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ID1010411200

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    Plenarprotokoll 10/104 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 104. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984 Inhalt: Benennung des Abg. Bohl als Stellvertreter im Wahlprüfungsausschuß 7629 A Wahl des Abg. Bohl zum ordentlichen Mitglied und des Abg. Seiters zum Stellvertreter im Vermittlungsausschuß 7629 A Nachträgliche Überweisung zweier Vorlagen an Ausschüsse 7629 B Begrüßung der Knesset-Abgeordneten Frau Shulamit Aloni 7640 D Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1985 (Haushaltsgesetz 1985) — Drucksachen 10/1800, 10/2250 —Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern — Drucksachen 10/2306, 10/2330 — in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung — Drucksachen 10/2326, 10/2330 — in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung — Drucksache 10/2324 — Schäfer (Offenburg) SPD 7630 A Gerster (Mainz) CDU/CSU 7634 B Kleinert (Marburg) GRÜNE 7637 D Frau Seiler-Albring FDP 7640 D Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI 7643A Dr. Nöbel SPD 7647 D Dr. Riedl (München) CDU/CSU 7651C Dr. Hirsch FDP 7654 C Kühbacher SPD 7656D, 7662 A Dr. Laufs CDU/CSU 7659 A Baum FDP 7663A Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz — Drucksachen 10/2307, 10/2330 — in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksachen 10/2316, 10/2330 — Dr. Emmerlich SPD 7664 B Austermann CDU/CSU 7666 C Frau Reetz GRÜNE 7669 D Kleinert (Hannover) FDP 7672 B Engelhard, Bundesminister BMJ . . . 7674A Frau Nickels GRÜNE (Erklärung nach § 32 GO) 7675C II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984 Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — Drucksachen 10/2311, 10/2330 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten — Drucksache 10/2103 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 10/2401 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/2492 — in Verbindung mit Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit — Drucksachen 10/2315, 10/2330 — Frau Fuchs (Köln) SPD 7676 C Dr. Friedmann CDU/CSU . . . . 7681 D, 7721 C Frau Seiler-Albring FDP 7685 B Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 7687 C Glombig SPD 7691C Jagoda CDU/CSU 7696 A Hoss GRÜNE 7699 C Cronenberg (Arnsberg) FDP 7703 C Peter (Kassel) SPD 7705 D Rossmanith CDU/CSU 7707 C Jaunich SPD 7710 A Eimer (Fürth) FDP 7714 B Deres CDU/CSU 7716 B Dr. Geißler, Bundesminister BMJFG . 7717 C Dr. Diederich (Berlin) SPD 7721 D Frau Schoppe GRÜNE 7723 B Frau Kelly GRÜNE (Erklärung nach § 31 GO) 7723C Namentliche Abstimmung 7725 B Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksachen 10/2321, 10/2330 — Zander SPD 7727 B Dr. Stavenhagen CDU/CSU 7729 D Frau Dr. Bard GRÜNE 7732 C Kohn FDP 7735 B Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 7737 C Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksachen 10/2322, 10/2330 — Dr. Rose CDU/CSU 7740 C Dr. Diederich (Berlin) SPD 7743 B Neuhausen FDP 7746 B Dr. Jannsen GRÜNE 7749 A Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMBW 7751 B Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksachen 10/2319, 10/2330 — Purps SPD 7753 D Echternach CDU/CSU 7756 D Verheyen (Bielefeld) GRÜNE 7759 D Grünbeck FDP 7762C Dr. Schneider, Bundesminister BMBau 7764 C Nächste Sitzung 7769 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 7771*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 7771*C Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984 7629 104. Sitzung Bonn, den 28. November 1984 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 102. Sitzung: Auf Seite III, linke Spalte und auf den Seiten 7485 und 7486 ist jeweils bei den Anlagen 14, 15 und 16 statt „Parl. Staatssekretär Dr. Schulte" zu lesen: „Staatssekretär Bayer". Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 28. 11. Dr. Barzel 30. 11. Dr. Enders * 30. 11. Erhard (Bad Schwalbach) 30. 11. Ertl 28. 11. Dr. Faltlhauser 28. 11. Dr. Glotz 30. 11. Dr. Haack 29. 11. Haase (Fürth) * 28. 11. Hauser (Esslingen) 30. 11. Frau Hoffmann (Soltau) 30. 11. Frau Huber 28. 11. Jung (Düsseldorf) 30. 11. Dr. Müller * 30. 11. Dr.-Ing. Oldenstädt 28. 11. Polkehn 30. 11. Frau Renger 30. 11. Frau Schmidt (Nürnberg) 30. 11. Schmidt (Wattenscheid) 30. 11. Frau Dr. Skarpelis-Sperk 30. 11. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim * 28. 11. Dr. Spöri 30. 11. Dr. Sprung 30. 11. Dr. Stark (Nürtingen) 30. 11. Vahlberg 30. 11. Vosen 30. 11. Weirich 28. 11. Weiskirch (Olpe) 30. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung die nachstehende Vorlage überwiesen: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 11 13 Titel 656 03 - Zuschuß des Bundes an die knappschaftliche Rentenversicherung - (Drucksache 10/2288) zuständig: Haushaltsausschuß Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 16. November 1984 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht gestellt: Gesetz über den Abbau von Salzen im Grenzgebiet an der Werra Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1984 (Nachtragshaushaltsgesetz 1984) Drittes Gesetz zur Änderung des Abfallbeseitigungsgesetzes Der Vorsitzende des Ausschusses für Forschung und Technologie hat mit Schreiben vom 14. November 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen hat: Stimulierung von Zusammenarbeit und Austausch im wissenschaftlichen und technischen Bereich in Europa, Plan 1985-1988 (Drucksache 10/1510 Nr. 10) Vorschlag für einen Beschluß des Rates für ein Forschungs- und Entwicklungsprogramm im Bereich der Optimierung der Erzeugung und Verwendung von Kohlenwasserstoffen 1984 bis 1987 (Drucksache 10/1691 Nr. 23) Der Vorsitzende des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit hat mit Schreiben vom 14. November 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Berichterstattung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung über die nachstehende Vorlage absieht: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Prüfung der Anhebung der Renten wegen Contergan-Schadensfällen (Drucksache 10/1651) Der Vorsitzende des Rechtsausschusses hat mit Schreiben vom 26. November 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Berichterstattung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung über die nachstehende Vorlage absieht: Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zu Überfällen auf Lastkraftwagen und Diebstählen von innerhalb der Gemeinschaft beförderten Gütern (Drucksache 10/936)
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Ich frage: Was ist das für eine Sozialpolitik, die nicht fähig ist, die Situation in Krankheit geratener Kinder und ihrer Eltern und Angehörigen angemessen zu berücksichtigen?

    (Zuruf der Abg. Frau Berger [Berlin] [CDU/CSU])

    Wir — meine Kollegin Petra Kelly und die Fraktion der GRÜNEN — haben zu dieser Debatte den Antrag eingebracht, diesen Betrag um 6 Millionen DM aufzustocken, um die größte Not an den Kliniken und bei der Behandlung dieser Kinder zu beseitigen.
    Ich möchte darauf verweisen — und damit diesen Punkt abschließen —, daß in dieser Haushaltsdebatte auch über den Verteidigungshaushalt befunden worden ist.

    (Frau Berger [Berlin] [CDU/CSU]: Der Betrag ist doch um 25 Millionen aufgestockt worden!)

    Ein Betrag von 6 Millionen DM — —

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: Nicht um 6, sondern um 25 Millionen ist aufgestockt worden!)

    — Sie müssen mir erst einmal zuhören, damit Sie wissen, wohin ich will.

    (Zuruf der Abg. Frau Berger [Berlin] [CDU/CSU])

    Ich will Ihnen sagen, daß im Verteidigungshaushalt für einen „Leopard 2" ca. 6 Millionen DM eingesetzt sind, und ich möchte Ihnen sagen, daß es wahrscheinlich niemand merkt, wenn die Bundeswehr einen „Leopard" weniger anschafft und wenn dieses Geld den krebskranken Kindern, ihren Eltern und ihrer Versorgung zugute kommt.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Dr. George [CDU/CSU]: So begründen Sie das falsch!)

    Das wäre dieser Punkt.

    (Abg. Frau Berger [Berlin] [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Ich möchte jetzt keine Fragen zulassen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das glaube ich gern! — Frau Berger [Berlin] [CDU/CSU]: Zu diesem Thema! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Stimmt ja alles nicht!)

    — Das stimmt ganz genau! Ich möchte Sie, da Sie noch über genügend Zeit verfügen, auffordern, in diesem Parlament in eine konkrete Debatte über diesen konkreten Fall einzutreten,

    (Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU)

    in Ihren nachfolgenden Beiträgen dazu Stellung zu nehmen und mich zu korrigieren, wenn das notwendig ist. Sie haben Zeit genug dazu.

    (Zustimmung bei den GRÜNEN — Frau Berger [Berlin] [CDU/CSU]: 25 Millionen sind schon eingestellt!)

    — Es tut mir leid; ich möchte mit meinen Punkten zu Ende kommen.
    Der zweite konkrete Punkt ist der, daß im vergangenen Jahr die Fahrgeldhilfe für Behinderte gekürzt und zusammengestrichen worden ist. Dazu gehört auch das Problem der Gehörlosen. Wir haben heute einen Antrag eingebracht, der finanziell nicht sehr hoch zu Buche schlägt. Es geht darum, zu sehen, daß im Zeitalter der technischen Kommunikationen die Gehörlosen auf besondere Weise benachteiligt sind. Während ein Mensch mit Gehör in der Regel einen erheblichen Teil seiner privaten und geschäftlichen Kommunikation über technische Mittel, z. B. Telefon, abwickeln kann, ist der Gehörlose auf persönliche Kommunikation und damit räumliche Mobilität angewiesen. In der letzten Haushaltsdebatte 1983 sind die Mittel gestrichen worden. Wir stellen hier den Antrag, für diesen Kreis ganz konkret die Mittel, die gestrichen worden sind, wieder bereitzustellen. Das ist ein Punkt, zu dem ich Sie nachher zu einer ganz konkreten Diskussion über Sozialpolitik auffordere; denn hier geht es um Leute, die sich nicht selber wehren können.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie wollen ja nicht in den Dialog eintreten!)

    Drittens. Heute morgen hatte ich den Besuch einer Gruppe von Gewerkschaftlern, Personalräten der ÖTV aus dem Bereich der Arbeitsämter. Sie haben sich bei uns beschwert — sie waren bei allen Fraktionen, auch bei Ihnen, bei der FDP, der CDU/CSU und bei der SPD —, daß sich die Arbeitssituation in den Arbeitsämtern durch die angestiegene Arbeitslosigkeit und Dauerarbeitslosigkeit dermaßen verschlechtert hat, daß dort unbedingt neue Planstellen zu schaffen sind,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Haben wir doch!)

    wenn man gewährleisten will, daß die Versorgung der Arbeitslosen einigermaßen sichergestellt ist und die Arbeit der in den Arbeitsämtern Beschäftigten nicht in Streß ausartet. Es ist vorgeschlagen worden, die Planstellen um 1 200 zu erhöhen. Im Haushaltsausschuß wurden die 1 200 Stellen um 700 Stellen gekürzt; übriggeblieben sind 500. Das ist die Arbeit der Mehrheit der Regierungskoalition. Es geht darum, nachher konkret in der Debatte — —

    (Kolb [CDU/CSU]: Auf 700! — Zurufe von der CDU/CSU: Auf 700! Sagen Sie doch die Wahrheit! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

    Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984 7701
    Hoss
    — Meine Damen und Herren, das sind die Zahlen, die ich heute morgen bekommen habe. Sollte ich da einem Irrtum unterliegen

    (Zurufe von der CDU/CSU: Zwei Irrtümern!)

    oder eine falsche Information bekommen haben, so kann man das nachher berücksichtigen. Sie können davon ausgehen, daß es nicht meine Absicht ist, hier falsche Zahlen zu servieren.

    (Kolb [CDU/CSU]: Ist aber so! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Regen Sie sich doch nicht so auf! In der Frage der krebskranken Kinder ist die Situation so, daß die Eltern Geld sammeln müssen, damit sie die Ärzte und Schwestern bezahlen können.

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: Auch falsch! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Das können Sie mit noch so vielen Zahlen nicht bestreiten. Daß Sie den Gehörlosen die Fahrgelder gestrichen haben, können Sie auch nicht bestreiten, auch wenn noch so viele Zahlen kommen.
    Mittlerweile habe ich gemerkt, daß hier in den Haushaltsdebatten mit Zahlen jongliert wird, daß jede Partei und jeder, der hier spricht, recht hat, daß dabei aber die Betroffenen zu kurz kommen, und als deren Vertreter stehe ich jetzt hier und bringe das vor.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Sie müssen mir jetzt mal sachlich vortragen, was an dem nicht richtig ist, was ich hier sage.

    (Frau Berger [Berlin] [CDU/CSU]: Um 25 Millionen aufgestockt! — Zuruf von der CDU/CSU: Lassen Sie doch Fragen zu! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Das waren die drei Dinge. Sie haben nachher genügend Zeit.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Kein demokratisches Verhalten!)

    — Ich bin ein besserer Demokrat, als Sie denken. Das lassen Sie sich nur gesagt sein.

    (Link [Diepholz] [CDU/CSU]: Sie wissen gar nicht, was wir denken!)

    Wir hatten jetzt eineinhalb Jahre Gelegenheit, die Politik des Arbeitsministers und auch des Gesundheitsministers — sie sind ja beide anwesend — zu beobachten, und ich glaube, daß es Zeit ist, sich gründlicher mit dieser Politik auseinanderzusetzen, weil es keine grundsätzliche Veränderung der Arbeits- und Sozialpolitik gibt, verglichen mit der Zeit der sozialliberalen Koalition aus SPD und FDP.
    Früher wie heute wird in der Sozialpolitik mit Geldmassen jongliert: Hier wird ein Loch gestopft, an anderer Stelle wird eines geöffnet. Die Veränderungen, die die Wende gebracht hat, sind, wenn man gutwillig ist, nur quantitativer Art. Es gibt viel Schaumschlägerei, viel Schuldzuweisungen in dieser Richtung. Die Frage bleibt übrig: Auf wessen Kosten wird das Ganze ausgetragen?
    Ich habe einen 33-Punkte-Katalog des Arbeitsministers Blüm gesehen, in dem er die Erfolge der Regierungskoalition darstellt.

    (Link [Diepholz] [CDU/CSU]: So ist es!)

    Da heißt es z. B.: „Wir haben die Zahlungsfähigkeit der Arbeitslosenversicherung gesichert;

    (Zuruf von der CDU/CSU: Genau!)

    hätten wir nicht gehandelt, würde das Defizit 14,2 Milliarden DM betragen."

    (Link [Diepholz] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Sie rufen „genau". Natürlich ist es so, daß jetzt die Arbeitslosenversicherung sogar einen Überschuß erwirtschaftet hat. Die Frage ist nur, auf wessen Kosten. Sie haben Beschlüsse gefaßt auf Kosten der Armen, auf Kosten der Arbeitslosen, denen Sie das Geld weggenommen haben,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Jetzt jonglieren Sie aber wieder!)

    die es am nötigsten brauchen, und damit Ihre Kassen gefüllt haben, so daß Sie jetzt Gelder sogar in die Rentenversichungskassen überweisen können.

    (Hornung [CDU/CSU]: Wir haben das Arbeitslosengeld verlängert!)

    Das ist die Art Sozialpolitik, die Sie machen.
    Sie haben darüber hinaus dadurch, daß Sie die Dauerarbeitslosigkeit nicht beseitigen können, erreicht, daß mehr und mehr Dauerarbeitslose Arbeitslosenhilfe bekommen und damit nicht mehr der Arbeitslosenversicherung zur Last fallen, wodurch in den Kassen ein Plus entstanden ist. Das stellen Sie als Ihren Erfolg dar.
    Dann sagen Sie in bezug auf die Rentenversicherung, Sie hätten sie vor der Zahlungsunfähigkeit gerettet. Das erscheint doch fragwürdig, wenn man heute in den Zeitungen lesen kann, daß die Rentenversicherungen Kredite aufnehmen müssen. Herr Blüm, Sie haben das zwar korrigiert — es seien keine 500 Millionen DM, die die Rentenversicherungen auf dem Kreditmarkt aufnehmen müßten; ich kann das im Moment nicht kontrollieren und will das einmal so hinnehmen —, aber immerhin bleibt doch die Tatsache, daß die Rentenversicherungen sich in einer Situation befinden, in der sie gezwungen sind, auf den Kapitalmarkt zu gehen und Kredite zu hohen Zinssätzen aufzunehmen. Wenn man es genau nimmt, wären sie also praktisch nicht zahlungsfähig, wenn sie nicht Kredite aufnähmen.
    Das Problem ist doch, daß Sie außer Gelder hin und her zu schieben nicht imstande sind, eine grundsätzliche Kritik der Sozialpolitik vorzunehmen. Das rührt an einen Punkt, der unsere Aufgabe in diesem Parlament betrifft, nämlich die Verbindung zwischen Sozialpolitik und Wirtschaftspolitik herzustellen.

    (Pohlmann [CDU/CSU]: Sie wollen ja Nullwachstum!)

    Das wird hier immer so abgehandelt als etwas, das
    nebeneinander steht, als zwei Bereiche, die jeder



    Hoss
    für sich da sind. Aber zwischen beiden gibt es einen engen Zusammenhang.
    Die Kostenexplosion in weiten Teilen des Sozialbereichs, die Kostenschwierigkeiten der Rentenversicherung wie auch der Arbeitslosenversicherung, besonders aber die Kostenexplosion im Gesundheitswesen hängen eng mit der Art und Weise zusammen, wie unsere Wirtschaft betrieben wird, wie dort Dinge gemacht werden, die sich auf die gesamte Sozialpolitik belastend auswirken. Es hat überhaupt keinen Sinn, an der Sozialpolitik herumzukurieren, wenn man nicht an die Ursachen herankommt, nämlich dort, wo die sozialen Schäden angerichtet werden.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Kolb [CDU/ CSU]: Sie kennen das sicher viel besser als die Regierung!?)

    Es ist ja wirklich so, daß wir in einer Situation sind, die nur den Schluß zuläßt: Unser Wirtschaftsgefüge ist krank, es bedarf der Korrekturen, es bedarf dringend der Therapie. Genauso wie jemand, der wegen schlechter Lebensweise krank ist und kurz vor einem Kreislaufkollaps steht,

    (Kolb [CDU/CSU]: Sagen Sie doch einmal, wie die Therapie aussehen soll!)

    gezwungen ist, seine Lebenshaltung zu ändern, muß auch unser Wirtschaftsgefüge geändert werden.

    (Pohlmann [CDU/CSU]: Nennen Sie doch einmal die Alternative! — Weiterer Zuruf des Abg. Kolb [CDU/CSU])

    Sie freuen sich z. B. darüber — ich habe das gestern in der Regierungserklärung von Herrn Kohl und auch von anderen gehört —, daß die Sachverständigen in ihrem Gutachten zu dem Ergebnis kommen, daß wir im nächsten Jahr etwa 2 bis 3% Wirtschaftswachstum haben werden. Dabei hinterfragen Sie überhaupt nicht, was das denn für ein Wachstum ist, was damit denn produziert wird, welche sozialen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgeerscheinungen dadurch hervorgerufen werden. Sie sind noch nicht einmal imstande, eine grundsätzliche Kritik dieser wachstumsorientierten Wirtschaft zu leisten.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    Das ist unsere Aufgabe. Deswegen sind wir auch hierher gekommen, um das mit Ihnen gemeinsam zu diskutieren, um mit Ihnen gemeinsam Lektionen durchzumachen, um Ihnen das immer wieder zu sagen.
    Wenn Sie das nicht begreifen, werden Sie auf beiden Seiten des Hauses von Mal zu Mal, von Wahl zu Wahl mitgeteilt kriegen, daß die Bürger mit Ihnen, mit Ihrer Art, Politik zu machen, nicht einverstanden sind und daß Sie mit uns gefälligst in eine Diskussion einzutreten haben, damit wir gemeinsam zu Änderungen kommen.

    (Kolb [CDU/CSU]: Erzählen Sie dem Haus einmal, wo Sie gearbeitet haben! Sie haben das Geld bei Daimler verdient!)

    — Schreien Sie doch nicht so. Ich will doch jetzt mit Ihnen in eine Diskussion eintreten.
    Es geht z. B. darum, in der Sozial- und Gesundheitspolitik den Zusammenhang zu erkennen zwischen dem Wachstum, das stattfindet, und der Kostenexplosion. Dazu gehört etwa die Situation der pharmazeutischen Industrie — auch auf diesem Gebiet wollen Sie ja Wachstum —, die immer mehr Pillen, Medikamente, großtechnische Geräte herstellt. Dann beklagen Sie die Kostenexplosion. 1970 waren es 70 Milliarden DM, die im Gesundheitsbereich ausgegeben wurden. Heute sind es mittlerweile 230 Milliarden DM.

    (Pohlmann [CDU/CSU]: Nennen Sie einmal eine Alternative!)

    Wir lesen, wie die Allgemeine Ortskrankenkasse davon spricht, daß die Kostenersparnisse, die sie mühselig erwirken kann, innerhalb des nächsten Quartals von der pharmazeutischen Industrie sogleich aufgefressen werden. Da müssen Sie ansetzen, wenn Sie Sozialpolitik und Gesundheitspolitik machen wollen. Sie müssen da ansetzen, wo die Krankheiten entstehen, wo Leute mit der Krankheit Geschäfte machen. Wir sind bereit, mit Ihnen in diesen Punkten Veränderungen zu bewirken. Da werden Sie die Mehrheit im ganzen Haus finden, da bin ich ganz sicher. Aber die Mehrheit scheitert jetzt noch, von mir aus gesehen, an der rechten Seite.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Was sagen Sie z. B. zur Situation der Landwirtschaft? Durch ihr Wachstum wollen Sie erreichen, daß immer mehr und immer billigere Agrarprodukte auf eine übermechanisierte, chemisierte, Großproduktion bevorzugende Weise hergestellt werden.

    (Erneute Zurufe von der CDU/CSU)

    Zur gleichen Zeit beklagt der Ihrer Regierung angehörende Staatssekretär Gallus, daß jährlich 20 Milliarden DM Folgekosten durch ernährungsbedingte Krankheiten wegen Produkten entstehen, die in dieser Landwirtschaft erzeugt wurden.
    Oder was sagen Sie zu den Folgekosten, die durch unsere verkommene Verkehrspolitik entstanden sind?

    (Link [Diepholz] [CDU/CSU]: Zum Thema mal wieder!)

    Das Wachstum ist natürlich mit immer noch mehr Autos verbunden. Die Autoindustriellen wollen von jetzt 24 Millionen zugelassenen Fahrzeugen in zehn Jahren auf 30 Millionen zugelassene Fahrzeuge kommen. Wir haben heute schon jährlich 40 bis 50 Milliarden DM Folgekosten im Gesundheitsbereich durch Verletzte, Unfälle usw.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Hören Sie einmal zu, Herr Blüm!)

    Wenn Sie diese Dinge nicht angehen, dann können Sie noch so große moralische Appelle an die pharmazeutische Industrie, an die Ärzte, an die Organisationen im Krankenhaus starten, Sie kommen
    Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984 7703
    Hoss
    nicht weiter. Sie müssen an diesen Punkt heran, genau wie man an andere Punkte heran muß.
    Auch Herr Geißler ist ja keiner, der sich in diesem Punkt mit der Industrie anlegt. Wir haben das Problem der Einstufung von Formaldehyd als krebserregend; die Diskussion ist noch im vollem Gange. Wir haben dazu Auskünfte vom Umweltbundesamt, wir haben einen Bericht, der ausgearbeitet und vorgelegt worden ist, allerdings noch intern, und Auskünfte vom Bundesgesundheitsamt, daß Formaldehyd im Anhang II Nr. 1 der Arbeitsstoffverordnung als krebserregend eingestuft werden soll. Dann erscheint am 16. Januar 1984 ein Brief des Hauptproduzenten von Formaldehyd, BASF, an den Gesundheitsminister, Herrn Geißler. In diesem Brief heißt es: „... daß Sie alles in Ihrer Macht Stehende tun, um eine solche Einstufung zu verhindern". Ich will den Prozeß abkürzen und nur zu dem Ergebnis kommen, daß Formaldehyd, obwohl das Bundesgesundheitsamt zu diesem Schluß gekommen ist, nicht als krebserregend eingestuft worden ist. Ich kann Ihnen nur überlassen, sich Ihr eigenes Urteil daraus zu bilden.

    (Zuruf von der FDP)

    Wichtig ist, daß wir daran gehen, die Probleme der Folgekosten, die durch eine falsche Wirtschaftspolitik entstanden sind, zu sehen, sie in den Mittelpunkt unserer Betrachtung zu stellen und an Änderungen zu arbeiten. An den Punkten, wo wir gemeinsam erkennen — so verstehe ich Parlamentsarbeit, und so verstehe ich das Arbeiten über Fraktionen hinweg —, daß eine Wirtschafspolitik, die bis jetzt nur oder im wesentlichen an Kostengünstigkeit und Gewinnmaximierung orientiert ist, die Umwelt zerstört, gesellschaftlich negativ zu Buche schlägt und die Verhältnisse kaputtmacht, müssen wir gemeinsam Bremsen anlegen, und den Produzenten von Massenprodukten auch die Folgekosten auferlegen, z. B. in Form eines neuen Steuersystems. Die Arbeitskosigkeit muß auch dadurch bekämpft werden, daß wir den Drang zur Rationalisierung und Vernichtung von Arbeitsplätzen bekämpfen, indem wir zu einer Maschinensteuer, zu einer Wertschöpfungsteuer kommen. Wir müssen da Änderungen finden, und zwar so dosiert, daß man regulierend eingreift, aber nicht Arbeitsplätze freigesetzt werden und dafür Maschinen in die Betriebe kommen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Sie kennen sicher die Studie des IFO-Instituts. Dort hat man 100 Großbetriebe der verarbeitenden Industrie befragt und ist zu dem Ergebnis gekommen, daß sie auch für das nächste Jahr mit 100 000 Arbeitsplätzen weniger rechnen, und das trotz des kleinen Aufschwungs, der ja vorhanden ist, den man sehen muß. Trotzdem ist die Zahl der Arbeitslosen nicht reduziert worden, und die Zahl der Arbeitsplätze hat sich in diesem Jahr sogar verringert. Sie müssen doch sehen und erkennen, daß Ihre Politik, Herr Blüm, die Sie auf dem Gebiet der Arbeitspolitik machen, nicht dazu dient, die Massenarbeitslosigkeit zu beseitigen, sondern dazu dient, die Leute für einen Wachstumsprozeß noch verfügbarer zu machen, der im Grunde arbeitsplatzvernichtend wirkt.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Bei Ihrem Beschäftigungsförderungsgesetz sagen Sie, wir wollen den befristeten Arbeitsvertrag, wir wollen den Kündigungsschutz für Arbeitnehmer verschlechtern, wir wollen die Leiharbeit ausweiten. Das sind alles Punkte, mit denen Sie die Arbeitnehmer für diesen Wachstumsprozeß verfügbarer machen, der im Grunde Folgen zeitigt, die nicht mehr zu verantworten sind.
    Unsere Aufgabe sehen wir darin — ich muß damit zum Schluß kommen —, auf diese Punkte hinzuweisen und Sie aufzufordern, darüber nachzudenken. Wenn Sie das nicht tun, werden Sie die Quittung von unseren Bürgern bekommen.
    Danke schön.

    (Beifall bei den GRÜNEN)



Rede von Richard Wurbs
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Cronenberg.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dieter-Julius Cronenberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich muß in aller Offenheit gestehen, daß ich einen Teil der Auseinandersetzung Diepgen/Apel gestern und auch heute, was Ton und Methode anbelangt hat, sehr bedauert habe. Ich möchte auf einige Punkte der Rede von Eugen Glombig eingehen.
    Erstens zum Thema Babyjahr. Man kann sicher in dieser Frage unterschiedlicher Auffassung sein, aber man sollte sich das in Erinnerung rufen, was Marie Schlei zu diesem Thema in diesem Hause einmal gesagt hat. Sie hat gesagt: Mein persönlicher Wunsch wäre, daß die versicherungsrechtlichen Auswirkungen des Babyjahres auch Frauen zugute kommen, die schon im Rentenalter sind. Aber ich weiß, daß dies nicht eine Frage des guten Willens, sondern eine Frage der schwierigen finanziellen Größenordnung ist.

    (Frau Dr. Timm [SPD]: Wann war denn das, Herr Kollege Cronenberg?)

    — Das war Anfang der 70er Jahre. Wenn ich mich richtig erinnere, war es 1971 oder 1972.

    (Frau Dr. Timm [SPD]: Das muß später gewesen sein!)

    Wenn das schon damals richtig war, wieviel mehr muß es das bei der angespannten Situation unserer Finanzen heute sein. Unterstellen Sie niemandem schlechten Willen!
    Zum Thema Renten auf Pump. Hochverehrte Kolleginnen und Kollegen. Hier im Hause ist niemand, der darüber glücklich ist, daß die Rentenversicherungsträger Kredite aufnehmen müssen. Aber wir müssen die Dinge doch einmal in den richtigen Rahmen rücken. Was geschieht denn? Wegen der unterschiedlichen Eingänge der Beiträge, die zu kurzfristigen Liquiditätsproblemen führen, können bis zu 5 Milliarden DM Kredit aufgenommen wer-



    Cronenberg (Arnsberg)

    den. Dadurch muß das vorhandene Vermögen nicht aufgelöst werden.

    (Zuruf von der SPD: Ich hätte einmal gerne hören wollen, was Sie gesagt hätten, wenn das bei uns passiert wäre!)

    Dies führt nicht, Herr Kollege Hoss, zu Zinsverlusten, sondern zu Zinsgewinnen, weil der Bund insgesamt eher zahlt. Ich kann Sie da also beruhigen: Die kurzfristigen Liquiditätsprobleme sind gelöst worden.