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ID1010418000

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    Plenarprotokoll 10/104 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 104. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984 Inhalt: Benennung des Abg. Bohl als Stellvertreter im Wahlprüfungsausschuß 7629 A Wahl des Abg. Bohl zum ordentlichen Mitglied und des Abg. Seiters zum Stellvertreter im Vermittlungsausschuß 7629 A Nachträgliche Überweisung zweier Vorlagen an Ausschüsse 7629 B Begrüßung der Knesset-Abgeordneten Frau Shulamit Aloni 7640 D Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1985 (Haushaltsgesetz 1985) — Drucksachen 10/1800, 10/2250 —Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern — Drucksachen 10/2306, 10/2330 — in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung — Drucksachen 10/2326, 10/2330 — in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung — Drucksache 10/2324 — Schäfer (Offenburg) SPD 7630 A Gerster (Mainz) CDU/CSU 7634 B Kleinert (Marburg) GRÜNE 7637 D Frau Seiler-Albring FDP 7640 D Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI 7643A Dr. Nöbel SPD 7647 D Dr. Riedl (München) CDU/CSU 7651C Dr. Hirsch FDP 7654 C Kühbacher SPD 7656D, 7662 A Dr. Laufs CDU/CSU 7659 A Baum FDP 7663A Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz — Drucksachen 10/2307, 10/2330 — in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksachen 10/2316, 10/2330 — Dr. Emmerlich SPD 7664 B Austermann CDU/CSU 7666 C Frau Reetz GRÜNE 7669 D Kleinert (Hannover) FDP 7672 B Engelhard, Bundesminister BMJ . . . 7674A Frau Nickels GRÜNE (Erklärung nach § 32 GO) 7675C II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984 Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — Drucksachen 10/2311, 10/2330 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten — Drucksache 10/2103 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 10/2401 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/2492 — in Verbindung mit Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit — Drucksachen 10/2315, 10/2330 — Frau Fuchs (Köln) SPD 7676 C Dr. Friedmann CDU/CSU . . . . 7681 D, 7721 C Frau Seiler-Albring FDP 7685 B Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 7687 C Glombig SPD 7691C Jagoda CDU/CSU 7696 A Hoss GRÜNE 7699 C Cronenberg (Arnsberg) FDP 7703 C Peter (Kassel) SPD 7705 D Rossmanith CDU/CSU 7707 C Jaunich SPD 7710 A Eimer (Fürth) FDP 7714 B Deres CDU/CSU 7716 B Dr. Geißler, Bundesminister BMJFG . 7717 C Dr. Diederich (Berlin) SPD 7721 D Frau Schoppe GRÜNE 7723 B Frau Kelly GRÜNE (Erklärung nach § 31 GO) 7723C Namentliche Abstimmung 7725 B Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksachen 10/2321, 10/2330 — Zander SPD 7727 B Dr. Stavenhagen CDU/CSU 7729 D Frau Dr. Bard GRÜNE 7732 C Kohn FDP 7735 B Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 7737 C Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksachen 10/2322, 10/2330 — Dr. Rose CDU/CSU 7740 C Dr. Diederich (Berlin) SPD 7743 B Neuhausen FDP 7746 B Dr. Jannsen GRÜNE 7749 A Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMBW 7751 B Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksachen 10/2319, 10/2330 — Purps SPD 7753 D Echternach CDU/CSU 7756 D Verheyen (Bielefeld) GRÜNE 7759 D Grünbeck FDP 7762C Dr. Schneider, Bundesminister BMBau 7764 C Nächste Sitzung 7769 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 7771*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 7771*C Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984 7629 104. Sitzung Bonn, den 28. November 1984 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 102. Sitzung: Auf Seite III, linke Spalte und auf den Seiten 7485 und 7486 ist jeweils bei den Anlagen 14, 15 und 16 statt „Parl. Staatssekretär Dr. Schulte" zu lesen: „Staatssekretär Bayer". Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 28. 11. Dr. Barzel 30. 11. Dr. Enders * 30. 11. Erhard (Bad Schwalbach) 30. 11. Ertl 28. 11. Dr. Faltlhauser 28. 11. Dr. Glotz 30. 11. Dr. Haack 29. 11. Haase (Fürth) * 28. 11. Hauser (Esslingen) 30. 11. Frau Hoffmann (Soltau) 30. 11. Frau Huber 28. 11. Jung (Düsseldorf) 30. 11. Dr. Müller * 30. 11. Dr.-Ing. Oldenstädt 28. 11. Polkehn 30. 11. Frau Renger 30. 11. Frau Schmidt (Nürnberg) 30. 11. Schmidt (Wattenscheid) 30. 11. Frau Dr. Skarpelis-Sperk 30. 11. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim * 28. 11. Dr. Spöri 30. 11. Dr. Sprung 30. 11. Dr. Stark (Nürtingen) 30. 11. Vahlberg 30. 11. Vosen 30. 11. Weirich 28. 11. Weiskirch (Olpe) 30. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung die nachstehende Vorlage überwiesen: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 11 13 Titel 656 03 - Zuschuß des Bundes an die knappschaftliche Rentenversicherung - (Drucksache 10/2288) zuständig: Haushaltsausschuß Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 16. November 1984 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht gestellt: Gesetz über den Abbau von Salzen im Grenzgebiet an der Werra Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1984 (Nachtragshaushaltsgesetz 1984) Drittes Gesetz zur Änderung des Abfallbeseitigungsgesetzes Der Vorsitzende des Ausschusses für Forschung und Technologie hat mit Schreiben vom 14. November 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen hat: Stimulierung von Zusammenarbeit und Austausch im wissenschaftlichen und technischen Bereich in Europa, Plan 1985-1988 (Drucksache 10/1510 Nr. 10) Vorschlag für einen Beschluß des Rates für ein Forschungs- und Entwicklungsprogramm im Bereich der Optimierung der Erzeugung und Verwendung von Kohlenwasserstoffen 1984 bis 1987 (Drucksache 10/1691 Nr. 23) Der Vorsitzende des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit hat mit Schreiben vom 14. November 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Berichterstattung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung über die nachstehende Vorlage absieht: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Prüfung der Anhebung der Renten wegen Contergan-Schadensfällen (Drucksache 10/1651) Der Vorsitzende des Rechtsausschusses hat mit Schreiben vom 26. November 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Berichterstattung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung über die nachstehende Vorlage absieht: Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zu Überfällen auf Lastkraftwagen und Diebstählen von innerhalb der Gemeinschaft beförderten Gütern (Drucksache 10/936)
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


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    Das unkontrollierte Hineinschlittern in kostenaufwendige Großprojekte, wie wir es im Verteidigungshaushalt erlebt haben, sollte im Forschungshaushalt vermieden werden.
    Wir haben jedenfalls erhebliche Sorge, daß dies im Bereich der Weltraumforschung und Weltraumnutzung unter dem Druck unserer Partner schon geschehen sein könnte. Ich begrüße es hier aus diesem Grunde ausdrücklich, daß es im Haushaltsausschuß möglich war, die für die Vorbereitung der Weltraumprojekte Ariane V und Columbus vorgesehenen 55 Millionen DM für 1985 qualifiziert zu sperren. Die Bundesregierung, die offenbar seit Monaten unfähig ist, ihre Position in dieser Sache zu bestimmen und einen Kabinettsbeschluß herbeizuführen, wird dem Haushaltsausschuß dann darlegen müssen, ob und wie diese Projekte im einzelnen begründet sind. Wir möchten vor allem auch wissen, ob denn die mit den USA zu treffenden Vereinbarungen im Falle einer Beteiligung an der bemannten Weltraumstation den Europäern auch tatsächlich den technologischen Nutzen bringen werden, den man sich von diesem Projekt verspricht. Angesichts der zunehmenden Restriktion der USA beim Technologietransfer, die ja inzwischen weit über den militärischen Bereich hinausgeht, haben wir hier erhebliche Sorgen.
    Meine Damen und Herren, Großforschungseinrichtungen und Wissenschaftsgesellschaften erhalten aus dem Einzelplan 30 jeweils mehrere 100 Millionen DM an Bundeszuschüssen. Wir Abgeordneten beschließen darüber an Hand von Planungen, ohne auch nur bescheidene Informationen über die Praxis der Förderung und über die Schwerpunktsetzung zu haben. Eine Teilhabe an diesen Beratungen in den Gesellschaften selbst ist für Parlamentarier nicht vorgesehen. Vertrauen, meine Damen und Herren, daß alles den richtigen Gang geht, ist eine gute Sache, wir aber sind gewählt, um Kontrolle auszuüben. Ich finde den jetzigen Zustand jedenfalls unbefriedigend und möchte alle Fraktionen einladen, über dieses Problem einmal nachzudenken und vielleicht gemeinsam Lösungen zu finden, wie das Parlament hier besser eingeschaltet werden kann. Wenn die Bundesregierung dazu — vielleicht nach Abstimmung mit den Wissenschaftsgesellschaften — Vorschläge machen könnte, wären diese sicher hochwillkommen.
    Im Bundeshaushalt für 1985, meine Damen und Herren, sind die Mittel für Informations- und Fertigungstechniken erheblich angehoben worden. Diese Techniken bringen in ihrer Anwendung enorme Rationalisierungseffekte. Die Folgen für



    Zander
    die Zahl und Qualität der Arbeitsplätze sind unübersehbar. Die gesellschaftliche und soziale Konsequenz reicht bis zu Problemen für die Finanzierung unseres sozialen Sicherungssystems.
    Ich frage: Wer kümmert sich eigentlich innerhalb der Bundesregierung um die Konsequenzen des technischen Fortschritts und der Forschungspolitik?
    Meine Fraktion beantragt ferner, 60 Millionen DM sowie eine Reihe von Verpflichtungsermächtigungen zur Förderung neuer Technologien für die umweltfreundliche Nutzung der Kohle und für emissionsarme Feuerungstechniken bereitzustellen. Ich bitte um Zustimmung zu diesem Antrag.
    Darüber hinaus möchte ich den Herrn Bundesminister auffordern, der Entwicklung neuer Verbrennungstechnologien in den kommenden Jahren wesentlich mehr Aufmerksamkeit und Mittel zu widmen, als es bisher der Fall war. Denn für die Reinigung, z. B. die Entschwefelung, von Emissionen aus Verbrennungsprozessen wird viel getan; die Verbrennungsprozesse selbst aber sind kaum und nicht selten überhaupt nicht Gegenstand der Forschung und der Förderung. Diese Verbrennungsprozesse jedoch, egal, ob sie in Kraftwerken, in Haushalten oder in Verbrennungsmotoren stattfinden, haben an der Energieerzeugung einen Anteil von rund 90 %. Im Vergleich damit liegt der Anteil der Kernenergie bei 4 % bis 5 %. Aber bei den Forschungs-
    und Entwicklungsaufwendungen ist es umgekehrt. Etwa das Zwanzigfache wird für die Kernenergie und nur ein Zwanzigstel im Vergleich damit für die Verbrennungstechnologie aufgewendet. Das Verhältnis des Anteils der beiden Techniken an der Energieerzeugung ist etwa umgekehrt. Ich glaube, es gibt erhebliche Reserven für Energieeinsparung und Schadstoffverminderung, die sich durch Optimierung der Verbrennungsprozesse erreichen ließen.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich bitte den Bundesminister, diesem Thema in Zukunft mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Denn es scheint mir wesentlich vernünftiger zu sein, auf einen emissionsarmen Verbrennungsprozeß hinzuwirken, als die Abgase zu reinigen und zu entgiften.

    (Zustimmung des Abg. Hornung [CDU/ CSU])

    Ich habe eingangs von den Gemeinsamkeiten in der Forschungspolitik gesprochen. Ich hatte angesichts dieser Tatsache auf seiten der Koalitionsfraktionen etwas mehr Entgegenkommen gegenüber den Anträgen meiner Fraktion erwartet. Sie waren bescheiden genug. Aber leider konnte sich die Koalition im Haushaltsausschuß noch nicht einmal bereitfinden, eine so bescheidene Forderung wie die Erhöhung der Mittel für die Friedensforschung um 500 000 DM zu unterstützen.
    Übrigens ist auch hier die politische Grundhaltung dieser Regierung wieder deutlich. Der Kanzler verkündet nach außen vollmundig, die Regierung sei für Frieden mit immer weniger Waffen. Aber
    der Friedensforschung wird bei uns die finanzielle Grundlage entzogen.

    (Lenzer [CDU/CSU]: Das ist auch eine politische Frage!)

    — Auch hier, Herr Kollege Lenzer, gibt es den Widerspruch zwischen Phrasen in Sonntagsreden und dem Regierungsalltag.

    (Lenzer [CDU/CSU]: Stimmt nicht!)

    Meiner Fraktion ist durch die Ablehnung ihrer Korrekturwünsche im Haushaltsausschuß jede Möglichkeit genommen worden, bescheidene eigene Akzente in den Einzelplan 30 einzubringen. Wir machen diesen Versuch im Plenum noch einmal. Aber angesichts der Mehrheitsverhältnisse kann ich wohl kaum damit rechnen, daß Sie heute den Anträgen zustimmen werden, die Sie im Haushaltsausschuß abgelehnt haben.

    (Hornung [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Aus diesen Gründen wird uns nichts anderes übrig bleiben, als den Einzelplan 30 abzulehnen. Sie können im übrigen von der SPD-Fraktion keine Zustimmung zu einem Etat erwarten, den Sie im Pressedienst des Bundesministeriums für Forschung und Technologie als „Zeichen der Wende" charakterisiert haben.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Stavenhagen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Lutz G. Stavenhagen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Zander, Sie beklagen, der Forschungsetat sei nicht reichlich genug dotiert. Ich frage Sie, ob Sie ihn mit mehr Schulden finanzieren wollen. Und ich muß Ihnen sagen: In der Abwägung,

    (Zander [SPD]: Bauen Sie doch die drei Milliarden neue Subventionen ab!)

    ob wir mehr Schulden machen sollen, müssen wir auch beim Forschungsetat die Kriterien äußerster Sparsamkeit anlegen.

    (Zander [SPD]: Drei Milliarden neue Subventionen!)

    Und ich sage Ihnen: Erhöhung von Effizienz und Kreativität ersetzt globale Zuwachsraten.

    (Beifall des Abg. Lenzer [CDU/CSU])

    Man darf ja nicht vergessen, daß bei einem äußerst sparsam gefahrenen Bundeshaushalt 1985 ein Zuwachs von 2 % weit über dem Durchschnitt liegt und damit die Priorität der Forschungspolitik unterstrichen wird.
    Das zweite, was Sie übersehen haben, ist, daß natürlich eine Reihe von Bereichen rückläufig ist, aus gutem Grunde. Ich nenne z. B. die Forschung im Bereich der nuklearen Energie, im Bereich bodengebundener Transporte und Verkehr, im Bereich rationeller Energieverwendung, bei dem wir in Marktnähe gekommen sind. Es kann doch nicht so sein, daß man stur an etablierten Technologien fest-
    7730 Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984
    Dr. Stavenhagen
    hält, sie weiter fördert, obwohl man in neue Bereiche aufbrechen kann und dies auch muß.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Catenhusen [SPD]: Das ist kalter Kaffee! Das hat keiner gefordert!)

    Deshalb ist — drittens — die Dynamik innerhalb des Forschungsetats wichtiger als die globale Zuwachsrate.
    Ein Viertes will ich Ihnen sagen. Der Forschungsminister bemüht sich erfolgreich, die Eigenbeteiligung der Industrie zu erhöhen. Dies dient der Effizienz und beugt der früheren Praxis vor, daß eine Reihe von Firmen die guten Risiken selbst gemacht hat und sich die miesen Risiken vom Staat hat bezuschussen lassen. Wer eigenes Geld mitbringt, sorgt dafür, daß die Projekte nach Möglichkeit Erfolg haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Stahl [Kempen] [SPD]: Sie haben schon immer eigenes Geld mitgebracht, bis auf Ausnahmefälle!)

    — Aber in wesentlich geringerem Umfang. Ich habe doch die einzelnen Listen durchgeguckt, Herr Kollege. Bis 80 % und mehr wurde öffentlich gefördert. Nun versuchen wir generell — mit wenigen Ausnahmen — auf 50 % herunterzugehen.

    (Zander [SPD]: Generell ist immer schlecht!)

    Herr Kollege, Sie beklagten, daß wir für die Friedensforschung nicht einmal 500 000 DM zusätzlich übrig hätten. Sie hatten für die Friedensforschung nicht einmal einen hauptamtlichen Mitarbeiter übrig. Herr Bahr macht in Hamburg jetzt im Nebenamt, was Graf Baudissin bisher im Hauptamt erfolgreich und verdienstvoll versehen hat.

    (Catenhusen [SPD]: Das ist billige Polemik!)

    — Sie mögen das billige Polemik nennen. Ich glaube nicht, daß der Friedensforschung mit dieser Personalentscheidung ein besonderer Dienst erwiesen worden ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Im Haushalt 1985 und in der Fortschreibung der Finanzplanung sind Ansatzpunkte für eine erfolgreiche Forschungs- und Technologiepolitik verwirklicht. Das Ausgabenprofil des Haushalts zeigt, daß die vor zwei Jahren eingeleitete Neuorientierung konsequent weitergeführt wird. Bei Wahrung der in der Forschungsförderung wichtigen Kontinuität — wir haben es vermieden, irgendwelche Projekte abzubrechen — sind wesentliche neue Akzente gesetzt worden. Ich nenne die Stärkung der Grundlagenforschung, die Forschung in zentralen Bereichen staatlicher Daseins- und Zukunftsvorsorge, die Verbesserung der Infrastruktur und der Kooperation in der Forschung, die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Forschung, Entwicklung und Innovation in der Wirtschaft und die Erschließung von Schlüsseltechnologien.
    Weil das Geld knapp ist, mußten die neuen forschungspolitischen Akzente in erster Linie durch
    Umschichtung innerhalb des Forschungshaushalts gesetzt werden. Hierzu — ich sagte es bereits — wurden Spielräume, etwa im Kernenergiebereich, durch auslaufende Förderungen geschaffen. Die Mittel für die Nuklearenergieforschung sinken um 61/2 %. Dieser Titel macht jetzt nur noch 22 % des gesamten Forschungsetats aus.
    Wir wollen die Bundesregierung ausdrücklich ermutigen, in der Forschungsförderung auf Kreativität und Dynamik zu setzen. Das heißt, daß aus neuen Schwerpunkten eines Tages etablierte Technologien werden müssen, die sich am Markt selbst zu behaupten haben. Dann sind die Fördermittel entsprechend zurückzufahren und auf neue Zukunftstechnologien zu lenken.
    Ausdrücklich unterstützen wir die Bemühungen, durch konsequentes Hinarbeiten auf wenigstens 50 % Eigenbeteiligung der Industrie an Forschungsvorhaben zusätzlichen finanziellen Spielraum zu schaffen. Auch die Verbesserung der Effizienz der eingesetzten Fördermark ist ein Weg, zusätzliche finanzielle Spielräume zu bekommen. Ich nenne zwei Beispiele. Der Personalaufwand bei den Projektträgern konnte verringert und die Anzahl von Beratern des Forschungsministers deutlich verringert werden. Bei den institutionell geförderten Forschungseinrichtungen bringen die eingeleiteten Maßnahmen Erleichterungen für die Stellen- und Mittelbewirtschaftung und damit mehr Flexibilität bei der Aufgabenwahrnehmung.
    Als Instrument zur Effizienzsteigerung der direkten Projektförderung wird die Verbundforschung eingesetzt. Dabei geht es um die arbeitsteilige Bearbeitung übergreifender, thematisch zusammenhängender Problemstellungen durch mehrere Unternehmen und Forschungsinstitute.

    (Catenhusen [SPD]: Das ist aber nichts Neues!)

    Die Verbundforschung trägt dazu bei, größere Umsetzungsnähe und Umsetzungsgeschwindigkeit der geförderten Aktivitäten zu erreichen. Wir wollen die Verbundforschung künftig verstärken. Beispiele sind die Programme Fertigungstechnik, Informationstechnik, Umweltforschung und Umwelttechnologie.
    Ein Blick auf das Profil des Forschungshaushalts 1985 zeigt, wie sich die Neuorientierung der Forschungs- und Technologiepolitik auswirkt. Die Ausgaben für die Grundlagenforschung sowie für die langfristigen grundlagenorientierten Forschungsprogramme steigen um knapp 7% auf etwa 2,4 Milliarden DM.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    Ihr Anteil am Forschungshaushalt erhöht sich damit auf rund ein Drittel des gesamten Etats. Das unterstreicht die Bedeutung, die wir der Grundlagenforschung als der Basis für die künftigen wissenschaftlichen, technischen und wirtschaftlichen Entwicklungen beimessen.
    Enthalten sind hierin die Ausgaben für den Bau der Hadron-Elektronen-Ringanlage Herra bei DESY in Hamburg, für den Aufbau des Forschungs-
    Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984 7731
    Dr. Stavenhagen
    reaktors beim Hahn-Meitner-Institut in Berlin, für den Bau eines neuen Forschungsschiffs, für die Entwicklung des Röntgensatelliten ROSAT und für den Bau des großen Elektronen-Positronen-Speicherringes bei CERN in Genf.
    Die Bundesregierung hat sich auf Empfehlung des Gutachterausschusses „Großprojekte in der Grundlagenforschung" für diese Projekte entschieden. Wir unterstützen diese Entscheidung, weil die naturwissenschaftliche Grundlagenforschung heute in bestimmten Arbeitsbereichen auf Großgeräte angewiesen ist, um den hohen Leistungsstand zu halten.
    Zur Gewinnung von Orientierungswissen und zur Verstärkung der Handlungsmöglichkeiten im Bereich staatlicher Zukunftsvorsorge werden schwerpunktmäßig die Umwelt- und Klimaforschung, die Forschung und Entwicklung im Dienste der Gesundheit sowie die Humanisierung des Arbeitslebens gefördert. Zusätzliche Anträge sind hier nicht erforderlich. Im Bereich der Umweltforschung, der Umwelttechnologien und der ökologischen Wirkungsforschung ist noch nie mehr Geld ausgegeben worden als im Jahre 1985.
    Die indirekte Forschungsförderung soll zur weiteren Verbesserung der Rahmenbedingungen für Forschung, Entwicklung und Innovation dienen und steigt um fast 30 % auf rund 350 Millionen DM.
    Wichtig sind die Fördermöglichkeiten für technologieorientierte Unternehmensgründungen. Sie werden ausgeweitet. Dies begrüßen wir. Wir begrüßen auch die Entscheidung der Bundesregierung, die Zuschüsse zu den Kosten des in Forschung und Entwicklung beschäftigten Personals fortzusetzen und durch eine Forschungspersonalzuwachsförderung zu erweitern. Mit der Forschungspersonalzuwachsförderung sollen insbesondere die personalintensiv forschenden mittleren und kleineren Unternehmen angesprochen werden, die ihr Forschungspersonal durch Neueinstellungen erweitern wollen.
    Die indirekt-spezifische Förderung wird bei der Anwendung von computer-aided design, computeraided manufacturing und der Roboterentwicklung im Rahmen des Programms Fertigungstechnik sowie bei dem neuen Sonderprogramm Mikroperipherik im Rahmen des Förderkonzepts Informationstechnik eingesetzt.

    (Zander [SPD]: Das spricht sich so schwer aus!)

    — Ja, es ist ein schwieriges Wort, Herr Kollege, aber ich habe es hingekriegt.
    Das seit Januar dieses Jahres laufende Programm Fertigungstechnik hat eine starke Resonanz gefunden. Bislang liegen mehr als 1700 Anträge vor, von denen drei Viertel aus Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeitern kommen. Deshalb ist das Programm um 100 Millionen DM auf 450 Millionen DM aufgestockt worden.
    Wichtig ist auch die Einführung eines neuen Titels „Förderung ausgewählter Wissenschaftler und Forschungsgruppen". Hiermit wollen wir besondere Leistungen der Spitzenforschung beispielhaft herausstellen, die Arbeitsmöglichkeiten und den Forschungsfreiraum verbessern, administrativen Arbeitsaufwand abbauen und Möglichkeiten für die Mitarbeit zusätzlicher junger Wissenschaftler schaffen. Ausgewählten Forschern und Forschergruppen insbesondere der Natur-, der Bio- und der Ingenieurwissenschaften sollen jeweils für einen Zeitraum von 5 Jahren für zusätzliche Forschungs-
    und Entwicklungsarbeiten frei verfügbare Zuschüsse gewährt werden. Die Förderung erfolgt ausschließlich unter Qualitätsgesichtspunkten und ist unabhängig von der Art der Forschungsstätte, in der der Forscher oder die Gruppe tätig ist.
    Die Förderung von Forschung und Entwicklung zur Erschließung von Schlüsseltechnologien hat wegen der internationalen Wettbewerbsposition unserer Wirtschaft auf den Hochtechnologiemärkten große Bedeutung. Eine besondere Rolle spielt hier die Informationstechnik. Mit dem von der Bundesregierung verabschiedeten umfassenden Konzept zur Förderung der Entwicklung der Mikroelektronik und der Informations- und Kommunikationstechniken wird ein wichtiger Beitrag zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft in der Zukunft geleistet.
    Weitere Schwerpunkte sind Biotechnologie und Materialforschung, deren Entwicklungsmöglichkeiten und Bedeutung für den Wettbewerb weltweit hoch eingeschätzt werden. Zwar behalten die Ausgaben für die Energieforschung und Energietechnik einen hohen Anteil am Forschungshaushalt, die Förderung ist jedoch rückläufig. In der Kernenergie werden insbesondere die Fortschritte bei den Prototypen Schneller Brüter und Hochtemperaturreaktor, aber auch die allmähliche Übernahme weiterer Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten, wie Urananreicherung, in die Verantwortung der Industrie, finanzielle Entlastung schaffen.
    Im nicht-nuklearen Bereich kann die Förderung in Zukunft verringert werden, weil auf vielen Gebieten ein Stadium erreicht ist, in dem jetzt der Markt gefragt ist. Staatliche Hilfe muß sich auf die Bereiche konzentrieren, die noch ein hohes technisches Entwicklungspotential aufweisen. Rückläufig ist ebenfalls die Förderung auf dem Gebiet der Rohstoffe und in Teilbereichen der Verkehrstechnologien.

    (Zurufe von der SPD)

    Mit dem Bericht „Status und Perspektiven der Großforschungseinrichtungen" hat die Bundesregierung ein Konzept für die Zukunft der Zentren vorgelegt. Sie werden vom Bund mit 1,9 Milliarden DM zu 90 % institutionell gefördert. Sie erfüllen mit ihren durch Langfristigkeit, Komplexität sowie hohem Planungs- und Managementaufwand gekennzeichneten Aufgaben einen besonderen öffentlichen Auftrag und sind damit ein wichtiger Bestandteil unserer Forschungs- und Entwicklungslandschaft. Wir wollen ihnen flexiblere Rahmenbedingungen für ihre Arbeit geben. Deswegen hat der Haushaltsausschuß nicht nur positiv Kenntnis genommen von dem Bericht der Bundesregierung zur Verbesserung der Flexibilität der Einrichtungen, vielmehr haben wir durch weitergehende Beschlüsse in die-



    Dr. Stavenhagen
    sem Bereich eigene Akzente gesetzt. Wir haben beschlossen, in einem dreijährigen Modellversuch eine Reihe von Einrichtungen aus der haushaltsrechtlichen Verbindlichkeit der Stellenpläne herauszunehmen. Auf deutsch: Die Einrichtungen sollen innerhalb des vorgegebenen Finanzrahmens, aber unabhängig von starren Stellenkegeln beweglicher bei Personalentscheidungen werden. Nach einem Jahr dieses Modellversuchs stellen wir fest, daß eine praktikable Handhabung dieser neuen Freiheit noch nicht gefunden worden ist. Wir haben deshalb mit dem Haushalt 1985 beschlossen, insgesamt sieben Einrichtungen im Rahmen eines fünfjährigen Modellversuchs zu gestatten, bis zu 10% ihres Stellensolls innerhalb des gegebenen Finanzrahmens zwischen den einzelnen Vergütungsgruppen austauschen zu können.
    Bei dieser Gelegenheit möchte ich daran erinnern, daß der Haushaltsausschuß ausdrücklich die Absicht der Bundesregierung begrüßt hat, grundsätzliche Fragen des Stiftungsrechts in dieser Legislaturperiode zu prüfen. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Überprüfung der Nachteile, die den gemeinnützigen Stiftungen durch die Körperschaftsteuerreform 1977 entstanden sind.

    (Stahl [Kempen] [SPD]: Aber nicht nur der Haushaltsausschuß, Herr Stavenhagen!)

    Ich möchte die Bundesregierung ausdrücklich daran erinnern.
    Mit den aufgezeigten Schwerpunkten ist der Weg für die Forschungs- und Technologiepolitik der kommenden Jahre vorgezeichnet. Hierbei ist selbstverständlich, daß man auf Änderungen und neue Herausforderungen schnell und zielstrebig reagieren muß. So stehen wichtige Entscheidungen im Bereich der Weltraumforschung an. Der Präsident der Vereinigten Staaten hat uns eingeladen, an der Entwicklung einer ständig bemannten Raumstation teilzunehmen. Dieses Angebot kommt zu einem Zeitpunkt, zu dem wesentliche Teile des laufenden Programms der ESA auslaufen. Es ist zu entscheiden über die europäische Beteiligung an der von den Vereinigten Staaten vorgeschlagenen Raumstation, genannt Columbus, und über die Entwicklung von Ariane V, einer leistungsgesteigerten Rakete. Beide Vorschläge stehen in enger Wechselbeziehung und können nicht entweder/oder verwirklicht werden.
    Es soll nicht verschwiegen werden, daß in den Kostenschätzungen noch erhebliche Risiken stekken.

    (Zuruf von der SPD: Aha!)

    Dennoch halte ich beide Vorhaben für technologisch geboten. Raumfahrt spielt sich an der Spitze des technischen Fortschritts ab und hat eine nicht zu unterschätzende Wirkung auf die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit und das Innovationspotential der deutschen Wirtschaft.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Catenhusen [SPD]: Unsere Zukunft liegt nicht im Weltraum!)

    Ich bitte deshalb die Bundesregierung, über beide Vorhaben bald positiv zu entscheiden.
    Wir stimmen dem Einzelplan 30 zu.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zander [SPD]: Wie ist der technische Fortschritt jahrtausendelang ohne Raumfahrt zurechtgekommen?)