Rede:
ID1010420000

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 7
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Abgeordnete: 1
    6. Professor: 1
    7. Jannsen.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/104 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 104. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984 Inhalt: Benennung des Abg. Bohl als Stellvertreter im Wahlprüfungsausschuß 7629 A Wahl des Abg. Bohl zum ordentlichen Mitglied und des Abg. Seiters zum Stellvertreter im Vermittlungsausschuß 7629 A Nachträgliche Überweisung zweier Vorlagen an Ausschüsse 7629 B Begrüßung der Knesset-Abgeordneten Frau Shulamit Aloni 7640 D Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1985 (Haushaltsgesetz 1985) — Drucksachen 10/1800, 10/2250 —Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern — Drucksachen 10/2306, 10/2330 — in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung — Drucksachen 10/2326, 10/2330 — in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung — Drucksache 10/2324 — Schäfer (Offenburg) SPD 7630 A Gerster (Mainz) CDU/CSU 7634 B Kleinert (Marburg) GRÜNE 7637 D Frau Seiler-Albring FDP 7640 D Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI 7643A Dr. Nöbel SPD 7647 D Dr. Riedl (München) CDU/CSU 7651C Dr. Hirsch FDP 7654 C Kühbacher SPD 7656D, 7662 A Dr. Laufs CDU/CSU 7659 A Baum FDP 7663A Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz — Drucksachen 10/2307, 10/2330 — in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksachen 10/2316, 10/2330 — Dr. Emmerlich SPD 7664 B Austermann CDU/CSU 7666 C Frau Reetz GRÜNE 7669 D Kleinert (Hannover) FDP 7672 B Engelhard, Bundesminister BMJ . . . 7674A Frau Nickels GRÜNE (Erklärung nach § 32 GO) 7675C II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984 Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — Drucksachen 10/2311, 10/2330 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten — Drucksache 10/2103 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 10/2401 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/2492 — in Verbindung mit Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit — Drucksachen 10/2315, 10/2330 — Frau Fuchs (Köln) SPD 7676 C Dr. Friedmann CDU/CSU . . . . 7681 D, 7721 C Frau Seiler-Albring FDP 7685 B Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 7687 C Glombig SPD 7691C Jagoda CDU/CSU 7696 A Hoss GRÜNE 7699 C Cronenberg (Arnsberg) FDP 7703 C Peter (Kassel) SPD 7705 D Rossmanith CDU/CSU 7707 C Jaunich SPD 7710 A Eimer (Fürth) FDP 7714 B Deres CDU/CSU 7716 B Dr. Geißler, Bundesminister BMJFG . 7717 C Dr. Diederich (Berlin) SPD 7721 D Frau Schoppe GRÜNE 7723 B Frau Kelly GRÜNE (Erklärung nach § 31 GO) 7723C Namentliche Abstimmung 7725 B Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksachen 10/2321, 10/2330 — Zander SPD 7727 B Dr. Stavenhagen CDU/CSU 7729 D Frau Dr. Bard GRÜNE 7732 C Kohn FDP 7735 B Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 7737 C Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksachen 10/2322, 10/2330 — Dr. Rose CDU/CSU 7740 C Dr. Diederich (Berlin) SPD 7743 B Neuhausen FDP 7746 B Dr. Jannsen GRÜNE 7749 A Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMBW 7751 B Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksachen 10/2319, 10/2330 — Purps SPD 7753 D Echternach CDU/CSU 7756 D Verheyen (Bielefeld) GRÜNE 7759 D Grünbeck FDP 7762C Dr. Schneider, Bundesminister BMBau 7764 C Nächste Sitzung 7769 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 7771*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 7771*C Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984 7629 104. Sitzung Bonn, den 28. November 1984 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Berichtigung 102. Sitzung: Auf Seite III, linke Spalte und auf den Seiten 7485 und 7486 ist jeweils bei den Anlagen 14, 15 und 16 statt „Parl. Staatssekretär Dr. Schulte" zu lesen: „Staatssekretär Bayer". Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 28. 11. Dr. Barzel 30. 11. Dr. Enders * 30. 11. Erhard (Bad Schwalbach) 30. 11. Ertl 28. 11. Dr. Faltlhauser 28. 11. Dr. Glotz 30. 11. Dr. Haack 29. 11. Haase (Fürth) * 28. 11. Hauser (Esslingen) 30. 11. Frau Hoffmann (Soltau) 30. 11. Frau Huber 28. 11. Jung (Düsseldorf) 30. 11. Dr. Müller * 30. 11. Dr.-Ing. Oldenstädt 28. 11. Polkehn 30. 11. Frau Renger 30. 11. Frau Schmidt (Nürnberg) 30. 11. Schmidt (Wattenscheid) 30. 11. Frau Dr. Skarpelis-Sperk 30. 11. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim * 28. 11. Dr. Spöri 30. 11. Dr. Sprung 30. 11. Dr. Stark (Nürtingen) 30. 11. Vahlberg 30. 11. Vosen 30. 11. Weirich 28. 11. Weiskirch (Olpe) 30. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung die nachstehende Vorlage überwiesen: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 11 13 Titel 656 03 - Zuschuß des Bundes an die knappschaftliche Rentenversicherung - (Drucksache 10/2288) zuständig: Haushaltsausschuß Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 16. November 1984 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht gestellt: Gesetz über den Abbau von Salzen im Grenzgebiet an der Werra Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1984 (Nachtragshaushaltsgesetz 1984) Drittes Gesetz zur Änderung des Abfallbeseitigungsgesetzes Der Vorsitzende des Ausschusses für Forschung und Technologie hat mit Schreiben vom 14. November 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen hat: Stimulierung von Zusammenarbeit und Austausch im wissenschaftlichen und technischen Bereich in Europa, Plan 1985-1988 (Drucksache 10/1510 Nr. 10) Vorschlag für einen Beschluß des Rates für ein Forschungs- und Entwicklungsprogramm im Bereich der Optimierung der Erzeugung und Verwendung von Kohlenwasserstoffen 1984 bis 1987 (Drucksache 10/1691 Nr. 23) Der Vorsitzende des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit hat mit Schreiben vom 14. November 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Berichterstattung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung über die nachstehende Vorlage absieht: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Prüfung der Anhebung der Renten wegen Contergan-Schadensfällen (Drucksache 10/1651) Der Vorsitzende des Rechtsausschusses hat mit Schreiben vom 26. November 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Berichterstattung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung über die nachstehende Vorlage absieht: Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zu Überfällen auf Lastkraftwagen und Diebstählen von innerhalb der Gemeinschaft beförderten Gütern (Drucksache 10/936)
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Friedrich Neuhausen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Nein. — Will er mir die denn stören?
    Also, lieber Herr Kuhlwein — jetzt spreche ich Sie direkt an —: Ich sprach vom Schattenboxen. Ich möchte vor allen Dingen Sie, Herr Kuhlwein, auf eine Erkenntnis des von mir als Begleiter durch diese Diskussion gewählten Philosophen aufmerksam machen. Ich meine die Erkenntnis, daß jede Streitlust unvernünftig sei. Weil sie das für den Feind — sagen wir besser: für den Gegner, den Konkurrenten — Schädliche im Auge habe, sehe sie den eigenen Vorteil nicht. — In diesem Zusammenhang meine ich mit Vorteil natürlich die Sache, unsere gemeinsame Sache, die Bildungspolitik, das Interesse der jungen Menschen. Was uns hier verbinden könnte — davon habe ich schon einmal gesprochen —, ganz besonders in bezug auf Haushaltsfragen, muß j a auch immer wieder in das Bewußtsein der Vertreter anderer Politikbereiche gebracht werden, und zwar unabhängig von Koalitionen und Parteien; denn diesbezüglich habe ich meine Erfahrungen, die wir gemeinsam teilen.

    (Kuhlwein [SPD]: Dennoch ist der BAföGKahlschlag keine Akzentverschiebung!)

    — Lieber Herr Kuhlwein, „Kahlschlag" ist natürlich ein schönes Wort. Davon kann man lange leben.
    Vor diesem Hintergrund können wir mit dem Haushaltsansatz, ich sage jetzt nicht: zufrieden — wie könnte ich gerade bei diesen Attacken „zufrieden" sagen?; das ist ja ganz unmöglich; zufrieden sind wir nie —, aber doch einverstanden sein.
    Dieser Haushalt setzt — ich sagte es — neue Akzente in der Förderung von besonderer Begabung und Leistung, aber er erhält den Ausgleich z. B. im Bereich der beruflichen Bildung, etwa durch die Aufstockung des Benachteiligtenprogramms. Das kann man hier doch nicht nur als eine Randerscheinung betrachten. Besonders dieser Punkt ist vor dem Hintergrund unserer gemeinsamen Sorge um genügend Ausbildungsplätze deutlich zu würdigen.
    Es ist erfreulich, daß sich — das ist keine Verharmlosung der bleibenden Probleme — die Situation seit dem 30. September entspannt hat. Im Oktober ging die Zahl der unversorgten Bewerber zurück. Die Aufstockung des Benachteiligtenprogramms wird als begleitende Maßnahme zu den Anstrengungen der Wirtschaft ein weiteres tun.
    Verehrter Kollege Dr. Jannsen, hier muß ich nun einen Blick zurück auf die vorjährige Haushaltsdebatte werfen. Man muß in Geschichte einmal ein bißchen gründlicher sein.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Sie werden sehen, ich tue das nur, weil ich Ihre Ausführungen so ernst nehme. Sie haben nämlich damals gesagt, daß die Fixierung auf das duale System im Jahre 1984 zu ungeheuren Problemen führen werde. Nun kann man über den Begriff „ungeheuer" natürlich diskutieren. Ich bestreite auch gar nicht — wir haben das nie getan —, daß es Probleme, ernste Probleme gibt und daß es sie weiter geben wird. Eines aber — das meine ich jetzt in allem Ernst — hat sich mit Deutlichkeit gezeigt,



    Neuhausen
    nämlich daß es gerade das duale System, also die Mit- oder Hauptverantwortung der Wirtschaft gewesen ist, die dazu geführt hat, daß trotz aller Probleme ein Rekordangebot an Ausbildungsstellen unterbreitet wurde und wird, für das wir den Verantwortlichen sehr dankbar sein müssen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Lieber Kollege Dr. Jannsen, als ich das vor einiger Zeit schon einmal gesagt habe, haben Sie gerufen: Olympisches Jahr! Noch ein Rekord! — Man muß das alles genau verfolgen. Das ist der Unterschied zwischen uns. Ein Düsternisrekord, Begriffe wie „ungeheuer", man muß mit dem Schlimmsten rechnen — all das ist selbstverständlich. Einen tatsächlichen Rekord an vorweisbaren Leistungen darf man aber nicht erwähnen; sonst wird es ironisiert.
    Meine Damen und Herren, ich bitte es nicht als ironisch oder als unangebrachte Scherzhaftigkeit bei diesem ernsten Thema aufzufassen, wenn ich jetzt wieder auf Demokrit zurückkomme. Er hat nämlich — gerade wenn man an die Erfahrungen der letzten Monate und die immer wieder vorgebrachten Überlegungen zur Einführung einer gesetzlichen Lehrstellenabgabe denkt — etwas sehr Vernünftiges gesagt. Er sagte nämlich: Als stärkerer Mahner zur Tugend wird sich erweisen, wer Aufmunterung und überzeugendes Wort, als der welcher Gesetz und Zwang anwendet.

    (Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, ein weiterer Schwerpunkt des Haushalts ist die Förderung des Hochschulbereichs, vor allem die Hochschulbauförderung. Auch darin spiegelt sich der Wille der Bundesregierung und der sie tragenden Fraktionen zur Offenhaltung aller Bildungswege. Sie ist schon gesamtgesellschaftlich geboten. Ich begrüße aber ausdrücklich die Feststellung in dem von mir mehrfach zitierten Bericht, daß das Offenhalten aller Bildungswege nicht nur der qualifizierten Ausbildung aller Jugendlichen dient, sondern gleichzeitig der Wahrung der Freiheit der Bildungswegentscheidungen des einzelnen.
    In diesem Zusammenhang möchte ich an die BAföG-Problematik und an den Hinweis der Bundesregierung auf ihre erneute Prüfung im Rahmen der Diskussion über den Familienlastenausgleich erinnern. Ich freue mich aber vor allem — warum rufen Sie nicht „Traumtänzer", Herr Kuhlwein? —, daß durch einen Grundsatzbeschluß des Haushaltsausschusses die Möglichkeit besteht, vorab die Bereinigung der sogenannten Ferienmonatsregelung beim BAföG in Angriff zu nehmen. Herr Rose hat bereits darauf hingewiesen, und ich begrüße die Übereinstimmung von Bildungs- und Haushaltspolitikern der Fraktionen. Es kommt meines Erachtens in diesem Fall nun wirklich nicht auf Hektik an, denn eine Neuregelung würde erst zum Schuljahreswechsel in Kraft treten.

    (Kuhlwein [SPD]: Also stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu?)

    — Der ist mir zuwenig.

    (Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, es mag ja — es ist schon angesprochen worden — nur als symbolisch zu werten sein, aber ich begrüße sehr, daß der Einzelplan 31 die Viermilliardengrenze nicht unterschritten hat, sondern eine leichte Steigerung aufweist. Symbolisch und konkret in den Einzelposten spiegelt sich für meine Begriffe vor dem Hintergrund vieler Diskussionen darin doch die gesamtstaatliche Verantwortung für das Bildungswesen, für die Glaubwürdigkeit auch gegenüber den Ländern und für die Solidarität mit der jungen Generation.
    Ich begrüße ganz ausdrücklich den von mir schon zu Anfang erwähnten neuen Akzent zur Förderung von Begabung, Qualifikation und Leistung. Wie recht hatte doch die frühere Bundesregierung, als sie sich — ich zitierte es schon wörtlich — zur Elitebildung in dem genannten Sinne bekannte und hinzufügte, daß zur Elitebildung Weltoffenheit und Verständnis für den anders Befähigten oder Gebildeten gehöre. Selbstverständlich! Nun folgen den Worten Taten, denn „die Herausbildung offener Leistungseliten ist eine Aufgabe des gesamten Bildungswesens", heißt es im Bericht der jetzigen Bundesregierung. In der Tat, Förderung und Herausforderung sind vielleicht die Begriffe, die auch zu neuen Gemeinsamkeiten führen können. Und wenn man sich nicht in das Erbauen künstlicher Gegensätze verliebt hat, dann könnte daraus durchaus ein neuer Konsens in der Bildungspolitik entstehen, der nicht im Spiel gegenseitiger Unterstellungen untergeht, sondern angesichts der Aufgaben der Zukunft auch den Mut hat, ältere Ideen wie etwa Formen des Bildungsrats erneut in die Diskussion einzuführen, der aber auch bildungspolitische Fragen nicht zum bloßen Bestandteil ideologischer Kampagnen verkümmern läßt.
    Meine Damen und Herren, Bildungspolitik — wir wissen es alle — ist keine Sache einfacher Lösungen. Bei aller Kontinuität in bestimmten Aufgaben kommt es auch immer wieder auf Flexibilität und Sorgfalt in der Beantwortung der Fragen an, die aus sich wandelnden Situationen entstehen. Um es noch einmal mit Demokrit zu sagen:
    Genau von denselben Dingen, von denen uns das Gute kommt, können wir auch das Üble gewinnen, aber auch wieder außerhalb des Üblen gelangen. Zum Beispiel
    — sagt unser Philosoph —
    ist tiefes Wasser zu viel nütze und auch wieder übel, denn man läuft Gefahr zu ertrinken. Dagegen hat man nun ein Mittel erfunden, den Schwimmunterricht.

    (Beifall bei der FDP)

    Meine Damen und Herren, dieses tiefe Wort läßt sich auf viele Problemlagen anwenden. Wenn ich manchen den Kopf schütteln sehe, möchte ich ihn bitten, eine kurze Minute der Meditation eines Tages diesem Thema zu widmen.



    Neuhausen
    Ich möchte, weil ich Sie mit diesem Philosophen malträtiert habe, als letztes dazu sagen — wieder Zitat —:
    Weder verdunkelt edle Rede schlechte Tat noch wird gute Tat durch der Rede Lästerung zuschanden.
    Meine Damen und Herren, wir werden uns darum bemühen, wie bisher Rede und Tat in möglichst gute Übereinstimmung zu bringen.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und den GRÜNEN)



Rede von Richard Wurbs
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Professor Jannsen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Gert Jannsen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

    (Daweke [CDU/CSU]: Jetzt haben Sie es schwer, Herr Jannsen!)

    — Ich weiß, Herr Daweke, Sie erwarten ja auch immer etwas Besonderes von mir.
    Wenn ich daran denke, daß Herr Neuhausen hier vorhin von Glück gesprochen hat, dann kommt mir der Bildungsminister der deutschen Bundesregierung wie Hans im Glück vor, der bei jedem Wechsel, bei jedem neuen Ansatz etwas von dem Gut, das er einmal hatte, verliert. Ich werde versuchen, es an diesem Haushalt — —

    (Daweke [CDU/CSU]: Erklär mal! Das verstehe ich nicht!)

    — Sie kennen das deutsche Märchen nicht, das sollten Sie vielleicht einmal nachlesen: „Hans im Glück".
    Dieser Haushalt ist kein Haushalt der Zukunft, sondern ein Haushalt der Zerstörung. Herr Rose, Sie müßten es ausgerechnet haben, daß dieser Haushalt weniger hat als der vorige. Im Ansatz der Regierung hatte er bereits 29 Millionen DM weniger als der vorige. Das können Sie aus den Drucksachen herauslesen. Nach der Entscheidung des Haushaltsausschusses — auch das geht aus den Drucksachen hervor — sind es 16 Millionen DM mehr. Dazu muß man allerdings — daß könnte ja Hoffnung machen — wissen, daß der Haushaltsausschuß gleich wieder 40 Millionen DM als globale Minderausgabe festgelegt hat. Das macht gegenüber dem Ansatz im Haushalt von 1984 insgesamt 24 Millionen DM weniger. Damit ist, wie Herr Rose sagt, die Talfahrt beendet. Frau Wilms hat gekämpft und gesiegt. Sie ist eben — wie die ganze Regierung — eine Siegertype.

    (Dr. Rose [CDU/CSU]: Ist sie auch! — Dr. Diederich [Berlin] [SPD]: Zweite Siegerin!)

    Ich komme zu Einzelpunkten.
    Ich möchte zunächst auf das Programm für benachteiligte Jugendliche zu sprechen kommen. Hierfür sind 86 Millionen DM vorgesehen. Davon sind nach Auskünften, die ich erhalten habe, 40 Millionen DM im Einzelplan 31 auszuweisen. Es stehen 5 000 Plätze für benachteiligte Jugendliche zur Verfügung. Die 40 Millionen DM im Bildungshaushalt, die, wie ich soeben erwähnte, auszuweisen sind, entsprechen genau der globalen Ausgabenbeschränkung. Das heißt: Es gibt keinen Pfennig mehr. Wenn man dieses Programm durchführen will, muß man das an anderer Stelle einsparen.
    Herr Neuhausen, ich habe von ungeheuren Problemen gesprochen, und ich glaube, ich habe recht gehabt. Nur: Es scheint nicht einfach zu sein, zwischen uns Einigkeit darüber herzustellen, was ungeheuer ist. Sie sagen, die zahlenmäßigen Probleme seien gelöst. Aber das ist nicht richtig. Der Ansatz ist gegenüber dem des Jahres 1983 besser ausgestaltet worden, aber er ist letzten Endes bezogen auf die Zahl der Übriggebliebenen schlechter als im Jahre davor. Ich will noch einmal ausdrücklich betonen: Wir haben nicht nur mit den Jugendlichen zu tun, die vom Arbeitsamt ermittelt worden sind, sondern auch mit denjenigen, die das Arbeitsamt in seiner Statistik vom 30. September nicht ermittelt. Dazu müssen Sie einmal den Berufsbildungsbericht nachlesen.
    Aber auch das neue Benachteiligtenprogramm weist auf weitere Probleme hin. Einmal erweitert es den Kreis der Betroffenen. Bislang wurden vorwiegend die sogenannten Leistungsschwächeren, wie Herr Neuhausen soeben sagte, von dem Benachteiligtenprogramm erfaßt. Die Ausweitung dieses Programms in sozialer und regionaler Hinsicht bedeutet aber etwas ganz anderes. Niemand kann sagen, daß Mädchen und auch Jungen, die etwa einen Realschulabschluß mit „gut", „befriedigend" oder sogar „sehr gut" haben, zu den Leistungsschwächeren in dieser Gesellschaft gehören. Sie finden aber keinen Ausbildungsplatz, wenn sie in Regionen mit einer wirtschaftlichen Strukturschwäche wohnen. Nun frage ich Sie: An welcher Stelle im Haushaltsentwurf der Bundesregierung gibt es irgendeinen Ansatz zur Beseitigung strukturschwacher Wirtschaftsregionen in der Bundesrepublik? Die Stelle möchte ich gerne nachgewiesen haben. Ich habe bis jetzt nichts davon gehört, ich habe sie nicht gefunden. Ich habe auch in den Aussagen der Redner in den letzten zwei Tagen darüber nichts vernommen.
    Nächster Punkt: Die geschlechtsspezifische Notlage, d. h. mit anderen Worten die Vernachlässigung von Frauen und Mädchen in der Bildungspolitik, drückt sich genau in der Notwendigkeit dieses Benachteiligtenprogramms aus; denn mindestens 60 Prozent der Übriggebliebenen sind Frauen und Mädchen.
    Dieses Programm zeigt sehr deutlich, daß wir es hier mit einer langfristigen Problematik und nicht mit einer kurzfristigen Angelegenheit zu tun haben. Darauf möchte ich besonders hinweisen.

    (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

    Nur ökonomische Veränderungen in diesem Land vermögen diese Probleme zu lösen, nicht aber Benachteiligtenprogramme mit Finanzierungsmitteln. Das ist ein Tropfen auf einen heißen Stein, der an der Stelle kühlt, wo er gerade hinfällt; aber an den



    Dr. Jannsen
    anderen Stellen, auf die er nicht fällt, wird er nicht kühlen.
    Im Zusammenhang mit dem Benachteiligtenprogramm verweise ich noch auf einen weiteren Gesichtspunkt. So wie die Bundesregierung diesbezüglich verfahren ist, bedeutet das — das habe ich auf einer Tagung des Jugendaufbauwerks in Bonn am 7. November erfahren —, daß bei der Durchführung dieser Maßnahmen eine Verzögerung nicht mehr zu vermeiden ist und daß die Gelder, die für den Abbau von Ausbildungsplatzmängeln noch in diesem Jahr vorgesehen sind, frühestens im zweiten Viertel des nächsten Jahres abgerufen werden können, weil die entsprechenden Einrichtungen gar nicht in der Lage sind, das vorher zu bearbeiten.
    Weiterer Punkt: Ausbildungsförderung. Die Zahlungen des BAföG im August, die j a von der Bundesregierung und den Mehrheitsfraktionen des Deutschen Bundestages 1982 gestrichen wurden, sollen wieder aufgenommen werden. Ich verweise darauf, daß der Haushaltsausschuß mitgeteilt hat, daß im Rahmen der Mittel, die zur Verfügung stehen, bei der Gesetzgebung darauf geachtet werden soll, dieses Problem zu lösen. Das heißt, es gibt überhaupt keine neuen Gelder. Um etwa 20 Millionen DM dreht es sich.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Sie sind schlecht unterrichtet!)

    — Dann kommen Sie vielleicht nachher zu mir; ich habe den Brief des Haushaltsausschusses vorliegen. Das kann man nachprüfen; ich habe es überprüft.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Aber erst behaupten! Das ist immer schick!)

    Dieses BAföG für den August ist auch wiederum nur eine kleine Reparaturmaßnahme. Wir fordern in unserem Entschließungsantrag, über den wir am Freitag hier abstimmen werden, die bundeseinheitliche Wiedereinführung des Schüler-BAföG. Das ist j a schon etliche Male abgelehnt worden. Aber da Herr Neuhausen vorhin sagte, er will mehr als die Anträge der SPD, könnte es ja sein, daß er für die Fraktion der FDP diesem Vorschlag zustimmt. Das wäre immerhin ein Erfolg. Ich halte es aber für unwahrscheinlich, Herr Neuhausen.
    Ich möchte allerdings im Zusammenhang mit dieser Schülerausbildungsförderung darauf hinweisen, daß wir uns hier, von der Bundesregierung angepackt, auf eine abwärtsführende Spirale zubewegen, wie sie in den Schulbüchern als der „Teufelskreis der Armut" in der Dritten Welt beschrieben wird. Wir haben die Entwicklung einer neuen Armut. Sie kennen die Studie. Die Not der Familien, besonders der mit mehreren Kindern, führt zu einer Verschlechterung von deren Bildungsmöglichkeiten, weil sie sich Bildung materiell nicht mehr leisten können. Die Verschlechterung der Bildungsmöglichkeiten führt zur Verschlechterung der Arbeitsmöglichkeiten. Das führt zu weiterer Verstärkung der sozialen Not.
    Das einzige, was Sie da anzubieten haben, auch in fünf Jahren, wenn Sie so weitermachen, werden
    Benachteiligtenprogramme sein. Das ist keine Lösung des Problems.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Was haben Sie denn anzubieten?)

    Es wird die Herstellung einer neuen Armut sein. Aber zugleich machen Sie Spitzenförderung, die natürlich einfacher und billiger ist als Breitenförderung, als die Förderung all derjenigen, die drohen, aus dem sozialen System herauszufallen, weil einfach die Anzahl derjenigen, die an der Spitze stehen sollen, kleiner ist als die Anzahl derjenigen, die die Breite ausmachen.
    Da kann man natürlich etwas hineintun. Da werden in dem Hochschulbereich in diesem Jahr 12,5 Millionen DM hineingetan, zusätzlich zu den Geldern, die schon drin waren. Sonderprogramme für Hochqualifizierte, was immer das auch sein mag, Sonderförderung für Forscher und Forschergruppen als neuer Titel in dem Haushalt für Bildung und Wissenschaft, das allerdings scheint mir eine Form der Förderung zu sein, durch die — ich habe das vor einiger Zeit hier schon einmal gesagt — eine kooperative Entwicklung von Wissenschaft, eine Öffnung von Wissenschaft für möglichst viele, auch für diejenigen, die von Wissenschaft etwas haben wollen, die aber Wissenschaft nicht studieren können, mit Sicherheit nicht erreicht wird.

    (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

    Das, was damit erreicht werden soll, zeigt die Novelle zum Hochschulrahmengesetz, der Referentenentwurf, der vorliegt. Es soll erreicht werden und wird wahrscheinlich sogar erreicht, daß diejenigen, die in der Forschungsspitze sind, ihre Spitzen an die Industrie, an die Wirtschaft abgeben, damit diese bessere, schnellere Rationalisierungs- und Kontrollinvestitionen durchführen kann. Das wird der Effekt einer Elitebildung, einer Eliteförderung sein. Eine Breitenförderung ist das nicht.
    Im Jahre 1983 bekamen diejenigen, die überhaupt BAföG erhielten, bei gestiegenen Kosten im Durchschnitt etwa die gleichen Sätze wie 1972, und der Anteil der Geförderten sank unter 30%.
    Ein letzter Punkt, den ich etwas kürzer behandeln will, der aber in der Diskussion eigentlich noch mehr Aufmerksamkeit erfordern würde als die anderen Punkte, ist der Punkt der Weiterbildung, der Weiterbildung für Jugendliche, die eine Berufsausbildung hinter sich gebracht haben, arbeitslos sind — Sie wissen, daß es Hunderttausende sind, die derzeit in einer solchen Lage sind —, und der Weiterbildung von Erwachsenen, damit sie wieder die Möglichkeit haben, in einen Beruf hineinzugehen. Das betrifft wiederum viele, viele Frauen in der Bundesrepublik. Besonders die Frauen, die in einer bestimmten Zeit ihres Lebens — wie sie es ja auch wollen — ihre Kinder betreut haben, werden nach zehn, zwölf, 15 Jahren ohne Weiterbildungsmöglichkeiten nicht wieder den beruflichen Anschluß finden. Was dazu im Haushalt und in den Überlegungen des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft gesagt worden ist, ist meines Erachtens sehr dünn. Im Haushalt werden Modellversuche
    Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984 7751
    Dr. Jannsen
    und deren Ansätze gekürzt. Zur Einführung neuer Technologien werden die Ansätze erweitert.
    Insgesamt komme ich dazu, festzustellen, daß dies ein Haushalt mit beschränkten Notmaßnahmen ist, ein Haushalt der verstärkten Auslese und ein Haushalt der Zerstörung des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft. Das drückt sich darin aus, daß dieser Haushalt, dieses Bildungsministerium die Ansätze im Bereich der Bildungsplanung kürzt, daß es die Ansätze für Modellversuche kürzt, und zwar insbesondere im allgemeinen Bildungsbereich, die auf einen Zusammenhang mit sozialer Problematik hinweisen.
    Dagegen werden Investitionen in dem Bereich gemacht, den schon Herr Riesenhuber vorhin vertreten hat, in dem Bereich der neuen Technologien, deren Akzeptanzentwicklung usw.
    Das Bildungsministerium ist dabei, die ihm originären Aufgaben zu verlieren, und das nicht, weil wir eine Dezentralisierung und eine weitere Ausbreitung der Bildung vor uns haben. Vielmehr handelt es sich schlicht um eine Reduzierung der Bildungsanforderungen und Bildungsansprüche in der Bundesrepublik insgesamt. Dem ist meines Erachtens in den nächsten Jahren entgegenzusteuern.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)