Rede von
Dr.
Friedrich
Zimmermann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Am 27. September dieses Jahres hat die Deutsche Gesellschaft für Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen die erste atomrechtliche Teilgenehmigung für die Wiederaufarbeitungsanlage bei Wackersdorf erhalten.
Die Bundesregierung begrüßt die Entscheidung der bayerischen Genehmigungsbehörden. Sie hat mit Kabinettsbeschluß vom 23. Januar dieses Jahres ausdrücklich festgestellt, daß sie die zügige Verwirklichung einer deutschen Wiederaufarbeitungsanlage weiterhin für geboten hält. Sie sieht keinen Anlaß, von dem im Atomgesetz festgelegten Entsorgungskonzept abzugehen, das vom Gebot der Reststoffverwertung und damit vom Grundsatz der Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente ausgeht. Die direkte Endlagerung ist keine belastbare Alternative zur Wiederaufarbeitung. Die Wiederaufarbeitung ist aus wirtschaftlichen wie aus entsorgungspolitischen Gründen notwendig.
Mit der nun vorliegenden ersten Teilgenehmigung für die Wiederaufarbeitungsanlage in Wakkersdorf ist die Verwirklichung dieser wichtigen entsorgungspolitischen Entscheidung ein Stück nähergerückt. Allen Unkenrufen zum Trotz ist die Technik der Wiederaufarbeitung erprobt und bewährt.
Nach Auffassung der Bundesregierung und der sie beratenden Reaktorsicherheitskommission und Strahlenschutzkommission bestehen keine begründeten sicherheitstechnischen Bedenken gegen Errichtung und Betrieb einer Wiederaufarbeitungsanlage. Bei ihrer sicherheitstechnischen Beurteilung wurden alle relevanten wissenschaftlichen Erkenntnisse zugrunde gelegt. Als der für die kerntechnische Sicherheit verantwortliche Minister stehe ich dafür ein, daß keine Genehmigung erteilt wird, wenn nicht alle Anforderungen der Sicherheit und des Strahlenschutzes voll erfüllt sind.
Die in der Anfrage behaupteten, gegen die Wiederaufarbeitung sprechenden angeblichen „neuen, alarmierenden wissenschaftlichen Erkenntnisse" gibt es nicht. Vielmehr sind die in der Anfrage aufgeführten Gesichtspunkte im Rahmen der Sicherheitsbeurteilung der Wiederaufarbeitungsanlage geprüft worden mit dem Ergebnis, daß die technische Auslegung ebenso wie die organisatorischen und administrativen Maßnahmen die Sicherheit des Betriebspersonals und der Bevölkerung — in voller Übereinstimmung mit Atomgesetz und Strahlenschutzverordnung — gewährleisten.
Angesichts dieser Sachlage ist es unerträglich, wenn von den Oppositionsparteien immer wieder versucht wird, die Errichtung einer Wiederaufarbeitungsanlage mit angeblichen Bedenken und längst widerlegten Behauptungen zu verhindern.
Selbst aus den eigenen Reihen kommt Kritik. So hat sich kürzlich ein anerkannter Kerntechnikfachmann der SPD, der selbst ein leitender Mitarbeiter im Kernenergiezentrum Karlsruhe ist, von den absichtlich falschen Behauptungen seiner eigenen
Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 162. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Oktober 1985 12145
Bundesminister Dr. Zimmermann
Partei öffentlich distanziert. Es erhöht auch nicht die Glaubwürdigkeit derer, die sich angeblich den Belangen der Umwelt verschrieben haben, wenn sie durch Ablehnung der Wiederaufarbeitung dem Verzicht auf die Wiederverwendung gewaltiger Energieressourcen das Wort reden.
Mit ähnlich fadenscheinigen Argumenten wird gegen den Schnellen Brüter in Kalkar zu Felde gezogen. Auch hier gibt es keine vernünftigen Zweifel, daß die Sicherheit beim Betrieb der Anlagen — entsprechend dem Atomgesetz — gewährleistet sein wird. Das scheint selbst die Opposition so zu sehen.
Dafür werden aber Zweifel an der Entsorgung des Brüters bemüht, und es wird die energie- und forschungspolitische Notwendigkeit dieses Projekts in Abrede gestellt.
Bekanntlich ist für den SNR 300 die Wiederaufarbeitung in Frankreich vertraglich vereinbart. Dieser Vertrag und die Möglichkeit einer mehrjährigen Zwischenlagerung im Kernkraftwerk sind nach den Entsorgungsgrundsätzen belastbar. Es ist unverständlich, daß gerade diese Lösung, die sich bei Leichtwasserreaktoren seit Jahren bewährt hat und voll den Entsorgungsgrundsätzen entspricht, in Mißkredit gebracht wird. Die energie- und forschungspolitische Notwendigkeit des Brüters hat die Bundesregierung in einem Schreiben meines Kollegen Riesenhuber an die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen nochmals begründet und bekräftigt. Ich habe dem nichts hinzuzufügen.
Die falschen Behauptungen der Oppositionsparteien passen genau in das Bild, daß mit allen erdenklichen unsachlichen Argumenten der ordnungsgemäße Fortgang des Genehmigungsverfahrens behindert und die Inbetriebnahme des Schnellen Brüters verhindert werden soll. Dagegen hat Ministerpräsident Rau auf dem Landesparteitag der SPD in Nordrhein-Westfalen erklärt, er werde es nicht zulassen, daß sachfremde politische Erwägungen an die Stelle einer sachgerechten Ermessensausübung gestellt werden. Die Bundesregierung entnimmt daraus, daß die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen ihre Pflichten erfüllen will.
Ich stelle abschließend fest: Die Wiederaufarbeitung ist ein wesentlicher Bestandteil der Entsorgung. Diese bleibt notwendige Voraussetzung für den Weiterbetrieb und den bedarfsgerechten Ausbau der Kernenergie.
Die Kernenergie ist eine umweltfreundliche und preisgünstige Energie.
Die Bundesrepublik Deutschland kann es sich nicht leisten, darauf zu verzichten.
Die Beantwortung der Großen Anfrage der GRÜNEN sieht die Bundesregierung damit als erledigt an.