Rede von
Dr.
Hildegard
Hamm-Brücher
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zur Geschäftsordnung beantragen, die für die Fraktionsredner bereits verplante Redezeit von zweieinhalb Stunden um eine halbe Stunde für mögliche und freie Wortmeldungen zu verlängern, so wie das im Bericht der Ad-hoc-Kommission Parlamentsreform zur Belebung der Debatten und zur Gewährleistung des Rederechts des Abgeordneten empfohlen wird. In der Begründung dieser Empfehlung heißt es — ich darf zitieren —:
Das Rederecht ist ein Grundrecht des Abgeordneten gemäß Artikel 38 Abs. 1 GG. Die Redeordnung soll diesem Recht Rechnung tragen. Deshalb empfiehlt die Kommission, Möglichkeiten zu schaffen, innerhalb der insgesamt knappen Debattendauer möglichst vielen Abgeordneten Redechancen einzuräumen und so auch zu einer Verlebendigung der Aussprachen beizutragen.
Später heißt es:
Durch die feste Verplanung der Redezeit ist es nicht immer möglich, spontane Wortmeldungen und entsprechende kurze Rede- und Gegenredebeiträge zu berücksichtigen. Eine Folge dieser Praxis im Bundestag ist, daß das verfassungsrechtlich gewährleistete Rederecht des einzelnen Abgeordneten — das durch Redevereinbarungen zwischen den Fraktionen im Kern nicht angetastet werden darf — sich weitgehend auf geplante, schriftlich vorbereitete Beiträge der jeweiligen Sprecher der Fraktionen konzentriert hat. Nicht zuletzt darin wird ein Grund für mangelndes Interesse der Öffentlichkeit und nicht selten geringe Präsenz der Abgeordneten im Plenarsaal gesehen.
Meine sehr geehrten lieben Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Sie bitten, daß wir von dieser einsichtigen Empfehlung anläßlich der verbundenen Debatte, die vorgeschlagen wurde, erstmalig Gebrauch machen. Ich nenne Ihnen hierfür neben den bereits erwähnten grundsätzlichen Erwägungen, auf den Verhandlungsgegenstand bezogen, folgende Gründe.
Der Bundestag debattiert vergleichsweise selten über hochschulpolitische Grundsatzfragen. Das heißt, er nützt seine ohnehin wenigen Kompetenzen und die ihm im Laufe der Jahre zugewachsene Sachkompetenz selten und macht seine gesamtstaatliche Verantwortung selten geltend. Das gilt insbesondere auch im Hinblick auf die Probleme, die der europäischen und internationalen hochschulpolitischen Zusammenarbeit gelten, die zweifelsfrei in die ureigenste Bundeszuständigkeit fallen.
Nun haben wir hier und heute die Gelegenheit, beides miteinander zu verbinden: eine freie Aussprache und eine erweiterte Redezeit, um unserer Kompetenz im Hochschulbereich Ausdruck zu verleihen. Ich meine, wir sollten sie nützen, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, und, falls dies überhaupt nötig ist, auch über den Schatten unserer Fraktionsgeschäftsführer hinwegspringen. Denn es geht einfach darum, meine Damen und Herren, ob wir als Abgeordnete nicht auch das Recht haben, in Debatten den Beitrag zu leisten, den wir für nötig halten.
Vielen Dank.