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    Plenarprotokoll 10/136 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 136. Sitzung Bonn, Freitag, den 26. April 1985 Inhalt: Nachträgliche Durchführung der Abstimmung zu Punkt 5b der Tagesordnung (21. Strafrechtsänderungsgesetz, Entwurf der SPD-Fraktion — Drucksache 10/891—) 10103A Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Anpassung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung und der Geldleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung im Jahre 1985 — Drucksache 10/2705 —Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 10/3243 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/3262 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die gesetzlichen Rentenversicherungen, insbesondere über deren Finanzlage in den künftigen 15 Kalenderjahren, gemäß §§ 1273 und 579 der Reichsversicherungsordnung, § 50 des Angestelltenversicherungsgesetzes und § 71 des Reichsknappschaftsgesetzes (Rentenanpassungsbericht 1984) sowie das Gutachten des Sozialbeirats zur Anpassung der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung zum 1. Juli 1985 sowie zu den Vorausberechnungen der Bundesregierung über die Entwicklung der Finanzlage der Rentenversicherung bis 1998 — Drucksachen 10/2235, 10/3243 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die vierzehnte Anpassung der Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (Vierzehntes Anpassungsgesetz-KOV) — Drucksache 10/2882 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 10/3241 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/3261 — Jagoda CDU/CSU 10104A, 10120A Günther CDU/CSU 10104 B Egert SPD 10107 C Frau Dr. Adam-Schwaetzer FDP . . . 10109 D Bueb GRÜNE 10111D Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 10113D Kirschner SPD 10116A Namentliche Abstimmungen . . 10123A, 10125 B Ergebnis der Abstimmungen . . 10123A, 10125A II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. April 1985 Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. George, Straßmeir, Lemmrich, Jagoda, Keller, Hinsken, Günther, Pfeffermann, Bühler (Bruchsal), Milz, Hanz (Dahlen) und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Hoffie, Frau Dr. AdamSchwaetzer, Kohn, Cronenberg (Arnsberg), Frau Dr. Segall, Eimer (Fürth) und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Erweiterung der unentgeltlichen Beförderung Schwerbehinderter im öffentlichen Personenverkehr — Drucksache 10/3218 — Louven CDU/CSU 10127A von der Wiesche SPD 10127 C Frau Dr. Adam-Schwaetzer FDP . . . 10130 B Frau Wagner GRÜNE 10131 B Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Bundesrechnungshof (Bundesrechnungshofgesetz) — Drucksache 10/2929 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Friedmann, Roth (Gießen), Deres, Rossmanith, von Hammerstein, Gerster (Mainz), Dr. Rose, Dr. Riedl (München), Austermann, Schmitz (Baesweiler), Löher und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Frau Seiler-Albring, Dr. Weng, Hoffie, Grünbeck, Dr. Haussmann, Wolfgramm (Göttingen) und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Bundesrechnungshof (Bundesrechnungshofgesetz) — Drucksache 10/3204 — Dr. Friedmann CDU/CSU 10133 C Esters SPD 10135 C Frau Seiler-Albring FDP 10137 B Kleinert (Marburg) GRÜNE 10138 D Dr. Voss, Parl. Staatssekretär BMF . . 10140A Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften — Drucksache 10/2876 — Sauter (Ichenhausen) CDU/CSU . . . . 10141 D Dr. Schwenk (Stade) SPD 10143 D Kleinert (Hannover) FDP 10145A Mann GRÜNE 10146 C Erhard, Parl. Staatssekretär BMJ . . . 10148 C Nächste Sitzung 10149 A Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 10151*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 10151* C Anlage 3 Gefährdung der Bevölkerung durch Fehlschüsse der Erprobungsstelle Elperbüttel in der Meldorfer Bucht MdlAnfr 20 19.04.85 Drs 10/3226 Austermann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Würzbach BMVg . 10151* D Anlage 4 Orientierungshilfen der Bundesregierung für Gerichtsverfahren zur Verkabelung von Mietwohnungen MdlAnfr 30, 31 19.04.85 Drs 10/3226 Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD SchrAntw PStSekr Rawe BMP . . . . 10152*A Anlage 5 Verbesserung der Wohnungsfürsorge für häufig versetzte Soldaten MdlAnfr 34, 35 19.04.85 Drs 10/3226 Steiner SPD SchrAntw PStSekr Dr. Jahn BMBau . 10152* B Anlage 6 Einführung der Raumverträglichkeitsprüfung MdlAnfr 36, 37 19.04.85 Drs 10/3226 Lohmann (Witten) SPD SchrAntw PStSekr Dr. Jahn BMBau . 10152* C Anlage 7 Einflußnahme des Bundeskanzlers auf Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts von illegalen Spendenzuwendungen; Mitwirkung des ehemaligen Landtagsabgeordneten und Ministerpräsidenten Dr. Helmut Kohl an illegaler Parteienfinanzierung MdlAnfr 60, 5 19.04.85 Drs 10/3226 Schily GRÜNE SchrAntw StMin Vogel BK 10152*D Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. April 1985 III Anlage 8 Kriterien für die Auswahl Jugendlicher als Zuhörer bei der Ansprache Präsident Reagans MdlAnfr 61, 62 19.04.85 Drs 10/3226 Mann GRÜNE SchrAntw StMin Vogel BK 10153*A Anlage 9 Kriterien für die Auswahl Jugendlicher für ein Gespräch mit Präsident Reagan MdlAnfr 63, 64 19.04.85 Drs 10/3226 Ströbele GRÜNE SchrAntw StMin Vogel BK 10153* B Anlage 10 Einladung an alle Jugendlichen zur Ansprache Präsident Reagans an die „deutsche Jugend" MdlAnfr 65, 66 19.04.85 Drs 10/3226 Frau Wagner GRÜNE SchrAntw StMin Vogel BK 10153* C Anlage 11 Kriterien für die Auswahl der jugendlichen Zuhörer bei der Ansprache Präsident Reagans an die „deutsche Jugend" MdlAnfr 67, 68 19.04.85 Drs 10/3226 Bueb GRÜNE SchrAntw StMin Vogel BK 10153* D Anlage 12 Überprüfung und Speicherung der Personaldaten der Zuhörer bei der Ansprache Präsident Reagans an die „deutsche Jugend"; Direktübertragung an rheinlandpfälzischen Schulen MdlAnfr 69, 70 19.04.85 Drs 10/3226 Frau Dann GRÜNE SchrAntw StMin Vogel BK 10154*A Anlage 13 Aufnahme der im Südchinesischen Meer aus Seenot Geretteten in der Bundesrepublik Deutschland MdlAnfr 71, 72 19.04.85 Drs 10/3226 Klose SPD SchrAntw StMin Dr. Mertes AA . . . 10154* B Anlage 14 Schicksal des in der Sowjetunion verurteilten Pfarrers der Pfingstgemeinde und weiterer volksdeutscher Gemeindemitglieder; Einbehaltung des als Preis von der Deutschen Welle ausgesetzten Buches „Tatsachen über Deutschland" durch polnische Behörden MdlAnfr 75, 76 19.04.85 Drs 10/3226 Dr. Hupka CDU/CSU SchrAntw StMin Dr. Mertes AA . . . 10154* D Anlage 15 Haltung der Bundesregierung bei der Abstimmung der WEU-Mitgliedstaaten über die westeuropäische Rüstungskontrolle angesichts der amerikanischen Intervention MdlAnfr 77, 78 19.04.85 Drs 10/3226 Gansel SPD SchrAntw StMin Dr. Mertes AA . . . 10155* B Anlage 16 Abschaffung der Sommerzeit MdlAnfr 83 19.04.85 Drs 10/3226 Dr. Weng (Gerlingen) FDP SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . 10155* D Anlage 17 Klärung des Verbleibs und der Auslieferung des KZ-Arztes Mengele mit dem paraguayischen Präsidenten Stroessner anläßlich seines Besuchs in der Bundesrepublik Deutschland MdlAnfr 88, 89 19.04.85 Drs 10/3226 Conradi SPD SchrAntw PStSekr Erhard BMJ . . . 10156*A Anlage 18 Zulassung von pensionierten Beamten und Richtern als Rechtsanwälte angesichts der starken Zunahme in diesem Berufsstand MdlAnfr 90, 91 19.04.85 Drs 10/3226 Eylmann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Erhard BMJ . . . 10156*C Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. April 1985 10103 136. Sitzung Bonn, den 26. April 1985 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 26. 4. Böhm (Melsungen) * 26. 4. Brandt 26. 4. Büchner (Speyer) * 26. 4. Dolata 26. 4. Dr. Ehmke (Bonn) 26. 4. Dr. Enders* 26. 4. Ertl 26. 4. Dr. Faltlhauser 26. 4. Frau Fischer* 26. 4. Franke (Hannover) 26. 4. Gerstein 26. 4. Glos 26. 4. Dr. Götz 26. 4. Dr. Haack 26. 4. Haase (Fürth) * 26. 4. Dr. Hackel* 26. 4. Hauser (Krefeld) 26. 4. Heimann 26. 4. Dr. Holtz* 26. 4. Graf Huyn 26. 4. Jäger (Wangen) * 26. 4. Dr. Jahn (Münster) 26. 4. Dr. Jens 26. 4. Jung (Düsseldorf) 26. 4. Kittelmann* 26. 4. Dr. Klejdzinski 26. 4. Dr. Köhler (Duisburg) 26. 4. Dr.-Ing. Laermann 26. 4. Dr. Graf Lambsdorff 26. 4. Lemmrich* 26. 4. Lenzer* 26. 4. Linsmeier 26. 4. Dr. Müller* 26. 4. Neumann (Bramsche) * 26. 4. Dr. Pinger 26. 4. Reddemann* 26. 4. Frau Renger 26. 4. Repnik 26. 4. Reuschenbach 26. 4. Dr. Rumpf* 26. 4. Dr. Scheer* 26. 4. Schmidt (Hamburg) 26. 4. Dr. Schneider (Nürnberg) 26. 4. Schreiner 26. 4. Schröder (Hannover) 26. 4. Schulte (Unna)* 26. 4. Schwarz * 26. 4. Stockhausen 26. 4. Dr. Unland* 26. 4. Voigt (Sonthofen) 26. 4. Witek 26. 4. Dr. Wittmann 26. 4. Dr. Wulff* 26. 4. Zierer* 26. 4. Frau Zutt 26. 4. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 der Geschäftsordnung die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung zur steuerlichen Abgrenzung der landwirtschaftlichen von der gewerblichen Tierhaltung (§ 51 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes) (Drucksache 10/3233) zuständig: Finanzausschuß (federführend) Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgaben bei Kap. 23 02 Tit. 686 08 und 686 24 (Förderung von Ernährungssicherungsprogrammen) (Drucksache 10/ 3234) zuständig: Haushaltsausschuß Unterrichtung durch die Bundesregierung: Programmatische Schwerpunkte der Raumordnung (Drucksache 10/3146) zuständig: Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (federführend) Innenausschuß Ausschuß für Wirtschaft Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ausschuß für das Post- und Fernmeldewesen Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen Unterrichtung durch die Bundesregierung: Sechster Bericht zur Entwicklungspolitik der Bundesregierung (Drucksache 10/3028) zuständig: Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit (federführend) Ausschuß für Wirtschaft Haushaltsausschuß Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Würzbach auf die Frage des Abgeordneten Austermann (CDU/CSU) (Drucksache 10/3226 Frage 20): Mit welchen konkreten Konsequenzen gedenkt die Bundesregierung sicherzustellen, daß sich ein Fehlschuß mit einer Geschoßhülle - wie am 26. März 1985 - im Bereich der Meldorfer Bucht von der Erprobungsstelle Elpersbüttel aus in das Watt außerhalb des Sicherheitsbereiches in Zukunft absolut ausschließen läßt, und auch künftig - wie auch sonst in der Vergangenheit - die Gefährdung von Unbeteiligten ausgeschlossen bleibt? Der Fehlschuß von dem Erprobungsplatz Meldorfer Bucht ins Watt außerhalb des Gefahrenbereichs ist eindeutig auf menschliches Versagen zurückzuführen. Die Bundesregierung hat in diesem Zusammenhang folgendes angeordnet: 1. Künftig darf nicht mehr in Richtungen geschossen werden, in deren verlängertem Gefahrenbereich Personen und Sachen gefährdet werden könnten. 10152* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. April 1985 2. Durch noch intensivere Schießaufsicht in den Feuerstellungen ist dafür Sorge getragen, daß Fehlschüsse sich nicht wiederholen. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rawe auf die Fragen der Abgeordneten Frau Dr. Däubler-Gmelin (SPD) (Drucksache 10/3226 Fragen 30 und 31): Treffen Presseverlautbarungen zu, die Bundesregierung beabsichtige, den Gerichten eine Orientierungshilfe an die Hand zu geben, in der die Feststellung getroffen werde, die Errichtung eines Kabelanschlusses in einer Mietwohnung sei eine nachhaltige Erhöhung des Gebrauchswerts? Hält die Bundesregierung eine solche Orientierungshilfe auch nach der Entscheidung des Landgerichts Berlin, die nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 17. April 1985 die Verneinung einer Duldungspflicht des Mieters rechtskräftig werden ließ, noch für erforderlich? Zu Frage 30: Der Entwurf einer Verlautbarung der Bundesregierung zum Modernisierungscharakter eines Breitbandanschlusses ist in einer Ressortbesprechung am 8. März 1985 zurückgestellt worden. Deshalb kann über seinen Inhalt derzeit nicht informiert werden. Eine unzulässige Einflußnahme auf die uneinheitliche Rechtsprechung der Amts- und Landgerichte war niemals geplant, sondern eine Information der Öffentlichkeit über die technischen und medienrechtlichen Voraussetzungen der programmlichen Nutzung von Breitbandanschlüssen und ggf. den Zusammenhang mit mietrechtlichen Fragestellungen. Gedacht war z. B. an eine spätere Veröffentlichung im Bulletin der Bundesregierung. Zu Frage 31: Eine Antwort zu Ihrer 2. Frage wäre zur Zeit verfrüht, weil der o. a. Entwurf zurückgestellt worden ist. Im übrigen wäre für die Bundesregierung ein Rechtsentscheid eines Oberlandesgerichtes von großer Bedeutung. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Jahn auf die Fragen des Abgeordneten Steiner (SPD) (Drucksache 10/3226 Fragen 34 und 35): Wie erklärt sich die Bundesregierung die Tatsache, daß der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau bis heute noch nicht das Ergebnis seiner am 14. Februar 1984 dem Deutschen Bundeswehrverband zugesagte Untersuchung über die Verbesserung der Wohnungsfürsorge für häufig versetzte Soldaten vorgelegt hat? Kann die Bundesregierung stichhaltige Gründe für die Verzögerung des Abschlusses der Untersuchung nennen? Der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau hat den Bundesvorsitzenden des Deutschen Bundeswehrverbandes mit Schreiben vom 25. September 1984 über das Ergebnis seiner Prüfungen unterrichtet. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Jahn auf die Fragen des Abgeordneten Lohmann (Witten) (SPD) (Drucksache 10/3226 Fragen 36 und 37): Wie steht der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau zum Instrument der Raumverträglichkeitsprüfung? Strebt er die Einführung der Raumverträglichkeitsprüfung an, und wie soll das geschehen? Die Bundesregierung mißt der Prüfung der Auswirkungen auf den Raum bei raumbedeutsamen Maßnahmen große Bedeutung bei. Die Bundesregierung hat deshalb am 30. Januar 1985 die „Programmatischen Schwerpunkte der Raumordnung" beschlossen. Sie liegen dem Deutschen Bundestag als Drucksache 10/3146 vor. In Kapitel IV dieser Schwerpunkte ist im einzelnen dargestellt, wie die Bundesregierung in Ausfüllung des Auftrages aus § 4 Abs. 1 des Raumordnungsgesetzes sicherstellen wird, daß raumbedeutsame Maßnahmen frühzeitig auf Art und Umfang ihrer Auswirkungen auf den Raum gepüft werden und daß diese Prüfung der Auswirkungen auf den Raum mit der Analyse und Bewertung der Auswirkungen auf die Umwelt verzahnt wird. Die Bundesregierung hat dazu insbesondere hervorgehoben, daß die Fachressorts den Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau nach Maßgabe des Raumordnungsgesetzes und der GGO frühzeitig bei allen Planungen und Maßnahmen beteiligen, durch die Grund und Boden in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung eines Gebietes beeinflußt wird. Anlage 7 Antwort des Staatsministers Vogel auf die Fragen des Abgeordneten Schily (GRÜNE) (Drucksache 10/3226 Fragen 60 und 5): Hat der Bundeskanzler auf Ermittlungsverfahren oder steuerliche Überprüfungsverfahren wegen des Verdachts von illegalen Spendenzuwendungen Einfluß genommen? Sieht sich die Bundesregierung in ihrer Aufgabe, für Steuergerechtigkeit zu sorgen und auf ein steuerehrliches Verhalten der Bürger hinzuwirken, dadurch behindert, daß der Bundeskanzler als Landtagsabgeordneter in Rheinland-Pfalz und später als Ministerpräsident dieses Bundeslandes an illegaler Parteifinanzierung mitgewirkt und mindestens in einem Fall eine illegale Spendensammelstelle vor dem Zugriff der Finanzverwaltung bewahrt haben soll? Ihre beiden Mündlichen Fragen beantworte ich wie folgt: Ich darf im wesentlichen auf meine Ausführungen auf die Fragen des Kollegen Schmude, die den Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. April 1985 10153* gleichen Sachverhalt zum Gegenstand haben, Bezug nehmen (Plenarprotokoll 10/135, S. 10026 D). Ergänzend möchte ich jedoch sagen, daß der Bundeskanzler auf Ermittlungsverfahren oder steuerliche Überprüfungsverfahren wegen des Verdachts von illegalen Spendenzuwendungen keinen Einfluß genommen hat. Die in Ihrer Frage geäußerte Befürchtung ist deshalb völlig unbegründet. Anlage 8 Antwort des Staatsministers Vogel auf die Fragen des Abgeordneten Mann (GRÜNE) (Drucksache 10/3226 Fragen 61 und 62): Trifft es zu, daß etwa 2 000 von insgesamt ca. 5 000 bis 6 000 Jugendlichen, die US-Präsident Reagan anläßlich seiner Rede „an die deutsche Jugend" am 6. Mai 1985 in Hambach zuhören sollen, nach Absprache der Bundesregierung mit der Landesregierung Rheinland-Pfalz durch die Oberbürgermeister und Landräte des Bundeslandes gezielt ausgewählt werden sollen? Hält es die Bundesregierung für gesichert, daß mit einer Auswahl durch diese Personen repräsentative Vertreter und Vertreterinnen aller Jugendlichen der Bundesrepublik Deutschland benannt werden, und wie bewertet sie die Tatsache, daß arbeitslose Jugendliche auf Grund der selbst zu tragenden Reisekosten kaum in der Lage sein dürften, an der Veranstaltung teilzunehmen? Ihre beiden Mündlichen Fragen beantworte ich wie folgt: Es trifft zu, daß nach Absprache der Bundesregierung mit der Landesregierung Rheinland-Pfalz etwa 2 000 Jugendliche durch die Oberbürgermeister und Landräte dieses Bundeslandes ausgewählt werden sollen. Die Bundesregierung hält es für gesichert, daß durch diese Auswahl repräsentative Vertreter und Vertreterinnen aller Jugendlichen benannt werden. Für die durch die Oberbürgermeister und Landräte von Rheinland-Pfalz ausgewählten Jugendlichen wird Transport unentgeltlich zur Verfügung gestellt, so daß auch Jugendliche ohne Einkommen in der Lage sind, an der Veranstaltung teilzunehmen. Anlage 9 Antwort des Staatsministers Vogel auf die Fragen des Abgeordneten Ströbele (GRÜNE) (Drucksache 10/3226 Fragen 63 und 64): Teilt die Bundesregierung die Ansicht von vielen jungen Menschen, Jugendgruppen und -verbänden, wie sie z. B. die Bundesvorsitzende der Jungdemokraten formulierte, daß „die Jugend in der Bundesrepublik Deutschland angesichts Weltraumrüstung, militärischer Bedrohung und der wirtschaftlichen Ausbeutung der Dritten Welt Gelegenheit haben müsse, gerade Präsident Reagan ihre Position darzulegen"? Ist die Bundesregierung der Meinung, daß bei einer Auswahl von jugendlichen Gesprächspartnern für ein Gespräch mit dem Präsidenten durch den rheinland-pfälzischen Kultusminister gewährleistet ist, daß solche, eher kritische Meinungen geäußert werden können? Ihre beiden Mündlichen Fragen beantworte ich wie folgt: Eine Gruppe von Jugendlichen erhält Gelegenheit, nach der Ansprache von Präsident Reagan in Hambach in einem Gespräch mit Präsident Reagan ihre Meinung darzulegen. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß gewährleistet ist, daß auch kritische Meinungen geäußert werden können. Im übrigen steht es jedem Jugendlichen frei, sich an die Staatskanzlei Mainz mit der Bitte um eine Einladung zu wenden. Anlage 10 Antwort des Staatsministers Vogel auf die Fragen der Abgeordneten Frau Wagner (GRÜNE) (Drucksache 10/ 3226 Fragen 65 und 66): Ist der Bundesregierung bekannt, ob es für die Rede des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika an die „deutsche Jugend" eine öffentlich ausgeschriebene Einladung an alle Jugendlichen in der Bundesrepublik Deutschland gegeben hat, und wenn ja, an welche Institutionen und Personen war sie gerichtet? Wie erklärt sich die Bundesregierung, daß bei Stichproben der Fraktion DIE GRÜNEN in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz den dortigen Jugendämtern nichts über eine öffentliche Einladung an Jugendliche bekannt war, ebensowenig über den Anmeldemodus oder bestehende Teilnahmemöglichkeiten für die Veranstaltung, und welche Relevanz haben demnach Jugendliche aus Einrichtungen der Erziehungshilfe und der kommunalen Jugendarbeit als mögliche Gäste? Ihre beiden Mündlichen Fragen beantworte ich wie folgt: Durch Presse und Fernsehen war und ist bekannt, daß diese Veranstaltung stattfinden wird. Eine öffentliche Ausschreibung der Einladung ist nicht erfolgt. Eine besondere Unterrichtung der Jugendämter ist nicht erfolgt. Anlage 11 Antwort des Staatsministers Vogel auf die Fragen des Abgeordneten Bueb (GRÜNE) (Drucksache 10/3226 Fragen 67 und 68): Ist der Bundesregierung bekannt, daß Präsident Ronald Reagan seine Rede an die „deutsche Jugend", wie im „Bonner General Anzeiger" vom 12. April 1985 gemeldet, vor „ausgewählten Jugendlichen" halten wird? Welche Vertreter/innen der „deutschen Jugend" sollten nach Meinung der Bundesregierung an dieser Veranstaltung teilnehmen? Zu Frage 67: Ja. 10154* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. April 1985 Zu Frage 68: Alle interessierten Vertreter bzw. Vertreterinnen der deutschen Jugend können an der Veranstaltung teilnehmen, soweit Plätze vorhanden sind. Anlage 12 Antwort des Staatsministers Vogel auf die Fragen der Abgeordneten Frau Dann (GRÜNE) (Drucksache 10/3226 Fragen 69 und 70): Wie beabsichtigt die Bundesregierung sicherzustellen, daß die Rede Präsident Reagans „an die deutsche Jugend" gelangt, und trifft es zu, daß z. B. an rheinland-pfälzischen Schulen Schüler die Rede Ronald Reagans in einer Direktübertragung verfolgen können? Welche Art von Sicherheits- und Ausweiskontrollen plant die Bundesregierung für die teilnehmenden Jugendlichen, und inwieweit werden gegebenenfalls Personaldaten der Teilnehmer überprüft oder gespeichert? Ihre beiden Mündlichen Fragen beantworte ich wie folgt: Die Bundesregierung wird für eine Veröffentlichung der Rede Präsident Reagans Sorge tragen. Ob von rheinland-pfälzischen Schülern die Rede Präsident Reagans in einer Direktübertragung verfolgt werden kann, ist der Bundesregierung nicht bekannt. Die Organisation liegt bei dem Land RheinlandPfalz. Die Bundesregierung kann daher zu dieser Frage keine Stellung nehmen. Anlage 13 Antwort des Staatsministers Dr. Mertes auf die Fragen des Abgeordneten Klose (SPD) (Drucksache 10/3226 Fragen 71 und 72): Ist die Bundesregierung bereit, auch in Zukunft Menschen, die im Südchinesischen Meer aus Seenot gerettet werden, in der Bundesrepublik Deutschland aufzunehmen? Ist die Bundesregierung bereit, sich an dem kürzlich von 13 Ländern Westeuropas sowie den USA, Kanada und Australien gebildeten Pool (Rescue at Sea Resettlement Offer), der eine Lastenverteilung in Fällen von Seenotrettung im Südchinesischen Meer vorsieht, zu beteiligen? Zu Frage 71: Die Bundesregierung ist bereit, auch in Zukunft Menschen, die im Südchinesischen Meer aus Seenot gerettet werden, in der Bundesrepublik Deutschland aufzunehmen. Bisher wurden etwa 28 000 Flüchtlinge aus Indochina, davon über 10 000 Bootsflüchtlinge in der Bundesrepublik Deutschland aufgenommen. Neben den weiter stattfindenden Aufnahmen im Wege der Familienzusammenführung werden alle von unter deutscher Flagge fahrende Handelsschiffen geretteten Flüchtlinge auch in Zukunft aufgenommen, sofern sie nicht in anderen Länder Aufnahme finden. Darüber hinaus hat sich die Bundesrepublik Deutschland an einem Vorhaben des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen zugunsten der Flüchtlinge, die von Schiffen unter „Billigflagge" aus Seenot gerettet werden, beteiligt (Disembarkation and Resettlement Offers — DISERO). Die Bundesrepublik Deutschland hat 200 Aufnahmeplätze für dieses Programm bereitgestellt. Weiterhin bemüht sich die Bundesregierung, in besonderen Härtefällen zusätzliche Aufnahmeplätze für Bootsflüchtlinge zur Verfügung zu stellen, die sich bereits in Lagern in Südostasien befinden und nicht in anderen Ländern Aufnahme finden können. Zu Frage 72: Das von Ihnen erwähnte weitere Programm RASRO (Rescue at Sea Resettlement Offers) des Hohen Flüchtlingskommissars soll in der Tat eine Lastenverteilung unter den Flaggenstaaten Westeuropas und Nordamerikas sowie u. U. Australien und Japan gewährleisten. Die von Handelsschiffen unter deutscher Flagge geretteten Flüchtlinge können — wie gesagt — bereits jetzt in der Bundesrepublik Deutschland aufgenommen werden. Die Frage eines deutschen Beitritts zu RASRO wird zur Zeit geprüft. Anlage 14 Antwort des Staatsministers Dr. Mertes auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Hupka (CDU/CSU) (Drucksache 10/3226 Fragen 75 und 76): Kann die Bundesregierung Auskunft über das Schicksal des — laut ap — soeben in der Sowjetunion zu fünf Jahren verurteilten Pfarrers der Pfingstgemeinde und weiterer Gemeindemitglieder, sämtlich deutscher Volkszugehörigkeit, erteilen und welches Urteil hat sie sich bilden können? Ist der Bundesregierung bekannt, daß das Buch ,,Tatsachen über Deutschland", das als Preis für die Teilnahme an einer Sendung der Deutschen Welle übersandt worden ist, dem Empfänger von den polnischen Behörden nicht ausgehändigt worden ist, weil es für den Empfänger „schädlich" sei, und gedenkt die Bundesregierung, unter Bezug auf die KSZE-Schlußakte, Korb 3, dagegen Protest zu erheben? Zu Frage 75: Der Bundesregierung ist bekannt, daß der Vorsteher der staatlich nicht registrierten Pfingstgemeinde in Tschugujewska (Ostsibirien), Viktor Walter, Sowjetbürger deutscher Nationalität, wegen antisowjetischer Agitation und Propaganda sowie wegen Verstoßes gegen die Vorschriften über Religionsausübung am 11. April 1985 zu fünf Jahren Straflager verurteilt worden ist. Er ist verheiratet und Vater von 8 Kindern. Außerdem sind folgende Mitglieder der Pfingstgemeinde von Tschugujewska verurteilt worden: Nikolaus Wiens, Vater von sieben minderjährigen Kindern, am 26. Februar 1985 zu einem Jahr Haft gegen Verletzung der Paßvorschriften und wegen Verstoßes gegen die Vorschriften über Religionsausübung; dessen Bruder Johann Wiens; Peter Walter, Bruder des verhafteten Gemeindevorstehers Viktor Walter; Paul Brommer, Anatolij Hoch, Valerij Lobsow, Anatolij Scheludkow. Das Strafmaß die- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. April 1985 10155* ser am 14. April 1985 verurteilten Volksdeutschen ist bisher nicht bekannt. Die genannten Personen gehören zu einer Pfingstgemeinde, die wegen ihres religiösen Bekenntnisses 1981 aus Usbekistan nach Ostsibirien zwangsdeportiert worden ist. Vorliegenden Informationen zufolge sind die Gemeindemitglieder starkem Druck und schweren Verfolgungsmaßnahmen unterworfen. Der Bundesregierung ist bekannt, daß die Familien Walter und Wiens zu ihren in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Angehörigen ausreisen wollen. Die Bundesregierung sieht in der Verurteilung von Viktor Walter und weiterer sieben Mitglieder der Pfingstgemeinde von Tschugujewka sowie in den Verfolgungsmaßnahmen gegen deren Familienangehörige und Gemeindemitglieder einen schweren Verstoß gegen die Menschenrechte, zu deren Einhaltung sich die UdSSR mehrfach und in feierlicher Form verpflichtet hat. Ich erwähne insbesondere die beiden Internationalen Menschenrechtsgesetze, die auch die Sowjetunion ratifiziert hat, und die Schlußakte von Helsinki, deren zehnjähriges Jubiläum die Unterzeichnerstaaten am 1. April 1985 feiern wollen. Es ist vorrangiges und mit Nachdruck immer wieder vertretenes Anliegen der Bundesregierung, die sowjetische Führung zur Einhaltung der Menschenrechte zu veranlassen. Die Bundesregierung wird sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten für die Freilassung der Betroffenen einsetzen und ihre Bemühungen im Zusammenhang mit den Ausreisewünschen der genannten Personen fortführen. Zu Frage 76: Die Deutsche Welle vergibt an Teilnehmer von Quiz-Sendungen im Rahmen ihres deutschsprachigen Programms kleinere Preise in Form von Schallplatten, Transistorradios, Krawatten und Büchern, darunter vereinzelt auch die Publikation des Bundespresseamts „Tatsachen über Deutschland". Im vorliegenden Fall wurde einem Hörer aus Oberschlesien, der bereits mehrere Preise gewonnen hatte, von der örtlichen Zollbehörde die Aushändigung der Publikation „Tatsachen über Deutschland" in der Tat verweigert. Nach Auskunft der Deutschen Welle handelt es sich jedoch um einen vereinzelten Fall, der mehrere Monate zurückliegt. Der Bundesregierung sind weitere Vorgänge dieser Art nicht bekannt geworden. Sie geht daher von der Annahme aus, daß hier ein Einzelfall vorliegt. Gleichwohl wird sie die Entwicklung aufmerksam beobachten und gegebenenfalls im Zusammenwirken mit der Deutschen Welle geeignete Schritte unternehmen. Anlage 15 Antwort des Staatsministers Dr. Mertes auf die Fragen des Abgeordneten Gansel (SPD) (Drucksache 10/3226 Fragen 77 und 78): Ist es zutreffend, daß der amerikanische Assistant Secretary of State for European Affairs, Richard Burt, in einem Brief an die Mitgliedstaaten der Westeuropäischen Union davor gewarnt hat, die Organisation der WEU zur Abstimmung für eine Westeuropäische Rüstungskontrollpolitik zu nutzen, und wie bewertet die Bundesregierung diesen Vorgang? Wird die Bundesregierung trotz der Intervention der amerikanischen Regierung zur Erklärung der WEU-Mitgliedstaaten vom 27. Oktober 1984 (Erklärung von Rom) stehen, in der beschlossen wurde, eine Abstimmung der Mitgliedstaaten „zur konkreten Sicherheitslage in Europa anzustreben ..., insbesondere im Hinblick auf ... Rüstungskontrolle und Abrüstung ..."? Zu Frage 77: Die Bundesregierung steht in allen Fragen der Sicherheitspolitik, einschließlich der Rüstungskontrolle, in einem laufenden Meinungsaustausch mit der amerikanischen Regierung. Dabei vertritt sie ihre Standpunkte und die USA die ihren. Dies ist ein unter Verbündeten normaler und notwendiger Vorgang. Die USA haben die Wiederbelebung der WEU, die sich auf der Ministertagung in Bonn am 22./ 23. April so eindrucksvoll bestätigt hat, ausdrücklich begrüßt. Ich verweise z. B. auf die deutschamerikanische Erklärung vom 30. November 1984, in der der Bundeskanzler und Präsident Reagan dies einvernehmlich festgelegt haben. Zu Frage 78: Ja, wobei ich Ihre Wortwahl, insbesondere den Begriff Intervention für nicht zutreffend halte. Ich verweise dazu auf das Kommuniqué der Konferenz der Außen- und Verteidigungsminister der WEU- Mitgliedsstaaten vom 22. und 23. April 1985. Es gibt erneut dem Ziel Ausdruck, durch die Belebung der WEU die europäische Säule des Bündnisses und damit das Bündnis insgesamt zu stärken. In diesem Kommuniqué haben die Minister bezüglich der Genfer Verhandlungen bekräftigt, daß sie ihren amerikanischen Verbündeten nachdrücklich unterstützen und ihm vertrauen bei seinen Bemühungen um die Erzielung eines stabileren strategischen Verhältnisses auf einem möglichst niedrigen ausgewogenen Streitkräfteniveau. Sie haben die Sowjetunion aufgefordert, ebenfalls eine positive Haltung einzunehmen. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Frage des Abgeordneten Dr. Weng (Gerlingen) (FDP) (Drucksache 10/3226 Frage 83): Ist die Bundesregierung bereit, initiativ zu werden mit dem Ziel, ab kommendem Jahr auf die Einführung der Sommerzeit zu verzichten? 10156* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. April 1985 Die Bundesregierung ist nicht bereit, die Initiative mit dem Ziel zu ergreifen, ab 1986 auf die Einführung der Sommerzeit zu verzichten. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Erhard auf die Fragen des Abgeordneten Conradi (SPD) (Drucksache 10/3226) Fragen 88 und 89): Wird die Bundesregierung beim Besuch des paraguayischen Präsidenten Stroessner Fragen nach dem Verbleib des KZ-Arztes Mengele stellen, insbesondere nach den unbestätigten Meldungen, Mengele lebe in einer militärischen Sperrzone in Paraguay? Welche Bemühungen wird die Bundesregierung beim Besuch des paraguayischen Staatschefs Stroessner unternehmen, die Auslieferung des KZ-Arztes Mengele zu erreichen? Zu Frage 88: Wie bereits Herr Staatsminister Dr. Mertes in seiner Antwort vom 24. Januar 1985 in der 117. Sitzung des Deutschen Bundestags auf die Frage des Herrn Abgeordneten Klose ausgeführt hat, wird die Bundesregierung beim Arbeitsbesuch des Staatspräsidenten Stroessner den Auslieferungsfall Mengele ansprechen. Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, daß sich der von den deutschen Strafverfolgungsbehörden gesuchte Josef Mengele in einer militärischen Sperrzone in Paraguay aufhält. Die paraguayische Regierung hat der Bundesregierung wiederholt bestätigt, daß nach Mengele in Paraguay mit Haftbefehl gefahndet werde. Sie hat aber erst kürzlich noch einmal darauf verwiesen, Mengele befinde sich nicht mehr in Paraguay. Die Bundesregierung hat keinen Anlaß, an diesen Angaben zu zweifeln. Sie wird jedoch bei dem anstehenden Besuch von Staatspräsident Stroessner nochmals die Erwartung zum Ausdruck bringen, daß die zuständigen paraguayischen Stellen die Fahndung im gebotenen Umfang intensivieren, wenn hinreichender Verdacht besteht, daß Mengele sich in Paraguay aufhält. Zu Frage 89: Unabhängig von den laufenden Bemühungen der Bundesregierung, den Aufenthaltsort Mengeles ausfindig zu machen, der weiter im Ausland vermutet wird, ist beabsichtigt, Herrn Stroessner an das an Paraguay gerichtete deutsche Auslieferungsersuchen in Sachen Mengele zu erinnern und auf das nachhaltige deutsche Interesse an einer Ergreifung und Überstellung des Verfolgten hinzuweisen. Im übrigen verweise ich auf meine Antwort zu Frage Nr. 88. Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs Erhard auf die Fragen des Abgeordneten Eylmann (CDU/CSU) (Drucksache 10/3226 Fragen 90 und 91): Hält es die Bundesregierung sowohl im Hinblick auf die Sicherung des Anwaltsstandes als eines unabhängigen Organs der Rechtspflege als auch in Anbetracht der dramatischen Zunahme der Zahl der Rechtsanwälte für unbedenklich, daß in großem Umfange Beamte und Richter nach Erreichen der Altersgrenze als Rechtsanwälte zugelassen werden? Ist nach Auffassung der Bundesregierung eine Änderung der Bundesrechtsanwaltsordnung dahin geboten, pensionierten Beamten und Richtern den Zugang zum Anwaltsberuf zu versagen, und teilt insbesondere die Bundesregierung die Auffassung, daß die vom Bundesverfassungsgericht entwikkelten Kriterien zur Einschränkung der Freiheit der Berufswahl auf die vorliegenden Fälle nicht uneingeschränkt anzuwenden sind, weil hier nach Abschluß eines Berufslebens im öffentlichen Dienst ein Zweitberuf gewählt wird? Zu Frage 90: Nach den Erkenntnissen der Bundesregierung kann man nicht davon ausgehen, daß Ruhestandsbeamte und -richter in einem großen Umfang an den Zulassungen zur Rechtsanwaltschaft beteiligt sind. Nach Angaben der Länder sind in den Jahren 1972 bis einschließlich 1983 etwa 500 Ruhestandsbeamte und -richter zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden. In der gleichen Zeit stieg die Zahl der Rechtsanwälte um 20105. Eine merklich zunehmende Tendenz der Zulassungen aus dem Kreise der Ruhestandsbeamten und -richter war in dem genannten Zeitraum nicht festzustellen. Weil die Verweildauer dieser Personen im Beruf wegen ihres fortgeschrittenen Lebensalters verhältnismäßig kurz ist, dürfte der Anteil der Rechtsanwälte, die Ruhestandsbeamte oder -richter sind, höchstens 0,5 bis 1 % aller Rechtsanwälte betragen. Angesichts der stark steigenden Zahl der Rechtsanwälte würde es jedoch von einem größeren Verständnis für die derzeitigen Nöte und Schwierigkeiten der jungen Juristen zeugen, wenn wirtschaftlich abgesicherte Ruhestandsbeamte und -richter von einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft absähen. Zu Frage 91: Nach Auffassung der Bundesregierung wäre eine generelle Versagung der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft für pensionierte Beamte und Richter angesichts der bereits dargelegten tatsächlichen Verhältnisse mit erheblichen verfassungsrechtlichen Risiken behaftet. Der Gedanke, für wirtschaftlich gesicherte ältere Personen mit einem abgeschlossenen Berufsleben gelte das Grundrecht der Freiheit der Berufswahl nur in beschränktem Umfang, ist problematisch. Wegen des engen Zusammenhangs, der nach der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung zwischen der Freiheit der Berufswahl und der Persönlichkeitsentfaltung sowie der Menschenwürde besteht, wird auch älteren Berufsbewerbern die Freiheit der Berufswahl nicht verkürzt werden können. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. April 1985 10157* Eine andere Frage ist, ob die geltenden gesetzlichen Vorkehrungen genügen, um dem Eindruck hinreichend entgegenzuwirken, der Rechtsanwalt könne wegen seines früheren Amtes als Beamter oder Richter dem Mandanten Vorteile verschaffen. Entsprechend den Erfahrungen der Praxis werden in einer Novelle zur Bundesrechtsanwaltsordnung, die in nächster Zeit den gesetzgebenden Körperschaften zugeleitet werden soll, Vorschläge für eine Erschwerung der örtlichen Zulassung bei früheren Beamten und Richtern vorgelegt werden.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Julius Louven


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nun sind wir Sozialpolitiker wieder fast unter uns. Ich bedanke mich bei den wenigen anderen, die bei diesem weiteren sozialpolitischen Punkt noch zuhören.
    Insbesondere die Mitglieder des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung wissen nur zu genau, welche Fülle von Gesetzen wir im Sozialbereich zu beraten haben und in welcher Eile dies in den letzten Jahren geschehen mußte. Zu Recht ist hier Klage geführt und darauf hingewiesen worden, daß eine sorgfältige Beratung, wie sie in allen Fällen wünschenswert wäre, nicht immer garantiert ist. Dennoch, meine Damen und Herren, bleibt uns zunächst im Sozialausschuß keine andere Wahl. Noch immer sind wir mit Aufräumarbeiten beschäftigt,

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Was?)

    die auf Grund Ihrer Politik nach dem Regierungswechsel notwendig wurden.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Sie räumen sich selbst auf!)

    — Frau Kollegin Fuchs, ich weiß, daß Sie dies nicht gern hören. Der Bundeskanzler hat dazu gestern auch Ausführungen gemacht und gemeint: Im Ausgeben waren Sie Weltmeister. Seitdem wir Sie daran hindern, sind Sie Weltmeister im Austeilen. Nur im Einstecken sind Sie Kreisklasse, Frau Kollegin Fuchs.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU — Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Da bin ich sehr gut, keine Angst!)

    Insbesondere im Bereich der Rentenangelegenheiten, der Fragen der Zurückdrängung der Arbeitslosigkeit und der Lohnnebenkosten sowie in vielen anderen Bereichen wäre ein Vor-sich-Herschieben nicht zu verantworten. Wir bleiben auch im nächsten Jahr über Gebühr beschäftigt. In dieser Situation und angesichts dieser Fülle von Aufgaben kann es nicht ausbleiben, daß Fehler passieren. Die CDU/CSU-Fraktion hat zum Jahreswechsel erklärt, daß wir uns nunmehr dank der Sanierungspolitik dieser Regierung auch finanziell in der Lage sehen, Fehler oder die eine oder andere Ungereimtheit zu beseitigen.

    (Stahl [Kempen] [SPD]: Ihr macht nur Ungereimtheiten!)

    Hierhin gehört der von den Koalitionsfraktionen eingebrachte Gesetzentwurf zur Erweiterung der unentgeltlichen Beförderung Schwerbehinderter im öffentlichen Personenverkehr auf Drucksache 10/3218. Das Vorziehen dieses Gesetzentwurfs ist deshalb vonnöten, weil die Beratung des Gesetzes zur Änderung des Schwerbehindertengesetzes auf Drucksache 10/3138 noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Die von uns eingebrachten Verbesserungen sollten jedoch auf jeden Fall sehr bald in Kraft treten. Bei den Beratungen des Schwerbehindertengesetzes wird dann über weitere Verbesserungen, Herr Kollege Dreßler, zu entscheiden sein. Sie mögen daran auch ersehen, daß wir im sozialen Bereich, wo wir die Notwendigkeit zur Änderung der bestehenden Rechtslage erkennen, diese Änderungen zügig in Angriff nehmen.

    (Dr. George [CDU/CSU]: Mut der Vernunft! — Lutz [SPD]: Da kommen wir mit dem Ändern nicht mehr nach, wenn wir das alles korrigieren wollen!)

    Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sollen einschränkende Regelungen über die Freifahrt im öffentlichen Personennahverkehr, die bei der Neuordnung des Rechts der unentgeltlichen Beförderung Schwerbehinderter durch das Haushaltsbegleitgesetz 1984 eingeführt wurden und zu Härten geführt haben, wieder aufgehoben, verbessert sowie Erleichterungen für die Schwerbehinderten bei der Zahlung der Eigenbeteiligung geschaffen werden.

    (Zurufe von der SPD)

    Im einzelnen sind vier Maßnahmen vorgesehen. Erstens. Gehörlose werden in den Kreis der berechtigten Personen einbezogen, so daß sie ohne Rücksicht darauf, ob sie in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind, gegen Entrichtung der Eigenbeteiligung das Recht der unentgeltlichen Beförderung in Anspruch nehmen können. Dies ist deswegen begründet, weil die Gehörlosen mit Nichtbehinderten oder nicht gleichartig Behinderten nur in sehr begrenztem Umfang oder überhaupt nicht in Kommunikation treten können.

    (Stahl [Kempen] [SPD]: Die Erkenntnis kommt aber spät!)

    Um aber eine Isolierung zu vermeiden, sind Gehörlose auf Kontakte mit in gleicher Art behinderten Personen und auf Informationen der speziellen Gehörlosendolmetscher angewiesen.

    (Lutz [SPD]: Haben wir Ihnen damals gesagt!)

    Diese Kontakte sind vielfach nur durch die Benutzung des öffentlichen Nahverkehrs herzustellen und zu erweitern. Wir ermöglichen dies.

    (Zuruf des Abg. Lambinus [SPD])

    Zweitens. Hilflose, die in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr nicht erheblich beeinträchtigt sind, werden mit den Hilflosen gleichgestellt, die schon nach geltendem Recht die unentgeltliche Beförderung in Anspruch nehmen können. Hier erfolgt eine Gleichstellung von Schwerbehinderten und Hilflosen, die nicht gehbehindert sind.
    Drittens. Die unentgeltliche Beförderung mit der Eisenbahn im Umkreis von 50 km um den Wohnort



    Louven
    der betroffenen Behinderten wird wieder eingeführt.

    (Lutz [SPD]: Das haben wir Ihnen damals gesagt!)

    D-Züge können benutzt werden. Das geht über das hinaus, was bis zum 31. Dezember geltendes Recht war. Dies stellt eine Verbesserung besonders für Schwerbehinderte außerhalb der Ballungsgebiete dar.
    Viertens. Die Zahlung der Eigenbeteiligung von 120 DM jährlich wird dadurch erleichtert, das Halbjahresmarken erworben werden können.

    (Erneuter Zuruf des Abg. Lutz [SPD])

    Außerdem können Teilbeträge der Eigenbeteiligung in Härtefällen erstattet werden, wenn der Berechtigte, aus welchem Grund auch immer, die unentgeltliche Beförderung nicht mehr in Anspruch nehmen kann oder will.

    (Schmidt [Hamburg-Neustadt] [GRÜNE]: Bürokratisierung!)

    Nach geltendem Recht muß für die Inanspruchnahme der unentgetlichen Beförderung eine für ein Jahr gültige Wertmarke erworben werden. Die Erfahrungen haben gezeigt, daß dies nicht zweckmäßig ist. Zukünftig kann der Schwerbehinderte hier wählen.
    Meine Damen und Herren, der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme zur Drucksache 10/3138 die vorgesehenen Maßnahmen ebenfalls vorgeschlagen. Wir sollten in der Ausschußberatung auch noch einmal darüber nachdenken, ob man aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung für unentgeltlich auszugebende Wertmarken eine Mehrjahresmarke einführen kann. Ich weiß natürlich, daß es wegen der Fahrgelderstattungen an die Verkehrsunternehmen Probleme geben kann.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Lieber ganz sein lassen!)

    Aus dem, war wir vorschlagen, wird deutlich, daß wir die Behinderten nicht als Außenseiter oder als Randgruppe betrachten, sondern ihnen ihr Los nach Kräften und im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten erleichtern und sie weitestgehend am Leben der Gesellschaft teilhaben lassen.

    (Lutz [SPD]: Nachdem ihr es zuvor nach Kräften erschwert habt!)

    Meine Damen und Herren von der SPD, Sie reden in diesen Tagen — dies hängt wohl auch mit dem Wahltermin in Nordrhein-Westfalen zusammen — von „Sozialabbau" und „neuer Armut".

    (Zurufe von der SPD)

    Frau Kollegin Fuchs hat dies gestern auf eine besonders peinliche Art hier praktiziert. Herr Altstaatssekretär Egert stand ihr heute morgen in nichts nach.
    Meine Damen und Herren, wenn es Armut gibt, dann ist es keine neue.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Massenarbeitslosigkeit schafft neue Armut!)

    Der Kollege Jagoda hat Ihnen eben die Zahlen genannt. Dies ist alte Armut, die Sie uns hinterlassen haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Schon wieder eine Erblast!)

    Ich wiederhole, meine Damen und Herren, was ich schon einmal von diesem Pult aus sagte: Wir handeln, während Sie Klassenkampf betreiben. Vor diesem Hintergrund darf man gespannt sein, ob Sie mit uns darangehen, dieses Gesetz zügig zu beraten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete von der Wiesche.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Eugen von der Wiesche


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen!

    (Dr. George [CDU/CSU]: Sag ja dazu, dann hat es sich!)

    Wir beraten heute in erster Lesung einen Gesetzentwurf mit dem etwas irreführenden Titel, Kollege George, „Erweiterung der unentgeltlichen Beförderung Schwerbehinderter im öffentlichen Personenverkehr".

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das stimmt doch wohl!)

    Es ist ein Entwurf, dessen es im übrigen überhaupt nicht bedurft hätte, wenn die Koalitionsfraktionen bei den Beratungen der Haushaltsoperation 1984 unseren Vorschlägen gefolgt wären.

    (Beifall bei der SPD)

    Es ist schon mehr als merkwürdig, wie die Regierungskoalition in diesem Lande mit Behinderten umspringt.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Es liegt noch keine 18 Monate zurück, daß Sie von dieser Stelle aus im Brustton der Überzeugung behaupteten, zur Konsolidierung der öffentlichen Finanzen seien gravierende Einschnitte in das Behindertenrecht unumgänglich.
    Heute — bemerkenswerterweise ein paar Tage vor den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen —

    (Dr. George [CDU/CSU]: Das ist rein zufällig!)

    kommen Sie mit einem neuen Hut aus altem Filz, ganz nach der Devise „Alles neu macht der Mai".

    (Beifall bei der SPD)

    Sind Sie sich eigentlich bewußt, welch ein übles Spiel Sie gerade mit denjenigen getrieben haben, die am Ersten des Monats nicht wissen, wie sie mit ihrem kärglichen Einkommen das Monatsende erreichen sollen? Am 1. Januar bzw. 1. April 1984 haben Sie trotz eindringlicher Warnungen von seiten der Sozialdemokraten für die überwiegende Mehrzahl der Behinderten die sogenannten Vergünstigungen gestrichen. Ein Teil dieser sogenannten Vergünstigungen soll nun ein knappes Jahr später teilweise wieder eingeführt werden.



    von der Wiesche
    Bereits am 10. Juli vergangenen Jahres hat die SPD-Bundestagsfraktion einen eigenen Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung des Schwerbehindertengesetzes eingebracht. In diesem Gesetzentwurf haben wir bereits die weitgehende Wiederherstellung des Rechts der bis 1983 noch so zu nennenden Freifahrt für Behinderte vorgeschlagen. Die Regierungskoalitionen haben unseren Gesetzentwurf nicht zur Kenntnis genommen.

    (Dr. George [CDU/CSU]: Doch, doch! — Aber er ist falsch!)

    Im September haben Sie dann selber einen Gesetzentwurf eingebracht. In dessen Begründung heißt es: Weitere Änderungen der unentgeltlichen Beförderung Schwerbehinderter im öffentlichen Personenverkehr sind nicht vorgesehen, obwohl tatsächlich keine einzige Änderung in diesem Gesetzentwurf enthalten ist. Im Gegenteil, die massiven Verschlechterungen zu Lasten der Behinderten sollten ohne Zuckerguß über die Bühne gehen, meine Damen und Herren.

    (Zuruf von der SPD: So ist das!)

    Das war dann wohl selbst der Unionsmehrheit im Bundesrat zuviel. Unter massivem öffentlichen Druck forderte der Bundesrat in seiner Sitzung vom 26. Oktober 1984 einige, wenn auch unzureichende Korrekturen im Hinblick auf die früher einmal unentgeltliche Beförderung Schwerbehinderter im öffentlichen Personenverkehr. Fast ein halbes Jahr lang war die Bundesregierung nicht imstande, sich zur Gegenäußerung auf die vom Bundesrat erhobene Forderung auf Rücknahme der Verschlechterungen aufzuraffen.

    (Zuruf von der SPD: Das ist typisch!)

    Die Bundesregierung hat in dieser Gegenäußerung den meisten Forderungen des Bundesrates, die das Recht der Beförderung Behinderter betreffen, offensichtlich schweren Herzens zugestimmt.
    Keine vier Wochen nach dieser unter großen Schwierigkeiten zustande gekommenen Zustimmung wurden Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, mit einem gesonderten Gesetzentwurf zur Beförderung Schwerbehinderter im öffentlichen Personenverkehr mit einer an den Haaren herbeigezogenen Begründung vorgeschickt. Dieser Entwurf, über den wir heute beraten, bleibt seinerseits nun wieder hinter den Bundesratsforderungen zurück, denen die Bundesregierung unter ach so großen Bauchschmerzen noch zugestimmt hatte. Verwirrender, meine verehrten Damen und Herren, kann Salami-Taktik wohl nun kaum noch gestaltet werden.

    (Zuruf von der SPD: Salami-Taktik? Das ist Heuchelei!)

    Dieser Gesetzentwurf ist weiter nichts als die längst überfällige Rücknahme massiver Verschlechterungen bei der Beförderung Behinderter im öffentlichen Personenverkehr.

    (Beifall bei der SPD)

    Es sind im wesentlichen drei Punkte, die im Gesetz enthalten sind. Erstens. Die Gehör- und Hilflosen, die in ihrer Bewegungsunfähigkeit im Straßenverkehr nicht erheblich beeinträchtigt im Sinne des Gesetzes sind, sollen nun wieder in den berechtigten Personenkreis einbezogen werden. Meine Damen und Herren, das hätten Sie viel früher haben können; denn genau dies ist in unserem Gesetzentwurf vom 10. Juli 1984 enthalten.
    Die unentgeltliche Beförderung soll im Nahbereich auch wieder mit Eisenbahnen möglich sein. Auch dieser Punkt, meine Damen und Herren, ist in unserem Entwurf vom Sommer 1984 vorgesehen.
    Des weiteren soll es die Möglichkeit geben, die Eigenbeteiligung von 120 DM jährlich in Teilbeträgen zu zahlen. Diese Anregung — das will ich gerne zugeben — ist in unserem Gesetzentwurf nicht enthalten, auch wenn sie für viele einkommenschwache Behinderte eine Erleichterung bedeuten mag.

    (Dr. George [CDU/CSU]: Ihr denkt halt nicht weit genug!)

    Wir ziehen in unserer Vorlage allerdings die richtige Konsequenz und schlagen vor, den ganzen sozialpolitisch groben Unfug der Eigenbeteiligung wieder abzuschaffen.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir sind nach wie vor der Auffassung, daß Selbstbeteiligung im Recht unentgeltlicher Beförderung Behinderter nichts zu suchen hat, weil es dann eben keine unentgeltliche Beförderung mehr ist.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Sie, meine Damen und Herren, haben aber mit der bürokratischen Axt der Selbstbeteiligung nach dem 31. Dezember 1983 die Zahl der freifahrtberechtigten Behinderten praktisch halbiert. 1,7 Millionen wurden aus dem Kreis der bis dahin Frei-fahrtberechtigten ausgegrenzt. Die Statistik verbirgt dies hinter den nüchternen Worten: „Berechtigung entfallen aus sonstigen Gründen". Hinter diesen dürren Formulierungen verbergen sich Schicksale von verbitterten und in ihrer Würde gekränkten Behinderten. Die Bundesregierung hält diese Behinderten für desinteressiert, weil sie sich nicht gemeldet haben. Dazu gehören auch viele derjenigen Behinderten, die aus verschämter Armut, aus Stolz, aus Angst vor Belastung ihrer Kinder oder einfach aus Unkenntnis und Schwellenangst den eigentlich notwendigen Gang zum Sozialamt scheuen.
    Es ist wirklich höchste Zeit, endlich die erforderlichen Korrekturen vorzunehmen. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion wird diesem Gesetzentwurf im Grundsatz zustimmen, weil er ein kleiner Schritt in die richtige Richtung ist.

    (Lutz [SPD]: Ein sehr kleiner Schritt!)

    Meine Damen und Herren, wir werden aber nicht widerspruchslos hinnehmen, daß in diesem Entwurf die sozialhilfebedürftigen schwerbehinderten Heimbewohner wieder einmal vergessen werden sollen. Es ist uns unverständlich, warum Sie bei diesem wichtigen Punkt den Empfehlungen von Bundesrat und Bundesregierung nicht gefolgt sind.

    (Lutz [SPD]: Was? Unglaublich!)




    von der Wiesche
    Sie sollten sich am Beispiel Nordrhein-Westfalens orientieren. Dessen Sozialminister Friedhelm Farthmann hat sofort nach Bekanntwerden der Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates angeordnet, allen in Nordrhein-Westfalen in Heimen lebenden schwerbehinderten Sozialhilfeempfängern auf Antrag die Wertmarke für die Freifahrt kostenlos zu überlassen.

    (Beifall bei der SPD)

    Es bleibt zu hoffen, daß sich der Entwurf, den wir heute in erster Lesung beraten, nicht als wahlkampftaktisch bestimmte Eintagsfliege erweist, die nach den Wahlen in Nordrhein-Westfalen bis zur endgültigen Verabschiedung der Novelle des Schwerbehindertengesetzes wieder auf Eis gelegt wird. Einige Ungereimtheiten und Formulierungen Ihres Entwurfs deuten bedauerlicherweise darauf hin.

    (Jagoda [CDU/CSU]: Diese Unterstellung tut aber weh!)

    Wir Sozialdemokraten sind jedenfalls zu einer Verbesserung der sozialen Situation der Behinderten sofort bereit.

    (Beifall bei der SPD — Jagoda [CDU/CSU]: Uns so etwas zu unterstellen!)