Rede von
Günther
Heyenn
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Die Aufgabe der Politik ist es — und dem stellen wir Sozialdemokraten uns —, zu fragen: Was sind die wirklichen Probleme in der Alterssicherung? Da ist zunächst das Urteil des Verfassungsgerichts aus dem Jahre 1975, das die Gleichstellung fordert.
Dann ist da die Tatsache — über die vor wenigen Jahren noch zwischen allen Parteien Übereinstimmung bestand —, daß die Alterssicherung der Frau insgesamt reformbedürftig ist. Die materielle Unterversorgung vieler Frauen im Alter ist unbestritten. Rund 1,5 Millionen Witwen im Rentenalter erhalten lediglich eine Witwenrente, keine Versichertenrente. Rund zwei Drittel der Witwenrenten liegen unter 900 DM, fast 40 % sogar unter 600 DM.
— Weil — teilweise wegen Lohndiskriminierung — zu niedrige Beiträge entrichtet wurden,
weil die Frauen daran gehindert wurden, auf den Arbeitsmarkt zu gehen; denn sie sind industrielle Reservearmee.
Meine Damen und Herren, die Alterssicherung der Frauen ist auch deswegen reformbedürftig, weil die herkömmliche Witwenversorgung dem neuen Eherecht und einem partnerschaftlichen Eheverständnis nicht mehr entspricht. Die grundsätzliche Reform der Alterssicherung der Frauen ist das erste Problem, dessen Lösung die Bürger von diesem Parlament erwarten dürfen.
Das zweite ist, daß die Bürger Sorgen um ihre Renten haben, und zwar begründete Sorgen, weil sie wissen, daß die Dauerarbeitslosigkeit das soziale Netz belastet und daß auf längere Sicht immer weniger Beitragszahler für immer mehr Rentner einzutreten haben. Das kann man nicht so flapsig wegwischen, wie es der Herr Bundesarbeitsminister immer tut, wenn er sagt: Keine Rente wird gekürzt, die Renten werden pünktlich gezahlt.
Das ist doch gar nicht das Problem!
Das Problem ist, daß die Rentner befürchten müssen, von der Realeinkommensentwicklung abgehängt zu werden. Das Problem ist, daß die Beitragszahler befürchten, daß sie für wachsende Beiträge einen immer geringeren Gegenwert erhalten werden
und daß man in der Rentenversicherung trotz hoher Beiträge keine angemessene Lebensstandardsicherung mehr erreichen kann. Das Problem ist, daß es keine stetige, vorausschauende und ehrliche Rentenpolitik mehr gibt, auf die man sich verlassen kann.
Wenn hier „Erblast" dazwischengerufen wird,
lassen Sie mich nur sagen: Als wir aus der Regierung ausschieden, gab es Rücklagen für zwei Monatsrenten,
und Sie haben in der Zwischenzeit sogar das gesetzliche Mindestmaß unterschritten;
Sie mußten die Renten auf Pump zahlen.