Rede von
Albert
Pfuhl
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedaure außerordentlich,
daß man eine so wichtige Frage, welche die Existenz unserer Wälder betrifft, bei einem solchen Klamauk verhandeln muß.
Lassen Sie mich zur Sache kommen. Wenn wir von Schutzwaldsanierung sprechen, dann ist das Thema Waldsterben auf dem Tisch. Das haben wir gemerkt. Wir sollten uns alle gemeinsam bemühen, in aller Sachlichkeit zu beraten, weil wir nur so sachliche Lösungen finden werden.
Das Thema ist alt. Die Bundesregierung hat bisher nach unserer Auffassung nicht genügend getan, um dieses Problem in den Griff zu bekommen.
— Sie werfen uns immer dieselbe Leier vor. Es ist von Ihrer Seite immer dieselbe Leier, daß Sie uns das vorwerfen.
Die Situation des Bergwaldes wird, wie wir gehört haben, Beratungsgegenstand der Tagung der internationalen Alpenschutzkommission an diesem Wochenende sein. Wir wissen, daß schon seit langer Zeit die Vertreter dieser Institution Sofortmaßnahmen zum Schutze des Bergwaldes suchen, da bereits Anzeichen einer „Schreckensvision" erkennbar sind. Wer den Artikel der „Süddeutschen Zeitung" über die Situation des Brenners gelesen hat, kann das erkennen. Auch in Vorarlberg in Osterreich ist dieses Thema auf der Tagesordnung. Dort sollen, wie ich in den letzten Tagen gelesen habe, von 100 Bäumen 93 erkrankt sein. Mir bleibt zu wenig Zeit, um den Forderungskatalog der CIPRA vorzulegen. Für die Verantwortlichen hier wäre es sicher hilfreich, wenn sie ihn einmal genauer studierten.
Freilich, meine Damen und Herren von der Regierung, wird man sehr oft als Panikmacher abgetan, wenn man Ihnen die Sorgen der Menschen oder der Organisationen im Lande vorstellt. Hier geht es nicht um Panikmache, sondern um das Erkennen und die Lösung der Probleme.
Wahrscheinlich können Sie den Forstleuten in den Alpen nicht den Vorwurf machen, daß sie Panikmache betreiben. Die Ergebnisse und die Ereignisse im Alpengebiet müßten Sie eigentlich aufgeschreckt haben, die Sichtbarmachung dessen, was die Schutzfunktion der Bergwälder eigentlich bedeutet. Sie hätten davon aufgeschreckt werden müssen, daß heute schon ganze Dörfer und Landstriche durch Hochwasser, Erdrutsche, Lawinen und Trinkwasserprobleme bedroht sind. Das uns allen am Herzen liegende herrliche Alpengebiet, ein Wirtschafts- und Erholungsgebiet, die Heimat vieler Menschen, ist in Gefahr.
Angesichts des offensichtlich völlig unzureichenden Kenntnisstandes hier muß man annehmen, daß die Informationen über den Zustand der Bergwälder noch nicht bis Bonn durchgedrungen sind.
Es gibt doch genügend staatliche und private Einrichtungen, die ihre Sorgen darüber vorgetragen haben und vortragen. Wir sollten uns gemeinsam bemühen, hier Vorsorge zu treffen, denn je später wir beginnen, desto größer werden die Schäden und auch die Kosten sein, die wir später zum Abstellen brauchen.
Der vorliegende Antrag der GRÜNEN zur Schutzwaldsanierung greift nach unserer Meinung zu kurz. Dieser Antrag sieht die eigentlichen Ursachen des Waldsterbens nicht genügend.
Wenn die Ursachen nicht beseitigt werden, ist ein Anpflanzen schnell wachsender Pionierpflanzen nach der Partsch-Methode ebensowenig sinnvoll wie die Angst vor dem Wildverbiß, den es in fünfzehn Jahren vielleicht gar nicht gibt, weil es nichts mehr zum Verbeißen gibt.
Deswegen stimmen wir dem Vorschlag des Altestenrates zu, den Antrag an die Ausschüsse zu überweisen, damit er dort mit Nüchternheit, Sachlichkeit und dem notwendigen Ernst behandelt werden kann.