Rede:
ID1013301900

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 6
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. Herr: 1
    5. Abgeordneter: 1
    6. Dreßler.\n: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/133 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 133. Sitzung Bonn, Freitag, den 19. April 1985 Inhalt: Wahl der Abg. Frau Eid zur Schriftführerin als Nachfolgerin des Abg. Krizsan . . . 9865A Bestimmung des Abg. Ströbele zum ordentlichen Mitglied und des Abg. Mann zum stellvertretenden Mitglied im Gemeinsamen Ausschuß als Nachfolger der Abg. Schily und Frau Beck-Oberdorf 9865 B Wahl des Abg. Dr. Schierholz zum Mitglied im Vermittlungsausschuß als Nachfolger der Abg. Frau Nickels 9865 B Erweiterung der Tagesordnung 9865 B Zur Geschäftsordnung Seiters CDU/CSU 9865 C Dr. Spöri SPD 9866 B Vogel (München) GRÜNE 9867 B Wolfgramm (Göttingen) FDP 9867 D Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Beschäftigungsförderungsgesetzes 1985 — Drucksache 10/2102 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 10/3206 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/3211 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Antrag der Fraktion der SPD Förderung der Beschäftigung — Drucksachen 10/2132, 10/3206 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über befristete Arbeitsverträge mit wissenschaftlichem Personal an Hochschulen und Forschungseinrichtungen — Drucksache 10/2283 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft — Drucksache 10/3119 — Vogelsang SPD 9869 A Seehofer CDU/CSU 9869 B Dreßler SPD 9872 A Cronenberg (Arnsberg) FDP 9877 B Tischer GRÜNE 9879 C Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 9882 C Lutz SPD 9885 D Frau Dr. Wisniewski CDU/CSU 9887 D Vogelsang SPD 9889 B Dr.-Ing. Laermann FDP 9890 C Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMBW 9891 D Namentliche Abstimmung 9907 D Ergebnis der Abstimmung 9907 D II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 133. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. April 1985 Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung — Drucksache 10/2889 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 10/3207 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/3212 — Müller (Wesseling) CDU/CSU 9893 D Heyenn SPD 9897 A Frau Dr. Adam-Schwaetzer FDP . . . 9900 D Bueb GRÜNE 9902 B Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 9904 C Frau Fuchs (Köln) SPD 9909 B Mischnick FDP 9911 B Reimann SPD 9913A Zur Geschäftsordnung Bueb GRÜNE 9915A Seiters CDU/CSU 9915A Namentliche Abstimmung 9919 C Ergebnis der Abstimmung 9919 C Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über steuerliche Maßnahmen zur Förderung des schadstoffarmen Personenkraftwagens — aus Drucksache 10/2523 — Zweite Beschlußempfehlung und Zweiter Bericht des Finanzausschusses — Drucksache 10/3205 — Zweiter Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/3213 — Dr. Lippold CDU/CSU 9917 A Lennartz SPD 9920 D Hoffie FDP 9923 A Schulte (Menden) GRÜNE 9925 B Dr. Häfele, Parl. Staatssekretär BMF . 9927 A Namentliche Abstimmung 9928 B Ergebnis der Abstimmung 9928 A Vizepräsident Westphal 9928 C Nächste Sitzung 9929 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 9931*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 9931* B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 133. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. April 1985 9865 133. Sitzung Bonn, den 19. April 1985 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 19. 4. Dr. Ehmke 19. 4. Esters 19. 4. Franke (Hannover) 19. 4. Genscher 19. 4. Glos 19. 4. Dr. Götz 19. 4. Jaunich 19. 4. Kittelmann 19. 4. Dr. Kreile 19. 4. Kuhlwein 19. 4. Lamers 19. 4. Dr. Lammert 19. 4. Metz 19. 4. Petersen 19. 4. Polkehn 19. 4. Rappe (Hildesheim) 19. 4. Reuschenbach 19. 4. Frau Roitzsch (Quickborn) 19. 4. Dr. Schierholz 19. 4. Schmidt (Hamburg) 19. 4. Schmidt (Wattenscheid) 19. 4. Schreiner 19. 4. Schröer (Mülheim) 19. 4. Frau Seiler-Albring 19. 4. Senfft 19. 4. Stockhausen 19. 4. Dr. Stoltenberg 19. 4. Vogt (Kaiserslautern) 19. 4. Voigt (Sonthofen) 19. 4. Vosen 19. 4. Dr. Warnke 19. 4. Wieczorek (Duisburg) 19. 4. Dr. Wittmann 19. 4. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 der Geschäftsordnung die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bewertung des Strahlenschutz-Forschungsprogramms der Europäischen Gemeinschaft 1976 bis 1980 (Drucksache 10/2993) zuständig: Ausschuß für Forschung und Technologie (federführend) Innenausschuß Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zum Abschluß des Dritten Lomé-Abkommens (Drucksache 10/3120) zuständig: Auswärtiger Ausschuß (federführend) Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht über die Entwicklung der mit den Verkaufserlösen und Betriebsausgaben in der Land- und Forstwirtschaft anfallenden Umsatzsteuer (Vorsteuerbelastung) (Drucksache 10/3155) zuständig: Finanzausschuß (federführend) Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Der Präsident hat gemäß § 92 der Geschäftsordnung die nachstehende Vorlage überwiesen: Zustimmungsbedürftige Verordnung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs (Nr. 3/85 - Zollpräferenzen 1985 gegenüber Entwicklungsländern - EGKS) (Drucksache 10/3173) Überweisung an den Ausschuf3 für Wirtschaft mit der Bitte, den Bericht dem Plenum möglichst bis zum 13. Juni 1985 vorzulegen Durch die Annahme von Änderungsanträgen im Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung ist der Entwurf eines Beschäftigungsförderungsgesetzes 1985 - Drucksache 10/2102 - zu einer Finanzvorlage gemäß § 96 Abs. 2 GOBT geworden. Der Präsident hat mit Schreiben vom 17. April 1985 die Änderungsanträge dem Haushaltsausschuß mit der Bitte um einen Bericht gemäß § 96 GO überwiesen. Der Vorsitzende des Ausschusses für Verkehr hat mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Berichterstattung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung über die nachstehende Vorlage absieht: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Verkehrsbericht (Drucksache 10/2695) Der Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung hat mit Schreiben vom 27. März 1985 mitgeteilt, daß der Ausschuß beschlossen hat, auf die Beratung folgender EG-Vorlagen zu verzichten: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zum Schutz der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch chemische, physikalische und biologische Agenzien bei der Arbeit: Lärm (Drucksache 10/358 Nr. 73) Die Förderung der Beschäftigung von Jugendlichen (Drucksache 10/92 Nr. 67) Gemeinschaftsaktion zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit - Beitrag der örtlichen Beschäftigungsinitiativen (Drucksache 10/903 Nr. 2) Technologischer Wandel und soziale Veränderungen (Drucksache 10/1051 Nr.20) Entwurf einer Entschließung des Rates zur Bekämpfung der Frauenarbeitslosigkeit (Drucksache 10/1145 Nr. 12)
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Horst Seehofer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Ja, Herr Kollege Dreßler, Sie dürfen.

    (Lutz [SPD]: Der Blüm muß reden!)

    Die Erfahrung lehrt, daß viele befristete Arbeitsverhältnisse oft in eine unbefristete Beschäftigung münden werden.

    (Peter [Kassel] [SPD]: Wie viele denn?)

    Viele Betriebe weichen heute lieber in Überstunden oder Sonderschichten aus, statt Neueinstellungen vorzunehmen.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Verbieten Sie die Überstunden; das wäre das Beste!)

    Davon haben die Arbeitslosen nichts. Durch den
    Zeitvertrag sollen die Arbeitgeber vor allem veranlaßt werden, eine Verbesserung ihrer Auftragslage auch den Arbeitslosen zugute kommen zu lassen.

    (Lutz [SPD]: Mir bricht das Herz!)

    Natürlich kann man die Frage stellen, warum man den Abschluß des befristeten Arbeitsvertrages erleichtern muß, da doch dieser Zeitvertrag heute schon möglich ist. Dieser Zeitvertrag ist heute möglich, sofern ein sachlicher Grund im Sinn der Rechtsprechung vorliegt. Genau hier liegt das Problem. Dieser Rechtfertigungszwang hat sich in der Praxis in vielen Fällen als höchst kompliziert und einstellungshemmend erwiesen. Wie schwierig die Frage zu beurteilen ist, ob ein sachlicher Grund im Sinn der Rechtsprechung vorliegt, ergibt sich schon daraus, daß die entsprechende Sammlung des Bundesarbeitsgerichts 70 wichtige Entscheidungen zu diesem Thema ausweist. Bezeichnend ist auch, das selbst der Bundesminister der Justiz vor dem Bundesarbeitsgericht in einem Prozeß unterlegen ist, weil er bei der Befristung eines 1980 abgeschlossenen Arbeitsvertrags den sachlichen Grund falsch beurteilt hat.

    (Lutz [SPD]: Das war doch in der BlümRede vorgesehen!)

    Wir können einem Handwerksmeister nicht zumuten, sich in diesem juristischen Dickicht zurechtzufinden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Peter [Kassel] [SPD]: Das muten Sie den Arbeitnehmern zu!)

    Ich denke, daß es bei dieser hohen Arbeitslosigkeit eine moralische Verpflichtung des Gesetzgebers gibt, hier für mehr Klarheit und Beweglichkeit zu sorgen.

    (Zuruf von der SPD: Für die Unternehmer; aber nur für die!)

    Die Erleichterungen beim befristeten Arbeitsvertrag sind von der Opposition mit viel Verdrehungen und Polemik überzogen worden.

    (Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: Wie immer!)

    Zum Beispiel wird behauptet, der Kündigungsschutz würde abgebaut,

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Sehr richtig! — Lutz [SPD]: Jawohl! — Weitere Zurufe von der SPD)

    Arbeitnehmerrechte würden zurückgeschraubt.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Sehr richtig! Ja! — Lutz [SPD]: Jawohl! — Weitere Zurufe von der SPD)

    Richtig ist, daß der Kündigungsschutz bestehender Arbeitsverhältnisse nicht angetastet wird.

    (Jagoda [CDU/CSU]: So ist es! Das wissen Sie auch! — Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Glauben Sie das wirklich!?)

    Und von einem unbefristeten Arbeitsverhältnis in ein befristetes Arbeitsverhältnis wird jemand doch nur dann wechseln, wenn es für ihn vorteilhaft ist.

    (Lachen bei der SPD)

    Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 133. Sitzung. Bonn. Freitag, den 19. April 1985 9871
    Seehofer
    Arbeitslosen, Frau Kollegin Fuchs, kann man den Kündigungsschutz nicht nehmen, weil sie keinen haben. Dieses Schutzrecht nutzt ihnen nichts, da sie keinen Arbeitsplatz haben.

    (Brunner [CDU/CSU]: Das ist es!)

    Im übrigen möchte ich ausdrücklich darauf hinweisen, daß der befristete Arbeitsvertrag nicht ordentlich gekündigt werden kann. es sei denn, die beteiligten Vertragspartner vereinbaren etwas anderes.

    (Buschfort: [SPD]: Nicht einmal das!)

    Diese Arbeitnehmer haben also befristet eine größere Arbeitsplatzsicherheit als unbefristet beschäftigte Arbeitnehmer.

    (Lutz [SPD]: Das kann doch nicht wahr sein! Das können Sie doch nicht glauben! — Weitere Zurufe von der SPD)

    Wie immer, wenn alle politischen Argumente ausgehen, wird behauptet, die ganze Sache sei mit der Verfassung nicht in Einklang. Wir haben die Frage, ob der erleichterte Abschluß des befristeten Arbeitsvertrags mit dem Grundgesetz in Einklang steht, sehr sorgfältig geprüft. Wir haben auch die Expertenanhörung ausgewertet. Für uns steht fest: Diese Regelung steht mit dem Grundgesetz in Einklang.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. George [CDU/CSU]: Sie ist sogar geboten!)

    Wir sagen sogar darüber hinaus: Das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes verpflichtet den Gesetzgeber geradezu, auch für diejenigen zu sorgen, die keinen Arbeitsplatz haben

    (Lutz [SPD]: Dann tun Sie es doch!)

    und von ihrem Grundrecht auf freie Berufswahl Gebrauch machen wollen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zurufe von der SPD)

    Ich meine, den Arbeitslosen nützt es wenig, wenn wir hier jetzt spitzfindig juristische Fragen durch den Fleischwolf drehen. Die Arbeitslosen warten darauf, daß wir ihnen praktisch helfen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Lutz [SPD]: Tun Sie es doch, bitte schön!)

    Meine Damen und Herren, dies alles ist echte Beschäftigungsförderung.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Entlassungsförderung ist das!)

    Wer dies, wie Sie, Kollege Lutz, das gestern getan haben, als Sozialabbau oder gar Beschäftigungsverhinderung bezeichnet, ist blind gegenüber den Problemen der Arbeitslosen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zurufe von der SPD)

    Sie sollten einmal in der Ausgabe Nr. 14 des „Spiegel" aus diesem Jahr nachlesen. Dort wird uns auf Seite 101 vorgehalten, daß wir viel zu bescheiden bei der Reform des Arbeitsrechts vorgehen. Da heißt es:
    Statt zumindest all jene Arbeitsplatzhemmnisse, die deutsche Arbeitsrechtler aus Unkenntnis des Arbeits- und Wirtschaftslebens erdachten, zu beheben, gibt es nur kleine Korrekturen.
    So im „Spiegel", Seite 101.

    (Zurufe von der SPD)

    Kein Wort von sozialer Demontage.

    (Lutz [SPI)]: Sie sollten im Neuen Testament nachlesen! Danach sind Sie zur Solidarität verpflichtet!)

    Wir müssen bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit alle Möglichkeiten ausschöpfen. Wir versuchen mit dem Beschäftigungsförderungsgesetz einen neuen Weg. Die Regierungskoalition leistet damit einen weiteren wichtigen Beitrag zum Abbau der Arbeitslosigkeit. Ich weise heute schon darauf hin, daß wir bei nächster Gelegenheit noch sozialrechtlich flankierende Vorschriften zu diesem Gesetz einbringen werden, die aus formalen Gründen in diesem Beratungsverfahren zurückgezogen werden mußten.

    (Zuruf von der SPD: Zurück ins 19. Jahrhundert! — Weitere Zurufe von der SPD)

    Wir schaffen mit diesem Gesetz Rahmenbedingungen. Paragraphen allein bewirken noch nichts; sie müssen jetzt mit Leben erfüllt werden. Wir fordern daher die Tarifvertragsparteien — die Arbeitgeber, die Gewerkschaften, die Betriebs- und Personalräte — auf, die durch dieses Gesetz eröffneten Möglichkeiten in vollem Umfang zu nutzen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. George [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    In erster Linie stehen sie und nicht der Staat in der Verantwortung, wenn es um die Schaffung neuer Beschäftigungsmöglichkeiten geht.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es! — Lutz [SPD]: Deshalb brauchen Sie doch nicht verantwortungslos zu sein!)

    Wir appellieren an die Betriebe und die Unternehmen der privaten Wirtschaft und auch der öffentlichen Hand, Überstunden abzubauen und Neueinstellungen vorzunehmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Machen Sie ein neues Gesetz!)

    Wir brauchen jetzt eine Welle der Hilfsbereitschaft für die arbeitslosen Menschen.

    (Zurufe von der SPD)

    Meine Damen und Herren, mit dem Beschäftigungsförderungsgesetz wird ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu mehr Beschäftigung gesetzt. Nutzen wir jetzt gemeinsam die gebotenen Möglichkeiten wirkungsvoll im Interesse der arbeitslosen Mitbürger.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Lutz [SPD]: Nutzen Sie die Möglichkeit, sich zu schämen!)






Rede von Dr. Philipp Jenninger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dreßler.

(Lutz [SPD]: Gott sei Dank!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Rudolf Dreßler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, man muß das Training von Generationen haben, um Arbeitnehmer so verschaukeln zu können, wie Sie das hier heute morgen in Ihrer Rede gemacht haben, Herr Seehofer.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Kolb [CDU/CSU]: Wer verschaukelt denn die Arbeitnehmer?)

    In den 70er Jahren war der Begriff „Flexibilisierung" durch die Sozialdemokraten positiv besetzt. Was Sie hier machen, ist eine Pervertierung dieses Begriffs.

    (Beifall bei der SPD — Kolb [CDU/CSU]: Sie verwechseln die Begriffe, Herr Kollege!)

    Sie erklären: die Regierung setzt die aktive Arbeitsmarktpolitik fort.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Richtig!)

    Haben Sie sich einmal den Anstieg der Arbeitslosenzahlen angesehen?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Bei Ihnen!)

    Und das noch mit diesen Begriffen zu besetzen! Daß Sie sich nicht schämen!

    (Beifall bei der SPD — Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: 1700%! Eine Meisterleistung!)

    Meine Damen und Herren, wir verhandeln hier über ein Gesetz, dessen wirkliche Bedeutung in der Öffentlichkeit überhaupt noch nicht richtig erkannt worden ist. Den meisten wird es so erscheinen, als ob wieder einmal die eine oder andere gesetzliche Regelung verändert werde. Ob es etwas hilft, das kann man dann glauben oder auch nicht.

    (Kolb [CDU/CSU]: Warten Sie es ab! — Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: Das werden wir j a sehen!)

    Meine Damen und Herren, bei diesem Gesetz geht es um sehr viel mehr. Die Arbeitsbeziehungen in der Bundesrepublik Deutschland, die Stellung aller Arbeitnehmer im Arbeitsleben werden in ihrer Substanz durch dieses Gesetz verändert.

    (Sehr wahr! bei der SPD — Dr. George [CDU/CSU]: Und derjeningen, die draußen sind!)

    — Wenn dieser Gesetzentwurf Wirklichkeit wird, Herr George, dann werden wir für die arbeitenden Menschen, deren einzige Einkommensquelle die bezahlte Arbeit ist, in wenigen Jahren eine ganz andere Republik haben.

    (Beifall bei der SPD)

    Und das ist ja in weiten Teilen auch das Ziel dieses Gesetzentwurfs.

    (Lutz [SPD]: So ist es!)

    Die von den Fraktionen der Bundesregierung nachgeschobenen weiteren Verschlechterungen zeigen das unwiderlegbar.

    (Lutz [SPD]: Sehr wahr!)

    Der Regierungsentwurf sah für den Abschluß von Zeitarbeitsverträgen wenigstens noch den Anschein einer Begründung vor. So ganz hemmungslos wollte man sich wohl doch nicht über die höchstrichterliche Rechtsprechung hinwegsetzen. Nur junge Menschen nach Abschluß der Ausbildung und Arbeitslose sollten nach dem Entwurf die Opfer dieser Regelung werden.

    (Hornung [CDU/CSU]: Was heißt bei Ihnen „Opfer"?)

    Jetzt soll die Frist auf eineinhalb Jahre ausgedehnt werden, und die befristeten Arbeitsverträge können für alle nach dem 1. Mai begründeten Arbeitsverhältnisse gelten. Antragsteller: die Christlich Demokratische Union

    (Dr. George [CDU/CSU]: Mit Stolz!) und die sogenannten Liberalen,


    (Dr. Geroge [CDU/CSU]: Mit Stolz! Wir denken an die Arbeitslosen!)

    die auch mit drei Mann hier sind.
    Schon heute bei dem Zwang zur Begründung von zeitlich befristeten Arbeitsverträgen haben befristete Arbeitsverträge einen Anteil von fast 40% an allen angebotenen offenen Stellen. Folgerichtig kommt schon fast jeder fünfte Arbeitslose aus einem befristeten Arbeitsverhältnis.

    (Kolb [CDU/CSU]: Sie haben auch keine Daueraufträge! Wo kriegen Sie denn die Aufträge her?)

    70 % aller Arbeitslosen, die in eine befristete Beschäftigung eintreten, bleiben auf Dauer in solchen Arbeitsverhältnissen zweiter Klasse,

    (Lutz [SPD]: Sehr wahr!)

    und zwar immer wieder unterbrochen von Zeiten der Arbeitslosigkeit.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: So ist es!)

    Die jetzt von Ihnen vorgesehene Regelung macht den zeitlich befristeten Arbeitsplatz von der Ausnahme zum gleichberechtigten Regelfall neben den verbleibenden Dauerarbeitsplätzen.

    (Lutz [SPD]: So ist es! — Dr. George [CDU/ CSU]: Na und? Konkurrenz belebt das Geschäft!)

    — Beruhigen Sie sich, hören Sie mal zu.
    Sie wissen genausogut wie wir, daß jährlich Millionen von Arbeitnehmern ihren Arbeitsplatz wechseln.

    (Lutz [SPD]: 8 Millionen!)

    Das wissen Sie. Wenn in den nächsten Jahren nur 50 % aller Arbeitsverträge zeitlich befristet werden, dann werden wir in wenigen Jahren einen total gespaltenen Arbeitsmarkt und damit gespaltene
    Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 133. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. April 1985 9873
    Dreßler
    Belegschaften, Arbeitnehmer erster Klasse und zweiter Klasse haben.

    (Dr. George [CDU/CSU]: Aber Arbeitnehmer und keine Arbeitslosen!)

    Genau damit sind das Kündigungsschutzrecht für Millionen von Arbeitnehmern, ist soziale Sicherheit für diese Arbeitnehmer und ihre Familien abgeschafft.

    (Beifall bei der SPD)

    Das ist die Konsequenz aus dem, was Sie tun. Und das wollen Sie j a auch.

    (Kolb [CDU/CSU]: Sie wollen den Erhalt der Arbeitslosigkeit! Das ist Ihr Problem!)

    Das wollen diejenigen, die Ihre Gesetzentwürfe in den Verbandsetagen bejubeln, auch.

    (Dr. George [CDU/CSU]: Arbeitslose haben keinen Kündigungsschutz!)

    Sie schaffen mit leichter Hand damit auch noch den Kündigungsschutz für werdende Mütter ab.

    (Lutz [SPD]: Pfui!)

    Sie schaffen faktisch den Kündigungsschutz für junge Männer ab, die ihren Wehr- oder Zivildienst noch nicht abgeleistet haben.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Unglaublich!)

    Sie verstümmeln den Kündigungsschutz für behinderte Arbeitnehmer bis zur Unkenntlichkeit.

    (Lutz [SPD]: Noch einmal pfui!)

    Das alles politisch zu wollen kann Ihnen natürlich niemand verwehren.

    (Hornung [SPD]: Sie schaffen Überstunden!)

    Ihre Gelenkigkeit bei der Zerschlagung von Arbeitnehmerschutzrechten ist hinlänglich bekannt. Aber sagen Sie dann endlich auch offen, daß Sie das wollen, und schmeißen Sie nicht diese Nebelkerzen in die Bundesrepublik.

    (Beifall bei der SPD — Kolb [CDU/CSU]: Wir wollen arbeiten, Herr Kollege, und Sie sind Ideologe! Das ist der Unterschied!)

    Die Arbeitnehmer in diesem Land haben einen Anspruch darauf, zu wissen, wie künftig die Christlichen Demokraten mit ihnen Achterbahn fahren wollen. Die Arbeitsplatzsuchenden haben einen Anspruch darauf, zu wissen, wie sie dafür bestraft werden sollen, daß sie einmal arbeitslos geworden sind.

    (Beifall bei der SPD)

    Was tun Sie statt dessen, Herr Blüm? Sie stellen sich hier hin und vergewaltigen die deutsche Sprache.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Sie behaupten, Sie wollten die Beschäftigung fördern. Nach aller Logik muß das ja wohl heißen,
    daß es hinterher mehr Arbeitsplätze und weniger Arbeitslose gibt.

    (Seehofer [CDU/CSU]: Die wird es auch geben!)

    Sie schaffen damit keinen einzigen zusätzlichen Arbeitsplatz.

    (Dr. George [CDU/CSU]: An dieser Aussage werden wir Sie in einem Jahr festhalten!)

    Sie sorgen nur dafür, daß es eine ständige Rotation zwischen Arbeitslosigkeit und Arbeit gibt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist Ihr Wunschdenken!)

    Sie und Ihr Bundeskanzler — von dem man annehmen kann, daß er ohnehin nichts von den Problemen der Arbeitnehmer versteht — stellen sich hin und bitten — bitten! — um den Abbau von Überstunden.

    (Kolb [CDU/CSU]: Sie wissen nicht, was ein Betrieb ist!)

    Schön ist das, Herr Blüm. Das hört sich so gut an. Aber dann erklären Sie uns einmal vor diesem Deutschen Bundestag — wenn Sie darum bitten —,

    (Günther [CDU/CSU]: Sie bitten ja noch nicht einmal!)

    warum denn bei mehr als 2,4 Millionen registrierten Arbeitssuchenden — auch vor den Fernsehkameras sollten Sie das erklären, wenn ich bitten darf: diesen Menschen und ihren Familien — in diesem Parlament ein Arbeitszeitgesetz, von Ihnen vorgelegt, in der Beratung ist, das mehr als 1 Milliarde Überstunden überhaupt erst festschreibt. Erklären Sie uns das einmal.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Wer per Gesetz, Herr Blüm, die 48-Stunden-Woche festschreibt, sollte sich wenigstens die geheuchelten Appelle ersparen.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN — Kolb [CDU/CSU]: Sie haben davon keine Ahnung! Das ist das Problem!)

    Wann, Herr Bundesarbeitsminister, begeben Sie sich endlich zurück auf den Pfad der Logik und der Ehrlichkeit, wie es einem Bundesarbeitsminister zustünde?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Billig!)

    Als Arbeitnehmer-Feigenblatt der CDU/CSU können Sie ja reden, was Sie wollen. Da können Sie auch solchen Unsinn verbreiten, wie Ihre Freunde das zur Zeit in Zeitungsanzeigen tun. Aber als Bundesarbeitsminister, Herr Blüm, werden an Sie andere Anforderungen gestellt.

    (Zustimmung bei der SPD)




    Dreßler
    Sie sind verpflichtet, Herr Blüm, dem ganzen Volk zu dienen.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Wahlkampf! — Das hätten Sie sich mal früher überlegen sollen!)

    Sie sind immer noch verpflichtet, den Arbeitnehmern und den Arbeitslosen sowie deren Familien, die nämlich dazugehören, Rücksicht zu schenken.

    (Kolb [CDU/CSU]: Was Sie als Funktionär nicht tun!)

    Bei Ihrer Arbeit haben Sie sich an die Normen unserer Verfassung zu halten. Ebenso haben Sie die Normen für ein rechtsstaatliches Gesetzgebungsverfahren auszufüllen.

    (Lutz [SPD]: Auch wahr! — Kolb [CDU/ CSU]: Das tun wir!)

    Sie tun aber etwas völlig anderes. Erstens. Sie kehren 30 Jahre höchstrichterliche Rechtsprechung über die Zulässigkeit von Zeitarbeitsverträgen einfach in die Ecke.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: So ist es!)

    Damit kehren Sie die Begründung dieser Rechtsprechung, die aus dem Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes abgeleitet ist, in die Ecke, als ob es sich um einen Schaufensterbeschluß der Sozialausschüsse handelte.

    (Beifall bei der SPD — Kolb [CDU/CSU]: Das Parlament ist souverän, Herr Kollege!)

    Die von der Mehrheit der Verfassungsrechtler in der Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung geäußerten schweren Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieses Gesetzentwurfes nehmen Sie überhaupt nicht zur Kenntnis.

    (Lohmann [Lüdenscheid] [CDU/CSU]: Das waren keine Verfassungsrechtler!)

    Zweitens. Das Bundesverfassungsgericht fordert gerade bei einem Gesetzgebungsverfahren, das tief in die Grundrechte eingreift, eine besondere Sorgfalt. Und dieses Gesetz greift tief in die Grundrechte ein.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU: Wo denn?)

    Herr Dr. Faltlhauser, ein Mensch, der 10 000 DM im Monat verdient, klingt nicht seriös, wenn er einem der 1 600 DM verdient, weismachen will, daß er auch mit 1 400 DM auskommen könne.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Berührt wird Art. 3 des Grundgesetzes, der zum Gleichbehandlungsgebot und zum Diskriminierungsverbot führt. Berührt ist Art. 2 des Grundgesetzes: In Zeiten anhaltender Massenarbeitslosigkeit werden die Freiwilligkeitsbedingungen zum Abschluß von Arbeitsverträgen einseitig zu Lasten der Arbeitnehmer verändert. Und berührt ist Art. 12 des Grundgesetzes, weil die Subjektstellung der Arbeitnehmer bei der Kündigungsabwehr aufgegeben wird. Berührt ist Art. 6 des Grundgesetzes: Massenhaft nehmen Sie den werdenden Müttern den Kündigungsschutz.

    (Dr. George [CDU/CSU]: Aber junge Mädchen kommen hinein!)

    Insgesamt ist Art. 20 des Grundgesetzes berührt, der Artikel, den der Bundesarbeitsminister ganz besonders zu seinem Arbeitsfeld machen sollte.

    (Seehofer [CDU/CSU]: So ist es! Das macht er auch!)

    Es wird — ich bedaure das, weil die Politik eigentlich nicht darauf angewiesen sein sollte — dem Bundesverfassungsgericht überlassen bleiben, hier die Daten zu setzen; denn daß dieses Gesetz spätestens bei den ersten Arbeitsgerichtsverfahren dort landet, liegt nach den Anhörungen des Ausschusses auf der Hand.
    In diesem Verfahren wird gefragt werden, wo denn die Grundlagen für Ihr Gesetz sind. Wo sind die Daten, wo die Fakten, wo die Prognosen, die eine so grundlegende Änderung des Arbeitslebens rechtfertigen? Was Sie und Ihre Freunde bisher als Rechtfertigung vorgetragen haben, waren Glaubensbekenntnisse, wobei ich Ihnen nicht einmal abnehme, daß Sie das, was Sie sagen, selber glauben.

    (Zustimmung bei der SPD — Gegenrufe von der CDU/CSU: Na, na! — Kolb [CDU/ CSU]: Im Gegensatz zu Ihnen glauben wir, was wir sagen! Sie als Funktionär ja nicht!)

    Sie wissen selbst sehr gut, daß mehr Beschäftigung nur entsteht, wenn es mehr Arbeit gibt

    (Dr. George [CDU/CSU]: Arbeit ist genügend vorhanden!)

    und wenn alle weniger arbeiten.
    Eines, Herr George, will ich nicht bestreiten: Sie sind wenigstens konsequent. Ob mit Ihrer „Sozialpolitik", ob mit Ihrer Steuerpolitik oder ob jetzt mit diesem Gesetzentwurf,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Mit Ihren Sprüchen werden Sie die Arbeitslosigkeit nicht beseitigen!)

    das Ziel, Herr George, ist immer das gleiche:

    (Dr. George [CDU/CSU]: Ist mehr Arbeit!)

    die Zerteilung der Gesellschaft in möglichst kleine Gruppen,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Klassenkampfgerede!)

    die Verhinderung von Solidarität, das Ausspielen der Menschen gegeneinander, immer das gleiche Ziel!

    (Beifall bei der SPD — Lohmann [Lüdenscheid] [CDU/CSU]: Das versuchen Sie doch herbeizureden!)

    Ich wage es ja kaum noch an Ihre Adresse zu sagen, weil es wohl, Ihren Zwischenrufen entsprechend, niemanden von Ihnen interessiert, aber stellen Sie sich doch einmal die Frage, wie sich das Klima unter den Arbeitnehmern in den Betrieben



    Dreßler
    verändern wird, wenn Sie hier das Zweiklassenarbeitsrecht beschließen. Was ist das Betriebsverfassungsgesetz, was ist das Kündigungsschutzgesetz dann noch wert? Man kann dieses Gesetz nur im Zusammenhang mit anderen Gesetzen und Gesetzesvorhaben sehen, z. B. mit den Änderungen des Betriebsverfassungsgesetzes, die Sie vorhaben, oder mit den Änderungen des Arbeitsförderungsgesetzes, die die Einheitsgewerkschaften handlungsunfähig machen sollen.

    (Kolb [CDU/CSU]: Ach, und die anderen sollen dafür bezahlen, ja?)

    — Ich spreche im Augenblick von den Einheitsgewerkschaften, nicht von Ihrem Verband der Unternehmer, Herr Kolb. Können Sie sich einmal daran gewöhnen, daß es auch noch einen anderen Teil dieser Gesellschaft gibt?

    (Beifall bei der SPD — Kolb [CDU/CSU]: Sie wollen, daß die Friseure für die Metaller bezahlen!)

    Sie wollen von den einzelnen Arbeitnehmern über die Betriebsräte bis zu den Gewerkschaften und folgerichtig im Arbeitsrecht jede Möglichkeit der Arbeitnehmer beschneiden, als gleichberechtigte Wirtschaftsbürger zu handeln.

    (Dr. Faltlhauser [CDU/CSU]: Wir reden jetzt zur Beschäftigungsförderung, Herr Kollege!)

    Ziel Ihres Handelns ist es, den Arbeitgebern jede Verantwortung für ihr Tun abzunehmen. Ob Arbeit auf Abruf oder Job-Sharing, ob Regelungen der Sozialplanansprüche, immer gibt es eine Risikoverlagerung vom Arbeitgeber auf die Arbeitnehmer.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Das ist die Absicht!)

    Die Arbeitgeber brauchen keine verantwortliche Personalplanung mehr;

    (Kolb [CDU/CSU]: Wie bitte?) sie können ja heuern und feuern.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Unsinn!)

    In Massenentlassungen können die Arbeitnehmer ihre Arbeitsplätze und ihre Existenzgrundlage verlieren.

    (Lutz [SPD]: Ja!)

    Einen wenigstens geringen Ausgleich ihrer Verluste über einen vernünftigen Sozialplan gibt es dann nicht mehr.

    (Lohmann [Lüdenscheid] [CDU/CSU]: Das nimmt Ihnen kein Mensch ab, Herr Dreßler!)

    — Ja, zeigen Sie mir doch einmal ein Unternehmen in diesem Lande, das wegen unmäßiger Sozialplanforderungen der Arbeitnehmervertretung zugrunde gegangen wäre!

    (Dr. George [CDU/CSU]: Neue Heimat!)

    Diesen Beweis sind Sie doch bis heute schuldig geblieben!

    (Beifall bei der SPD — Kolb [CDU/CSU]: Reden Sie einmal von den SPD-Verlagen, die geschlossen wurden!)

    Nein, Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, wollen die Schutzfunktion des Betriebsrates beschneiden.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Sehr richtig!)

    Die höchstrichterliche Rechtsprechung in dieser Republik ist stets davon ausgegangen, daß der einzelne Arbeitnehmer im Arbeitsleben in der schwächeren Position ist. Bisher dachte ich,

    (Feilcke [CDU/CSU]: Sie haben noch nie gedacht!)

    daß diese Tatsache wenigstens im sogenannten Arbeitnehmerflügel der Union bekannt wäre. Dem scheint nicht so zu sein.

    (Kolb [CDU/CSU]: Ich würde einmal die Geschichte vom „Telegraph" in Berlin nachlesen!)

    Was Sie anstreben — Herr Kolb, ich räume gerade Ihnen ein: mit voller Überzeugung —, ist die völlige Zersplitterung der Belegschaften, in denen ein Kampf „jeder gegen jeden" herrschen wird. Das wird in den Stammbelegschaften so sein, weil jeder Angst hat, seinen Arbeitsplatz zu verlieren;

    (Unruhe bei der CDU/CSU)

    denn dann gibt es für ihn nur noch Zeitarbeitsverträge. Diejenigen, die in den Randbelegschaften sind und mit Zeitverträgen arbeiten, werden gegeneinander gehetzt,

    (Seiters [CDU/CSU]: Eine Haß- und Hetzrede!)

    weil jeder mit der vagen Hoffnung lebt, einmal einen Dauerarbeitsplatz zu erhaschen.

    (Weitere Zurufe von der CDU/CSU — Gegenrufe von der SPD)

    Was für einen Begriff von Menschenwürde haben Sie eigentlich noch, wenn Sie die Krise benutzen, um solche Verhältnisse zu installieren,

    (Beifall bei der SPD — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    wobei Sie ganz genau wissen, daß Sie nicht einen einzigen neuen Arbeitsplatz schaffen?

    (Feilcke [CDU/CSU]: Darf bei Ihnen eigentlich jeder reden?)

    Ganze Gruppen der Bevölkerung werden auf Arbeitsverhältnisse minderen Rechts verwiesen. Das gilt ganz besonders für Frauen. — Ihnen kann ich sagen: Bei uns dürfen alle reden, weil alle davon etwas verstehen. Das ist bei Ihnen augenscheinlich weniger der Fall.

    (Beifall bei der SPD — Kolb [CDU/CSU]: Und so was war mal Staatssekretär im Arbeitsministerium! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Nur Hetze!)




    Dreßler
    Trotzdem machen Sie sich daran, Formen der Teilzeitarbeit zuzulassen, die wirklich inakzeptabel sind.

    (Feilcke [CDU/CSU]: Beißen Sie doch ins Mikrophon!)

    Oder was ist sonst davon zu halten, daß Sie Arbeitsverträge ermöglichen, die gerade zehn Stunden Arbeit in der Woche garantieren?

    (Faltlhauser [CDU/CSU]: Eine überholte Zensur nach der anderen! Kein Wort zum Gesetz!)

    Selbst das Risiko, daß ein Arbeitskollege krank wird oder sonst verhindert ist, bürden Sie mit Ihren Regelungen einer „kapazitätsorientierten variablen Arbeitszeit" den Arbeitnehmern auf.

    (Dr. George [CDU/CSU]: Genau das ist nicht wahr!)

    Herr Blüm, mit diesem Gesetz machen Sie nicht das Arbeitsrecht gelenkiger; Sie brechen dem Arbeitsrecht endgültig die Knochen.

    (Beifall bei der SPD — Widerspruch bei der CDU/CSU — Dr. George [CDU/CSU]: Eine Tirade, eine Hetztirade!)

    Neben der Zerschlagung des Arbeitsrechts gehört ja leider auch noch die Sozialversicherung zu Ihren Aufgaben.

    (Kolb [CDU/CSU]: Sie sind nicht bei einer IG-Veranstaltung!)

    Wie stellen Sie sich eigentlich auf lange Sicht die Rentenfinanzierung, aber auch die Höhe der Renten vor, wenn Sie die Voraussetzungen für völlig unstete Arbeitsbiographien schaffen, die immer wieder von Arbeitslosigkeit unterbrochen werden? Was soll eigentlich aus der betrieblichen Altersversorgung werden, wenn wesentliche Teile der Belegschaften nur noch in zeitlich begrenzten Arbeitsverhältnissen stecken? Und weiter: Was ist eigentlich mit der viel gepriesenen Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand, mit Bausparen, Ausbildungsrücklagen für die Kinder, mit der Bildung von Wohneigentum? Von Menschen, deren soziale Sicherheit auf 18 Monate begrenzt ist, meine Damen und Herren von der Christlich Demokratischen Partei, können Sie das schwerlich erwarten.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Was machen Sie mit denen, die keine Arbeit haben? — Seiters [CDU/CSU]: Ihr habt doch die Arbeitslosigkeit geschaffen! Ihr Unfähigen habt doch die Arbeitslosigkeit geschaffen!)

    Noch eine Frage will ich Ihnen stellen:

    (Feilcke [CDU/CSU]: Sie hören doch nicht zu, wenn wir antworten!)

    Was wird eigentlich aus dem sozialen und politischen Leben in unseren Städten und Gemeinden? Auch hier gilt nämlich: Menschen, deren Perspektive auf den Ablauf des jeweils nächsten Arbeitsvertrages beschränkt ist, sind auch in der Wahrnehmung dieser Rechte behindert. Das bedeutet Schaden für die Demokratie.
    Ich will zum Schluß auf einen Punkt kommen, der wirklich von einer bemerkenswerten politischen Hinterhältigkeit zeugt. Es ist ohnehin schon perfide genug, dieses Antiarbeitnehmergesetz am 1. Mai in Kraft treten zu lassen.

    (Lutz [SPD]: Das ist wahr! — Weitere Zurufe von der SPD)

    Wirklich perfide ist es aber, daß diese Regierung, die seit ihrem Regierungsantritt nichts anderes als einen schlecht verschleierten Rachefeldzug gegen die Gewerkschaften führt, jetzt auch noch die Erfolge der Arbeitnehmer und ihrer Gewerkschaften enteignen will.

    (Kolb [CDU/CSU]: Jetzt spricht der beleidigte Funktionär!)

    Sie haben in den harten Tarifauseinandersetzungen — Herr Kolb, dessen können Sie sich auch „rühmen" — des letzten Jahres die Gewerkschaften in ihrem Kampf für die Arbeitszeitverkürzung behindert, wo Sie nur konnten.

    (Kolb [CDU/CSU]: Weil das auch Unsinn war! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Vor diesem Hintergrund ist es besonders geschmackvoll und logisch, daß die Tarifvertragsparteien jetzt die Verantwortung für die Beschäftigung übernehmen sollen. Als die Gewerkschaften das taten, Herr Blüm, da haben Sie sie beschimpft.

    (Lohmann [Lüdenscheid] [CDU/CSU]: Wie haben sie das denn getan?)

    Ihre Pressekonferenz im Herbst kann ich Ihnen schon heute diktieren. Bis dahin werden die Neueinstellungen erfolgen, die durch die Verkürzung der Arbeitszeit, die die Gewerkschaften erreicht haben, nötig werden.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Ach, du lieber Gott! Daran glauben Sie doch selbst nicht! Überstunden haben sie erreicht! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Wir wissen schon heute, daß dies Zehntausende sein werden, denn das veröffentlichen sogar die Unternehmen. Genau diese Neueinstellungen, die nur befristete Neueinstellungen sein können statt Dauerarbeitsplätze, werden Sie dann als Erfolg Ihres sogenannten Beschäftigungsförderungsgesetzes, das besser Entlassungserleichterungsgesetz genannt würde, verkaufen.

    (Frau Dr. Timm [SPD]: Sehr richtig!)

    Ich will trotzdem, weil ich von Hause aus Optimist bin,

    (Lachen bei der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: So sehen Sie aus! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    trotzdem an diese Regierung appellieren und in einem letzten Versuch auch an Sie appellieren:

    (Feilcke [CDU/CSU]: Sie sind ein Miesepeter!)

    Hören Sie bitte auf mit Ihrem Kampf gegen den
    Sozialstaat, hören Sie auf mit Ihrem Kampf gegen



    Dreßler
    die Rechte der Arbeitnehmer, die diese Republik aufgebaut haben,

    (Lutz [SPD]: Jawohl, hören Sie auf! — Seehofer [CDU/CSU]: Hören Sie auf mit Ihrer Rede! — Zuruf von der CDU/CSU: Humorloser Funktionär! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    hören Sie auf mit Ihrem Kampf gegen die Einheitsgewerkschaft!

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    Ziehen Sie wenigstens wenige Tage vor dem 8. Mai die Lehren aus Weimar!

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Ach du Schande! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Sorgen Sie für mehr Dauerarbeitsplätze, sorgen Sie statt dessen für soziale Gerechtigkeit in diesem Lande, und hören Sie endlich auf,

    (Feilcke [CDU/CSU]: Hören Sie endlich auf, Herr Dreßler!)

    ils treue Diener Ihrer Herren die soziale, wirtschaftliche und politische Stabilität dieses Landes aufs Spiel zu setzen.
    Danke.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU: Unternehmerfresser! — Vorgeiger Dreßler! — Dreßler, der einarmige Stehgeiger! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)