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    Plenarprotokoll 10/150 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 150. Sitzung Bonn, Freitag, den 28. Juni 1985 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 11213A Abweichung von den Richtlinien für die Fragestunde für die Sitzungswoche ab 2. September 1985 11213B Erweiterung der Tagesordung 11213 B Zur Geschäftsordnung Seiters CDU/CSU 11213B, 11217 C Dr. Emmerlich SPD 11214C Mann GRÜNE 11215D, 11217 B Beckmann FDP 11216D Porzner SPD 11217 B Aktuelle Stunde betr. Verdacht der Beeinflussung von Regierungsmitgliedern, Ministerialbeamten und Bundestagsmitgliedern durch Zuwendungen der pharmazeutischen Industrie Schily GRÜNE 11218A Dr. Bötsch CDU/CSU 11219A Hauck SPD 11220 B Beckmann FDP 11221B Frau Dr. Neumeister CDU/CSU 11222 C Egert SPD 11223 C Weirich CDU/CSU 11224 C Jaunich SPD 11225C Dr. Becker (Frankfurt) CDU/CSU 11226C Bachmaier SPD 11227 B Kleinert (Hannover) FDP 11228B Dr. Geißler, Bundesminister BMJFG 11229A Fiebig SPD (Erklärung nach § 30 GO) 11229 D Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung über die Sicherheitslage in der deutschen Zivilluftfahrt Dr. Dollinger, Bundesminister BMV 11230 B Daubertshäuser SPD 11232A Fischer (Hamburg) CDU/CSU 11233 C Ströbele GRÜNE 11235 B Dr. Hirsch FDP 11236 B Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung Verhandlungen des EG-Umweltrats vom 27. Juni 1985 in Luxemburg zum umweltfreundlichen Auto Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI 11238A Bueb GRÜNE (zur GO) 11242 C Bohl CDU/CSU (zur GO) 11242 D Ewen SPD (zur GO) 11243 B Dr. Hauff SPD 11243 C Hoffie FDP 11246A Schulte (Menden) GRÜNE 11247A Dr. Laufs CDU/CSU 11248 C Lennartz SPD 11249 C Baum FDP 11252 A Schmidbauer CDU/CSU 11253 B Dr. Lippold CDU/CSU 11254 D Beratung der Sammelübersicht 83 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/3506 — II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 150. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Juni 1985 in Verbindung mit Beratung der Sammelübersicht 84 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/3507 — in Verbindung mit Beratung der Sammelübersicht 85 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/3570 — in Verbindung mit Beratung der Sammelübersicht 86 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/3571 — in Verbindung mit Beratung der Sammelübersicht 87 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/3576 — 11255 C Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Strafrechtsänderungsgesetzes — § 303 StGB —— Drucksache 10/308 — Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses — Drucksache 10/3835 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Strafrechtsänderungsgesetzes - §125 StGB - - Drucksache 10/901 - BeschluBempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses — Drucksachen 10/3573 und 10/3580 — Dr. Stark (Nürtingen) CDU/CSU . 11256B, 11257 D Dr. de With SPD 11261B, 11257 B Kleinert (Hannover) FDP 11263 D Ströbele GRÜNE 11266 B Engelhard, Bundesminister BMJ 11268A Dr. Emmerlich SPD 11269 D Dr. Miltner CDU/CSU 11271B Tietjen SPD 11273A Mann GRÜNE (zur GO) 11273 D Porzner SPD (zur GO) 11274 B Lambinus SPD (Erklärung nach § 31 Abs. 2 GO) 11274 C Präsident Dr. Jenninger 11266 D Namentliche Abstimmung 11275 B Nächste Sitzung 11276 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 11277* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 11277* B Anlage 3 Schichtdienst beim Brandschutzpersonal der Bundeswehr MdlAnfr 10, 11 21.06.85 Drs 10/3539 Hansen (Hamburg) SPD SchrAntw PStSekr Würzbach BMVg 11277* D Anlage 4 Lagerung von binären C-Waffen in der Bundesrepublik Deutschland MdlAnfr 43, 44 21.06.85 Drs 10/3539 Sielaff SPD SchrAntw StMin Möllemann AA 11278* A Anlage 5 Humanitäre Hilfe und politische Unterstützung für die afghanischen Freiheitskämpfer MdlAnfr 45 21.06.85 Drs 10/3539 Neumann (Bramsche) SPD SchrAntw StMin Möllemann AA 11278* B Anlage 6 Gespräch zwischen dem Bundeskanzler und Generalsekretär Gorbatschow über eine Beendigung der Besetzung Afghanistans MdlAnfr 48 21.06.85 Drs 10/3539 Schlaga SPD SchrAntw StMin Möllemann AA 11278* C Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 150. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Juni 1985 III Anlage 7 Ideologische Indoktrination afghanischer Kinder durch die Sowjetunion; Einsatz sogenannter Spielzeugbomben gegen afghanische Kinder durch die Sowjetunion MdlAnfr 49, 50 21.06.85 Drs 10/3539 Dr. Todenhöfer CDU/CSU SchrAntw StMin Möllemann AA 11278* D Anlage 8 Humanitäre Unterstützung der afghanischen Freiheitskämpfer; Verbesserung der Kriegsberichterstattung MdlAnfr 51, 52 21.06.85 Drs 10/3539 Werner (Ulm) CDU/CSU SchrAntw StMin Möllemann AA 11279* B Anlage 9 Zahl der Toten und Verletzten des Krieges in Afghanistan; Aufwendungen für humanitäre Hilfe für die Freiheitskämpfer MdlAnfr 53, 54 21.06.85 Drs 10/3539 Klein (München) CDU/CSU SchrAntw StMin Möllemann AA 11279* C Anlage 10 Folterung afghanischer Gefangener durch die Sowjets; Einschaltung des Internationalen Roten Kreuzes MdlAnfr 55, 56 21.06.85 Drs 10/3539 Frau Geiger CDU/CSU SchrAntw StMin Möllemann AA 11279* D Anlage 11 Einsatz chemischer bzw. biologischer Waffen durch die Sowjetunion in Afghanistan; Zahl der Toten bei sowjetischen Aktionen gegen pakistanische Grenzorte MdlAnfr 57, 58 21.06.85 Drs 10/3539 Lamers CDU/CSU SchrAntw StMin Möllemann AA 11280* A Anlage 12 Zahl der afghanischen Flüchtlinge seit dem Einmarsch der Sowjets; Kriegführung gegen die Zivilbevölkerung MdlAnfr 59, 60 21.06.85 Drs 10/3539 Dr. Stercken CDU/CSU SchrAntw StMin Möllemann AA 11280* C Anlage 13 Mißbräuchliche Verwendung des Begriffs „Polizei" in der Werbung MdlAnfr 78 21.06.85 Drs 10/3539 Clemens CDU/CSU SchrAntw PStSekr Erhard BMJ 11280* D Anlage 14 Vorlage des Abschlußberichts zur Insolvenzrechtsreform MdlAnfr 79, 80 21.06.85 Drs 10/3539 Bachmaier SPD SchrAntw PStSekr Erhard BMJ 11281* B Anlage 15 Waldschäden in den Alpen- und Mittelgebirgsregionen MdlAnfr 84 21.06.85 Drs 10/3539 Kißlinger SPD SchrAntw PStSekr Dr. von Geldern BML 11281* D Anlage 16 Zeitpunkt der Unterrichtung der Bundesländer und der Hochseefischerei über das Strukturkonzept der Bundesregierung; Wahl eines Standorts für eine zu gründende Fangunion MdlAnfr 90, 91 21.06.85 Drs 10/3539 Grunenberg SPD SchrAntw PStSekr Dr. von Geldern BML 11282* A Anlage 17 Zahl der Vollerwerbsbetriebe mit vorwiegendem Anbau von Marktfrüchten; Auswirkung der Getreidepreissenkung auf die landwirtschaftlichen Einkommen MdlAnfr 92, 93 21.06.85 Drs 10/3539 Müller (Schweinfurt) SPD SchrAntw PStSekr Dr. von Geldern BML 11282* B Anlage 18 Festsetzung der Raps- und Getreidepreise durch die Kommission der EG ohne Beschluß des Ministerrats MdlAnfr 94 21.06.85 Drs 10/3539 Eigen CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. von Geldern BML 11282* D Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 150. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Juni 1985 11213 150. Sitzung Bonn, den 28. Juni 1985 Beginn: 8.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 28. 6. Dr. Barzel 28. 6. Dr. Blank 28. 6. Brandt 28. 6. Breuer 28. 6. Catenhusen 28. 6. Dr. Corterier 28. 6. Duve 28. 6. Dr. Ehmke (Bonn) 28. 6. Ertl 28. 6. Franke (Hannover) 28. 6. Dr. Glotz 28. 6. Dr. Götz 28. 6. Grüner 28. 6. von Hammerstein 28. 6. Frau Dr. Hellwig 28. 6. Höffkes 28. 6. Frau Hürland 28. 6. Ibrügger 28. 6. Keller 28. 6. Dr. Kohl 28. 6. Kroll-Schlüter 28. 6. Lange 28. 6. Frau Dr. Martiny-Glotz 28. 6. Dr. Marx 28. 6. Dr. Müller* 28. 6. Nagel 28. 6. Polkehn 28. 6. Dr. Riedl (München) 28. 6. Reuschenbach 28. 6. Dr. Schierholz 28. 6. Schmidt (Hamburg) 28. 6. Frau Schmidt (Nürnberg) 28. 6. Schmidt (Wattenscheid) 28. 6. Schröer (Mülheim) 28. 6. Dr. Stoltenberg 28. 6. Dr. Struck 28. 6. Tillmann 28. 6. Voigt (Frankfurt) 28. 6. Voigt (Sonthofen) 28. 6. Frau Dr. Wex 28. 6. Dr. Wieczorek 28. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 der Geschäftsordnung die nachstehende Vorlage überwiesen: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über die Integration in den Europäischen Gemeinschaften (Berichtszeitraum Oktober 1984 bis März 1985) (Drucksache 10/3435) zuständig: Auswärtiger Ausschuß (federführend) Ausschuß für Wirtschaft Haushaltsausschuß Anlagen zum Stenographischen Bericht Der Vorsitzende des Finanzausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Berichterstattung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung über die nachstehenden Vorlagen absieht: Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zum Abschluß des Verfahrens der Konsultation des Europäischen Parlaments zu dem Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat für eine vierte Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 74/651/EWG über Steuerbefreiungen bei der Einfuhr von Waren in Kleinsendungen nichtkommerzieller Art innerhalb der Gemeinschaft (Drucksache 10/1711) Bericht der Bundesregierung über das Realsplitting (Drucksachen 9/1772, 10/358 Nr. 42) Der Vorsitzende des Finanzausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen hat: Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 83/181/EWG zur Festlegung des Anwendungsbereichs von Artikel 14 Abs. 1 Buchstabe d) der Richtlinie 77/388/EWG hinsichtlich der Mehrwertsteuerbefreiung bestimmter endgültiger Einfuhren von Gegenständen und Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 68/297/EWG zur Vereinheitlichung der Vorschriften über die abgabenfreie Einfuhr des in den Treibstoffbehältern der Nutzkraftfahrzeuge enthaltenen Treibstoffe - KOM (84) 171 endg. - (Drucksache 10/1404 Nr. 26) Vorschlag für eine Vierte Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 74/651/EWG über Steuerbefreiungen bei der Einfuhr von Waren in Kleinsendungen nichtkommerzieller Art innerhalb der Gemeinschaft (Drucksachen 10/873 Nr. 11, 10/929 [Berichtigung]) Die in Drucksache 10/3352 unter Nummer 17 aufgeführte EG-Vorlage: Vorschlag für einen Beschluß des Rates über eine vorbereitende Aktion für ein Forschungs- und Entwicklungsprogramm der Gemeinschaft auf dem Gebiet der Telekommunikationstechnologien Forschung und Entwicklung im Bereich der fortgeschrittenen Kommunikationstechnologien für Europa (R& D) in Advanced Communicationstechnologies for Europe (RACE) - KOM (85) 113 endg. - wird als Drucksache 10/3561 verteilt. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Würzbach auf die Fragen des Abgeordneten Hansen (Hamburg) (SPD) (Drucksache 10/3539 Fragen 10 und 11): Welche Erfahrungen ergeben sich für den Bundesminister der Verteidigung aus der Einführung des modifizierten Schichtdienstes beim Brandschutzpersonal der Bundeswehr hinsichtlich der Besatzungsstärken und der tariflich vorgeschriebenen Ruhezeiten des Personals? In welchem Umfang mußten nach Einführung des modifizierten Schichtdienstes Überstunden angeordnet werden, und wie wirkt sich die Überstundenvergütung auf die Sollstärken der Brandschutzwachen aus? Zu Frage 10: Auf Antrag des Bundesrechnungshofes und des Rechnungsprüfungsausschusses des Deutschen Bundestages werden derzeit Möglichkeiten einer wirtschaftlicheren Organisation des Brandschutzes 11278* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 150. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Juni 1985 der Bundeswehr untersucht. Hierzu wurden für die hauptberuflichen Feuerwehren entsprechend der unterschiedlichen Brandrisiken während und außerhalb der Betriebszeiten neue Schichtstärken und Schichtzeiten festgelegt (modifizierter Schichtdienst). Die neuen Organisationsmodelle werden z. Z. in den Teilstreitkräften erprobt. Erst nach Auswertung der Erfahrungsberichte — voraussichtlich im Laufe des nächsten Jahres — werden Entscheidungen im personellen Bereich möglich sein. Zu Frage 11: Ein Ziel der Modifizierung des Schichtdienstes ist der Abbau von Mehrarbeitsstunden. Wenn Überstunden angeordnet wurden, kann dies Folge überhöhter Personalausfälle sein. Genauere Erkenntnisse darüber soll der Truppenversuch erbringen. Anlage 4 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Fragen des Abgeordneten Sielaff (SPD) (Drucksache 10/3539 Fragen 43 und 44): Beabsichtigt die Bundesregierung, den Vereinigten Staaten von Amerika — im Rahmen der Verpflichtungen als NATO-Partner — anzubieten, auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland die neu zu produzierenden binären C-Waffen der USA zu lagern? Liegen der Bundesregierung Informationen vor, welche NATO-Länder der US-Regierung signalisiert haben könnten, daß sie mit einer Lagerung von binären C-Waffen innerhalb ihres Territoriums einverstanden wären? Zu Frage 43: Auf diese Frage kann ich mit einem klaren „Nein" antworten. Zu Frage 44: Der Bundesregierung liegen keine entsprechenden Informationen vor. Anlage 5 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Frage des Abgeordneten Neumann (Bramsche) (SPD) (Drucksache 10/3539 Frage 45): Welche Möglichkeit sieht die Bundesregierung, den afghanischen Freiheitskämpfern humanitäre Hilfe, aber auch politische Unterstützung bei der Befreiung ihres Landes zu gewähren? Die Bundesregierung fördert auf der Grundlage der Beschlüsse des Deutschen Bundestages vom 9. Juni 1982 und 7. Juni 1984 Maßnahmen der humanitären Hilfe für Konfliktopfer und Widerstandskämpfer in Afghanistan. Sie wird auch weiterhin Maßnahmen der humanitären Hilfe unterstützen, die diesem Personenkreis zugute kommen. Die Bundesregierung hat den afghanischen Freiheitskämpfern stets die volle politische Unterstützung bei der Förderung ihres Anliegens gewährt, dies sowohl in internationalen Gremien, im Rahmen der Europäischen Zusammenarbeit sowie auf bilateraler Ebene. Zuletzt hat sie durch die Haupteinbringerschaft der Resolution zu Menschenrechtsfragen der VN-Menschenrechtskommission im März dieses Jahres ihren Standpunkt eindeutig bekräftigt. Die Bundesregierung ist entschlossen, diesen Weg zur politischen Unterstützung der afghanischen Freiheitskämpfer weiter zu beschreiten. Dazu gehört auch die Unterstützung der Haltung Pakistans in der Afghanistanfrage sowie derjenigen der Blockfreienbewegung sowie der Staaten der Islamischen Konferenz. Anlage 6 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Frage des Abgeordneten Schlaga (SPD) (Drucksache 10/3539 Frage 48): Wann ist der Bundeskanzler außerhalb von „working funerals" bereit — ebenso wie der Vorsitzende der SPD und ehemalige Bundeskanzler Brandt es kürzlich getan hat — mit dem Generalsekretär der KPdSU, Gorbatschow, über eine schnelle Beendigung der Besetzung Afghanistans durch sowjetische Truppen zu sprechen? Der Bundeskanzler hat anläßlich der Trauerfeierlichkeiten für den verstorbenen GS Tschernenko den neuen Generalsekretär des ZK der KPdSU, M. S. Gorbatschow, zu einem Besuch in die Bundesrepublik Deutschland eingeladen. Sobald der Besuch stattfindet, wird der Bundeskanzler die Gelegenheit nutzen, das Thema „Afghanistan" zur Sprache zu bringen. Der Bundeskanzler hat dies seit seinem Amtsantritt bei allen seinen, aus unterschiedlichen Anlässen geführten Gesprächen mit sowjetischen Generalsekretären getan und dabei den bekannten Standpunkt der Bundesregierung in dieser Frage unmißverständlich zum Ausdruck gebracht. Anlage 7 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Todenhöfer (CDU/CSU) (Drucksache 10/3539 Fragen 49 und 50): Trifft es zu, daß die Sowjets afghanische Kinder gegen ihren Willen und den Willen ihrer Eltern zur ideologischen Indoktrination für mehrere Jahre in die Sowjetunion bringen? Trifft es zu, daß die Sowjets mittels sogenannter Spielzeugbomben gezielt gegen afghanische Kinder vorgehen, und wie viele afghanische Kinder sind im Laufe des Krieges getötet bzw. verletzt worden? Zu Frage 49: Zur Durchsetzung ihrer Ziele in Afghanistan setzt Moskau u. a. auf den Generationswechsel. Es fördert massiv die Ausbildung und Indoktrinierung Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 150. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Juni 1985 11279* Jugendlicher in der Sowjetunion. Neben der bisher schon praktizierten kurz- und mittelfristigen Ausbildung flog im November 1984 erstmals eine Gruppe 7-10jähriger Kinder aus Kabul für eine bis zu 10jährige Ausbildung in die Sowjetunion. Künftig sollen rund 3 000 Kinder jährlich Afghanistan zu einer entsprechenden Ausbildung verlassen. Ein Teil der Kinder sind Waisen bzw. Halbwaisen. Man kann davon ausgehen, daß die überwiegende Mehrzahl der betroffenen Eltern ihre Kinder unter Zwang bzw. aus materieller Not ziehen lassen müssen. Zu Frage 50: Es trifft zu, daß die sowjetischen Truppen mittels sogenannter Spielzeugbomben gezielt gegen die afghanische Zivilbevölkerung vorgehen. Diese Bomben verursachen schwere Verstümmelungen, sofern sie nicht unmittelbar zum Tode führen. Die Zahl der Kinder, die dieser heimtückischen Waffe zum Opfer fielen und fallen, ist bedeutend. Genaue Angaben liegen der Bundesregierung nicht vor. Viele verletzte Kinder konnten innerhalb Afghanistans und in Pakistan behandelt werden, es gibt jedoch eine hohe Dunkelziffer von Kindern, denen keine medizinische Hilfe zuteil werden konnte. Anlage 8 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Fragen des Abgeordneten Werner (CDU/CSU) (Drucksache 10/3539 Fragen 51 und 52): Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um die mangelhafte Berichterstattung der deutschen Medien über den Krieg in Afghanistan nachhaltig zu verbessern? In welcher Weise hat die Bundesregierung den einstimmigen Beschluß des Deutschen Bundestages vom 9. Juni 1982 zum Anlaß genommen, afghanische Freiheitskämpfer humanitär zu unterstützen? Zu Frage 51: Die Bundesregierung kann und will die freie Berichterstattung der deutschen Medien nicht beeinflussen. Ich halte es nicht für die Aufgabe der Bundesregierung, irgendwelche Zensuren an Journalisten zu verteilen; dies tun wir auch nicht. Ich habe aber an die Journalisten, die Staatsbürger sind wie wir auch, appelliert, ihrer Verpflichtung, sich für den Frieden und die Freiheit in diesem Land einzusetzen, gerecht zu werden. Es steht meines Erachtens nicht mehr in einer vernünftigen Relation zueinander, wenn andere Krisenregionen große Aufmerksamkeit finden, dieser andauernde Krieg aber so gut wie keinerlei Beachtung findet. Ich habe deshalb öffentlich die Journalisten gebeten, diesen Standpunkt einmal zu überprüfen und künftig mit ihrem Einsatz und mit ihrer Berichterstattung ihren Beitrag dazu zu leisten, daß dieser Krieg zu Ende geht. Zu Frage 52: Die Bundesregierung fördert auf der Grundlage der Beschlüsse des Deutschen Bundestages vom 9. Juni 1982 und 7. Juni 1984 Maßnahmen der humanitären Hilfe für afghanische Konfliktopfer und Widerstandskämpfer. Der Schwerpunkt der Maßnahmen liegt im Bereich der medizinischen Unterstützung. Anlage 9 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Fragen des Abgeordneten Klein (München) (CDU/CSU) (Drucksache 10/3539 Fragen 53 und 54): Wie hoch sind im Durchschnitt pro Jahr die staatlichen Aufwendungen für humanitäre Hilfe für Freiheitskämpfer in Afghanistan, und wie verteilen sich diese Aufwendungen? Wie viele Tote und Verletzte hat der Krieg der Sowjets in Afghanistan bisher gefordert? Zu Frage 53: Ich habe mich zu dieser Frage vor kurzem im Auswärtigen Ausschuß ausführlich geäußert. Die Bundesregierung hält es im Interesse der Sache für angebracht, daß die Unterrichtung über Einzelheiten der humanitären Hilfe wie bisher im Auswärtigen Ausschuß und seinem Unterausschuß für humanitäre Hilfe vorgenommen wird. Zu Frage 54: Gesicherte Erkenntnisse über die Anzahl der Opfer, die der Krieg der Sowjetunion in Afghanistan seit Ende 1979 gefordert hat, liegen der Bundesregierung nicht vor. Schätzungen gehen davon aus, daß es auf afghanischer Seite mehrere Hunderttausend Opfer an Toten und Verwundeten gegeben hat. Anlage 10 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Fragen der Abgeordneten Frau Geiger (CDU/CSU) (Drucksache 10/3539 Fragen 55 und 56): Trifft es zu, daß die Sowjets an afghanischen Gefangenen schwere Folterungen begehen? Für wie aussichtsreich hält die Bundesregierung diplomatische Bemühungen mit dem Ziel, die Sowjetunion zu veranlassen, zumindest dem Internationalen Roten Kreuz Zutritt nach Afghanistan zu gewähren? Zu Frage 55: Professor Ermacora führt in seinem, im Auftrag der UN-Menschenrechtskommission gefertigten und im Februar 1985 veröffentlichten Bericht aus, daß schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen an Gefangenen in Afghanistan vorkommen. Die Beteiligung sowjetischer Stellen an derartigen Menschenrechtsverletzungen wird von ihm zwar nicht ausdrücklich erwähnt, der Bundesregierung ist je- 11280* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 150. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Juni 1985 doch bekannt, daß auch sowjetische Truppen an derartigen Ausschreitungen beteiligt waren. Die Bundesregierung verurteilt alle Menschenrechtsverletzungen auf das entschiedenste. Zu Frage 56: Die Bundesregierung tritt seit Jahren dafür ein, daß internationalen und privaten Hilfsorganisationen ein Tätigwerden in Afghanistan ermöglicht wird. Der Deutsche Bundestag ist in seinen Entschließungen vom 9. Juni 1982 und 7. Juni 1984 nachdrücklich dafür eingetreten, daß das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) seine Tätigkeit in Afghanistan wieder aufnehmen kann. Staatsminister Dr. Mertes hat am 7. Juni 1984 vor dem Deutschen Bundestag darauf hingewiesen, daß vor allem den internationalen Hilfsorganisationen die Möglichkeit geboten werden muß, den Opfern der Kämpfe in Afghanistan zu helfen. Wir wissen, daß das IKRK sich weiterhin darum bemüht, Hilfsmaßnahmen in Afghanistan durchzuführen. Die Bundesregierung steht in dieser Frage im Kontakt mit dem IKRK und wird dessen Bemühungen in jeder Hinsicht unterstützen. Anlage 11 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Fragen des Abgeordneten Lamers (CDU/CSU) (Drucksache 10/3539 Fragen 57 und 58): Gibt es Erkenntnisse dafür, daß die Sowjetunion in Afghanistan zumindest punktuell auch chemische bzw. biologische Waffen einsetzt und damit gegen das Genfer Protokoll von 1925 und das B-Waffen-Übereinkommen von 1972 verstößt? Ist der Bundesregierung bekannt, in wie vielen Fällen sowjetische Truppen gewaltsame militärische Aktionen gegen pakistanische Grenzorte durchgeführt haben, und wie viele Pakistaner sind bei solchen Aktionen getötet worden? Zu Frage 57: Gesicherte Erkenntnisse über den Einsatz chemischer bzw. biologischer Waffen durch die Sowjetunion in Afghanistan, die den Nachweis eines Verstoßes gegen das Genfer Protokoll von 1925 und das B-Waffen-Übereinkommen von 1972 erbrächten, liegen nicht vor. Hingegen gibt es Hinweise in dem Bericht einer VN-Kommission und aufgrund von Zeugenaussagen afghanischer Flüchtlinge in Pakistan, die auf den Einsatz solcher Waffen hindeuten. Professor Ermacora hat darauf in seinem für die VN-Menschenrechtskommission erstellten und im Februar 1985 veröffentlichten Bericht hingewiesen. Zu Frage 58: Pakistanischen Erkenntnissen zufolge haben Flugzeuge des Regimes Babrak Karmal bis Mitte Dezember 1984 den pakistanischen Luftraum 634mal verletzt. Im selben Zeitraum ist das pakistanische Territorium durch Artilleriebeschuß 131 mal verletzt worden. Dabei sind 158 Personen ums Leben gekommen, 171 wurden verletzt. Inwieweit sowjetische Truppen daran beteiligt waren, ist nicht feststellbar. Die Flugzeuge trugen, sofern identifizierbar, afghanische Hoheitszeichen. Von Dezember 1984 bis zum jetzigen Zeitpunkt wurden die Grenzübergriffe in vergleichbarer Intensität fortgesetzt. Der folgenschwerste Zwischenfall der jüngsten Zeit trug sich am 31. Mai 1985 in der Gegend von Chitral zu, als bei Angriffen zweier afghanischer Flugzeuge auf pakistanischem Gebiet 13 Menschen getötet und 35 verletzt wurden. Anlage 12 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Stercken (CDU/CSU) (Drucksache 10/3539 Fragen 59 und 60): Wie viele Afghanen sind seit dem Einmarsch der Sowjets aus ihrer Heimat geflohen? Trifft es zu, daß es eine gezielte sowjetische Kriegführung gegen die afghanische Zivilbevölkerung gibt? Zu Frage 59: Die pakistanische Regierung hat 2,9 Millionen afghanische Flüchtlinge registriert, die in 342 Lagern leben. Darüber hinaus dürfte es in Pakistan eine der Bundesregierung nicht bekannte Zahl nicht registrierter afghanischer Flüchtlinge in Pakistan geben. Die Zahl der afghanischen Flüchtlinge im Iran wird auf 1,6 Millionen geschätzt. Damit haben über 4,5 Millionen Menschen Afghanistan verlassen, dessen Bevölkerung nach der 1979 durchgeführten Volkszählung 15,5 Millionen Einwohner betrug. Danach hat fast ein Drittel der Bevölkerung Afghanistans ihr Land verlassen. Zu Frage 60: Den der Bundesregierung vorliegenden Berichten zufolge gehen die sowjetischen Truppen im Rahmen ihrer Auseinandersetzung mit den afghanischen Widerstandskämpfern gezielt gegen die afghanische Zivilbevölkerung vor. Dabei kommt es zu umfangreichen Menschenrechtsverletzungen, die die Bundesregierung auf das entschiedenste verurteilt. Aus dieser Haltung resultiert auch unsere Haupteinbringerschaft bei der Resolution über die Menschenrechtslage in Afghanistan in der VN-Menschenrechtskommission vom März dieses Jahres. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Erhard auf die Frage des Abgeordneten Clemens (CDU/CSU) (Drucksache 10/3539 Frage 78): Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um eine mißbräuchliche Verwendung des Begriffes „Polizei" von Polizei-Emblemen etwa zur Anzeigenwerbung in der Öffentlichkeit zu unterbinden, und gedenkt die Bundesregierung zu diesem Zweck rechtliche Maßnahmen zu ergreifen, nachdem Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 150. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Juni 1985 11281* sich in letzter Zeit in der Tagespresse wieder Warnungen vor irreführender Anzeigenwerbung unter Verwendung des Namens „Polizei" häufen? Die §§ 3 und 13 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) bieten nach Auffassung der Bundesregierung ausreichende Möglichkeiten, um irreführende Anzeigenwerbung unter Verwendung des Begriffes „Polizei" und von Polizei-Emblemen zu unterbinden. Dies ist bereits gerichtlich entschieden. Nach den genannten Bestimmungen kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs über geschäftliche Verhältnisse irreführende Angaben macht. Einer der Kernpunkte des Schutzsystems gegen Irreführung ist dabei der anzulegende Maßstab: Es reicht bereits aus, wenn die Angabe geeignet ist, einen nicht völlig unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise in kauferheblicher Weise irrezuführen. Zudem geht die Rechtsprechung regelmäßig davon aus, daß Inserate nur oberflächlich gelesen werden. Dies hat zur Folge, daß in der Praxis für die Annahme des irreführenden Charakters einer Angabe bereits geringe Anforderungen als ausreichend angesehen werden. Nach der zivilrechtlichen Konzeption des UWG ist es Aufgabe der Konkurrenten des Werbenden, ihrer Verbände und der Verbraucherverbände, diesen Schutz durchzusetzen. Die Entscheidung im Einzelfall ist den Gerichten vorbehalten. Die Bundesregierung sieht danach keinen Anlaß, weitere rechtliche Maßnahmen zu ergreifen. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Erhard auf die Fragen des Abgeordneten Bachmaier (SPD) (Drucksache 10/3539 Fragen 79 und 80): Wie läßt sich die Aussage, die Insolvenzrechtsreform sei „eines der wichtigsten rechtspolitischen Vorhaben der Bundesregierung" (Erklärung des Bundesministers der Justiz bei der Übergabe des Abschlußberichts der Insolvenzrechtskommission am 15. Dezember 1984) damit vereinbaren, daß von der „in einigen Wochen" angekündigten Drucklegung bis zum tatsächlichen Erscheinen des Berichts fast fünf Monate vergangen sind und sodann 14 Verbände Zeit und Gelegenheit gegeben wurde (Schreiben des Bundesministeriums der Justiz vom 6. Mai 1985 AZ: 3760/7 — 2 — 14498/85) innerhalb weiterer sieben Monate eine Stellungnahme abzugeben? Besteht die Absicht, vor oder nach Ablauf der den 14 Verbänden im Schreiben vom 6. Mai 1985 gesetzten Frist weitere Stellungnahmen zum Bericht der Insolvenzrechtskommission einzuholen, oder sind mit dem Adressatenkreis des genannten Schreibens „alle interessierten Kreise" (Bundesminister Engelhard am 15. Dezember 1984) erfaßt? Zu Frage 79: Die Kommission für Insolvenzrecht hat Herrn Bundesminister Engelhard ihren Ersten Bericht am 12. Dezember 1984 übergeben. Erst dann konnte das aus haushaltsrechtlichen Gründen für die Vergabe des Verlagsauftrags erforderliche Ausschreibungsverfahren durchgeführt und der Verlagsvertrag abgeschlossen werden. Das — immerhin rund 500 Druckseiten starke — Werk wurde mit großem Nachdruck hergestellt, so daß es Anfang Mai 1985 ausgeliefert werden konnte. Der Erste Bericht der Kommission wurde sofort nach Erscheinen insgesamt 36 Spitzenverbänden und besonders interessierten Fachverbänden der Wirtschaft sowie 14 Verbänden und Standesorganisationen im Bereich der Justiz zur Stellungnahme übersandt; die Stellungnahmefrist endet am 15. Dezember 1985. In einer Presseerklärung aus Anlaß der Übergabe des Ersten Berichts hat Herr Bundesminister Engelhard am 12. Dezember 1984 ausgeführt: Die Reform des Insolvenzrechts ist ... eines der wichtigsten rechtspolitischen Vorhaben der Bundesregierung. Wir wollen sie aber nicht übers Knie brechen, sondern vorher politisch und fachlich sorgfältig erörtern. Gerade die auch von Ihnen anerkannte Bedeutung des Vorhabens macht es erforderlich, der interessierten Öffentlichkeit ausreichend Zeit für eine intensive Diskussion der Kommissionsvorschläge zu geben. Dies gilt um so mehr, als viele Verbände ihre Willensbildung in besonderen Fachgremien vorbereiten. Die Bundesregierung erkennt — anders als es in der Frage anklingt — keinen Gegensatz zwischen der Bedeutung eines Vorhabens und seiner gründlichen Vorbereitung und Absicherung. Zu Frage 80: Der Erste Bericht der Kommission wurde, wie in der Antwort auf Frage 79 ausgeführt, nicht nur 14 Verbänden und Standesorganisationen im Bereich der Justiz, sondern auch 36 Verbänden der Wirtschaft und der Sozialpartner zur Stellungnahme übersandt. Darüber hinaus wurden die Landesjustizverwaltungen und die beteiligten Bundesressorts um Stellungnahme gebeten. Durch die Veröffentlichung des Berichts ist gewährleistet, daß die gesamte Öffentlichkeit, auch Wissenschaft und Praxis, Gelegenheit hat, sich mit den Vorschlägen der Kommission für Insolvenzrecht gründlich auseinanderzusetzen. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Geldern auf die Frage des Abgeordneten Kißlinger (SPD) (Drucksache 10/3539 Frage 84): Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, daß insbesondere in den Alpen- und Mittelgebirgsregionen die Waldschäden vor allem in der mittleren und starken Schadensklasse ständig und mit hoher Geschwindigkeit zunehmen, wie dies in letzter Zeit von Fachleuten immer wieder behauptet wird? Der Bundesregierung liegen keine neueren Erkenntnisse über die Entwicklung der Waldschäden 11282* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 150. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Juni 1985 vor. Gesicherte Aussagen können nur durch flächenrepräsentative Erhebungen gewonnen werden. Die Bundesregierung ist daher mit den Ländern übereingekommen, daß die nächste Waldschadenserhebung im Spätsommer diesen Jahres durchgeführt wird. Bei den bisherigen Erhebungen hat sich gezeigt, daß für die Erfassung der Schäden bei Nadel- und Laubbäumen der Spätsommer (August/ September) am besten geeignet ist. Die Ergebnisse der diesjährigen Erhebungen werden voraussichtlich im November vorliegen. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Geldern auf die Fragen des Abgeordneten Grunenberg (SPD) (Drucksache 10/3539 Fragen 90 und 91): Wann sind die Bundesländer und die Unternehmen der Hochseefischerei von dem neuen Strukturkonzept der Bundesregierung in Kenntnis gesetzt worden, und sind dabei ihre Anregungen im Konzept berücksichtigt worden? Hat die Bundesregierung Kenntnis von der gutachterlichen Stellungnahme der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Treuarbeit AG über den geeigneten Standort einer zu gründenden Fangunion, und wie beurteilt sie die Frage des Standortes? Zu Frage 90: Den hauptsächlich betroffenen Bundesländern Bremen und Niedersachsen sowie den Unternehmen der Hochseefischerei sind die Grundzüge der Überlegungen meines Hauses zum Strukturkonzept durch laufende Kontakte seit Anfang Juni bekannt; ihre Anregungen sind schon bei der Erstellung des Konzepts berücksichtigt worden. Zu Frage 91: Die Bundesregierung geht nach wie vor davon aus, daß die Entscheidung über den Standort einer Fangunion von der Wirtschaft selbst zu treffen ist. Die endgültige Fassung des vom Land Bremen in Auftrag gegebenen Gutachtens der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Treuarbeit AG über die Frage eines geeigneten Standortes liegt noch nicht vor. Das Land hat mir die spätere Zusendung zugesagt. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Geldern auf die Fragen des Abgeordneten Müller (Schweinfurt) (SPD) (Drucksache 10/3539 Fragen 92 und 93): Wieviel Vollerwerbsbetriebe mit vorwiegendem Anbau von Marktfrüchten gibt es in der Bundesrepublik Deutschland, die dem von Bundesminister Kiechle in der Bundespressekonferenz am 13. Juni 1985 vorgestellten Betriebstyp entsprechen, nämlich eine Durchschnittsgröße von 20 Hektar LF, einen Getreideanteil von 15 Hektar LF und davon Weizenanbau von zwölf Hektar LF haben? Welche Auswirkungen hat ein Absinken des Getreidepreises um 1 v. H. auf die Einkommen des landwirtschaftlichen Sektors insgesamt und auf die Einkommen in den verschiedenen Betriebsformen (Marktfrucht-, Futterbau-, Gemischt- und Veredlungsbetriebe) und Betriebsgrößenklassen? In der Bundesrepublik Deutschland gibt es rund 605 000 Betriebe mit Anbau von Getreide. Die Getreidefläche dieser Betriebe beträgt im Durchschnitt 8,3 ha. Einen relativ hohen Anteil an Getreide weisen die Marktfruchtbetriebe auf. Ihre Zahl beträgt rund 183 500. Bei einer durchschnittlichen Flächenausstattung von 17,4 ha LF bewirtschaften diese Betriebe im Durchschnitt 11,3 ha Getreide (einschl. Körnermais). Die Vollerwerbsbetriebe innerhalb dieser Gruppe bewirtschaften nach den Ergebnissen der Testbetriebe im Durchschnitt 39,4 ha LF und davon 28,4 ha Getreide. Die kleineren Vollerwerbsbetriebe dieser Gruppe bewirtschaften im Durchschnitt 19,1 ha LF und davon 15 ha Getreide. Der gewählte Modellbetrieb entspricht also in etwa der Gruppe der kleineren Vollerwerbsbetriebe, deren Schwerpunkt im Marktfruchtanbau liegt. Eine Absenkung des Getreidepreises mindert kurzfristig die Verkaufserlöse und entlastet die Ausgaben für zugekaufte Futtermittel. Je 1 % Senkung gehen die Verkaufserlöse gegenwärtig um etwa 60 Millionen DM und die Nettowertschöpfung des landwirtschaftlichen Sektors um 55 Millionen DM zurück. Eine Senkung der Interventionspreise um 1,8 Vo und ein Fortfall der Brotweizenstützung hätte den deutschen Getreidepreis praktisch um 4 bis 4,5 % gesenkt. Dadurch wäre die Nettowertschöpfung der Landwirtschaft insgesamt um 200240 Millionen DM zurückgegangen. Die Einkommen der getreidestarken Marktfruchtbetriebe hätten sich um 4 bis 6 % vermindert. Bei geringeren negativen Effekten in den übrigen Betriebsformen hätten praktisch nur die (rund 49 000) Veredlungsbetriebe, und zwar nur kurzfristig einen leicht positiven Einkommenseffekt erwarten können. Die Auswirkungen nach Betriebsformen überlagern die geringen Unterschiede nach Betriebsgrößen. Zu den aufgezeigten kurzfristigen Einkommenswirkungen kommen erhebliche mittel- und längerfristige Wirkungen aufgrund der Eckpreisfunktion des Getreides und der Interdependenz der Agrarpreise hinzu. Sie werden gegenwärtig nach Betriebsgruppen wissenschaftlich untersucht. Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Geldern auf die Frage des Abgeordneten Eigen (CDU/CSU) (Drucksache 10/3539 Frage 94): Hat die Kommission der Europäischen Gemeinschaft nach Meinung der Bundesregierung das Recht, ohne Beschluß des Ministerrates der Europäischen Gemeinschaft, die Marktordnungspreise für Raps und Getreide zu Bedingungen festzu- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 150. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Juni 1985 11283* setzen, die nicht die Billigung des Ministerrates gefunden haben, und wenn nein, welche Folgerungen zieht die Bundesregierung? Die Kommission ist nach dem EWG-Vertrag verpflichtet, das ordnungsgemäße Funktionieren der Agrarmärkte zu gewährleisten. Mit dem Auslaufen der Wirtschaftsjahre für Raps und Hartweizen am 30. Juni 1985 verlieren die Agrarpreise ihre Gültigkeit. Da der Agrarrat bis zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zusammentritt, können keine neuen Beschlüsse gefaßt werden. Um die Verwaltung der Märkte sicherzustellen, hat daher die Kommission Übergangsmaßnahmen getroffen, die sich entsprechend der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes an ihren letzten Vorschlägen orientieren. Bei den übrigen Getreidearten endet das Wirtschaftsjahr erst am 31. Juli 1985. Die Kommission hat daher noch keine formelle Entscheidung getroffen, sondern in einer politischen Erklärung die Mitgliedstaaten darauf hingewiesen, daß sie im Falle einer Nichtentscheidung der Agrarminister, die gleichen Übergangsmaßnahmen erlassen werde. Einigen sich die Agrarminister am 15./16. Juli 1985, so werden die getroffenen bzw. angekündigten Maßnahmen der Kommission gegenstandslos.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Detlef Kleinert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren!

    (Mann [GRÜNE] mich für Sie!)

    — Auf den Punkt wollte ich eigentlich etwas später zu sprechen kommen.
    Ich möchte mich erst einmal bei meinem Herrn Vorredner, Hans de With, bedanken, daß er auf unsere gemeinsame Reform des Demonstrationsstrafrechts in früherer Zeit und dabei auf unsere Beständigkeit zu sprechen gekommen ist, Rückdrehung dieses Demonstrationsstrafrechts abzuwenden. Nun haben wir — darauf hat er zu Recht hingewiesen, das war auch unübersehbar — eine neue Koalition. Daraus zieht er ganz seltsame Schlüsse. Er meinte nämlich: Das, was ihr mit der SPD gemacht habt, als ihr bis an den Rand des Erträglichen einer Reihe von Ansinnen, insbesondere im sozialpolitischen Bereich, nachgegeben habt — die zum Schluß zu einer Staatsverschuldung geführt haben, die es uns unmöglich erschienen ließ, diese Koalition fortzusetzen —, das dürft ihr dem neuen



    Kleinert (Hannover)

    Koalitionspartner gegenüber an Entgegenkommen nicht zeigen, sondern bei denen dürft ihr nur das machen, was ihr schon immer gemacht habt, und auf den mit Abstand Größeren nicht die geringste Rücksicht nehmen.

    (Zuruf von der SPD: Nichts als faule Ausreden!)

    Das kann doch nicht sein. Wir haben uns etlichen Vorstellungen von Ihnen in früherer Zeit nicht verschlossen, weil wir uns klar darüber waren, daß der kleinere Partner für die Bedürfnisse und Absichten des Größeren Verständnis haben muß. Das gilt in der neuen Koalition naturgemäß ganz genauso, auch wenn Sie das im Einzelfall auf einmal nicht anerkennen wollen.

    (Bindig [SPD]: Damit verraten Sie den Liberalismus!)

    — Über die Frage des verratenen Liberalismus

    (Kuhlwein [SPD]: Sie sind zur Bedürfnisanstalt geworden!)

    soll man doch nicht in der Form diskutieren, daß man bejammert, daß 18 Stunden Redezeit im Ausschuß vertan worden sind, davon dreieinhalb Stunden mit Anträgen zur Geschäftsordnung.

    (Lambinus [SPD]: Der Toni hat doch Märchen erzählt!)

    — Ich habe die Liste, die von Mitarbeitern des Rechtsausschusses erarbeitet worden ist, in der Tasche

    (Lambinus [SPD]: Sie waren höchstens drei Stunden da!)

    und kann sie Ihnen hinterher auch gerne überreichen.
    Es geht nicht darum, hier am Formalen zu bleiben, sondern halten Sie sich an das, was ein Fraktionskollege von Ihnen heute morgen sehr zu Recht betont hat: Fakten. Wir sind übereinstimmend der Meinung gewesen, daß man das Hauptproblem bei den Demonstrationen, nämlich gewisse Mißbräuche, die das Recht der Bürger auf friedliche Demonstration beeinträchtigen, und zwar sehr erheblich, und auch friedliche Demonstranten durch den zwangsläufigen weiteren Ablauf der Dinge in Gefahr bringen, nicht dadurch abstellen kann, daß man der Polizei unzumutbare Aufgaben stellt, und daß man dadurch, daß man die Vermummung und die sogenannte passive Bewaffnung, die meiner Ansicht nach jetzt mit einem besseren Ausdruck als „Schutzwaffe" bezeichnet wird, strafbar stellt und damit nach dem Legalitätsprinzip die Ordnungskräfte einzugreifen zwingt, den Verlauf einer Demonstration eher noch unfriedlicher macht, als er ohne eine solche Vorschrift

    (Ströbele [GRÜNE]: Sie hetzen die Polizei auf die Demonstranten!)

    und das dadurch hervorgerufene Eingreifen der Polizei geworden wäre.
    Das ist ein sehr ernster Konflikt, wenn man sich darum bemüht — das tun ja wohl alle hier im Hause —, das Recht unserer Bürger auf friedliche
    Demonstrationen zu sichern, statt es durch eine kleine Zahl von Radikalen gefährden zu lassen. Wir kämpfen für die Erhaltung dieses Rechts. Hier wird zwischendurch mit teilweise sehr rabulistischen Bemerkungen versucht, einen gegenteiligen Eindruck insbesondere in bezug auf Kollegen der Union,

    (Ströbele [GRÜNE]: Wir kommen gleich zu Ihnen!)

    in dem Fall auf Herrn Dr. Stark bezogen, zu erwekken. Aber das ist doch nicht wahr. Sie wissen genauso gut wie wir, daß wir uns gemeinsam bemühen, zu tragbaren Lösungen zu kommen.
    Nun gibt es einen Punkt. Wir als Freie Demokraten hätten tatsächlich bei dem alten Regelungszustand bleiben können. Das sage ich in allem Freimut.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der SPD)

    Das ist auch für Leute, die uns kennen und die versuchen, unsere Handlungen einigermaßen objektiv zu betrachten, nicht die geringste Überraschung, auf keiner Seite des Hauses. Aber wir haben zum einen den Grund gehabt, den ich vorhin schon sagte, daß man in einer Koalition auch auf andere Rücksicht nehmen muß.

    (Zuruf des Abg. Lambinus [SPD])

    — Sie haben sich auch so eine seltsame Art des Demonstrierens angewöhnt, Herr Lambinus. Es ist weniger die Art, anderen Leuten seine Überzeugung näherzubringen, als die Art, jedermann an einem vernünftigen Austausch von Argumenten zu hindern. Genau das ist die Art von Demonstration, die wir allerdings nicht für so recht sinnvoll und vom Grundgesetzgeber wahrscheinlich auch gar nicht gemeint halten, und das schon gar nicht im Plenum des Deutschen Bundestages.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU — Lambinus [SPD]: Ihr habt doch Schluß der Debatte und Schluß der Rednerliste beantragt!)

    Wir haben ein weiteres Problem außer dem vorhin geschilderten ganz selbstverständlichen, das sich aus der politischen Zusammenarbeit zweier Fraktionen, die natürlich in etlichen Dingen unterschiedlicher Auffassung sind, ergibt. Wir haben nämlich auch das Problem, daß uns viele Bürger sagen: Wie könnt ihr als Leute, die von sich behaupten, einigermaßen denken zu können und davon auch gelegentlich Gebrauch zu machen, eigentlich auf den Gedanken kommen, man kann demonstrieren — im Sinne des Wortes; es ist bereits gesagt worden —, wenn man sein Gesicht verbirgt. Es ist in der Öffentlichkeit zu unserem Ärger, und zwar von Jahr zu Jahr zunehmendem Ärger, der Eindruck erweckt worden, wir hielten es für ein besonders schützenswertes Gut, daß Leute — vermummt — angeblich demonstrieren, während „demonstrieren" tatsächlich „sich zeigen" heißt; anders begrifflich überhaupt das, was das Grundgesetz meint, nicht getan werden kann und Vermummung nichts



    Kleinert (Hannover)

    weiter ist als eine besondere Art von Feigheit, die das Grundgesetz natürlich nicht schützt.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Damit wollten wir uns eigentlich nicht längere Zeit identifizieren lassen.
    Sie, meine Damen und Herren von den GRÜNEN, machen mir hier die Sache leicht mit Ihren hervorragenden Sonnenbrillen. Das ist ein sehr schönes Beispiel. Es reicht überhaupt nicht zur Unkenntlichmachung und zur Erschwerung der Identifizierung. Es könnte höchstens die Idee erwecken, daß wir nicht über § 125, sondern über § 180a des Strafgesetzbuches sprechen.

    (Heiterkeit bei der FDP und der CDU/CSU — Zurufe von den GRÜNEN)

    — Da gucken Sie wieder. Vielleicht hat einer von Ihnen ein Gesetzbuch.
    Es ist eben nicht so, daß man sich auf diese Weise unkenntlich machen kann. Deshalb ist das auch gar nicht zu verhindern. Wir möchten die Eingriffe im geringstmöglichen Rahmen halten. Das ist im Einverständnis mit dem Koalitionspartner geschehen.

    (Ströbele [GRÜNE]: Da hätten Sie einmal im Innenausschuß Herrn Spranger hören sollen!)

    Es ist tatsächlich ein gewisser Widerspruch: Nach geltendem Recht hat die Genehmigungsbehörde das Recht, bei einer Demonstration, die angemeldet wird, z. B. die Vermummung oder den Gebrauch von Schutzwaffen zu untersagen. Jetzt ergibt sich ein nicht ganz einsehbares Problem — ich glaube, da können Sie mir auch folgen —, nämlich: Wenn jemand eine Demonstration nicht anmeldet — was nicht ganz der wünschenswerte, ordnungsgemäße Verlauf ist —, dann können diese Bestimmungen nicht greifen. In diesem Fall ist dann seltsamerweise alles das gestattet, was von den vermutlich friedlicheren Anmeldern nicht getan werden kann,

    (Ströbele [GRÜNE]: Das ist alles Theorie!)

    weil sie ja bei ihrer ordnungsgemäß angemeldeten Demonstration mit dieser Auflage versehen werden. Diesen einfach denkgesetzlichen Mangel abzustellen, indem man in beiden Fällen die Vermummung als Ordnungswidrigkeit behandelt, haben wir allerdings für ein schlichtes Gebot logischer Vernunft gehalten. Ich meine, darüber können Sie mit uns doch nicht ernsthaft streiten wollen.
    Wir haben es nach wie vor unterlassen, diese Dinge — wie das ja von einigen mit Vehemenz in der Diskussion gefordert worden ist — generell strafbar zu stellen. Wir haben nur nach einem Weg gesucht, um in den Fällen, in denen sich diese Verhaltensweisen in besonderem Maße schädlich auswirken, eine gewisse Verschärfung durchzusetzen. Diese Verschärfung hängt nach der heute zur Abstimmung gestellten Fassung von zwei Voraussetzungen ab, nämlich — erstens — daß eine Demonstration unfriedlich verläuft und — zweitens — daß, nachdem dieser unfriedliche Zustand erst einmal eingetreten ist, der zuständige Einsatzleiter der Ordnungsbehörden dazu aufgefordert hat — das ist
    eine wirklich sehr milde Form des Eingriffs gegen dieses Unwesen —, entweder die Vermummung und die passive Bewaffnung abzulegen oder sich zu entfernen.

    (Ströbele [GRÜNE]: Waren Sie denn schon bei einer Demonstration und haben Sie erlebt, wie so etwas geht?)

    Sie werden bei ruhigem Nachdenken einräumen müssen, daß auch diese Alternative eine durchaus milde Form dessen ist, was andere ganz anders verlangt haben. Es müssen also zwei Voraussetzungen erfüllt sein.
    Das haben wir Ihnen nun vorgelegt. Das ist eine Lösung, mit der wir uns alle unter vernünftig und gerecht denkenden Leuten gut sehen lassen können und bei der überhaupt keine Zweifel daran erlaubt sind, daß wir etwa unsere liberale Grundhaltung in solchen Fragen verlassen hätten. Wenn Sie das einmal in aller Ruhe betrachten, dann kann davon überhaupt keine Rede sein.

    (Tatge [GRÜNE]: Sehr traurig, was Sie hier sagen!)

    Ich möchte noch eine Anmerkung ganz persönlicher Art zu dem Verfahren machen, weil ich darauf angesprochen worden bin. Wir haben es sehr bedauert, daß im Rechtsausschuß erstmals — jedenfalls solange ich dazugehöre, und das sind inzwischen auch einige Jahre — ein Antrag auf Schluß der Debatte gestellt worden ist und gestellt werden mußte. Es ist ja nicht so, daß ich das einfach dahinsage, daß ich hier einfach eine rhetorische Pflichtübung abliefere. Wir Obleute — Herr de With weiß das — haben vor der Abstimmung unter uns noch einmal darzulegen versucht, daß auch wir in einer schwierigen Situation sind, wenn nach einer langen Beratungszeit schließlich auch einmal die Entscheidung getroffen werden muß, die Kollegen aber inzwischen längst andere Verpflichtungen haben.

    (Dr. de With [SPD]: Es gab keinen Zeitdruck, Herr Kleinert! Wo denn?)

    Dann haben wir gehört, es gebe noch einige Fragen, insbesondere von Herrn de With, wohl auch von Herrn Emmerlich

    (Mann [GRÜNE]: Und von mir!)

    — auch von Ihnen, Herr Mann —, die noch beantwortet werden sollten. Dann haben wir gefragt: Wie lange brauchen Sie nach Ihrer Schätzung für die Beantwortung dieser Fragen?

    (Dr. Emmerlich [SPD]: Wir beantworten unsere Fragen doch nicht selbst!)

    Dann meinten Sie: etwa eine Stunde. — Dann haben wir gesagt: Wir haben jetzt 17 Uhr. Können wir uns darauf verständigen, daß wir um 18 Uhr zur Abstimmung kommen? — Dann haben Sie gesagt: Das wird zu knapp. — Darauf haben wir gesagt: Können wir uns darauf einigen, daß wir noch zusätzlich Zeit bis 18.15 Uhr geben und dann zur Abstimmung kommen? — Dann haben Sie gesagt: Ich will mit meinen Freunden darüber sprechen. — Wir waren auch erleichtert, daß wir die Beratungen auf diese Weise in einem angemessenen Stil würden zu



    Kleinert (Hannover)

    Ende führen und uns die kontroverse Abstimmung würden ersparen können. Daraufhin sind Sie wiedergekommen und haben gesagt: Meine Freunde sind nunmehr so verärgert und verbittert, daß sie sich nicht mehr auf irgendeine Absprache einlassen wollen. — Ich will das alles gar nicht werten. Ich will das auch nicht im Zusammenhang mit dem unverhältnismäßigen Zeitanteil, den die Debatte zur Geschäftsordnung in Anspruch genommen hat, werten. Nach dieser Auskunft haben wir allerdings keine andere Möglichkeit mehr gesehen, als zu sagen: Dann müssen wir wohl entscheiden.

    (Abg. Dr. de With meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    In bezug auf diese zwei Absätze ist hier in vielen Gremien — nicht nur in offiziellen — zwei Jahre lang so viel geredet, nachgedacht, überlegt worden, und es hat eine so gründliche Anhörung zu allen relevanten Punkten stattgefunden, daß wir schließlich auf Grund dessen einen Entwurf vorlegen konnten, mit dem wir uns alle dank der Kompromißbereitschaft sowohl der CDU/CSU als auch der FDP sehr gut sehen lassen können. Darum nehmen wir auch nicht den Vorwurf in Kauf, wir wollten das nun noch weiter hinschleppen. Das wäre nämlich die nächste Munition in Ihrer Flinte gewesen.


Rede von Dr. Philipp Jenninger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist abgelaufen. Bitte kommen Sie zum Schluß, es sei denn, Sie wollen noch eine Zwischenfrage beantworten.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Detlef Kleinert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Wir entscheiden jetzt, nachdem wir auf diese Weise zu einem vernünftigen Ergebnis gekommen sind.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)