Rede von
Ruth
Zutt
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich will Ihnen einige Beispiele geben, die die krasse Ungleichbehandlung und Ungerechtigkeit bei der Vergabe von Stiftungsmitteln zeigen, sowohl regional wie innerhalb ein und derselben Beratungsstelle: Eine Schwangere, die ihren Antrag in Ludwigshafen stellte, konnte im Durchschnitt mit einer Bewilligung von 1 730 DM rechnen. Jenseits des Rheins, in Mannheim hätte ihre durchschnittliche Chance bei 7 110 DM gelegen, also der vierfachen Summe. Im Regierungsbezirk Karlsruhe lagen die durchschnittlich gewährten Mittel 1984 bei rund 7 000 DM, in 1985 dagegen in derselben Beratungsstelle nur bei 1 200 DM. In vielen Beratungsstellen variiert die Höhe der vergebenen Mittel auch danach, wann der Antrag gestellt wurde. Vor der 12. Woche ist die Summe erheblich höher als nach der 12. Schwangerschaftswoche. Ausländische Frauen sind mancherorts, z. B. in Berlin, grundsätzlich von der Beantragung ausgeschlossen. Verdient ausländisches Leben weniger Schutz?
Bei dieser Ungleichbehandlung und Ungerechtigkeit wundert es nicht, daß der Bundesrechnungshof dabei ist, die Stiftungspraxis unter dem Aspekt der Verfassungsmäßigkeit zu prüfen und die Beraterinnen Angst haben, mit einem Bein im Gefängnis zu stehen.
Die sozialdemokratische Fraktion würde daher normalerweise den Regierungsentwurf zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Mutter und Kind" aus sachlich-inhaltlichen wie formalen Gründen ablehnen. Ich sage: normalerweise.
Angesichts der Not der betroffenen Frauen, die Sie durch ihre Kürzungen verschärft und zum Teil erst herbeigeführt haben,
und angesichts der Tatsache, daß punktuell trotz der Willkürregelungen
— ach, wenn Männer über die Not der Frau reden, das hängt mir zum Hals raus —
die materielle Hilfe, das Ausmaß der Not einzelner Frauen lindern kann, haben wir uns entschlossen, uns der Stimme zu enthalten.
— Ach, hören Sie doch zu. Sie sind doch in einem Parlament und müssen doch wenigstens zuhören können.
Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 162. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Oktober 1985 12063
Frau Zutt
Wir haben uns entschlossen, das Gesetz, das wir gleichwohl nicht billigen können, passieren zu lassen.
Erlauben Sie mir noch eine Bemerkung zu m Schluß.
— Hören Sie genau zu.
Wenn wir versuchen, uns zu erinnern, stellen wir fest, daß es schon mal ein Hilfswerk Mutter und Kind — kurz MuKi genannt — gab. Das war 1934.
— Hören Sie doch zu!