Rede von
Dr.
Dionys
Jobst
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Lieber Herr Kollege Daubertshäuser, wir haben eine Vielzahl von Entschließungsanträgen eingebracht. Wenn unsere Vorschläge und Forderungen in die Tat umgesetzt worden wären, hätte die Bahn schon damals mindestens so dagestanden, wie sie erfreulicherweise heute dasteht.
Die Gesundung der Deutschen Bundesbahn ist das zentrale Thema, die zentrale Aufgabe der Verkehrspolitik. Das Ziel der Verkehrspolitik der CDU/CSU ist eine finanziell gesunde Bahn, eine im Wettbewerb leistungsfähige Bahn, eine attraktive Bahn, die Zukunft hat, also eine moderne Bahn, kein Auslaufbetrieb und auch keine Schrumpfbahn, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wir danken dem Bundesverkehrsminister — ich muß hier natürlich unterstreichen: dem Bundesverkehrsminister Dollinger — dafür, daß er sofort die Initiative ergriffen und die Sanierung der Deutschen Bundesbahn in die Wege geleitet hat. Die Leitlinien sind ein gutes Konzept, und wir haben die erfreuliche Tatsache zu verzeichnen, daß es bei der Bahn aufwärts geht und daß der Trend nach unten gebrochen ist.
Dies ist sicherlich ein Erfolg der Unternehmensführung; es ist aber auch und entscheidend ein Erfolg der Bundesbahnpolitik, denn nur durch die politischen Vorgaben, durch den politischen Rückhalt, konnten die mutigen Entscheidungen getroffen werden.
Sie, meine Herren von der SPD, haben die Eisenbahn und die Eisenbahner in all den Jahren Ihrer Regierungsverantwortung schmählich im Stich gelassen.
Heute hat die Verkehrspolitik wieder ein ganz anderes Gewicht. Der Verkehrshaushalt wurde aufgestockt; Sie von der SPD hatten ihn laufend reduziert. Die Bahn kann gewaltig investieren.
Auch das muß ich Ihnen, meine Herren von der SPD, noch sagen: Das Hauptversagen der SPD gegenüber der Bahn liegt darin, daß sie die Entwicklung in Wirtschaft und Verkehr, die durch das Auto eingetreten ist, nicht begriffen hat. Handlungsbedarf war Anfang der 70er Jahre gegeben.
Die gravierendste Fehlentscheidung der SPD war die, daß Sie die Personalreduzierung, die unter der CDU/CSU bei der Bahn durchgeführt worden war, gestoppt haben und daß das Personal wieder aufgestockt worden ist. Dadurch haben Sie bei der Bahn Milliarden verschleudert,
die besser in Rationalisierung und Modernisierung hätten gesteckt werden sollen.
Sie von der SPD haben die Deutsche Bundesbahn sehenden Auges in den Bankrott getrieben. Die Bahn wurde zu einer überpersonalisierten Organisation mit betriebsfremden Lasten. Und Sie haben die Bahn immer als politischen Spielball benutzt! Heute erbringt die Bahn mit 280 000 Eisenbahnern die gleichen Leistungen wie früher mit über 400 000 Eisenbahnern.
Herr Abgeordneter Haar, auch Sie saßen im Verkehrsausschuß des Deutschen Bundestages, als der Vorsitzende des von Ihnen neu kreierten Vorstands, Herr Dr. Gohlke, uns seine neuen Vorstellungen entwickelt und auch erklärt hat, daß bei der Deutschen Bundesbahn überzählige Mitarbeiter vorhanden seien. Das war im Mai/Juni 1982, als Sie noch in der Regierung waren,
und damals gab es von Ihnen keinen Widerspruch. Aber heute führen Sie sich hier so auf!
Die Deutsche Bundesbahn ist als unentbehrlicher Verkehrsträger zu erhalten und auf Dauer zu sichern. Die durch die Mißwirtschaft sowie durch politische Fehler und Versäumnisse herbeigeführte ungünstige Wirtschaftslage der Deutschen Bundesbahn darf für uns nicht Maßstab für die Leistungsfähigkeit des Verkehrsträgers Schiene sein. Die Gesetzesanträge der SPD sind ein Zeichen ihres schlechten Gewissens. Die Vorlagen der GRÜNEN kommen aus dem Reich der Utopie. Das Sanierungsgesetz der GRÜNEN würde eine Konservierung der Deutschen Bundesbahn bedeuten, das Rad der Entwicklung würde wieder zurückgedreht werden, und das würde der Bahn nicht helfen, sondern sie würde noch stärker aus dem Markt geworfen werden, als es in letzter Zeit der Fall ist. Die Deutsche Bundesbahn muß sich den gewandelten Verhältnissen anpassen — nicht umgekehrt.
Für uns ist die freie Wahl des Verkehrsmittels ein unverzichtbarer Grundsatz einer zukunftsorientier-
10562 Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 143. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Juni 1985
Dr. Jobst
ten Verkehrspolitik. Der Ordnungsrahmen im Verkehr hat ja auch nicht verhindert, daß die Bahn am Markt erheblich verloren hat.