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ID1013303200

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/133 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 133. Sitzung Bonn, Freitag, den 19. April 1985 Inhalt: Wahl der Abg. Frau Eid zur Schriftführerin als Nachfolgerin des Abg. Krizsan . . . 9865A Bestimmung des Abg. Ströbele zum ordentlichen Mitglied und des Abg. Mann zum stellvertretenden Mitglied im Gemeinsamen Ausschuß als Nachfolger der Abg. Schily und Frau Beck-Oberdorf 9865 B Wahl des Abg. Dr. Schierholz zum Mitglied im Vermittlungsausschuß als Nachfolger der Abg. Frau Nickels 9865 B Erweiterung der Tagesordnung 9865 B Zur Geschäftsordnung Seiters CDU/CSU 9865 C Dr. Spöri SPD 9866 B Vogel (München) GRÜNE 9867 B Wolfgramm (Göttingen) FDP 9867 D Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Beschäftigungsförderungsgesetzes 1985 — Drucksache 10/2102 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 10/3206 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/3211 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Antrag der Fraktion der SPD Förderung der Beschäftigung — Drucksachen 10/2132, 10/3206 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über befristete Arbeitsverträge mit wissenschaftlichem Personal an Hochschulen und Forschungseinrichtungen — Drucksache 10/2283 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft — Drucksache 10/3119 — Vogelsang SPD 9869 A Seehofer CDU/CSU 9869 B Dreßler SPD 9872 A Cronenberg (Arnsberg) FDP 9877 B Tischer GRÜNE 9879 C Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 9882 C Lutz SPD 9885 D Frau Dr. Wisniewski CDU/CSU 9887 D Vogelsang SPD 9889 B Dr.-Ing. Laermann FDP 9890 C Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMBW 9891 D Namentliche Abstimmung 9907 D Ergebnis der Abstimmung 9907 D II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 133. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. April 1985 Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung — Drucksache 10/2889 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 10/3207 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/3212 — Müller (Wesseling) CDU/CSU 9893 D Heyenn SPD 9897 A Frau Dr. Adam-Schwaetzer FDP . . . 9900 D Bueb GRÜNE 9902 B Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 9904 C Frau Fuchs (Köln) SPD 9909 B Mischnick FDP 9911 B Reimann SPD 9913A Zur Geschäftsordnung Bueb GRÜNE 9915A Seiters CDU/CSU 9915A Namentliche Abstimmung 9919 C Ergebnis der Abstimmung 9919 C Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über steuerliche Maßnahmen zur Förderung des schadstoffarmen Personenkraftwagens — aus Drucksache 10/2523 — Zweite Beschlußempfehlung und Zweiter Bericht des Finanzausschusses — Drucksache 10/3205 — Zweiter Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/3213 — Dr. Lippold CDU/CSU 9917 A Lennartz SPD 9920 D Hoffie FDP 9923 A Schulte (Menden) GRÜNE 9925 B Dr. Häfele, Parl. Staatssekretär BMF . 9927 A Namentliche Abstimmung 9928 B Ergebnis der Abstimmung 9928 A Vizepräsident Westphal 9928 C Nächste Sitzung 9929 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 9931*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 9931* B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 133. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. April 1985 9865 133. Sitzung Bonn, den 19. April 1985 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 19. 4. Dr. Ehmke 19. 4. Esters 19. 4. Franke (Hannover) 19. 4. Genscher 19. 4. Glos 19. 4. Dr. Götz 19. 4. Jaunich 19. 4. Kittelmann 19. 4. Dr. Kreile 19. 4. Kuhlwein 19. 4. Lamers 19. 4. Dr. Lammert 19. 4. Metz 19. 4. Petersen 19. 4. Polkehn 19. 4. Rappe (Hildesheim) 19. 4. Reuschenbach 19. 4. Frau Roitzsch (Quickborn) 19. 4. Dr. Schierholz 19. 4. Schmidt (Hamburg) 19. 4. Schmidt (Wattenscheid) 19. 4. Schreiner 19. 4. Schröer (Mülheim) 19. 4. Frau Seiler-Albring 19. 4. Senfft 19. 4. Stockhausen 19. 4. Dr. Stoltenberg 19. 4. Vogt (Kaiserslautern) 19. 4. Voigt (Sonthofen) 19. 4. Vosen 19. 4. Dr. Warnke 19. 4. Wieczorek (Duisburg) 19. 4. Dr. Wittmann 19. 4. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 der Geschäftsordnung die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bewertung des Strahlenschutz-Forschungsprogramms der Europäischen Gemeinschaft 1976 bis 1980 (Drucksache 10/2993) zuständig: Ausschuß für Forschung und Technologie (federführend) Innenausschuß Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zum Abschluß des Dritten Lomé-Abkommens (Drucksache 10/3120) zuständig: Auswärtiger Ausschuß (federführend) Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht über die Entwicklung der mit den Verkaufserlösen und Betriebsausgaben in der Land- und Forstwirtschaft anfallenden Umsatzsteuer (Vorsteuerbelastung) (Drucksache 10/3155) zuständig: Finanzausschuß (federführend) Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Der Präsident hat gemäß § 92 der Geschäftsordnung die nachstehende Vorlage überwiesen: Zustimmungsbedürftige Verordnung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs (Nr. 3/85 - Zollpräferenzen 1985 gegenüber Entwicklungsländern - EGKS) (Drucksache 10/3173) Überweisung an den Ausschuf3 für Wirtschaft mit der Bitte, den Bericht dem Plenum möglichst bis zum 13. Juni 1985 vorzulegen Durch die Annahme von Änderungsanträgen im Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung ist der Entwurf eines Beschäftigungsförderungsgesetzes 1985 - Drucksache 10/2102 - zu einer Finanzvorlage gemäß § 96 Abs. 2 GOBT geworden. Der Präsident hat mit Schreiben vom 17. April 1985 die Änderungsanträge dem Haushaltsausschuß mit der Bitte um einen Bericht gemäß § 96 GO überwiesen. Der Vorsitzende des Ausschusses für Verkehr hat mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Berichterstattung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung über die nachstehende Vorlage absieht: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Verkehrsbericht (Drucksache 10/2695) Der Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung hat mit Schreiben vom 27. März 1985 mitgeteilt, daß der Ausschuß beschlossen hat, auf die Beratung folgender EG-Vorlagen zu verzichten: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zum Schutz der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch chemische, physikalische und biologische Agenzien bei der Arbeit: Lärm (Drucksache 10/358 Nr. 73) Die Förderung der Beschäftigung von Jugendlichen (Drucksache 10/92 Nr. 67) Gemeinschaftsaktion zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit - Beitrag der örtlichen Beschäftigungsinitiativen (Drucksache 10/903 Nr. 2) Technologischer Wandel und soziale Veränderungen (Drucksache 10/1051 Nr.20) Entwurf einer Entschließung des Rates zur Bekämpfung der Frauenarbeitslosigkeit (Drucksache 10/1145 Nr. 12)
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Udo Tischer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)

    Ich bin gleich fertig; einen Satz bitte noch.
    Beim Antrag der SPD-Fraktion stimmen wir in die Kritik über den von der Bundesregierung praktizierten Sozialabbau mit dem Wissen ein, daß bereits der vorherige Bundeskanzler Schmidt diese Phase eingeleitet hatte.

    (Lutz [SPD]: Das war überflüssig! Ein höchst überflüssiger Nachsatz! Übrigens ist die Redezeit zu Ende!)

    Da das Programm jedoch auf Wachstum aufgebaut
    ist und sich unzureichend an ökologischen und sozialen Notwendigkeiten orientiert, werden wir uns hier der Stimme enthalten.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Jagoda [CDU/ CSU]: Der liest ja weiter! Das ist keine Lesestunde hier!)



Rede von Dr. Philipp Jenninger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, ich appelliere an alle Seiten des Hauses, mit Zwischenrufen etwas zurückhaltend zu sein.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das war doch keine Rede!)

Ich erteile das Wort dem Herrn Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung.

(Auf der Zuschauertribüne wird ein Transparent gezeigt)

— Ich bitte, die Störung auf der Tribüne abzustellen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Norbert Blüm


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kollege Dreßler hat diesem Gesetz den totalen Mißerfolg vorausgesagt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Und gewünscht!)

    Meine Damen und Herren, betrachten wir uns doch die Treffsicherheit der Voraussagen der Sozialdemokraten zu Sozialgesetzen dieser Bundesregierung. Als wir das Rückkehrhilfegesetz vorgelegt haben, hat es der Kollege Dreßler als einen Schuß in den Ofen bezeichnet. Nicht 50 000, wie wir vorsichtig geschätzt haben, sondern 160 000 haben dieses Rückkehrhilfegesetz in Anspruch genommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Kolb [CDU/CSU]: 15 000, haben die gesagt!)

    Als wir das Vorruhestandsgesetz eingebracht haben, hat die sozialdemokratische Partei durch ihren Kollegen Lutz erklären lassen, nur Gewerkschaften, die von einem kollektiven Schwachsinn befallen wären, würden dieses Gesetz nutzen. Inzwischen haben die Gewerkschaften dieses Gesetz in über 220 Tarifverträgen genutzt. Ich muß auch die IG Metall gegen den Vorwurf in Schutz nehmen, sie sei vom kollektiven Schwachsinn befallen. Denn sie hat das Gesetz in Anspruch genommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wer so oft danebenschießt, sollte sich hier nicht als sozialpolitischer Schützenkönig aufspielen.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Nun zu unserem Beschäftigungsförderungsgesetz. Arbeit für alle, das, meine Damen und Herren, ist das wichtigste sozialpolitische Gebot der Stunde. Denn keine Unterstützung, auch keine Arbeitslosenunterstützung, kann die Zufriedenheit ersetzen, die aus dem Bewußtsein herrührt, sich seinen Lebensunterhalt selber zu verdienen. Deshalb hat jeder, ob alt ob jung, ob Mann ob Frau, ob gesund oder behindert, ein Recht, im Rahmen seiner Möglichkeiten an der Arbeit teilzuhaben.



    Bundesminister Dr. Blüm
    Meine Damen und Herren, spürt nicht jeder die Gefahr einer neuen Spaltung? Ich meine nicht die, die Herr Dreßler beschrieben hat, nämlich die zwischen Arbeitnehmern mit befristeten Arbeitsverträgen und Arbeitnehmern in Dauerarbeitsverhältnissen. Die neue Spaltung, die uns droht, sieht so aus: Die Insider setzen sich in der Erwerbsgesellschaft fest und zerren die Beute des Aufschwungs hinter die Festungsmauern, während die anderen draußen ohne Arbeit sitzen bleiben. Das ist die neue Klassenspaltung.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Das ist eine Spaltung zwischen denjenigen, die Arbeit besitzen, und Arbeitslosen. Ich gebe zu: Der Karl Marx bietet dafür kein Rezept, weil er immer nur die Front zwischen Kapital und Arbeit gesehen hat. Da sitzen welche im Schützengraben und schießen, aber es ist schon gar keiner mehr da. Wir sehen die neuen Gefahren einer Spaltung.
    Deshalb soll das Sozialrecht, das wir wollen, nicht nur diejenigen schützen, die drinnen sind, sondern es soll auch denjenigen helfen zurückzukommen, die draußen stehen.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Es geht darum, Zugbrücken herunterzulassen, Festungsmauern zu sprengen, nicht aber darum, Gräben aufzureißen. Wenn die Sozialdemokraten sagen, das sei ein Gesetz zum Heuern und Feuern, dann ist das nur die halbe Wahrheit. Zum Heuern soll es dienen. Alles, was dem Heuern, dem Einstellen dient, muß jetzt gemacht werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich gebe zu, daß wir neue, unkonventionelle Wege gehen, aber die alten Wege haben in die Sackgasse geführt. Ich gebe auch zu, daß mit neuen Wegen Risiken verbunden sind, aber das größte Risiko ist die Tatenlosigkeit. Laßt uns neue Wege probieren, um aus dem Talkessel der Arbeitslosigkeit herauszukommen.
    Im Mittelpunkt des Beschäftigungsförderungsgesetzes steht das Angebot zum unkomplizierten Abschluß von befristeten Arbeitsverträgen. Befristete Arbeitsverträge gibt es schon heute. Nur, ich fürchte, gerade der kleine Handwerksmeister, der mittelständische Unternehmer kann nachts nicht die arbeitsrechtliche Literatur studieren, damit er tagsüber jede Chance nutzen kann. Wir wollen keine Sozialpolitik nur für die Cleveren. Wir wollen das Sozialrecht auch einfacher machen, damit es auch zur Einstellung genutzt werden kann.
    In Zeiten des konjunkturellen Überganges bestehen Hemmungen, Dauerarbeitsverhältnisse zu vereinbaren. Das Ergebnis ist dauernde Arbeitslosigkeit. Wir wollen den frühzeitigen Einstieg mit befristeten Arbeitsverhältnissen versuchen. Befristete Arbeit — dabei bleibe ich — ist immer noch besser, als unbefristet arbeitslos zu sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Nirgendwo steht geschrieben, daß die befristeten Arbeitsverhältnisse nicht in unbefristete münden. Wer für ein entkrampftes Arbeitsrecht eintritt, der muß jetzt auch die Chance der befristeten Arbeitsverhältnisse durch Einstellungen nutzen. Wenn dieses Gesetz sein Ziel nicht erreichen würde, dann gäbe es nur einen Rückfall in das alte starre Arbeitsschutzrecht. Ein Mißerfolg dieses Gesetzes wäre ein Triumph für die sozialistischen Betonierer. Wer für Flexibilität ist, der muß diesem Gesetz zum Erfolg verhelfen.
    Die Unternehmer stehen jetzt auch unter der Beweislast. Einstellen geht vor Überstunden. Tausende von Unternehmern — Handwerker, Klein-und Großbetriebe — haben ja einen Lehrplatzrekord zustande gebracht, ohne Reglementierung, ohne staatliche Bürokratie, durch Einsicht und Verantwortung. Das ist ja auch ein Beweis dafür, daß man in dieser Gesellschaft durch Appelle an das Verantwortungsbewußtsein noch etwas zustande bringen kann, daß unsere Gesellschaft nicht so verfettet, verkrampft ist, daß sie immer nur Bürokratien und Paragraphen braucht, um etwas zu bewegen. Diesem Lehrplatzwunder muß jetzt eine Einstellungswelle folgen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Auch hier stehen wir unter der Beweislast, daß Flexibilität weiter führt als kollektive Einebnung.
    Die Einsicht, daß befristete Arbeitsverträge einer Notwendigkeit unserer Zeit entsprechen, hat sich auch in den sozialistischen Parteien Spaniens und Frankreichs inzwischen herumgesprochen. Die Sozialdemokraten leiden wieder einmal unter einer Verspätung. In einem Décret vom 3./4. dieses Monats läßt die französische Regierung Zeitarbeitsverträge mit Arbeitslosen bis zu 24 Monaten zu. Herr Lutz, hören Sie zu! Der sozialistische Arbeitsminister — —

    (Kolb [CDU/CSU]: Das interessiert den Lutz nicht! — Müller [Remscheid] [CDU/ CSU]: Unhöflich!)

    — Ja, er ist in seiner Höflichkeit wieder unübertroffen. Die Dialogbereitschaft des Herrn Lutz dokumentiert sich gerade wieder in einer ausgesprochenen Unhöflichkeit.

    (Dr. Jobst [CDU/CSU]: Wie immer!)

    Ich wende mich an alle Gewerkschafter. Die französischen nicht-kommunistischen Gewerkschafter waren bereit, auf diesen Boden zu gehen.
    Der sozialistische spanische Ministerpräsident hat im spanischen Fernsehen erklärt — ich zitiere ihn jetzt —:
    Es ist für einen Jugendlichen von 21 Jahren viel besser, wenn man ihm eine Beschäftigungsmöglichkeit von einem oder zwei Jahren anbietet, als wenn er keine Beschäftigungsmöglichkeit hat oder wenn er, wie im 19. Jahrhundert, ohne soziale Sicherheit in der Illegalität arbeiten muß.

    (Beifall bei der CDU/CSU und FDP)




    Bundesminister Dr. Blüm
    Ich empfehle den Sozialdemokraten, Entwicklungshilfe bei ihren sozialistischen Genossen in Frankreich und Spanien zu nehmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Kolb [CDU/CSU]: Die sind auch unter der Sonne gereift!)

    Wir machen auch die Teilzeitarbeit — das ist Ziel dieses Gesetzes — arbeitsrechtlich salonfähig. Sie soll kein Arbeitsverhältnis zweiter Klasse sein. Deshalb braucht die Teilzeitarbeit einen Standard von sozialem Schutz. Denn auch hier haben wir ein Defizit.
    Während in Schweden jeder vierte Arbeitsplatz ein Teilzeitarbeitsplatz ist, ist es bei uns nur jeder zehnte. Und Schweden war doch immer das Mekka der Sozialdemokraten. Das werden Sie doch nicht als das Ausbeutungsmusterland bezeichnen.
    Es ist auch Quatsch, wenn die IG Metall behauptet, mit Teilzeitarbeit sei — ich zitiere — „profitorientierte Zerschlagung von Vollarbeitsplätzen" geplant. Ich kann darauf nur sagen: Arbeitnehmer brauchen keinen Vormund. 240 000 Arbeitslose suchen gar keinen Vollerwerbsarbeitsplatz; sie suchen Teilzeitarbeitsplätze.
    Deshalb soll sich niemand aufspielen, dem Arbeitnehmer zu sagen, was sein Arbeitszeitwunsch ist. Maßstab unserer Politik sind die Bedürfnisse und die Wünsche der Menschen und nicht die Lehrsätze von ideologischen Schulmeistern.

    (Beifall bei der CDU/CSU und FDP)

    Ich schließe mich deshalb dem Appell von Hermann Rappe, dem Vorsitzenden der IG Chemie, an,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ein vernünftiger Mann!)

    der den Gewerkschaften empfahl, eine offene Diskussion über Teilzeitarbeit zu führen.
    Die Teilzeitarbeit ist auch eine Chance, den Arbeitsrhythmus mit dem Lebensrhythmus zu versöhnen. Diese standardisierten Arbeitszeiten: 8 Stunden am Tag, 5 Tage in der Woche, 45 Wochen im Jahr, 45 Jahre im Arbeitsleben: Entsprechen sie den Wünschen der Menschen? Sind sie nicht stark am Muster einer Kolonnengesellschaft orientiert, die nur den Gleichschritt kennt? Wir bevorzugen die zivile Gangart einer Gesellschaft, die der Eintönigkeit die Vielfalt vorzieht.
    Unsere sozialpolitische Alternative heißt nicht „Alles oder nichts", „Entweder für jeden oder für niemand". Wir bevorzugen das Teils-Teils, wir ziehen das Sowohl-als-Auch dem Entweder-Oder vor. Geplagt von der Angst vor Unterschieden versinkt die Gesellschaft in graue Nivellierung.
    Wir brauchen Arbeitszeiten nach Maß, nach menschlichem Maß, nicht Arbeitszeiten von der Stange. Ich gebe zu, daß die Herstellung von Maßanzügen anstrengender ist. Aber sie haben den Vorteil: Sie passen auch besser. Und wir brauchen passendere Arbeitszeiten.
    Der technische Fortschritt bietet zum ersten Mal seit 200 Jahren die Chance der Individualisierung
    von Arbeitszeiten. Diese Kolonnengesellschaft war möglicherweise unumgänglich in der Durchbruchsphase der Industrialisierung, als die heimatlosen Handwerksburschen und Bauernsöhne in die Disziplin einer Fließbandgesellschaft gezwungen wurden. Das haben wir doch überwunden. Der Mikroprozessor ist doch nicht Job-Killer. Er bietet auch die Chance der Dezentralisierung, der Individualisierung von Arbeitszeiten.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Und dies muß im Sinn der Befreiung genutzt werden. Die Kollektivisten haben immer gern die große Masse und, wenn's geht, „Im Gleichschritt marsch!".
    Nein, wir bleiben dabei: Eine Welt, die nach den Wünschen der Menschen eingerichtet ist.
    Der Sozialplan — ein weiterer wichtiger Bestandteil — soll seine Befriedungsfunktion behalten. Meine Damen und Herren, ich wünsche keinem deutschen Arbeitnehmer, daß er bei Betriebsänderungen so behandelt wird, wie sozialdemokratische Zeitungsverlage ihre Arbeitnehmer behandelt haben. Das wünsche ich keinem Arbeitnehmer.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Es gehört nicht zu den Zielen unseres Beschäftigungsförderungsgesetzes, daß man in sozialdemokratischen Betrieben aus der Zeitung erfahren hat, ob ein Betrieb stillgelegt wird.

    (Zuruf des Abg. Kolb [CDU/CSU])

    Ich meine, Sie sollten erst einmal vor Ihrer eigenen Tür kehren, bevor Sie uns bezüglich unserer Sozialplanforderungen Vorwürfe machen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Der Sozialplan soll den technischen Wandel sozial abfangen, dämpfen, aber er darf ihn nicht verhindern. Die Mentalität einer Sozialplangesellschaft verhindert Investitionen, Innovationen, Initiative. Wir dürfen uns nicht die Zukunft verbauen; denn Fortschritt liegt nur im Wandel. Der Sozialplan darf den Wandel nicht behindern. Er muß ihn — ich sage es noch einmal — sozial abfangen.
    Wir wollen, daß der Sozialplan dem zugute kommt, dem hilft, der tatsächlich entlassen wird. Denselben Anspruch hat nicht derjenige, der wieder einen Arbeitsplatz findet, möglicherweise im selben Konzern. Dieses Gebot der Verhältnismäßigkeit ist auch ein Gebot der Gerechtigkeit.

    (Zuruf des Abg. Hornung [CDU/CSU])

    Neue Betriebe sollen für die erste Zeit von Sozialplanpflichten befreit bleiben. Wer den Versuch der Existenzgründung sofort mit der Kalkulation eines Sozialplans belastet, vermindert Einstellungen. Wenn es nicht mehr Einstellungen gibt, dann gibt es zu guter Letzt auch nicht mehr Sozialpläne. Das ist die herbste Form der Sozialplanverhinderung.

    (Erneuter Zuruf des Abg. Hornung [CDU/ CSU])

    Ich komme zur Leiharbeit. Meine Damen und Herren, auch die Leiharbeit soll eine unter vielen verschiedenen ordentlichen Möglichkeiten des Ar-



    Bundesminister Dr. Blüm
    beitsverhältnisses sein. Deshalb braucht sie auch einen größeren Spielraum. Ich kenne Arbeitnehmer, die es vorziehen, mit sozialem Schutz an verschiedenen Arbeitsplätzen zu arbeiten, die es vorziehen, den Arbeitsplatz zu wechseln, deren Traum es nicht ist, 40 Jahre vor einem Schraubstock zu stehen, 40 Jahre hinter einer Schreibmaschine zu sitzen, die wechseln wollen.
    Vielleicht wächst hier ein Potential von Erfahrung, von beruflicher Weiterbildung. Solche Leiharbeitsplätze, wenn sie mit sozialem Schutz verbunden sind — und den sollen sie erhalten —, bieten auch die Chance, Arbeitsplatzreservierungen praktikabel zu machen, die Zwischenzeiten mit Leiharbeitsverhältnissen zu überbrücken.
    Das Ausgleichsverfahren beim Mutterschutz soll erweitert werden. Sie sehen: Wir helfen den Frauen nicht durch emanzipatorische Lyrik, sondern durch Praxis, durch handfeste Politik, die Einstellungshemmnisse abbaut.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Das Beschäftigungsförderungsgesetz wird die Rückkehr in das Berufsleben erleichtern. Wenn Mütter der Kindererziehung wegen auf die Erwerbsarbeit verzichtet haben, ist ja das große Hemmnis, wie sie wieder zurückkommen können. Der Anspruch auf Bildung soll erweitert werden, damit solche Arbeitsplatzverzichte mit Rückfahrkarten verbunden sind. Das alles ist ganz praktische Politik, handfeste Politik.
    Das Monopol der Bundesanstalt für Arbeit bei der Lehrlingsvermittlung soll nicht aufgelöst werden. Aber auch die Bundesanstalt muß vom hohen Roß herunter und sich mehr unter die Leute mischen. Es ist nicht verständlich — jedenfalls mir nicht—, daß Gruppen und Personen, die, voll guten Willens und ohne dabei ein Geschäft machen zu wollen, der Bundesanstalt für Arbeit bei der Lehrlingsvermittlung helfen wollen, mit Bußgeldern bedroht werden. Solche Gruppen, solche Mitbürger verdienen eine Auszeichnung und keinen Strafzettel.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich unterstütze den Appell von Ernst Breit und Otto Esser, der Neueinstellung den Vorzug vor Überstunden zu geben. Überstunden als Regelarbeitszeit sind eine Rücksichtslosigkeit gegenüber denjenigen, die keine Überstunden machen können, sondern null Stunden arbeiten müssen, weil sie nämlich arbeitslos sind.
    Meine Damen und Herren, dieses Gesetz ist nur soviel wert,

    (Buschfort [SPD]: Es ist überhaupt nichts wert!)

    wie es von den Betrieben, den Unternehmen und den Gewerkschaften genutzt wird. Es ist in der Tat mein Verständnis, daß solche Gesetze ein Angebot sind. Dabei ist man auf eine freiwillige Mitwirkung angewiesen. Eine Gesellschaft, die Freiwilligkeit nicht schätzt, muß bürokratisieren. Aber Bürokratisierung hilft nicht, Initiativen freizulegen. Wir brauchen eine Gesellschaft, in der es sich lohnt, intitiativ
    zu sein, in der es sich lohnt zu investieren, in der es sich lohnt, etwas Neues auszuprobieren. Und das Arbeitsrecht darf hier nicht der große Hemmer sein.
    Das Gesetz bedarf der Ergänzung durch die Tarifpartner. Viele Regelungen, die wir anbieten, können durch die Tarifpartner ersetzt, ergänzt werden. Dem Tüchtigen freie Bahn! Der Tarifvertrag — auch das möchte ich in dieser Stunde sagen — ist eine der größten Erfindungen der Sozialgeschichte. Seine Ordnungsfunktion ist unerläßlich. Eine Tarifvertragspolitik nach der Rosinentheorie kann es nicht geben. Tarifvertrag ist wechselseitiges Geben und Nehmen. Ein Tarifvertrag, in dem jede Seite versuchen würde, nur das für sie Erwünschte verbindlich zu machen, würde seine Ordnungsfunktion verlieren. Der Tarifvertrag behält seine Ordnungsfunktion, wenn er für beide Seiten verbindlich bleibt und beide, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, in die Pflicht nimmt. Er ist ein Ausweis der Kompromißfähigkeit unserer Gesellschaft. Und der Kompromiß ist das Gegenstück zum Klassenkampf.
    Wir brauchen mehr Miteinander. Wir haben 1945 die Trümmer nicht mit den Klassenkämpfern zur Seite geräumt; wir haben das, was andere das Wirtschaftswunder genannt haben, nur zustande gebracht, weil Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Gewerkschaften und Unternehmen zusammengehalten haben. Und diesen Aufbruch brauchen wir zugunsten der Arbeitslosen. Deshalb appelliere ich an die Betriebsräte, an die Unternehmer, an die Gewerkschaften, an die Arbeitgeberverbände, die Chance dieses Gesetzes zu nutzen. Einstellungen, das ist jetzt das Gebot der Stunde. Wir brauchen nicht kleinkarierte parteipolitische Zänkerei, wir brauchen eine übergroße Koalition für die Arbeitslosen und gegen die Arbeitslosigkeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)