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ID1010418200

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/104 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 104. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984 Inhalt: Benennung des Abg. Bohl als Stellvertreter im Wahlprüfungsausschuß 7629 A Wahl des Abg. Bohl zum ordentlichen Mitglied und des Abg. Seiters zum Stellvertreter im Vermittlungsausschuß 7629 A Nachträgliche Überweisung zweier Vorlagen an Ausschüsse 7629 B Begrüßung der Knesset-Abgeordneten Frau Shulamit Aloni 7640 D Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1985 (Haushaltsgesetz 1985) — Drucksachen 10/1800, 10/2250 —Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern — Drucksachen 10/2306, 10/2330 — in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung — Drucksachen 10/2326, 10/2330 — in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung — Drucksache 10/2324 — Schäfer (Offenburg) SPD 7630 A Gerster (Mainz) CDU/CSU 7634 B Kleinert (Marburg) GRÜNE 7637 D Frau Seiler-Albring FDP 7640 D Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI 7643A Dr. Nöbel SPD 7647 D Dr. Riedl (München) CDU/CSU 7651C Dr. Hirsch FDP 7654 C Kühbacher SPD 7656D, 7662 A Dr. Laufs CDU/CSU 7659 A Baum FDP 7663A Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz — Drucksachen 10/2307, 10/2330 — in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksachen 10/2316, 10/2330 — Dr. Emmerlich SPD 7664 B Austermann CDU/CSU 7666 C Frau Reetz GRÜNE 7669 D Kleinert (Hannover) FDP 7672 B Engelhard, Bundesminister BMJ . . . 7674A Frau Nickels GRÜNE (Erklärung nach § 32 GO) 7675C II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984 Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — Drucksachen 10/2311, 10/2330 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten — Drucksache 10/2103 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 10/2401 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/2492 — in Verbindung mit Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit — Drucksachen 10/2315, 10/2330 — Frau Fuchs (Köln) SPD 7676 C Dr. Friedmann CDU/CSU . . . . 7681 D, 7721 C Frau Seiler-Albring FDP 7685 B Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 7687 C Glombig SPD 7691C Jagoda CDU/CSU 7696 A Hoss GRÜNE 7699 C Cronenberg (Arnsberg) FDP 7703 C Peter (Kassel) SPD 7705 D Rossmanith CDU/CSU 7707 C Jaunich SPD 7710 A Eimer (Fürth) FDP 7714 B Deres CDU/CSU 7716 B Dr. Geißler, Bundesminister BMJFG . 7717 C Dr. Diederich (Berlin) SPD 7721 D Frau Schoppe GRÜNE 7723 B Frau Kelly GRÜNE (Erklärung nach § 31 GO) 7723C Namentliche Abstimmung 7725 B Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksachen 10/2321, 10/2330 — Zander SPD 7727 B Dr. Stavenhagen CDU/CSU 7729 D Frau Dr. Bard GRÜNE 7732 C Kohn FDP 7735 B Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 7737 C Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksachen 10/2322, 10/2330 — Dr. Rose CDU/CSU 7740 C Dr. Diederich (Berlin) SPD 7743 B Neuhausen FDP 7746 B Dr. Jannsen GRÜNE 7749 A Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMBW 7751 B Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksachen 10/2319, 10/2330 — Purps SPD 7753 D Echternach CDU/CSU 7756 D Verheyen (Bielefeld) GRÜNE 7759 D Grünbeck FDP 7762C Dr. Schneider, Bundesminister BMBau 7764 C Nächste Sitzung 7769 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 7771*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 7771*C Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984 7629 104. Sitzung Bonn, den 28. November 1984 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 102. Sitzung: Auf Seite III, linke Spalte und auf den Seiten 7485 und 7486 ist jeweils bei den Anlagen 14, 15 und 16 statt „Parl. Staatssekretär Dr. Schulte" zu lesen: „Staatssekretär Bayer". Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 28. 11. Dr. Barzel 30. 11. Dr. Enders * 30. 11. Erhard (Bad Schwalbach) 30. 11. Ertl 28. 11. Dr. Faltlhauser 28. 11. Dr. Glotz 30. 11. Dr. Haack 29. 11. Haase (Fürth) * 28. 11. Hauser (Esslingen) 30. 11. Frau Hoffmann (Soltau) 30. 11. Frau Huber 28. 11. Jung (Düsseldorf) 30. 11. Dr. Müller * 30. 11. Dr.-Ing. Oldenstädt 28. 11. Polkehn 30. 11. Frau Renger 30. 11. Frau Schmidt (Nürnberg) 30. 11. Schmidt (Wattenscheid) 30. 11. Frau Dr. Skarpelis-Sperk 30. 11. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim * 28. 11. Dr. Spöri 30. 11. Dr. Sprung 30. 11. Dr. Stark (Nürtingen) 30. 11. Vahlberg 30. 11. Vosen 30. 11. Weirich 28. 11. Weiskirch (Olpe) 30. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung die nachstehende Vorlage überwiesen: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 11 13 Titel 656 03 - Zuschuß des Bundes an die knappschaftliche Rentenversicherung - (Drucksache 10/2288) zuständig: Haushaltsausschuß Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 16. November 1984 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht gestellt: Gesetz über den Abbau von Salzen im Grenzgebiet an der Werra Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1984 (Nachtragshaushaltsgesetz 1984) Drittes Gesetz zur Änderung des Abfallbeseitigungsgesetzes Der Vorsitzende des Ausschusses für Forschung und Technologie hat mit Schreiben vom 14. November 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen hat: Stimulierung von Zusammenarbeit und Austausch im wissenschaftlichen und technischen Bereich in Europa, Plan 1985-1988 (Drucksache 10/1510 Nr. 10) Vorschlag für einen Beschluß des Rates für ein Forschungs- und Entwicklungsprogramm im Bereich der Optimierung der Erzeugung und Verwendung von Kohlenwasserstoffen 1984 bis 1987 (Drucksache 10/1691 Nr. 23) Der Vorsitzende des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit hat mit Schreiben vom 14. November 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Berichterstattung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung über die nachstehende Vorlage absieht: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Prüfung der Anhebung der Renten wegen Contergan-Schadensfällen (Drucksache 10/1651) Der Vorsitzende des Rechtsausschusses hat mit Schreiben vom 26. November 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Berichterstattung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung über die nachstehende Vorlage absieht: Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zu Überfällen auf Lastkraftwagen und Diebstählen von innerhalb der Gemeinschaft beförderten Gütern (Drucksache 10/936)
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Lutz G. Stavenhagen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Zander, Sie beklagen, der Forschungsetat sei nicht reichlich genug dotiert. Ich frage Sie, ob Sie ihn mit mehr Schulden finanzieren wollen. Und ich muß Ihnen sagen: In der Abwägung,

    (Zander [SPD]: Bauen Sie doch die drei Milliarden neue Subventionen ab!)

    ob wir mehr Schulden machen sollen, müssen wir auch beim Forschungsetat die Kriterien äußerster Sparsamkeit anlegen.

    (Zander [SPD]: Drei Milliarden neue Subventionen!)

    Und ich sage Ihnen: Erhöhung von Effizienz und Kreativität ersetzt globale Zuwachsraten.

    (Beifall des Abg. Lenzer [CDU/CSU])

    Man darf ja nicht vergessen, daß bei einem äußerst sparsam gefahrenen Bundeshaushalt 1985 ein Zuwachs von 2 % weit über dem Durchschnitt liegt und damit die Priorität der Forschungspolitik unterstrichen wird.
    Das zweite, was Sie übersehen haben, ist, daß natürlich eine Reihe von Bereichen rückläufig ist, aus gutem Grunde. Ich nenne z. B. die Forschung im Bereich der nuklearen Energie, im Bereich bodengebundener Transporte und Verkehr, im Bereich rationeller Energieverwendung, bei dem wir in Marktnähe gekommen sind. Es kann doch nicht so sein, daß man stur an etablierten Technologien fest-
    7730 Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984
    Dr. Stavenhagen
    hält, sie weiter fördert, obwohl man in neue Bereiche aufbrechen kann und dies auch muß.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Catenhusen [SPD]: Das ist kalter Kaffee! Das hat keiner gefordert!)

    Deshalb ist — drittens — die Dynamik innerhalb des Forschungsetats wichtiger als die globale Zuwachsrate.
    Ein Viertes will ich Ihnen sagen. Der Forschungsminister bemüht sich erfolgreich, die Eigenbeteiligung der Industrie zu erhöhen. Dies dient der Effizienz und beugt der früheren Praxis vor, daß eine Reihe von Firmen die guten Risiken selbst gemacht hat und sich die miesen Risiken vom Staat hat bezuschussen lassen. Wer eigenes Geld mitbringt, sorgt dafür, daß die Projekte nach Möglichkeit Erfolg haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Stahl [Kempen] [SPD]: Sie haben schon immer eigenes Geld mitgebracht, bis auf Ausnahmefälle!)

    — Aber in wesentlich geringerem Umfang. Ich habe doch die einzelnen Listen durchgeguckt, Herr Kollege. Bis 80 % und mehr wurde öffentlich gefördert. Nun versuchen wir generell — mit wenigen Ausnahmen — auf 50 % herunterzugehen.

    (Zander [SPD]: Generell ist immer schlecht!)

    Herr Kollege, Sie beklagten, daß wir für die Friedensforschung nicht einmal 500 000 DM zusätzlich übrig hätten. Sie hatten für die Friedensforschung nicht einmal einen hauptamtlichen Mitarbeiter übrig. Herr Bahr macht in Hamburg jetzt im Nebenamt, was Graf Baudissin bisher im Hauptamt erfolgreich und verdienstvoll versehen hat.

    (Catenhusen [SPD]: Das ist billige Polemik!)

    — Sie mögen das billige Polemik nennen. Ich glaube nicht, daß der Friedensforschung mit dieser Personalentscheidung ein besonderer Dienst erwiesen worden ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Im Haushalt 1985 und in der Fortschreibung der Finanzplanung sind Ansatzpunkte für eine erfolgreiche Forschungs- und Technologiepolitik verwirklicht. Das Ausgabenprofil des Haushalts zeigt, daß die vor zwei Jahren eingeleitete Neuorientierung konsequent weitergeführt wird. Bei Wahrung der in der Forschungsförderung wichtigen Kontinuität — wir haben es vermieden, irgendwelche Projekte abzubrechen — sind wesentliche neue Akzente gesetzt worden. Ich nenne die Stärkung der Grundlagenforschung, die Forschung in zentralen Bereichen staatlicher Daseins- und Zukunftsvorsorge, die Verbesserung der Infrastruktur und der Kooperation in der Forschung, die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Forschung, Entwicklung und Innovation in der Wirtschaft und die Erschließung von Schlüsseltechnologien.
    Weil das Geld knapp ist, mußten die neuen forschungspolitischen Akzente in erster Linie durch
    Umschichtung innerhalb des Forschungshaushalts gesetzt werden. Hierzu — ich sagte es bereits — wurden Spielräume, etwa im Kernenergiebereich, durch auslaufende Förderungen geschaffen. Die Mittel für die Nuklearenergieforschung sinken um 61/2 %. Dieser Titel macht jetzt nur noch 22 % des gesamten Forschungsetats aus.
    Wir wollen die Bundesregierung ausdrücklich ermutigen, in der Forschungsförderung auf Kreativität und Dynamik zu setzen. Das heißt, daß aus neuen Schwerpunkten eines Tages etablierte Technologien werden müssen, die sich am Markt selbst zu behaupten haben. Dann sind die Fördermittel entsprechend zurückzufahren und auf neue Zukunftstechnologien zu lenken.
    Ausdrücklich unterstützen wir die Bemühungen, durch konsequentes Hinarbeiten auf wenigstens 50 % Eigenbeteiligung der Industrie an Forschungsvorhaben zusätzlichen finanziellen Spielraum zu schaffen. Auch die Verbesserung der Effizienz der eingesetzten Fördermark ist ein Weg, zusätzliche finanzielle Spielräume zu bekommen. Ich nenne zwei Beispiele. Der Personalaufwand bei den Projektträgern konnte verringert und die Anzahl von Beratern des Forschungsministers deutlich verringert werden. Bei den institutionell geförderten Forschungseinrichtungen bringen die eingeleiteten Maßnahmen Erleichterungen für die Stellen- und Mittelbewirtschaftung und damit mehr Flexibilität bei der Aufgabenwahrnehmung.
    Als Instrument zur Effizienzsteigerung der direkten Projektförderung wird die Verbundforschung eingesetzt. Dabei geht es um die arbeitsteilige Bearbeitung übergreifender, thematisch zusammenhängender Problemstellungen durch mehrere Unternehmen und Forschungsinstitute.

    (Catenhusen [SPD]: Das ist aber nichts Neues!)

    Die Verbundforschung trägt dazu bei, größere Umsetzungsnähe und Umsetzungsgeschwindigkeit der geförderten Aktivitäten zu erreichen. Wir wollen die Verbundforschung künftig verstärken. Beispiele sind die Programme Fertigungstechnik, Informationstechnik, Umweltforschung und Umwelttechnologie.
    Ein Blick auf das Profil des Forschungshaushalts 1985 zeigt, wie sich die Neuorientierung der Forschungs- und Technologiepolitik auswirkt. Die Ausgaben für die Grundlagenforschung sowie für die langfristigen grundlagenorientierten Forschungsprogramme steigen um knapp 7% auf etwa 2,4 Milliarden DM.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    Ihr Anteil am Forschungshaushalt erhöht sich damit auf rund ein Drittel des gesamten Etats. Das unterstreicht die Bedeutung, die wir der Grundlagenforschung als der Basis für die künftigen wissenschaftlichen, technischen und wirtschaftlichen Entwicklungen beimessen.
    Enthalten sind hierin die Ausgaben für den Bau der Hadron-Elektronen-Ringanlage Herra bei DESY in Hamburg, für den Aufbau des Forschungs-
    Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984 7731
    Dr. Stavenhagen
    reaktors beim Hahn-Meitner-Institut in Berlin, für den Bau eines neuen Forschungsschiffs, für die Entwicklung des Röntgensatelliten ROSAT und für den Bau des großen Elektronen-Positronen-Speicherringes bei CERN in Genf.
    Die Bundesregierung hat sich auf Empfehlung des Gutachterausschusses „Großprojekte in der Grundlagenforschung" für diese Projekte entschieden. Wir unterstützen diese Entscheidung, weil die naturwissenschaftliche Grundlagenforschung heute in bestimmten Arbeitsbereichen auf Großgeräte angewiesen ist, um den hohen Leistungsstand zu halten.
    Zur Gewinnung von Orientierungswissen und zur Verstärkung der Handlungsmöglichkeiten im Bereich staatlicher Zukunftsvorsorge werden schwerpunktmäßig die Umwelt- und Klimaforschung, die Forschung und Entwicklung im Dienste der Gesundheit sowie die Humanisierung des Arbeitslebens gefördert. Zusätzliche Anträge sind hier nicht erforderlich. Im Bereich der Umweltforschung, der Umwelttechnologien und der ökologischen Wirkungsforschung ist noch nie mehr Geld ausgegeben worden als im Jahre 1985.
    Die indirekte Forschungsförderung soll zur weiteren Verbesserung der Rahmenbedingungen für Forschung, Entwicklung und Innovation dienen und steigt um fast 30 % auf rund 350 Millionen DM.
    Wichtig sind die Fördermöglichkeiten für technologieorientierte Unternehmensgründungen. Sie werden ausgeweitet. Dies begrüßen wir. Wir begrüßen auch die Entscheidung der Bundesregierung, die Zuschüsse zu den Kosten des in Forschung und Entwicklung beschäftigten Personals fortzusetzen und durch eine Forschungspersonalzuwachsförderung zu erweitern. Mit der Forschungspersonalzuwachsförderung sollen insbesondere die personalintensiv forschenden mittleren und kleineren Unternehmen angesprochen werden, die ihr Forschungspersonal durch Neueinstellungen erweitern wollen.
    Die indirekt-spezifische Förderung wird bei der Anwendung von computer-aided design, computeraided manufacturing und der Roboterentwicklung im Rahmen des Programms Fertigungstechnik sowie bei dem neuen Sonderprogramm Mikroperipherik im Rahmen des Förderkonzepts Informationstechnik eingesetzt.

    (Zander [SPD]: Das spricht sich so schwer aus!)

    — Ja, es ist ein schwieriges Wort, Herr Kollege, aber ich habe es hingekriegt.
    Das seit Januar dieses Jahres laufende Programm Fertigungstechnik hat eine starke Resonanz gefunden. Bislang liegen mehr als 1700 Anträge vor, von denen drei Viertel aus Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeitern kommen. Deshalb ist das Programm um 100 Millionen DM auf 450 Millionen DM aufgestockt worden.
    Wichtig ist auch die Einführung eines neuen Titels „Förderung ausgewählter Wissenschaftler und Forschungsgruppen". Hiermit wollen wir besondere Leistungen der Spitzenforschung beispielhaft herausstellen, die Arbeitsmöglichkeiten und den Forschungsfreiraum verbessern, administrativen Arbeitsaufwand abbauen und Möglichkeiten für die Mitarbeit zusätzlicher junger Wissenschaftler schaffen. Ausgewählten Forschern und Forschergruppen insbesondere der Natur-, der Bio- und der Ingenieurwissenschaften sollen jeweils für einen Zeitraum von 5 Jahren für zusätzliche Forschungs-
    und Entwicklungsarbeiten frei verfügbare Zuschüsse gewährt werden. Die Förderung erfolgt ausschließlich unter Qualitätsgesichtspunkten und ist unabhängig von der Art der Forschungsstätte, in der der Forscher oder die Gruppe tätig ist.
    Die Förderung von Forschung und Entwicklung zur Erschließung von Schlüsseltechnologien hat wegen der internationalen Wettbewerbsposition unserer Wirtschaft auf den Hochtechnologiemärkten große Bedeutung. Eine besondere Rolle spielt hier die Informationstechnik. Mit dem von der Bundesregierung verabschiedeten umfassenden Konzept zur Förderung der Entwicklung der Mikroelektronik und der Informations- und Kommunikationstechniken wird ein wichtiger Beitrag zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft in der Zukunft geleistet.
    Weitere Schwerpunkte sind Biotechnologie und Materialforschung, deren Entwicklungsmöglichkeiten und Bedeutung für den Wettbewerb weltweit hoch eingeschätzt werden. Zwar behalten die Ausgaben für die Energieforschung und Energietechnik einen hohen Anteil am Forschungshaushalt, die Förderung ist jedoch rückläufig. In der Kernenergie werden insbesondere die Fortschritte bei den Prototypen Schneller Brüter und Hochtemperaturreaktor, aber auch die allmähliche Übernahme weiterer Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten, wie Urananreicherung, in die Verantwortung der Industrie, finanzielle Entlastung schaffen.
    Im nicht-nuklearen Bereich kann die Förderung in Zukunft verringert werden, weil auf vielen Gebieten ein Stadium erreicht ist, in dem jetzt der Markt gefragt ist. Staatliche Hilfe muß sich auf die Bereiche konzentrieren, die noch ein hohes technisches Entwicklungspotential aufweisen. Rückläufig ist ebenfalls die Förderung auf dem Gebiet der Rohstoffe und in Teilbereichen der Verkehrstechnologien.

    (Zurufe von der SPD)

    Mit dem Bericht „Status und Perspektiven der Großforschungseinrichtungen" hat die Bundesregierung ein Konzept für die Zukunft der Zentren vorgelegt. Sie werden vom Bund mit 1,9 Milliarden DM zu 90 % institutionell gefördert. Sie erfüllen mit ihren durch Langfristigkeit, Komplexität sowie hohem Planungs- und Managementaufwand gekennzeichneten Aufgaben einen besonderen öffentlichen Auftrag und sind damit ein wichtiger Bestandteil unserer Forschungs- und Entwicklungslandschaft. Wir wollen ihnen flexiblere Rahmenbedingungen für ihre Arbeit geben. Deswegen hat der Haushaltsausschuß nicht nur positiv Kenntnis genommen von dem Bericht der Bundesregierung zur Verbesserung der Flexibilität der Einrichtungen, vielmehr haben wir durch weitergehende Beschlüsse in die-



    Dr. Stavenhagen
    sem Bereich eigene Akzente gesetzt. Wir haben beschlossen, in einem dreijährigen Modellversuch eine Reihe von Einrichtungen aus der haushaltsrechtlichen Verbindlichkeit der Stellenpläne herauszunehmen. Auf deutsch: Die Einrichtungen sollen innerhalb des vorgegebenen Finanzrahmens, aber unabhängig von starren Stellenkegeln beweglicher bei Personalentscheidungen werden. Nach einem Jahr dieses Modellversuchs stellen wir fest, daß eine praktikable Handhabung dieser neuen Freiheit noch nicht gefunden worden ist. Wir haben deshalb mit dem Haushalt 1985 beschlossen, insgesamt sieben Einrichtungen im Rahmen eines fünfjährigen Modellversuchs zu gestatten, bis zu 10% ihres Stellensolls innerhalb des gegebenen Finanzrahmens zwischen den einzelnen Vergütungsgruppen austauschen zu können.
    Bei dieser Gelegenheit möchte ich daran erinnern, daß der Haushaltsausschuß ausdrücklich die Absicht der Bundesregierung begrüßt hat, grundsätzliche Fragen des Stiftungsrechts in dieser Legislaturperiode zu prüfen. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Überprüfung der Nachteile, die den gemeinnützigen Stiftungen durch die Körperschaftsteuerreform 1977 entstanden sind.

    (Stahl [Kempen] [SPD]: Aber nicht nur der Haushaltsausschuß, Herr Stavenhagen!)

    Ich möchte die Bundesregierung ausdrücklich daran erinnern.
    Mit den aufgezeigten Schwerpunkten ist der Weg für die Forschungs- und Technologiepolitik der kommenden Jahre vorgezeichnet. Hierbei ist selbstverständlich, daß man auf Änderungen und neue Herausforderungen schnell und zielstrebig reagieren muß. So stehen wichtige Entscheidungen im Bereich der Weltraumforschung an. Der Präsident der Vereinigten Staaten hat uns eingeladen, an der Entwicklung einer ständig bemannten Raumstation teilzunehmen. Dieses Angebot kommt zu einem Zeitpunkt, zu dem wesentliche Teile des laufenden Programms der ESA auslaufen. Es ist zu entscheiden über die europäische Beteiligung an der von den Vereinigten Staaten vorgeschlagenen Raumstation, genannt Columbus, und über die Entwicklung von Ariane V, einer leistungsgesteigerten Rakete. Beide Vorschläge stehen in enger Wechselbeziehung und können nicht entweder/oder verwirklicht werden.
    Es soll nicht verschwiegen werden, daß in den Kostenschätzungen noch erhebliche Risiken stekken.

    (Zuruf von der SPD: Aha!)

    Dennoch halte ich beide Vorhaben für technologisch geboten. Raumfahrt spielt sich an der Spitze des technischen Fortschritts ab und hat eine nicht zu unterschätzende Wirkung auf die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit und das Innovationspotential der deutschen Wirtschaft.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Catenhusen [SPD]: Unsere Zukunft liegt nicht im Weltraum!)

    Ich bitte deshalb die Bundesregierung, über beide Vorhaben bald positiv zu entscheiden.
    Wir stimmen dem Einzelplan 30 zu.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zander [SPD]: Wie ist der technische Fortschritt jahrtausendelang ohne Raumfahrt zurechtgekommen?)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Bard.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Sabine Bard


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)

    Zu diesen Reden und zu dieser Art, mit der Zukunft umzugehen, fällt mir fast nichts mehr ein.

    (Hornung [CDU/CSU]: Bei Ihnen gibt es ja gar keine Zukunft! — Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Sie brauchen keine 15 Minuten zu reden!)

    — Wenn ich Positives in diesem Haushalt suchen
    müßte, dann müßte ich hier 15 Minuten schweigen.

    (Hornung [CDU/CSU]: Das wäre wohl das beste!)

    Ich will es trotzdem mal versuchen. Vielleicht kapiert der eine oder andere doch mal eine neue Idee.
    Wenn hier noch jemand den schönen Worten der Bundesregierung über den Umweltschutz glauben würde, würde er, nachdem er heute in dem Haushalt des Innenministeriums nichts gefunden hat, sicher in der Hoffnung in den Forschungshaushalt schauen, daß es hier um eine Forschung und Entwicklung umweltfreundlicher Technologien, Entgiftungstechnologien, umweltfreundliche Produkte gehe. Er fände kaum etwas.

    (Gerstein [CDU/CSU]: Da gibt es eine ganze Menge Alternativen!)

    — Ich weiß schon, was Sie als alternativ bezeichnen. Darauf komme ich noch zurück.
    Die hohen Ausgaben für die Atomenergie, die vielen Verpflichtungen gerade für Großprojekte binden den Großteil der Mittel. Damit schafft sich das Forschungsministerium selbst die Sachzwänge, aus denen es dann nicht mehr heraus kann. Die Spallationsneutronenquelle steht z. B. als ein solches Beispiel an; und heute — aktuell — ist es die Weltraumforschung.
    Da gab es ja schon ein längeres Hin und Her. Da gab es ein rein politisches Versprechen des Bundeskanzlers Kohl gegenüber den USA, das uns 400 Millionen DM im Jahr kosten wird; Kosten, mit denen, soweit ich sehe, Herr Minister Riesenhuber auch nicht ganz einverstanden wäre, weil sie den Forschungsetat bei weitem sprengen würden.

    (Stahl [Kempen] [SPD]: Davon hat Herr Stavenhagen aber gar nichts erzählt!)

    Die Diskussion ging dann weiter. Woher dieses Geld kommen soll, ist noch gar nicht geklärt. Jetzt wird der Umweg gegangen, über die ESA Beiträge bereitzustellen. Dadurch soll diese Zusammenarbeit mit den USA gewährleistet werden. Zu dem Problem der immensen Beträge kommt noch hinzu,
    Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984 7733
    Frau Dr. Bard
    daß Frankreich seine Zustimmung davon abhängig macht — das hat Herr Stavenhagen j a auch betont —, daß es eine Kopplung gibt mit der Weiterentwicklung der Ariane, ebenfalls zur bemannten Raumfahrt. Was das kostet, ist überhaupt nicht klar.
    Kurz und gut: Diese Gelder werden uns überall dort fehlen, wo wir sie eigentlich zur Lösung unserer Probleme brauchen.
    Hinzu kommt auch noch eine inhaltliche Problematik der Weltraumforschung selber. Warum wird sie eigentlich so forciert? Sicher ist die Weltraumforschung prestigeträchtig. Sie ist teuer. Ihre kommerziellen Anwendungsmöglichkeiten sind gering. Aber sie ist zu einem großen unbekannten Teil auch Teil der Kriegsforschung. Bei dem letzten Aspekt verdient vor allem die Tatsache große Aufmerksamkeit, daß alle zivilen Raumfahrtkomponenten leicht in Kriegsgerät umgewandelt werden können. Mit Höhenforschungsraketen fängt es an, und mit der bemannten Raumfahrt geht es weiter.
    Prinzipielle Nichtabgrenzbarkeit von ziviler Nutzung und kriegerischem Gebrauch einerseits und unverhüllter Wettlauf der Supermächte nach Weltraumwaffen andererseits sind ein gefährliches Spiel. Und wenn Sie sagen, das sei ein Gespinst der GRÜNEN, dann möchte ich Ihnen ein Zitat vorlesen. Auf der 30. Sitzung der WEU am 21. Juni 1984 wurde empfohlen:
    Die Versammlung vertritt die Ansicht, daß das Raumfahrtpotential in der künftigen Kriegsführung eine Schlüsselrolle spielen wird, daß militärisch gesehen der Unterschied zwischen den Potentialen der weltraumfähigen Nationen und denjenigen der übrigen Nationen beinahe ebenso groß sein wird wie der derzeitige Machtunterschied zwischen den Kernwaffenstaaten und den Nichtkernwaffenstaaten und daß Europa diese Tatsache nicht nur zur Kenntnis nehmen, sondern auch dementsprechend handeln sollte.
    Angesichts solcher Empfehlungen wird es für uns schwierig, nicht an eine kriegerische Möglichkeit zu glauben.

    (Sehr richtig! bei den GRÜNEN)

    Wenn dieser, wie ich vorhin am Anfang der Rede sagte, vertrauensvoll an den Lippen der Regierung hängende Jemand den Haushalt weiter durchgeht, wird er mir vielleicht entgegnen, daß doch Gelder für regenerierbare, umweltfreundliche Energiequellen vorgesehen sind, z. B. für die Windenergie. Auf das Beispiel wollten Sie vorhin mit Ihren Einwendungen j a vielleicht auch hinaus. Mehr als 160 Millionen DM wurden bisher vom Ministerium für Forschung und Technologie auf dem Windenergiesektor ausgegeben. Das sieht ganz toll aus. Damit steht die Bundesrepublik im internationalen Vergleich, was den Input angeht, auch gut da.

    (Zander [SPD]: Damit kann man doch eine Menge Wind machen!)

    Hinter den USA bedeutet das den zweiten Platz.
    Wenn man jetzt aber schaut, was dabei herauskommt, kann man nur ein Kuriosum feststellen. Im Gegensatz zu den USA, im Gegensatz zu den kleinen Ländern wie Dänemark und die Niederlande gibt es keinen sichtbaren Erfolg. Durch die Fördermittel wurde weder ein exportfähiges Produkt entwickelt, noch eine funktionierende Großanlage erstellt.

    (Sauermilch [GRÜNE]: Viel Wind um nichts!)

    Ein entscheidender Grund für dieses Manko besteht in der Forschungspolitik des BMFT.
    80 % der Fördermittel wurden in die Entwicklung eines einzigen technischen Anlagentyps vergeben, nämlich den mit horizontaler Achse und aktiv betätigter Blattwinkelverstellung, z. B. System Hütter. Von diesem Geld wiederum flossen allein 80 % in die Entwicklung in zwei Großanlagen, nämlich den Growian und den Monopterus.

    (Frau Dr. Hickel [GRÜNE]: So ein Wahnsinn!)

    Da bei der Großwindanlage Growian immer mehr Probleme nicht zufriedenstellend gelöst sind und die andere Anlage überhaupt nicht läuft, konnte durch diese Forschungspolitik kein Durchbruch in der Anwendung der Windenergie in der Bundesrepublik erzielt werden. Trotzdem wurden die Mittel von noch 30 Millionen DM auf 10,5 Millionen DM für 1985 gekürzt.
    Ein wesentliches Argument von Minister Riesenhuber für die Mittelkürzungen bei der regenerier-baren Energie lautete, diese Techniken seien entwickelt und ausgereift und jetzt müßten sich diese Techniken auf dem Markt durchsetzen. Ich frage, wie das geht, wenn die Demonstrationsanlagen nicht funktionieren. Der Begriff „technische Reife" ist in diesem Zusammenhang ein Totschlagargument, das von der politischen Wertung ablenkt. Wenn die staatliche Förderung eingestellt wird, dann deshalb, weil das Zielprodukt nicht erwünscht ist. Im Falle der Energiesparmaßnahmen und der regenerativen Energiequellen heißt dies unter den Randbedingungen von Überkapazitäten der Energieversorgungsunternehmen, daß entsprechende Weiterentwicklungen auf dem Markt nicht greifen können.

    (Frau Dr. Hickel [GRÜNE]: Wegen der Atomkraftindustrie!)

    Dagegen stellen die GRÜNEN die These auf, daß unsere heutige Generation überhaupt kein Recht hat, die Umwelt so zu gestalten, daß für künftige Generationen keine Möglichkeit mehr besteht, ihre Vorstellungen zu verwirklichen, weil alles ausgereift, totentwickelt, festgeschrieben, zubetoniert ist.

    (Gerstein [CDU/CSU]: Wieder dieser Kulturpessimismus!)

    — Es ist nicht Pessimismus. Wir haben Vorstellungen über technische Entwicklung; hören Sie einmal zu.

    (Zurufe von der CDU/CSU)




    Frau Dr. Bard
    Technische Entwicklung muß ein kontinuierlicher Prozeß des Strebens nach technischer Verbesserung und besserer Anpassung an die Bedürfnisse der Menschen und der Umwelt sein. Gerade an dem Beispiel Growian zeigt sich sehr genau, daß eine Vorstellung von technischer Entwicklung, die auf Maximierung anstatt auf Optimierung ausgeht, sich wie die Dinosaurier verhält, und das ist der Growian heute.
    Das passiert der Forschungspolitik selbst dann noch, wenn sie versucht, von den „harten" Technologien wie der Atomenergie auf „sanfte" Technologien überzugehen. Mit dem Growian fehlt es offensichtlich an Denkprozessen.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Wir GRÜNEN fordern, daß ein Umdenkungsprozeß weg von den herkömmlichen Techniken und Naturwissenschaftsbegriffen kommen muß. Das kostet nichts, sondern erspart uns solche Ausgaben wie die für den Growian. Ein anderer, partnerschaftlicher Umgang mit der Natur und der daraus entwickelten Technologie ist im herkömmlichen Wissenschaftsbetrieb offensichtlich schwer möglich, mit Eliteforschung, wie sie der Regierung vorschwebt, schon überhaupt nicht. Neue Denkansätze kommen heute vielmehr von den sogenannten Dissidenten und engagierten Laien. Wir schlagen deshalb in einem Änderungsantrag die Einrichtung eines Dissidentenfonds mit 5 Millionen DM vor.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Laienfonds!)

    der solche Forschungsansätze, die von den herrschenden Meinungen der herrschenden Wissenschaft abweichen, dieser sogenannten Science Community — —

    (Dr. Stavenhagen [CDU/CSU]: Sektiererfonds!)

    — Zum Teil werden sie als Sektierer verschrien. Aber genau diese Sachen sich entwickeln zu lassen,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wohin?)

    bedeutet einen Fortschritt in Richtung neuer, guter Technologien.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Zurufe von der CDU/CSU)

    Wie wichtig solche neuen Denkanstöße von außen sind, zeigt auch ein anderes Beispiel: die Tierversuche. Millionen werden in die Tierversuchsforschungen gesteckt, neue Zentren werden errichtet; das Primatenzentrum in Göttingen ist ein Beispiel. Die Wissenschaftler, die daran arbeiten, können sich heute überhaupt nicht mehr vorstellen, daß die Erkenntnis des Lebendigen anders als über den Tierversuch laufen kann. Die Politiker werden angesichts des Protests dazu gezwungen werden,

    (Hornung [CDU/CSU]: Die Menschen wollen Sie nicht als Versuchskarnickel heranziehen?)

    sie zum Umdenken zu zwingen. Es gibt andere Methoden, und Sie müssen nicht polemisch mit dem
    Menschenversuch kommen. Die Erkenntnis des Lebendigen beruht nicht darauf, es im Labor zu zerschneiden, einzuengen und zu mathematisieren.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Gerstein [CDU/CSU]: Wenn es andere Methoden gibt, dann durch höhere Technik!)

    Was sollte eigentlich unserer Meinung nach im Haushalt stehen, wenn wir davon ausgehen, daß unsere gesellschaftlichen Probleme immer weniger durch einen technischen Innovationsschub gelöst werden können?

    (Gerstein [CDU/CSU]: Diese Annahme ist falsch!)

    Wir fordern die notwendige kritische Bestandsaufnahme, die Technologien an den sozialen und Umweltverträglichkeiten mißt und die auch Schäden, die aufgetreten sind, versucht zu beseitigen unter dem Stichwort Entgiftung.

    (Zander [SPD]: Allgemeiner geht es kaum noch!)

    — Ich mache es an zwei Punkten konkret. Mehr kann ich nicht, da die Zeit zu kurz ist.
    Zwei Beispiele. Die heutige Energieforschung akzeptiert den Zustand der Energieverschwendung und mißachtet deren Folgen. Ihr Ziel liegt daher in der Bereitstellung von immer mehr Energie. Wir sind dafür, daß die wichtigste energiepolitische Maßnahme die Einsparung ist

    (Catenhusen [SPD]: Das ist aber nichts Neues!)

    und folglich die Technologie zur Optimierung der Energie dienen soll.
    Bei der Entwicklung der Windenergienutzung ist noch eine Menge Luft respektive Wind drin.

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    Wenn ich mir ansehe, wie die vertrauensbildenden Maßnahmen — wie es so heißt — bei den Anlagen der Windenergie aussehen, z. B. beim Aeroman, so sehen wir, daß es die falschen Modelle sind, die gefördert werden, und daß die kleinen Anlagen, die angepaßt sind, überhaupt nicht in das Kalkül gezogen werden. Statt dessen gibt es so eigenartige Geschichten wie den Darrieus-Rotor von Dornier. Der steht auf dem Flughafen in Argentinien, und bei Besuchen von Generalen wird er dann einmal angeschaltet.
    Ein anderer wichtiger Punkt ist der Bereich der Entgiftung. Es ist heute mehrmals gesagt worden, man sollte nicht dramatisieren, was mit Dioxin, was mit Formaldehyd geschieht. Ich möchte Sie eindrücklich warnen. So haben Sie auch geredet, als damals von Waldschäden die Rede war, als die ersten Warnungen kamen, jetzt ist es zu spät.

    (Hornung [CDU/CSU]: Bei Ihnen!)

    Eine der größten Zeitbomben werden die Mülldeponien in den nächsten Jahren werden. Die chemische Industrie hinterläßt uns gefährliche Produkte, deren Beseitigung schier unlösbar ist und die durch die Verseuchung von Luft, Wasser und Boden uns alle bedrohen. Die jetzige Technologie der Müllver-



    Frau Dr. Bard
    brennung hat sich allein durch die Dioxinbildung als nicht vertretbar herausgestellt.

    (Hornung [CDU/CSU]: Also muß verbessert werden!)

    Wo bleiben die Forschungen nach anderen Technologien der Abfallbeseitigung? Wo bleibt die Forschung nach besseren Abdichtungen von Deponien? Wo bleiben die Technologien zur Müllvermeidung? Oder wollen Sie Ihre Weltraumforschung für die Müllbeseitigung verwenden und das Zeug dann in den Weltraum schicken?
    Wenn selbst der Forschungsminister, Herr Lenzer, hier einen Forschungsbedarf zugibt, dann sollte man doch auch einmal darüber reden können und nicht gleich alles abtun.

    (Lenzer [CDU/CSU]: Da ist doch vorher jahrelang gar nichts gemacht worden!)

    — Daß auch die SPD nichts gemacht hat, kritisieren wir auch.
    Dioxin und die allgegenwärtige Chemikalie Formaldehyd sind nur Spitzen des Eisberges. Sie werden sich noch wundern, was da auf uns zukommt. Es liegt nicht an unserer Bösartigkeit, wenn wir jeden Monat eine neue Chemikalie auf die Tagesordnung setzen, sondern das liegt daran, daß diese Sachen so gefährlich sind, daß sie allmählich durch die Schäden, sie sie anrichten, ans Tageslicht kommen.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Welche Aktivitäten wollen Sie denn mit Bösartigkeit begründen?)

    Fangen Sie an, nicht immer darauf zu warten, daß etwas passiert, sondern entwickeln Sie ein Programm, um systematisch die Folgewirkungen von Chemikalien — vom Arbeitsplatz bis zur Verteilung in der Umwelt — zu erforschen.

    (Hornung [CDU/CSU]: Sie haben Angst vor der Chemie!)

    Da reichen uns die Gelder, die in diesem Forschungshaushalt angesetzt sind, nicht. Gehen Sie davon aus, daß es auch darauf ankommen wird, neue Materialien für unsere Produkte zu finden, die unschädlich sind. Auch zu diesem Ansatz sehen wir gar nichts. Wirkliche Umweltvorsorge würde aber genau dies bedeuten.

    (Beifall bei den GRÜNEN)