Rede von
Dr.
Burkhard
Hirsch
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unsere Kollegen Broll und Bernrath haben so hervorragende Ausführungen über den Inhalt des Gesetzes gemacht, daß ich uns gemeinsam weite Teile dessen, was ich hier noch einmal darstellen wollte, ersparen kann.
— Herr Kollege, ich weiß Ihren Zuruf zu würdigen.
Da ich, wie das in diesem Hause üblich ist, den Redetext schon über den Pressedienst herausgegeben habe, kann ich nur zur Beruhigung der schreibenden Zunft sagen: Es gilt auch das geschriebene Wort.
8120 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Dezember 1984
Dr. Hirsch
Wir sind tatsächlich viele Jahre damit beschäftigt, diesen Gesetzentwurf über die Bühne zu bringen. Er präzisiert Teile dessen, was schon geltendes Recht ist, auch in der Frage der notwendigen vorhergehenden Genehmigung des Dienstherren, ehe eine Nebentätigkeit aufgenommen werden darf. Auch das ist seit vielen Jahren Bestandteil des Bundesrechts und wird durch die Übernahme in das Beamtenrechtsrahmengesetz nun für die Länder verpflichtend gemacht.
Ich glaube, der einzige streitige Punkt, Herr Kollege Bernrath, ist tatsächlich die Frage der Arbeitsmarktklausel. Hier möchte ich dem zustimmen, was der Kollege Broll dazu ausgeführt hat. Einmal ist in der Tat der rechtliche Umfang, in dem das in einwandfreier Weise geschehen kann, zweifelhaft. Der zweite Gesichtspunkt ist, daß die Klausel in ihren rechtlichen Möglichkeiten auf Beamte, Arbeiter und Angestellte im öffentlichen Dienst unterschiedlich anzuwenden wäre. Der dritte Gesichtspunkt ist, daß die Arbeitsmarktklausel die wirtschaftliche Lage der Angehörigen der freien Berufe, der Selbständigen überhaupt nicht erfassen kann. Der vierte Punkt, der uns geleitet hat, war die Überlegung, daß der einzelne Dienstvorgesetzte nur schwer beurteilen kann, wie die Arbeitsmarktlage im Einzugsbereich seiner Behörde ist. Die Nordrhein-Westfalen wissen, daß er durchaus nicht dekkungsgleich mit dem Arbeitsamtbezirk ist. Es ist sehr schwer für den Dienstvorgesetzten, dann zu beurteilen, ob die Nebentätigkeit, die einer seiner Mitarbeiter ausüben möchte, tatsächlich einen Einfluß auf Probleme des Arbeitsmarkts hat oder nicht.
Deswegen ist es besser, das, was wir gemeinsam erreichen wollen, aus dem Dienstrecht selbst heraus zu entwickeln, nämlich dafür zu sorgen, daß die Tätigkeit des Beamten nicht durch einen Wettbewerb von sicherem Port aus mit den Angehörigen anderer Berufe bekrönt wird, und außerdem zu erreichen, daß auch die Behörde oder die Beamten selber aus dem Gerede kommen. Denn es ist ja etwas, was das Ansehen des öffentlichen Dienstes gefährdet, wenn immer gesagt wird, hier seien Beamte, die in dem Tätigkeitsbereich ihrer Behörde selbst tätig werden, die die Baugenehmigungen oder die Bebauungspläne, die Statistiken, die Steuererklärungen vorbereiten, die dann später im Bereich ihrer eigenen Behörde dienstlich entschieden werden. Alles das muß ausscheiden. Ebenso muß erreicht werden, daß er die Nebentätigkeit außerhalb der Arbeitszeit ausübt und daß er da, wo er öffentliche Einrichtungen in Anspruch nimmt, auch ein angemessenes Entgelt dafür zu leisten hat. Das alles ist unstreitig. Wir wissen, daß der Erfolg, das Ergebnis dieses Gesetzes weniger von den fein ziselisierten Formulierungen in dem einen oder anderen Paragraphen abhängt als davon, daß die Dienstherren dieses Gesetz und ihre Genehmigungsmöglichkeit im richtigen Sinne gebrauchen.
Es ist immer unangenehm für einen Dienstvorgesetzten, einem Mitarbeiter eine gewünschte Nebentätigkeit zu verweigern. Ich glaube, daß wir Regelungen gefunden haben, die für alle Beteiligten zumutbar sind, daß es auch ein wirkliches Interesse des öffentlichen Dienstes ist, nicht nur aus diesem Gerede herauszukommen, sondern auch dafür zu sorgen, daß in einer Zeit, in der die Aufgaben, aber nicht die vorhandenen personellen Ressourcen des öffentlichen Dienstes wachsen, die Arbeitskraft der Mitarbeiter auf ihre dienstlichen Aufgaben konzentriert wird.
Wir haben — das haben Sie, Herr Bernrath, zu Recht hervorgehoben — auch große Sorgfalt darauf verwendet, durch die Formulierungen klarzumachen, daß wir die Tätigkeiten in Berufsvertretungen und in Gewerkschaften, auch in Selbsthilfeeinrichtungen, nicht über das bisherige Maß hinaus kontrollieren oder reglementieren wollen. Ich greife das noch einmal ausdrücklich auf, damit bei der Anwendung des Gesetzes an diesem gemeinsamen Wunsch aller Fraktionen kein Zweifel bestehen kann.
Die letzte Bemerkung, die ich machen will, bezieht sich auf den Umfang der Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst. Sie haben als Beispiel u. a. die Lehrer genannt. Wir müssen uns natürlich darüber im klaren sein, daß, je mehr wir Teilzeitarbeiten einführen und durch gesetzliche Regelungen fördern, in derselben Weise natürlich auch der Wunsch dieser Mitarbeiter steigt, die damit gewonnene Freizeit für andere Tätigkeiten, auch entgeltlicher Art, zu nutzen. Das ist zusammenhängend. Jeder, der auf dem einen Bereich etwas tut, muß wissen, daß er damit Wirkungen auch hier erreichen kann.
Wir haben uns ja bemüht, statistische Feststellungen darüber zu erlangen, in welchem Umfang tatsächlich Nebentätigkeit ausgeübt wird. Wir wissen, daß jedenfalls im Bereich von Bund und Ländern die Zahl der Beamten prozentual außerordentlich gering ist und daß sich der überwiegende Kreis der Nebentätigkeiten auf Lehr-, Unterrichts- und Prüftätigkeiten bezieht, die im Interesse des Dienstherren selber ausgeübt werden. Es fehlen Daten aus dem Bereich der Kommunen. Das ist sehr bedauerlich. Ich möchte die Lesung dieses Gesetzes dazu benutzen, einen Wunsch zu wiederholen, den ich schon in der ersten Lesung vorgetragen hatte, daß nämlich der Innenminister uns in angemessener Zeit die Wirkung dieses Gesetzes darstellt und sich darum bemüht, zusammen mit den Ländern und den Kommunen dem Hause und der Öffentlichkeit einmal verläßliche und aussagekräftige Daten darüber vorzulegen, in welchem Umfang tatsächlich Nebentätigkeit ausgeübt wird. Ich glaube, das muß niemand als übertriebene Neugier betrachten, und ich denke, daß das Ergebnis für alle Beteiligten beruhigend sein wird.
Ich hoffe, daß dieser Gesetzentwurf alle Beteiligten zufriedenstellt, daß er eine segensreiche Wirkung ausübt und daß wir uns nicht in Kürze wieder mit diesem Thema beschäftigen müssen, sondern daß wir etwas zuwege gebracht haben, das etwas länger Bestand hat als viele der Gesetze, die wir hier gemeinsam beschließen. Wir werden dem Gesetzentwurf in der vorliegenden Form zustimmen.
Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Dezember 1984 8121