Bericht der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages „Jugendprotest im demokratischen Staat" — Drucksache 10/2062 — Götzer CDU/CSU 12564 B Müller (Düsseldorf) SPD 12566 C Frau Dr. Segall FDP 12569 B Frau Zeitler GRÜNE 12570 D Frau Karwatzki, Parl. Staatssekretär BMJFG 12573 B Beratung des Antrags der Abgeordneten Büchner (Speyer), Lambinus, Amling, Antretter, Dr. Apel, Bachmaier, Bamberg, Bernrath, Frau Blunck, Brück, Büchler (Hof), Buckpesch, Catenhusen, Daubertshäuser, Dr. Diederich (Berlin), Duve, Egert, Dr. Emmerlich, Ewen, Fischer (Homburg), Dr. Haack, Frau Dr. Hartenstein, Dr. Hauchler, Hauck, Dr. Hauff, Immer (Altenkirchen), Jansen, Kastning, Kiehm, Kißlinger, Klein (Dieburg), Dr. Klejdzinski, Kolbow, Dr. Kübler, Kuhlwein, Lennartz, Lohmann (Witten), Frau Dr. Martiny-Glotz, Meininghaus, Menzel, Müller (Düsseldorf), Müller (Schweinfurt), Dr. Müller-Emmert, Müntefering, Dr. Nöbel, Oostergetelo, Pauli, Dr. Penner, Frau Renger, Reschke, Reuter, Schäfer (Offenburg), Frau Schmedt (Lengerich), Frau Schmidt (Nürnberg), Schmidt (München), Schmitt (Wiesbaden), Dr. Schmude, Dr. Schöfberger, Schreiner, Schröer (Mülheim), Stahl (Kempen), Frau Steinhauer, Stiegler, Tietjen, Toetemeyer, Vahlberg, Waltemathe, Wartenberg (Berlin), Weinhofer, Dr. Wernitz, Frau Weyel, Wimmer (Neuötting), Wolfram (Reckling- II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 168. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Oktober 1985 hausen), Zander, Frau Zutt und der Fraktion der SPD Sport und Umwelt — Drucksache 10/3650 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und FDP Sicherung des Sports als Teil einer lebenswerten Umwelt — Drucksache 10/4074 — Lambinus SPD 12577 B Nelle CDU/CSU 12579 A Schulte (Menden) GRÜNE 12580 C Baum FDP 12581 C Müntefering SPD 12583 C Dr. Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär BMI 12585 C Ausschußüberweisungen . . . . 12588A, 12595C Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die deutsche Sprache in der Welt — Drucksache 10/3784 — Möllemann, Staatsminister AA . 12588A, 12595 C Duve SPD 12589 B Dr. Hornhues CDU/CSU 12591A Frau Borgmann GRÜNE 12592 C Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 12593 C Dr. Rose CDU/CSU 12595 D Verheugen SPD 12597 B Dr. Pohlmeier CDU/CSU 12599 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes — Drucksache 10/3973 — Spranger, Parl. Staatssekretär BMI 12601A Kiehm SPD 12602 B Dr. Göhner CDU/CSU 12603 C Frau Hönes GRÜNE 12606 A Wolfgramm (Göttingen) FDP 12607 B Müller (Düsseldorf) SPD 12608 C Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN Abrüstungsinitiative aus vier Kontinenten unter Bezug auf die Aktivitäten Frankreichs und dessen Atomversuche am Mururoa-Atoll — Drucksache 10/3932 — Frau Eid GRÜNE 12610 D Lamers CDU/CSU 12612 B Dr. Soell SPD 12614 C Schäfer (Mainz) FDP 12616A Möllemann, Staatsminister AA 12617 C Beratung der Sammelübersicht 100 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/3896 — .in Verbindung mit Beratung der Sammelübersicht 101 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/3897 — in Verbindung mit Beratung der Sammelübersicht 102 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/3898 — in Verbindung mit Beratung der Sammelübersicht 104 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/4035 — in Verbindung mit Beratung der Sammelübersicht 105 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/4036 — in Verbindung mit Beratung der Sammelübersicht 108 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/4075 — in Verbindung mit Beratung der Sammelübersicht 109 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/4076 — Frau Zutt SPD 12621A Dr. Rumpf FDP . . . . 12621C, 12627D, 12629C Mann GRÜNE 12622A, 12628 B Haungs CDU/CSU 12622 D Frau Wagner GRÜNE 12624 A Dr. Becker (Frankfurt) CDU/CSU . . 12625 B Kirschner SPD 12626 A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 168. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Oktober 1985 III Wartenberg (Berlin) SPD 12629 D Hedrich CDU/CSU 12630 C Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN Einstellung der Bauarbeiten zur Kanalisierung der Saar — Drucksache 10/3348 — Senfft GRÜNE 12632A, 12635 B Müller (Wadern) CDU/CSU 12632 C Brück SPD 12634A Hoffie FDP 12636 A Erste Beratung des von der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Strafvollzugsgesetzes — Drucksache 10/3563 — Mann GRÜNE 12637 D Seesing CDU/CSU 12638 D Dr. Schwenk (Stade) SPD 12639 C Beckmann FDP 12640 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Siebten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern — Drucksache 10/3972 — Dr. Voss, Parl. Staatssekretär BMF . . 12641 B Schlatter SPD 12642 D Uldall CDU/CSU 12645 B Vogel (München) GRÜNE 12648 B Dr. Hirsch FDP 12649 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Dritten AKP-EWG-Abkommen von Lomé vom 8. Dezember 1984 sowie zu den mit diesem Abkommen in Zusammenhang stehenden Abkommen — Drucksache 10/3960 — Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär BMZ . 12651 A Brück SPD 12652 D Höffkes CDU/CSU 12653 D Volmer GRÜNE 12655 A Dr. Rumpf FDP 12656 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 10. Juni 1985 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik China zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen — Drucksache 10/3971 — 12658 D Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Bundesministers der Finanzen Veräußerung des bundeseigenen Geländes in München, Ingolstädter Straße 172 — Drucksachen 10/3619, 10/3975 — . . . 12658 D Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen Veräußerung eines bundeseigenen Grundstücks in Bonn — Drucksache 10/4028 — 12659 A Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Verordnung der Bundesregierung Aufhebbare Zweiundneunzigste Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste — Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz —— Drucksachen 10/3617, 10/3944 — . . . 12659A Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Verordnung der Bundesregierung Aufhebbare Achtundfünfzigste Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung — Drucksachen 10/3618, 10/3945 — Tatge GRÜNE (Erklärung nach § 31 GO) 12659 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes — Drucksachen 10/4057, 10/4065 — . . . 12659 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Aufhebung von Zollzugeständnissen und zur Erhöhung der Zölle des Gemeinsamen Zolltarifs für bestimmte Erzeugnisse mit Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika — Drucksachen 10/3788 Nr. 9, 10/4052 — 12660A Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Erhebung der Künstlersozialabgabe in den Jahren 1986 und 1987 — Drucksache 10/4064 — 12660 C Nächste Sitzung 12660 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 12660 B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 168. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Oktober 1985 12549 168. Sitzung Bonn, den 24. Oktober 1985 Beginn: 8.01 Uhr
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    Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Jansen 25. 10. Jaunich 25. 10. Kittelmann ** 25. 10. Dr. Kohl 25. 10. Lohmann (Witten) 25. 10. Poß 24. 10. Schmidt (München) ** 25. 10. Schröder (Hannover) 25. 10. Schröer (Mülheim) 25. 10. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim ** 25. 10. Verheugen 25. 10. Voigt (Sonthofen) 25. 10. Zander 25. 10. Dr. Zimmermann 25. 10. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hartmut Soell


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Lamers, wenn man Ihr Potpourri, das Sie hier vorgeführt haben, Revue passieren läßt und mit der deutschland-politischen Entschließung und dem Jammertal, in das Sie sich bei dieser Entschließung begeben haben, konfrontiert, dann ist, glaube ich, der Vorwurf der geistigen Immunschwäche, den Sie an andere richten, hier wirklich überflüssig.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Der Antrag der GRÜNEN ist sicher eine Nachlese zur Aktuellen Stunde, die vor vier Wochen zum Thema des kriminellen Anschlags stattgefunden hat, den französische Geheimdienstleute auf ein Greenpeace-Schiff in Neuseeland verübt haben. In der Beurteilung dieses Verbrechens und in der Ablehnung auch französischer Nuklearwaffentests im Südpazifik stimmen wir überein — übrigens auch mit sehr großen Teilen der französischen Öffentlichkeit, und diese steht in der großen demokratischen Tradition des Landes.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wir haben durch mehrere Initiativen in diesem Haus für einen allgemeinen Teststopp plädiert und halten an dieser Forderung fest.
    Gleichwohl lehnen wir den Antrag ab, weil dort in Ziffer 2 zumindest fragend unterstellt wird, daß aus der Bundesrepublik spaltbares Material zur Herstellung von Atomsprengköpfen nach Frankreich exportiert wird.

    (Bueb [GRÜNE]: Das stimmt wohl nicht?)

    Dies ist eine Behauptung, die um so unsinniger ist, als auch die GRÜNEN wissen müßten, daß der Brennstoffkreislauf in der Bundesrepublik mit einer Intensität wie kaum in einem anderen Land international kontrolliert wird.

    (Bueb [GRÜNE]: Sie ist wohl nicht am Super-Phénix beteiligt?)

    Im übrigen geht der Antrag die Probleme, die hinter dem Thema französischer Nukleartests im Pazifik stecken, auf sehr oberflächliche Weise und in einer Sprache an, die absolut ungeeignet ist, bei unseren französischen Freunden und Verbündeten ein Umdenken zu fördern.
    Ich mache mir dabei allerdings nicht den Vorwurf des deutschen Nationalismus zu eigen, Herr Lamers, weil dies ein sehr abgenutzter Begriff ist, mit dem man sich praktisch gegen vielerlei Arten von Kritik immunisiert. Die Art, in der Sie es getan haben, war der Sache ebensowenig dienlich.
    Frankreich wegen seiner kolonialen Atompolitik anzuklagen, oder zu behaupten — so der Kollege Suhr vor vier Wochen —, in den überseeischen Territorien Frankreichs habe der Dritte Weltkrieg schon begonnen, ist wenig hilfreich. Es entspricht auch nicht der sehr differenzierten Situation, die z. B. in Neukaledonien existiert. Um Einstellung und politisches Handeln in Frankreich ändern zu können, müssen wir uns zunächst daran erinnern,



    Dr. Soell •
    daß Frankreich seine Sicherheitspolitik von den Erfahrungen der Niederlage von 1940 aus definiert, während für unsere Überlegungen das Datum 1945 für viele Jahre ausschlaggebend geblieben und noch heute von Bedeutung ist, auch wenn wir selbst immer mehr zu dem Schluß kommen, daß Frankreich die Akzente seiner Sicherheitspolitik erheblich ändern muß — zu ihr gehört auch die zentrale Frage der künftigen Rolle der Nuklearstreitmacht wie auch der Weiterführung der Nuklearwaffentests —, damit die deutsch-französische und die europäische Sicherheitssolidarität Wirklichkeit werden kann. Dies wird nicht möglich sein, wenn die unterschiedlichen historischen Ausgangspunkte und die damit verbundenen Aspekte, Ängste und Gefühle unberücksichtigt bleiben.
    Gestatten Sie mir dabei eine historische Anmerkung, Herr Lamers. Das Hauptdilemma Frankreichs in den 30er Jahren bei der Gewährleistung seiner Sicherheit gegenüber dem expansiven Hitler-Regime wurde nicht so sehr durch die pazifistischen Strömungen im eigenen Lande verursacht, wie dies Herr Geißler fälschlicherweise behauptet, nicht einmal durch die profaschistischen Sympathien bei einem Teil der französischen Rechten, die j a das Motto hatten: Lieber Hitler als Léon Blum, sondern überwiegend durch eine falsche Militärstrategie. Die nur auf die Maginot-Linie gestützte rein statische Strategie war zwar vor dem Hintergrund der großen Opfer Frankreichs im Ersten Weltkrieg verständlich, entwertete aber völlig die französischen Bündnisgarantien gegenüber den Staaten der Kleinen Entente und gegenüber Polen. Damit war die Zertrümmerung zunächst der Tschechoslowakei und später Polens durch HitlerDeutschland entscheidend erleichtert worden.
    Vor zwei Jahren hat der damalige Generalsekretär der liberalkonservativen UDF, Michel Pinton, seine Kritik der offiziellen französischen Nuklearstrategie in der Tageszeitung „Le Monde" unter die beziehungsreiche Überschrift „Die neue MaginotLinie" gestellt. Er hat die bei allen politischen Kräften vorhandenen Mythen aufs Korn genommen, mit Hilfe der französischen nuklearen Abschreckungsmacht ließe sich jeder Krieg — auch ein nuklearer — von den französischen Grenzen fernhalten. Die französische Strategie, so Pintons Kritik, deren Kern die Drohung enthalte, bei einem Angriff auf Frankreich die großen Bevölkerungszentren des Angreifers atomar zu vernichten, sei nicht nur eine kaum erträgliche Mischung aus Barbarei und seelischer Schwäche, sondern berge auch einen hohen Grad an Selbstabschreckung in sich. Jeder politische Gegner, der sich dieses Risikos bewußt sei, werde alles versuchen, um die französische Abschreckungsstreitmacht präventiv auszuschalten.

    (Lamers [CDU/CSU]: Machen Sie sich das zu eigen?)

    Falls sich diese auf einer Sicherheitsillusion beruhende Strategie nicht in eine Richtung ändere, so heißt es bei Pinton weiter, die die Bekämpfung der angreifenden Streitkräfte zum Ziel habe, würde Frankreich im Falle eines militärischen Konfliktes in eine ähnliche Lage gebracht wie 1870 und 1940.
    Die französische Bevölkerung habe sich damals mehrheitlich für Verhandlungen mit dem Angreifer entschieden, damit nicht Millionen Franzosen sinnlos geopfert würden. — So weit Pinton.
    In den letzten Jahren hat in Frankreich auch eine intensive Diskussion darüber begonnen, ob und inwieweit andere westeuropäische Partner, insbesondere die Bundesrepublik, in das französische „Sanktuarium" und in die damit verknüpfte Nukleargarantie einbezogen werden könnten. Diese Diskussion läuft, da sie von der Bundesregierung nicht mit einer bündigen Gesamtvorstellung beantwortet wird, in eine falsche Richtung, insbesondere auch dann, wenn sich Frankreich durch Äußerungen von Regierungsmitgliedern — wie durch Herrn Staatsminister Möllemann in der Debatte am 26. September — in diesem falschen Kurs bestätigt fühlen kann. Er sagte dort, die französische Nuklearmacht füge dem nuklearen Schutz Europas durch die USA eine zusätzliche unabhängige Komponente hinzu.

    (Lamers [CDU/CSU]: Das ist vollkommen richtig!)

    Es kann weder unser Interesse sein, zu den abstrakten Mystifikationen, ja Unglaubwürdigkeiten gemeinsamer westlicher Abschreckungsdoktrinen, insbesondere was den Ersteinsatz nuklearer Waffen gegen einen konventionell geführten Angriff betrifft, noch eine nationalfranzösische Variante hinzuzufügen, noch gar, uns zum Versuchsfeld sogenannter taktischer Atomwaffen zu machen, deren Sprengköpfe bei den neuesten Versuchen im Mururoa-Atoll offenbar getestet wurden oder noch getestet werden; dabei sollen auch Neutronensprengköpfe sein.
    Der wichtigste Kitt eines Bündnisses demokratischer Staaten ist die annähernde Gleicheit der Chancen und der Risiken. Diese ist nur herstellbar, wenn Frankreich und die Bundesrepublik gemeinsam ihre konventionellen Abwehrfähigkeiten durch Umrüstung zu verbessern und zu organisieren versuchen, und zwar auf eine. Weise, daß die europäische Verantwortung für die eigene Sicherheit im Bündnis größer, die strukturelle Defensive nach außen hin deutlicher und Rüstungs- und Abrüstungsmaßnahmen auch im konventionellen Bereich endlich ermöglicht werden.

    (Lamers [CDU/CSU]: Sie bestätigen alles, was ich gesagt habe!)

    — Nein, das ist eine völlig andere Akzentsetzung. Sie bleiben bei dem, was Sie vorfinden. Sie dringen nicht auf Änderung.
    In diesen größeren gedanklichen Zusammenhang ist die Forderung nach einem allgemeinen wie speziell französischen Atomteststopp einzureihen. Die Sozialistische Internationale hat vor wenigen Tagen auf ihrer Abrüstungskonferenz in Wien — bei Stimmenthaltung der französischen Sozialisten — den im Sommer des Jahres von den Mitgliedstaaten des Südpazifischen Forums abgeschlossenen Vertrag über eine nuklearwaffenfreie Zone im Südpazifik ausdrücklich unterstützt und empfohlen, daß diese Zone auf weitere Teile des Pazifiks ausge-



    Dr. Soell
    dehnt wird, in denen die USA wie die Sowjetunion Atom- oder Raketentests durchführen.
    Diese Zusammenhänge sind es, die wir fördern sollten. Der Antrag der GRÜNEN entspricht den damit verbundenen Ansprüchen in keiner Weise. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion kann ihm auch aus diesem Grunde nicht zustimmen.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von den GRÜNEN: Das ist aber schade!)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schäfer (Mainz).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Helmut Schäfer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist richtig, wenn Herr Lamers darauf hingewiesen hat, daß wir uns bereits am 26. September 1985 in einer Aktuellen Stunde zu diesem Thema geäußert haben. Ich wundere mich ein bißchen, daß wir heute schon wieder unsere Betroffenheit über die Vorgänge, die wir damals alle bedauert haben — z. B. Rainbow Warrior —,

    (Bueb [GRÜNE]: Das ist Ihnen unangenehm?!)

    zum Ausdruck bringen sollen.
    Ich darf feststellen, daß der französische Staatspräsident Mitterrand von diesem Vorgang inzwischen als von „einer verbrecherischen und absurden Tat" gesprochen hat — so weit gehen Sie in Ihrem Antrag überraschenderweise gar nicht — und daß inzwischen in Frankreich immerhin der Verteidigungsminister und der Chef des Geheimdienstes zurückgetreten sind. Das soll in anderen Ländern nicht so schnell vorkommen. Entschuldigen Sie, das müssen Sie doch zumindest als eine sehr progressive Art, in Frankreich Regierung zu machen, anerkennen.

    (Zustimmung bei der FDP und der CDU/ CSU — Zuruf von der SPD: Das war sehr gut!)

    Ich darf in dem Zusammenhang vielleicht noch eine grundsätzliche Bemerkung zu solchen Anträgen machen. Ihre Popularität bei bestimmten Bevölkerungsschichten oder bei bestimmten Jugendlichen oder späten Jugendlichen ist ja darauf zurückzuführen, daß der Begriff Sachzwänge bei diesen Leuten inzwischen verhaßt ist, und uns unterschoben wird, wir redeten immer von Sachzwängen, während Sie glühende Vorstellungen der Moral zu Papier bringen. Aber in der Politik müßten auch Sie doch langsam zu dem Ergebnis kommen, daß es eben nicht genügt, Anträge zu stellen, von deren Nichtverwirklichung Sie bereits vorher überzeugt sind. Ich finde, das ist wirklich eine Sache, die Sie im Bundestag langsam berücksichtigen sollten.
    Ich bin nie begeistert gewesen über Leute, die auf Parteitagen und ich glaube, es geht jedem so — Anträge nur deshalb stellen, einige sind berüchtigt dafür —, damit sie am Schluß vor sich selber gerechtfertigt sind, aber nie danach fragen, ob diese Anträge durchsetzbar, verwirklichbar sind. Wissen Sie, das ist nun einmal leider nicht so in der Politik. Sie können Ihre Moral immer wieder in solchen Papieren zum Ausdruck bringen. Aber wenn Sie wissen, daß das Ergebnis solcher Anträge eben nicht zu dem führt, was Sie erhoffen, dann frage ich mich, warum Sie sie stellen.

    (Zurufe von den GRÜNEN)

    Warum glauben Sie, mit einer Aufforderung an die französische Regierung erreichen zu können, daß die französische Regierung sagt: keine Atomtests mehr, auch keine Atomwaffen mehr, statt die richtige Adresse zu nennen, nämlich diejenigen, die Frankreich dazu gezwungen haben, Atomwaffen herzustellen? Ich glaube, es geht doch zunächst einmal darum, daß wir uns gegenüber den Großmächten bemühen, daß Atomtests eingestellt werden — das tun wir in Genf seit Jahren; ich gebe zu: bisher noch nicht mit dem Erfolg, den wir uns wünschen —, daß auf Atomtests verzichtet wird. Es ist doch nicht so — das können Sie uns doch nicht unterstellen —, als seien wir möglicherweise aus Komplizenschaft, wie Sie immer so schön zu sagen pflegen, für diese Tests oder als seien wir aus Freundschaft zu Frankreich dafür, all das totzuschweigen.
    Ich kann nur eines dazu sagen: Die französische Regierung hat immer wieder erklärt — das hat Präsident Mitterrand bei seinem Besuch in Kolumbien jetzt erneut getan —, sie sei jederzeit bereit, auf Atomwaffen zu verzichten, wenn eben entsprechende abrüstungspolitische Vereinbarungen zwischen den Großmächten getroffen werden könnten. Das sollte zunächst einmal unsere Adresse sein. Das tun wir in Genf. Auseinandersetzungen auf einem Nebenkriegsschauplatz sind nicht erforderlich.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, natürlich wird hier niemand im Saal Greenpeace kritisieren. Wir wissen, daß Greenpeace die Weltöffentlichkeit durch sehr mutige Aktionen immer wieder auf Dinge aufmerksam macht, die es zu verbessern gilt. Das, meine Damen und Herren, bestreitet Ihnen gar niemand; das sehen wir ganz genauso. Natürlich wären auch wir und andere Fraktionen dieses Hauses sehr froh, wenn es eben keinen Grund mehr für Atomtests gäbe und wenn keine Atomexplosionen — sei es in der Südsee, sei es sonstwo — stattfänden. All das ist j a nicht etwas, wovon Sie uns hier zu überzeugen brauchen. Nur müssen Sie sich doch immer wieder die Frage stellen: Ist es sinnvoll, hier Forderungen an die französische Regierung zu richten? Die französische Regierung hat klar dokumentiert, daß sie gezwungen ist, solche Tests weiter durchzuführen, um überhaupt in der Lage zu sein, ihre Sicherheitsvorstellungen zu verwirklichen. Ich sage noch einmal: Kommen wir zu Abrüstungsergebnissen in Genf, kommen wir zu Abrüstungsergebnissen zwischen den Großmächten, dann erleldigt sich diese Frage. Aber Sie können nicht von Frankreich verlangen, daß es hier allein ausschert.
    Nun reden Sie hier dauernd — so in der Begründung Ihres Antrags, und auch in Ihrer Rede vorhin haben Sie das wieder getan; und da geht doch Ihre Phantasie mit Ihnen gelegentlich durch — vom „Deckmantel der Deutsch-Französischen Freund-



    Schäfer (Mainz)

    schaft", der sozusagen darauf abziele, „über die WEU den ,Traum` von der atomaren Großmacht Westeuropa zu verwirklichen." Ich will Ihnen einmal etwas sagen: Sie fordern auf der einen Seite die Abkoppelung von den Vereinigten Staaten — Sie sagen: Raus aus der NATO! —, auf der anderen Seite werfen Sie uns vor, wir betrieben die atomare Großmacht Europa. Sie befördern doch selbst diese Idee mit Ihrer gegen die NATO gerichteten Politik; genau solchen Ambitionen, sollte es sie geben, dienen Sie doch. Wir wollen uns von den Vereinigten Staaten nicht abkoppeln. Insofern haben wir gar kein Interesse daran, eine atomare Großmacht Westeuropa zu verwirklichen. Das sind Erfindungen, die auch nicht dadurch besser werden, daß Sie sie ständig wiederholen, meine Damen und Herren.
    Was nun das Sicherheitsbedürfnis, das zu mehr Massenvernichtungswaffen führt, betrifft, so kann ich Ihnen nur sagen: Wir haben ein solches Sicherheitsbedürfnis nicht. Aber ich sage Ihnen noch einmal: Arbeiten Sie ernsthaft mit! Versuchen Sie wirklich, die Regierung bei ihren Bemühungen in Genf zu unterstützen! Sehen Sie sich bitte einmal an, was die deutsche Regierung z. B. zu der Frage der Verifikation gegenüber der Sowjetunion vorgeschlagen hat, was bisher aber abgelehnt worden ist! Unterstützen Sie uns doch bitte bei unseren Bemühungen, das zu erreichen, statt hier solche Anträge einzubringen, von denen Sie von vornherein wissen, daß sie zwar das deutsch-französische Verhältnis schädigen, aber an dem, was Sie wollen, überhaupt nichts ändern. Das ist doch genau der Punkt, den man Ihnen ständig vorhalten kann.
    Vielleicht noch ein paar Bemerkungen zu der Behauptung, seitens der französischen Regierung seien keine Möglichkeiten eröffnet worden, die fraglichen Gebiete zu besuchen. Auch das stimmt nicht. Lesen Sie bitte die Ergebnisse der AtkinsonKommission nach. Ich bin ebenfalls der Meinung, daß man hier prüfen muß und daß man radioaktive Schädigungen dieser Gegend auf lange Dauer natürlich nicht fortsetzen kann.

    (Tatge [GRÜNE]: Ah, so!)

    Aber ich meine auch, man sollte bei der Wahrheit bleiben und nicht unterstellen, daß die französische Regierung Wissenschaftskommissionen nicht den Besuch dieser Gegend erlaubt hätte.
    Im übrigen — als letztes noch —: Der französische Staatspräsident hat auch den Regierungen im Südpazifik vorgeschlagen, dieses Gebiet zu besuchen. Bei seinem letzten Besuch dort hat er die Regierungen der betreffenden Staaten ausdrücklich dazu eingeladen; das ist abgelehnt worden. Sie wissen, daß es inzwischen den Versuch von 13 Regierungschefs des Südpazifik-Forums gibt, den Sie in Ihrem Antrag merkwürdigerweise gar nicht erwähnt haben, einen Vertrag abzuschließen — Stichwort: Rarotonga —, in dem sich die dort betroffenen Staaten bemühen, zu einer atomwaffenfreien Zone im Südpazifik zu kommen. Meine Damen und Herren, wir sollten hier nicht durch spektakuläre Anträge den Anschein erwecken, Dinge erreichen zu können, die diese Staaten angehen.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Wenn Sie es nicht tun, müssen wir es tun!)

    Ich bin nach wie vor der Meinung: Wir ersparen uns hier viele Frustrationen — Sie mit der Ablehnung Ihrer Anträge, wir mit der Fortsetzung von Debatten, die wir vor vier Wochen schon einmal geführt haben —, wenn Sie Politik etwas realistischer machen, statt hier ständig den Eindruck zu erwecken, Sie seien Träger der Moral und wir hingen sozusagen irgendwelchen atomaren Großmachtträumen nach. Sie wissen doch selbst, daß das nicht stimmt. Also, werden Sie ein bißchen ehrlicher und dann vielleicht politisch auch erfolgreicher.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)