Rede:
ID1015707100

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Metadaten
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    Vokabeln: 6
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    4. Frau: 1
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    6. Verhülsdonk.: 1
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    Plenarprotokoll 10/157 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 157. Sitzung Bonn, Freitag, den 13. September 1985 Inhalt: Nachruf auf den Abg. Conrad (Riegelsberg) 11771A Erweiterung der Tagesordnung 11771 B Aktuelle Stunde betr. Maßnahmen zur gewaltfreien Lösung der Konflikte in Südafrika Schmidt (Hamburg-Neustadt) GRÜNE 11771 C Klein (München) CDU/CSU 11772 C Roth SPD 11773C Schäfer (Mainz) FDP 11774C Genscher, Bundesminister AA 11775 B Verheugen SPD 11776 D Graf von Waldburg-Zeil CDU/CSU . . 11777C Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 11778 B Dr. Hauchler SPD 11779 B Repnik CDU/CSU 11780 B Schwarz CDU/CSU 11781 B Toetemeyer SPD 11782 B Dr. Hornhues CDU/CSU 11783 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung von Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub (Bundeserziehungsgeldgesetz) — Drucksache 10/3792 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf (Elternurlaubsgesetz) — Drucksache 10/3806 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Mutter und Kind — Schutz des ungeborenen Lebens" — Drucksache 10/3805 — Dr. Geißler, Bundesminister BMJFG . 11784 C Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 11792 A Frau Männle CDU/CSU 11796C Frau Wagner GRÜNE 11799 C Eimer (Fürth) FDP 11802C Frau Dr. Lepsius SPD 11805A Frau Verhülsdonk CDU/CSU 11807A Rapp (Göppingen) SPD 11808B Schlottmann CDU/CSU 11810A Frau Matthäus-Maier SPD 11813A Frau Dr. Adam-Schwaetzer FDP . . . 11815C Schreiner SPD 11817A Nächste Sitzung 11818 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 11819* A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 157. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. September 1985 11771 157. Sitzung Bonn, den 13. September 1985 Beginn: 8.01 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Ahrens* 13. 9. Antretter** 13. 9. Bastian 13. 9. Berschkeit 13.9. Dr. Enders* 13. 9. Eigen 13. 9. Ertl 13. 9. Eylmann 13. 9. Dr. Faltlhauser 13. 9. Dr. Götz 13. 9. Götzer 13. 9. Haase (Fürth) * 13. 9. Dr. Hüsch 13. 9. Hoffie 13. 9. Ibbrügger*** 13. 9. Frau Hönes 13. 9. Frau Kelly 13. 9. Kohn 13. 9. Dr. Kreile 13. 9. Frau Krone-Appuhn 13. 9. Dr. Kunz (Weiden) 13. 9. Lemmrich* 13. 9. Lenzer* 13. 9. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Löffler 13. 9. Lowack 13. 9. Menzel 13. 9. Dr. Müller* 13. 9. Dr. Müller (Bremen) 13. 9. Poß 13. 9. Reuschenbach 13. 9. Schmidt (Hamburg) 13. 9. Schmidt (Wattenscheid) 13. 9. Schmitz (Baesweiler) 13. 9. Dr. Schneider (Nürnberg) 13. 9. Dr. Sperling 13. 9. Stockhausen 13. 9. Dr. Unland** 13. 9. Voigt (Frankfurt) 13.9. Voigt (Sonthofen) 13. 9. Volmer 13. 9. Wilz 13. 9. Wischnewski 13. 9. Wissmann 13. 9. Zander 13. 9. Zierer 13. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Renate Lepsius


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen! Als ich vor mehr als sechs Jahren für meine Fraktion, die SPD-Bundestagsfraktion, das Vergnügen hatte, den Mutterschaftsurlaub über die parlamentarischen Klippen zu bringen, übrigens mit diesem sehr persönlichen Glücksgefühl, daß endlich auch die erwerbstätigen Frauen die Chance erhalten, ihr Baby ein halbes Jahr selbst zu erziehen,

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Sehr richtig!)

    da hätte ich mir wirklich nicht träumen lassen, daß eine von der Union geführte Bundesregierung diesen Mutterschaftsurlaub einfach kassieren

    (Beifall bei der SPD)

    und durch ein gleichmacherisches und nivellierendes Erziehungsgeld ersetzen könnte.

    (Frau Verhülsdonk [CDU/CSU]: Die Hausfrauen stellen wir jetzt gleich!)

    Heute sind Sie nun angetreten, das Mutterschaftsurlaubsgesetz zu beerdigen, das für Millionen erwerbstätiger Frauen in der Bundesrepublik mehr Freiheit, Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren, ermöglicht hat.

    (Frau Karwatzki [CDU/CSU]: Wo bleiben die Hausfrauen?)

    — Ich will das gleich sagen. Sie wissen ganz genau, daß wir hier im Haus gemeinsam eine Entschließung gefaßt und gesagt haben: Dies ist der erste Schritt,

    (Frau Karwatzki [CDU/CSU]: Wir haben den zweiten gemacht!)

    dem ein Elternurlaub folgen soll. Die CDU/CSU — Frau Männle, ich möchte auf Ihre Wohltaten zu sprechen kommen, Sie waren damals noch nicht im Haus — hat damals einen Familiengesetzentwurf vorgelegt. Das war ein Milliardending. Es sollte 11 Milliarden kosten. Gott sei Dank, sind Sie von diesem Ding inzwischen abgerückt. Aber die Tatsache bleibt: Handstreichartig soll nun der Mutterschaftsurlaub kassiert werden.

    (Beifall bei der SPD — Pfeffermann [CDU/ CSU]: Was heißt hier „handstreichartig"?! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Damit soll der ideologische Wendecharakter zurück ins Patriarchat im Grunde genommen zementiert werden.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    — Ja, was machen Sie denn? Zwar loben Sie sich selbst, aber tatsächlich sind es die Frauen in der Bundesrepublik, die die Zeche Ihrer dreijährigen Sparpolitik gezahlt haben. Es sind die Hausfrauen, die von der Union aus der Invaliditätsversicherung und -sicherung herausgeschmissen wurden

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist auch Quatsch!)

    — aber ich bitte Sie, so ist es doch! —, und es sind die erwerbstätigen Frauen, denen die Union ein volles Babyjahr in der Rentenversicherung nicht zubilligt. Viele der erwerbstätigen Frauen werden sogar keine müde Mark vom Babyjahr sehen.
    Es sind auch die erwerbstätigen Frauen, die die Neuordnung der Hinterbliebenenversorgung bezahlen müssen, denn die Erwerbstätigkeit von Ehepaaren wird durch die Anrechnung ihrer Rentenansprüche oder gar durch eine völlige Streichung bestraft. Da ist ja wirklich eine Steigerung gar nicht mehr möglich.

    (Beifall bei der SPD)

    Es sind auch die erwerbstätigen Frauen, deren Arbeitsplätze die Union durch das sogenannte Beschäftigungsförderungsgesetz ironischerweise unsicherer statt sicherer gemacht hat;

    (Beifall bei der SPD)

    die unterschiedlichen Formen der Teilzeitarbeit hat sie der sozialen Sicherung beraubt.
    Dieser für die Frauen verheerend negativen Bilanz fügen Sie nun zynischerweise ein Erziehungsgeld hinzu, bei dem erwerbstätige Frauen gegen Hausfrauen kalt ausgespielt werden — Herr Geißler hat dies ja heute wiederum deutlich gemacht — und bei dem teilzeitbeschäftigte Väter und Mütter durch Ihre 19-Stunden-Regelung

    (Zuruf von der SPD: Unglaublich!)

    noch den Schutz der Arbeitslosenversicherung verlieren. Das tun Sie doch nicht etwa unüberlegt, sondern sehr überlegt.
    Ihre Bilanz ist erschreckend.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie haben sich mit der Parole von der Gleichberechtigung der Frauen im Grunde genommen nur eine Maske vorgehalten.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie haben erst bei den erwerbstätigen Frauen und
    bei den Hausfrauen Milliarden eingesammelt, und
    dann haben Sie durch Kürzungen bei der Ausbil-



    Frau Dr. Lepsius
    dungsförderung und beim Familienlastenausgleich von unten nach oben verteilt und haben damit vor allem und in erster Linie die Frauen getroffen. Den mühsamen, wirklich mühsamen Weg zu mehr Partnerschaft von Mann und Frau, zu mehr Vereinbarkeit von Familie und Beruf und damit zu mehr Gleichberechtigung haben Sie verlassen. Das ist Ihr Markenzeichen, und darum laufen Ihnen übrigens auch die Wählerinnen in Scharen weg. Das tun sie immer noch!

    (Beifall bei der SPD)

    Mit Ihrer gleichmacherischen und nivellierenden Erziehungsgeldlösung wollen Sie die Frauen täuschen, denn Sie halten sich an Ihre alte Gesamtstrategie: Sie wollen den Frauen ihr Teilnahme am Erwerbsleben so versauern, daß sie wieder an den heimischen Herd zurückkehren;

    (Beifall bei der SPD)

    Erwerbstätigkeit soll sich für Frauen letztlich nicht mehr lohnen.
    Erstens. In den drei Jahren Ihrer Regierungsverantwortung haben Sie bei Hausfrauen, berufstätigen Frauen und Familien mehr Geld eingesammelt, als Frauen und Familien ab 1. Januar 1986 durch Ihre familien- und finanzpolitischen Maßnahmen jemals wieder erhalten werden. Diese Aussage stammt nicht von mir. Die Maßnahmen der Union werden, so heißt es in einer katholischen Stellungnahme, zusammengenommen nicht einmal annähernd die Leistungen für Frauen und Familien der sozialliberalen Koalition aus dem Jahre 1982 erreichen.

    (Beifall bei der SPD — Frau Fuchs [Köln] [SPD]: So ist es!)

    Zweitens. Zynisch und unverblümt haben Sie von unten nach oben umverteilt, aber klammheimlich und mit Geißlerischer — nicht gleisnerischer — Arroganz

    (Zustimmung bei der SPD)

    hat die Union den erwerbstätigen Frauen erst etwas genommen, und den nicht erwerbstätigen Frauen will sie jetzt das geben, was sie im Grunde allen Frauen genommen hat.

    (Schlottmann [CDU/CSU]: Alle ohne Ausnahme bekommen das Erziehungsgeld! Erzählen Sie doch nichts Verkehrtes!)

    Das nennen Sie jetzt auch noch Fortschritt. Es wäre in der Tat fortschrittlich gewesen, wenn Sie das alte Mutterschaftsurlaubsgesetz mit seinem leistungsrechtlichen, arbeitsrechtlichen und sozialrechtlichen Teil in der ursprünglichen Fassung von 1979 wiederhergestellt hätten. Sie hätten auch das Mutterschaftsgeld dynamisieren können und tatsächlich zu einem Elternschaftsgeld ausbauen können. Das haben Sie aber nicht getan. Weder haben Sie in Ihrem Erziehungsgeldentwurf das alte Mutterschaftsgeld wiederhergestellt, noch haben Sie für die erwerbstätigen Mütter die uneingeschränkte Arbeitsplatzgarantie aus dem Mutterschaftsurlaub übernommen, noch erwerbstätigen Frauen das Babyjahr zur Rente zugeschlagen.
    Ich habe mich immer gefragt: Was hält Sie davon ab, ein so bewährtes Leistungsgesetz, das von 95 % der erwerbstätigen Mütter angenommen wurde, schlicht und einfach einzusammeln? Es muß dafür doch einen Grund geben.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Was machen die Hausfrauen? Die zählen nicht! — Alle aus dem Haus jagen!)

    Mit unserem Elternurlaubsgesetz gehen wir Sozialdemokraten von der grundlegenden Konzeption aus, daß Ungleiches nicht gleichbehandelt werden kann, also für ungleiche soziale Tatbestände auch entsprechende differenzierte strukturelle Ansätze gesucht werden müssen.

    (Beifall bei der SPD)

    Eine Gießkannenlösung — das ist j a Ihr altes Übel; das war bei Heck so, und das ist jetzt bei Ihnen genauso geblieben —

    (Frau Karwatzki [CDU/CSU]: Und unter Huber noch schlimmer!)

    behandelt eben Ungleiches gleich und schafft damit in Wahrheit erst ein Zweiklassenrecht für erwerbstätige Mütter und Familienmütter.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Wer hat das Kindergeld für die Armen gekürzt?)

    Es ist zu komisch,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Traurig!)

    — es ist wirklich traurig; ich nehme Ihr Wort auf —: Eher bringt man einen Alkoholiker von der Flasche als die Union von der Gießkanne! Daran hat sich nichts geändert.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Das ist aber lustig, sehr lustig!)

    Dabei sieht der typische Lebenslauf einer Frau so aus, daß sich Phasen einer überwiegenden Erwerbstätigkeit und der Erziehung und Betreuung von Kindern in der Familie überschneiden. Frau Schmidt hat das sehr überzeugend dargelegt. Es gibt also den von der UNION aufgeworfenen Graben zwischen Hausfrauen und erwerbstätigen Frauen überhaupt nicht. Der vorliegende Gesetzentwurf der SPD-Bundestagsfraktion wird mit der Wiederherstellung des Mutterschaftsurlaubs und der Einführung des Elternurlaubs für Väter und Mütter den unterschiedlichen Phasenübergängen tatsächlich gerecht.
    Ich muß zum Schluß kommen.

    (Dr. Rose [CDU/CSU]: Das ist der schönste Satz!)

    Unser Entwurf hat eine Funktion nicht, die hat der Mutterschaftsurlaub auch nie gehabt: daß die Erziehung eines Kindes von Staats wegen honoriert werden soll. Beim Mutterschaftsurlaub handelt es sich um einen teilweisen Lohnersatz, eine Entschädigung für die vorübergehend aufgegebene Erwerbstätigkeit. Der Elternurlaub ist konzeptionell anders angelegt. Ich möchte das noch einmal ganz klar machen. Sie können nicht beides zugleich machen.



    Frau Dr. Lepsius
    Sie können nicht durch ein einheitliches, über einen Kamm geschorenes Erziehungsgeld

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Gleichmacherei!)

    den erwerbstätigen Müttern den Lohnausfall ersetzen und es gleichzeitig als Lohn für Hausfrauen und Familienmütter einsetzen und sie damit abhängig machen. Das sehen auch die DGB-Frauen nicht anders.

    (Dolata [CDU/CSU]: Natürlich versuchen wir Ungerechtigkeiten zu beseitigen!)

    Ich muß hier leider aufhören. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Frau Abgeordnete Verhülsdonk.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Roswitha Verhülsdonk


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Lepsius, ich muß doch eines sagen. Ihre Kritik war so maßlos und so ideologisch blind, daß es mir für Sie leid tut.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich habe Sie immer als eine sachverständige Sozialpolitikerin angesehen. Aber das Entscheidende ist: Sie haben mit dem, was Sie gesagt haben, voll und ganz das bestätigt, was Familienminister Geißler Ihnen an ideologischer Blindheit in der Frauen- und Familienpolitik vorgehalten hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Vogel [München] [GRÜNE]: Und Sie sind nicht ideologisch blind, nicht?)

    Das Mutterschaftsurlaubsgesetz wird nicht „kassiert", nicht „beerdigt", sondern es wird korrigiert. Es wird weiterentwickelt in einem Sinne, den Sie selbst, wie Frau Matthäus eben bestätigt hat, sogar einmal für notwendig gehalten haben.
    Damit will ich mich jetzt dem kritischen Punkt der Gesetzgebung, nämlich der Beschäftigungsgarantie, zuwenden, weil ich meine, daß nach den Ausführungen des Herrn Kollegen Eimer aus unserer Sicht dazu noch etwas gesagt werden muß.
    Ich will nicht verhehlen: Leicht war sie nicht, diese familienpolitische Wende: Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub für Mütter und Väter. Nicht nur, weil sie eine hübsche Menge Geld kostet. Der schwierigere Teil dieser Kursänderung, nämlich die Beschäftigungsgarantie, ist nur gelungen, weil Familienminister Geißler politisch besonders seetüchtig ist und weil er die Schubkraft der Frauen im Lande hatte.
    Ich leugne es nicht: In dieser Frage politisch handelseinig zu werden, war sowohl innerhalb der Union wie innerhalb der Koalition das schwerste Stück.
    Herausgekommen aus der heftigen bundesweiten Diskussion, die ihren Höhepunkt auf dem Essener Parteitag der Union hatte, ist ein brauchbarer Kompromiß zwischen dem berechtigten Interesse der jungen Mütter an der Erhaltung ihres Arbeitsplatzes während des Bezugs von Erziehungsgeld und den nicht zu leugnenden Problemen, die in kleinen Betrieben durch einen Kündigungsschutz für ein Jahr entstehen können und auch tatsächlich entstehen. Aber wir haben ja einschlägige Erfahrungen mit dem Mutterschaftsurlaubsgesetz sammeln können, das Müttern zur Zeit für sechs Monate eine absolute Arbeitsplatzgarantie gewährt. Auch bei dessen Einführung gab es fast drohend vorgetragene Widerstände der mittelständischen Wirtschaft. Sie haben sich, Gott sei Dank, nicht gegen die jungen Frauen ausgewirkt. Jedenfalls ist der Zugang zum Arbeitsmarkt für Frauen im gebärfähigen Alter mit einfachen und mittleren Qualifikationen durch dieses Gesetz nicht nachweislich schwieriger geworden. Probleme hatten allerdings Frauen mit hohen Qualifikationen.
    Aus einem Bericht der Bundesregierung wissen wir, wie die Arbeitsplatzgarantie von den Frauen genutzt worden ist. Die relativ wenigen Frauen in besonders qualifizierten Positionen und mit entsprechend hohem Einkommen haben überwiegend auf den Mutterschaftsurlaub verzichtet und gleich nach der Mutterschutzfrist eine private Lösung für die Betreuung ihres Kindes gesucht. Sie nahmen somit Rücksicht auf ihren Betrieb. Das wird wohl auch bei dem neuen Erziehungsgeld mit Beschäftigungsgarantie nicht wesentlich anders sein.
    Wir wissen, daß 50 % der jungen Mütter nach dem Mutterschaftsurlaub noch nicht an den Arbeitsplatz zurückkehren, sondern bei ihrem Kind zu Hause bleiben wollen. Beide Erfahrungen ermutigen uns, auch in der Zukunft eine Beschäftigungsgarantie für praktikabel und für zumutbar zu halten. Für die jungen Frauen ist sie in vielen Fällen die Grundvoraussetzung dafür, das Erziehungsgeld überhaupt in Anspruch nehmen zu können. Es ist schließlich nur zu berechtigt, wenn Frauen erwarten, daß in schwierigen Zeiten hoher Arbeitslosigkeit für sie die Entscheidung zu einem Kind nicht zum Verlust des Arbeitsplatzes führt.
    Heute ist angesichts einer gut ausgebildeten jungen Frauengeneration tatsächlich eine neue Qualität der Familien- und der Arbeitsmarktpolitik gefordert. Da muß auch die Wirtschaft bereit sein, auf die Belange der Frauen stärker einzugehen. Kinder sind j a nicht nur Privatvergnügen. Schließlich brauchen wir morgen und übermorgen auch noch Arbeitnehmer, Steuerzahler und Rentenbeitragszahler.

    (Ströbele [GRÜNE]: Und Soldaten!)

    Andererseits ist nicht zu leugnen, daß Kündigungsschutz, wo immer er gewährt wird, für die Betriebe Belastungen mit sich bringt, organisatorische und auch finanzielle. Deshalb muß bei der Beschäftigungsgarantie mit Augenmaß verfahren werden. Drohungen von Verbandsfunktionären helfen leider ebensowenig weiter wie die Forderung, auch im kleinsten Betrieb, der nur Frauen beschäftigt, müsse in jedem Fall ein absoluter Kündigungsschutz gewährt werden. Wenn wir durch rigorose gesetzliche Regelungen Betriebe und ihre Arbeitsplätze gefährden würden, wäre damit den Arbeitnehmerinnen ganz sicher nicht geholfen.



    Frau Verhülsdonk
    Nicht gelten lasse ich das Argument, Frauen im Mutterschaftsurlaub seien nicht zu ersetzen. Bei 2 Millionen Arbeitslosen, darunter sehr vielen gut ausgebildeten jungen Frauen, kann das gar nicht stimmen. Schließlich ist die Masse der erwerbstätigen Frauen in den unteren und mittleren Qualifikationsetagen zu finden. Wir haben im Beschäftigungsförderungsgesetz das Instrument des befristeten Arbeitsvertrages maßgerecht so geschneidert, daß es arbeitsrechtlich sehr unproblematisch ist, eine junge Mutter für ein Jahr zu ersetzen. Eine Ersatzkraft für dieses Jahr einzuarbeiten, ist wohl ungleich rentabler als für vier Monate, wie das zur Zeit noch der Fall ist. Diese Ersatzkraft hat zudem in 50 % der Fälle gute Chancen auf einen Dauerarbeitsplatz. Zumindest aber erwirbt sie in dem Jahr berufliche Erfahrung und den Anspruch auf Arbeitslosengeld.
    Hilfreich für vernünftige Vereinbarungen zwischen Betrieb und Arbeitnehmerin ist es, daß Frauen während des Bezugs von Erziehungsgeld bis zu 20 Stunden arbeiten dürfen. Das wird sicher in vielen Fällen aus gegenseitigem Interesse zur Problemlösung führen.
    Bleiben sicher noch Einzelfälle, in denen sich der Konflikt nicht auflösen läßt, vor allem in sehr kleinen Betrieben mit wenig Beschäftigten, wenn z. B. zwei Frauen gleichzeitig in Erziehungsurlaub gehen wollen. Da bietet sich eine Konfliktlösung an, die beim geltenden Mutterschutzgesetz bereits praktiziert wird. Während der Zeit vor und nach der Geburt, in der bekanntlich für die Mütter absolutes Arbeitsverbot besteht, kann schon heute der Kündigungsschutz ausgesetzt werden, wenn der Betrieb dadurch ernstlich gefährdet wäre. Die Gewerbeaufsichtsämter können auf Antrag und nach sorgfältiger Prüfung des Einzelfalls entscheiden. Wir denken, daß damit ein flexibles, auf den konkreten Einzelfall bezogenes Instrument der Problemlösung auch für die Zeit des Erziehungsurlaubs gefunden worden ist.
    Erfreulicherweise gibt es eine sehr große Zahl von mittelständischen Unternehmerinnen und Unternehmern, die mit großem Verständnis und Hilfsbereitschaft jungen Frauen, die wegen eines Kindes zeitweise pausieren müssen, bei der Rückkehr in den Beruf entgegenkommen. Gerade der enge persönliche Kontakt im Kleinbetrieb fördert solches Entgegenkommen. Und wir würden uns wünschen, daß das in Zukunft in noch größerem Maße der Fall sein wird.
    Schließlich: Unsere Arbeitswelt würde ohne Frauen nicht mehr funktionieren.
    Und noch eines: Eine Gesellschaft mit immer weniger Kindern wäre in jeder Hinsicht eine Katastrophe.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)