Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bedaure es, daß ein Teil der Opposition versucht — dazu haben Sie nichts gesagt, Herr Haack —, die Teilung Deutschlands und damit das Ende der Kontinuität Deutschlands zu bekräftigen. Das ist gescheitert.
Es wird in einen Entschließungsentwurf nicht der Versuch hineingetragen werden können, einen Totenschein für Deutschland hineinzuinterpretieren;
denn politisch ist Deutschland wieder im In- und Ausland aktuell, auch wenn es manchen nicht paßt. Die nötigen menschlichen Erleichterungen sollen den Fortbestand Deutschlands nicht auslöschen.
Kissinger ermahnte die Deutschen im Fernsehen zweimal zu mehr Selbstbehauptung und Selbstbewußtsein, sonst werde der Osten die deutsche nationale Frage lösen. Honecker sagte: Wenn ihr das, was ich Kapitalismus nenne, überwindet, dann ist die Wiedervereinigung da. Aber die westlichen Gipfelkonferenzen bekannten sich auf Drängen Kohls als Oppositionsführer und als Bundeskanzler zur freien Selbstbestimmung der Deutschen. Dafür danken wir ihnen.
Das Zusammengehörigkeitsbewußtsein des deutschen Volkes ist unerschüttert. Früher hieß es auch: Hundert Jahre SPD sind hundert Jahre Kampf um die Selbstbestimmung, nicht nur in Afrika, sondern auch der Deutschen. Deshalb zur deutschen Frage ein Zitat von gestern — nicht in meiner Ausdrucksweise —.
Eine europäische Friedensordnung darf nicht einfach bestätigen, was der Zweite Weltkrieg hinterlassen hat. Sie muß vielmehr neue Formen der Zusammenarbeit möglich machen und Grenzen einebnen.
Zu ihr müßte ein europäisches Volksgruppenrecht gehören. Sie müßte Menschenrechte
nicht nur deklarieren, sondern auch praktizieren.
Das ist ein Zitat von Außenminister Willy Brandt vom 2. Juli 1967 im Deutschlandfunk.
Ich wäre dankbar, wenn Sie jetzt klatschten. Denn trotz politischen Zickzacks hat sich an dieser grundlegenden Notwendigkeit nach 17 Jahren und durch die Ostverträge nichts geändert. Dieses Ziel fordert auch Ziffer 41 des noch fortbestehenden Godesberger Programms.
Nach Völker-, Vertrags- und Ostvertragsrecht, aber auch nach Verfassungsrecht ist die Sache Deutschland eindeutig.
Der Bundeskanzler zitiert in jeder großen Rede die für die langfristige Deutschlandpolitik verbindlichen Dokumente, zu denen ich voll stehe und deren Nachbesserung zum Schaden Deutschlands er am 4. Juli 1985 ausdrücklich als völlig indiskutabel bezeichnete.
Er hat am 12. März 1985 das uralte allgemeine Souveränitätsprinzip nicht auf eine vom fortbestehenden Deutschland abgetrennte Souveränität der DDR als Ausland bezogen, sondern dasselbe gesagt, was bereits 1973 das Foreign Office im Oberhaus erklärte. Es gibt auch kein völkerrechtswirksames Dokument, das im operativen Teil Gebietsübertragungen an fremde Souveräne und endgültige Grenzziehung bewirkt, wie das Auswärtige Amt noch am 10. Mai im Bundestag bestätigt hat.
Dagegen stehen nämlich die Ansprüche der Siegermächte zur Mitwirkung an der Lösung der deutschen Frage. Dagegen stehen unsere und der Verbündeten freie, von den Ostverträgen hingenommene Vertragsverpflichtungen in Art. 7 des Deutschlandvertrags. Dagegen stehen die Noten der Sieger zu den Ostverträgen und der Verbündeten von August und November 1970 zur Fortgeltung der Deutschlandpolitik gemäß der Berliner Vierererklärung und des Londoner Abkommens sowie der Briefe zur deutschen Einheit. Dagegen stehen auch der Wortlaut von Potsdam und das Fehlen von Anerkennungsformeln in den Ostverträgen.
In verbindlicher Auslegung des Wahrungs- und Offenhaltegebots der Verfassung stellte daher auf Grund der Aussagen der Regierung Brandt/Scheel zum Vertragsinhalt das Bundesverfassungsgericht 1973, 1975 und 1983 fest:.. .