Rede von
Heinz
Suhr
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)
Ich nehme es zur Kenntnis.
Wenn dieses Haus heute dem Vorschlag der Regierungsparteien folgt, wird von der jahrzehntelangen Praxis abgewichen, jede Fraktion des Deutschen Bundestages am Rundfunkrat des Deutschlandfunks zu beteiligen. Das ist ein weiterer Fall, der vielen Jugendlichen, aber auch vielen Älteren klarmacht, daß in diesem Land Abgeordnete zwar bestochen werden dürfen, daß man aber versucht, solche Abgeordnete, die sich nicht ständig als Industrielobbyisten bewegen, in unverschämter Manier auszuschalten.
Das dieses Vorgehen, wenn Sie es systematisch versuchen, hier die GRÜNEN niederzubügeln, außen vor zu halten, Staatsverdrossenheit, Parteienverdrossenheit erzeugt, und zwar zu Recht erzeugt, können Sie wohl annehmen.
Gerade der Deutschlandfunk steht seit Beginn der christlich-demokratischen Wende in einem Sperrfeuer christlich-demokratischer Nächstenliebe, daß es einem kalt den Rücken herunterläuft. Erinnern Sie sich: Die Hatz auf Hans Peter Riese, einen Journalisten des Deutschlandfunks, der sich erdreistet hat, die Wende 1982 als nach den moralischen Maßstäben einer Bananenrepublik verlaufend zu kritisieren, ist ein schlagender Beleg dafür, wie versucht wurde, den einzigen bundesrechtlich organisierten Sender auf Regierungslinie zu trimmen. Wer will, kann dies alles in dem sehr eindrucksvollen Buch von Hans Peter Riese „Der Griff nach der vierten Gewalt" lesen, einer empfehlenswerten Lektüre für jeden, der sich ein Bild von der Liberalität des Rundfunkrats des Deutschlandfunks machen will.
Gegen die Weltbilder, die in diesem Rundfunkrat vertreten werden, kommt einem der „Rheinische Merkur" wie ein Pornoheft vor.
Dieser Rundfunkrat wird in einer in dieser Republik einzigartigen Weise von Parteimitgliedern dominiert.
Die Kollegin Timm hat es vorhin schon geschildert: 17 Räte werden von Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung gestellt. Nur fünf sogenannte gesellschaftlich relevante Gruppen sind im Deutschlandfunk vertreten: die Arbeitgeber, die Gewerkschaften, die Evangelische Kirche, die Katholische Kirche und der Zentralrat der Juden.
Mit großer Mehrheit haben in diesem Gremium politische Beamte und Funktionäre das Sagen, die wie der Landvogt Spranger den Willen ihres politischen Dienstherrn vollziehen. Wiederholt kam es in diesem erlauchten Gremium zu Fällen, daß kritisierte Politiker, beispielsweise der Herr Mischnick nach der Wende, ihre eigenen Kritiker in diesen Gremien als Richter bewerten konnten, die sich selber in diesen Gremien zu Fällen mangelnder Ausgewogenheit machten. Und ich denke, ich könnte hier noch einiges sagen und bis in die Sommerpause reden, wenn ich alle Fälle aufzählen sollte, in denen hier mit üblen Tricks versucht worden ist, Journalisten auf Linie zu trimmen.
Wir sind als kleinste Fraktion leider nicht in der Lage, der vollen Rundfunkfreiheit im Deutschlandfunk zu ihrem Recht zu verhelfen.
Stockhausen [CDU/CSU]: Gott sei Dank!)
Aber wir möchten hier den Anspruch erheben, wenigstens ein Minimum an demokratischer Offenheit zu gewährleisten. Deshalb bitte ich jeden, der unseren Antrag gelesen hat und der es als sinnvoll erachtet, daß jede Fraktion in diesem Gremium vertreten ist, aus einem Anspruch auf demokratische Kultur unserem Antrag zuzustimmen.
Ich danke Ihnen.