Rede von
Dr.
Klaus W.
Lippold
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Sehr verehrter Herr Kollege Matthöfer, ich sage Ihnen ganz klar: Das macht doch nur deutlich, wieviel mehr wir geleistet haben. Denn bei uns gibt es keine Blockaden; bei uns werden die Probleme angefaßt. Sie sind damals dagesessen und haben gesagt: Wir dürfen nicht; wir können nicht. Das ist doch der eigentliche Punkt.
Im übrigen, wo ist denn der Vorstoß geblieben? Wir haben doch, Herr Matthöfer, von Ihnen noch nicht einmal einen Vorstoß in dieser Angelegenheit erlebt, etwas zu tun. Wo waren denn außer Programmsätzen die Initiativen, die Sie eingebracht hätten, die Sie mit dem Koalitionspartner besprochen hätten?
Da war doch, Herr Matthöfer, nichts; da war doch gar nichts.
Deshalb kann man auch sagen: Der Herr Hauff wird das bleiben, was er hier ist: Mitglied der Opposition. Er wird nicht nach Frankfurt gehen, auch wenn er Kandidat ist. Denn die Frankfurter brauchen einen, der im Amt handelt — und nicht erst hinterher, wenn er das Amt verloren hat. So sind die Dinge, und so gehört sich das.
Und da kommt der Herr Lennartz, der sich bislang an diesen Diskussionen überhaupt nicht beteiligt hat, und spricht von der Gefährdung der Wirtschaft; ausgerechnet der Herr Lennartz, der dann sagt: Aber, liebe Freunde, die verpflichtende Einführung muß zum 1. 1. 1986 kommen. Ja, wovon träumen Sie denn eigentlich? Sie wissen doch, daß wir in dieser Frage an der EG nicht vorbeikommen. Wenn wir hier eine verpflichtende Regelung hätten, könnte die erste Firma zum Europäischen Gerichtshof gehen, und das Ganze wäre null und nichtig. Ist das die sichere Regelung, die Sie brauchen, damit unsere Wirtschaft sich ungefährdet entwickeln kann?
Und Sie wissen doch ganz genau, was viel, viel wesentlicher ist, Herr Lennartz: Wenn wir hier über diesen Weg ohne Abstimmung mit unseren EGPartnern dazu schreiten würden, nichttarifäre Handelshemmnisse aufzubauen, dann könnte das, wenn wir es nicht im Einvernehmen mit ihnen lösen, dazu führen, daß wir einen Handelskrieg in der EG herbeiführen. Aber wer wäre denn der Gewinner dieses Handelskriegs? Wir exportieren in der Automobilindustrie für 14 Milliarden DM mehr in die EG-Länder. Wir produzieren nicht für 14 Milliarden DM, sondern exportieren für 14 Milliarden DM mehr in die EG-Länder, als wir von denen importieren. Das heißt, die einzigen, die dabei Verlierer wären, wären wir, und es wäre nicht die Automobilindustrie, sondern es wären die Arbeitnehmer in der Automobilindustrie. Heute morgen haben Sie hier Tränen geweint, es werde nicht genug getan, über Umweltschutz Arbeitsplätze zu schaffen. Hier würden Sie wissentlich und willentlich Arbeitsplätze gefährden. Die Automobilindustrie war die einzige, die in den letzten drei Jahren ca. 150 000 Arbeitsplätze mit ihren Zulieferindustrien zugelegt hat. Aber Sie nehmen die Gefährdung dieser Arbeitsplätze j a ohne weiteres in Kauf, wie auch Ihr Anheizen im Metallarbeiterstreik deutlich gemacht hat, daß Sie wirtschaftlichen Aufschwung und Wachstum nicht wollen, daß Sie sich ganz einfach Wasser für Ihre politischen Mühlen versprechen, wenn Sie hier solche unrealistischen Lösungen schaffen.
Sie haben darüber hinaus, Herr Lennartz, deutlich gemacht, daß Sie bei den Anreizlösungen, von denen Sie gesprochen haben, nicht begriffen haben, wie die Zusammenhänge zwischen deutschem Recht und EG-Recht sind. Bei den zeitlichen Vorstellungen haben Sie erkennen lassen, daß Sie über die Notifizierungsabläufe, wie diese Dinge ineinandergreifen, nicht Bescheid wissen.
Ich glaube, Herr Lennartz, das, was Sie brauchen, ist nichts anderes als ein ausreichender Nachhilfeunterricht in den anstehenden Fragen, bevor Sie hier in die parlamentarische Debatte eingreifen.
Herr Lennartz: Wir müssen auch jetzt in der Umrüstung der Fahrzeuge Lösungen fnden, die EG-verträglich sind. Das ist gar nicht so einfach. Wir können nicht Lösungen wählen, von denen hinterher gesagt wird, das sei eine unzulässige Beihilfe. Darin stecken Probleme, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen.
Und dann war Ihnen, wie nicht anders zu erwarten, die Spreizung bei der Mineralölsteuer nicht genug. Auch das ist für Sie mangels Kenntnis der Fakten natürlich kein Problem, sondern ein Problemchen, und das lösen Sie mit der linken Hand. Aber das macht deutlich, daß Sie sich nicht mit dem Verwaltungsablauf auseinandergesetzt haben; das macht auch deutlich, daß Sie sich mit der betroffenen Mineralölwirtschaft nicht auseinandergesetzt haben. Denn die hätte Ihnen gesagt, Herr Lennartz, daß das, was Sie vorschlagen, letztendlich zu Schwierigkeiten führt, die eben nicht so leicht lösbar sind. Je größer die Spreizung ist, desto deutli-
8066 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Dezember 1984
Dr. Lippold
cher ist der Anreiz, unverbleites Benzin, das steuerlich gefördert wird, nachträglich zu verbleien. Dazu brauchen Sie noch nicht einmal Kosten in der Höhe von Pfennigen; sondern es sind Bruchteile von Pfennigen, die dies an Kosten verursacht, und dann können Sie dieses Benzin in den Verkehr bringen. Wir haben aber, Herr Lennartz, nicht die Möglichkeit, das so zu kontrollieren, daß wir einem solchen Mißbrauch effizient begegnen könnten. Wir müßten dazu eine ganz umfassende Bürokratie aufbauen. Das wäre ungeheuer kostenträchtig. Nun weiß ich, daß Ihre Partei gegen den Aufbau neuer und zusätzlicher Bürokratien nichts hat. Das ist eine ganz andere Sache. Aber Herr Lennartz, das wäre ganz einfach von der Abwicklung her nicht möglich, nicht darstellbar und nicht machbar. Da sollten Sie sich meines Erachtens zunächst einmal informieren, bevor Sie hier Dinge angreifen, die Sie nicht kennen.
— Ja, Herr Lennartz, sagen Sie es doch per Zwischenfrage. Dann verstehen wir es alle. — Also doch nichts Entscheidendes dazu beizutragen!
Was mich natürlich etwas irritiert hat, war in diesem Zusammenhang die Behandlung des Problems im Bundesrat. Erst ging es den SPD-regierten Ländern im Bundesrat mit dieser Vorlage nicht schnell genug. Als der Bundesrat dann beschlossen hatte, hier eine Fristverkürzung vorzunehmen, damit die Vorlage, die von der Bundesregierung kam, schneller behandelt und beraten werden konnte, mäkelten Ihre Bundesländer dort ellenlang daran herum, daß diese Fristverkürzung eingetreten sei. Ich weiß nicht, was Sie wollen. Entweder Sie sind für schnellere Luftreinhaltung, Sie sind dafür, daß Baudenkmäler nicht angegriffen und zerstört werden, daß der Wald gerettet wird — dann könnte Ihnen aber doch die Frage einer solchen Fristeinrede nicht wert sein, sie ellenlang im Bundesrat zu erörtern —, oder Sie sind es nicht. Das zeigt doch ganz einfach, daß zwischen dem, was Sie sagen, und dem, was Sie tun, eine Lücke klafft, die nicht zu schließen ist.
Gott sei Dank haben wir eine Bundesregierung, die hier ein in sich tragfähiges Konzept entwickelt hat und die dieses Konzept schnell umsetzen wird. Wir sind bereit, daran mitzuwirken und unseren Beitrag zu leisten, damit wir hier eine vernünftige, ökologisch verträgliche, aber auch ökonomisch tragbare Lösung finden und umgehend realisieren können.
Sie haben zu dieser Sache nichts beigetragen, sondern nur geschwätzt, und Sie wollen damit Ihr Versagen in der Vergangenheit überspielen.
Es wäre viel besser, Sie wären zu einer konstruktiven Mitarbeit bereit.
Ich bedanke mich.