Nein. Ich habe nur noch wenige Minuten. Entschuldigen Sie. Aus Respekt vor meinem Vorsitzenden habe ich Herrn Glombig eine Frage gestattet. Aus Zeitgründen kann ich nicht weiter darauf eingehen.
Ich will auf folgendes in der Rentenpolitik aufmerksam machen.
Erstens. Diese Koalition und wir im Ausschuß haben Anfang des Jahres gesagt, daß wir bei den Rentenfinanzen Schwierigkeiten haben werden. Es zeichnet uns aus, daß wir damals festgelegt haben, den Bundeszuschuß vorzuziehen. Das ist eine seriöse Haushaltspolitik: nicht die Augen verschließen vor Schwierigkeiten, sondern die Schwierigkeiten meistern. Was wir nicht wissen konnten, ist, daß in der Tarifrunde 1984 Freizeit statt Lohn weitergegeben worden ist. Da die Rentner genug Freizeit haben, können wir ihnen den Ausgleich nicht in Freizeit entgelten. Das war der Grund, warum wir weniger in der Rentenkasse eingenommen haben.
Zweitens, Rückzahlung an ausländische Arbeitnehmer. Das gab es früher bei Ihnen auch schon, meine Damen und Herren. Nur mußte damals der ausländische Arbeitnehmer zwei Jahre warten. Wie war die Praxis? Die Betroffenen gingen zu den sogenannten Kredithaien,
haben ca. 40 % ihres Anspruchs abgetreten. Die Kredithaie haben sich goldene Finger verdient, und der ausländische Arbeitnehmer ging mit 60 % seiner eigenen Leistung nach Hause. Das haben wir geändert. Wir geben ihm das, was er verdient hat, mit nach Hause. Das ist sozial, nicht das, was Sie früher gemacht haben,
Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984 7699
Jagoda
selbst wenn wir deswegen für ein paar Tage das Konto bei der Rentenversicherung einmal überziehen müssen.
Außerdem haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer in schöner Einmütigkeit — nicht die Handwerksbetriebe, sondern die Großbetriebe, die mitbestimmten — Weihnachten in den Februar verlegt, um etwas zu sparen.
Das ist Solidarität. Ich halte das für nicht sehr gut.
Drittens. Ich darf sagen, daß sich die Rentner in Deutschland darauf verlassen können, daß wir die Rente sicher machen.
Wenn Entscheidungen erforderlich sind, fällen wir sie. 1984 haben wir den Bundeszuschuß vorgezogen. Wir haben die Zugangsregelungen zur Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrente verändert.
— Daß diese Maßnahmen alle erforderlich sind, liegt daran, daß Sie damals Bundeszuschüsse gekürzt haben und die Rentenfinanzen verkommen ließen.
Wir haben den Krankenversicherungsbeitrag der Rentner auf 2 % festgesetzt. Wir haben das den Leuten vor der Wahl gesagt — so ehrlich sind wir — und sind nicht wie andere in den Wahlkampf hineingegangen.
Auch 1985 werden wir einige Maßnahmen treffen, um in dieser Frage weiterzukommen. Ich möchte einige wenige Bemerkungen zum Opferentschädigungsgesetz machen. Ich bin dankbar, daß wir dieses Gesetz im Ausschuß einvernehmlich verabschieden konnten. Das Gesetz tritt zum 1. Januar 1985 in Kraft. Es gibt eine wesentliche Änderung: Diejenigen, die vor 1976 geschädigt worden sind, seit Beginn der Bundesrepublik, werden mit aufgenommen. Das ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Dem Antrag der SPD haben wir nicht zustimmen können. Ich will das kurz begründen. Wir haben die Regierung gebeten, diese Sache bei einer nächsten Gesetzesänderung zu prüfen. Zur Zeit sind wir der Auffassung, daß die Gegenseitigkeit im Gesetz bleiben muß, und zwar aus zwei Gründen.
Erstens hat die Bundesregierung am 24. November 1983 beim Europarat eine Konvention unterschrieben, die die Gegenseitigkeit zur Grundlage hat.
Zweitens. Wir wollen, daß unsere Mitbürger, wenn sie im Ausland zu Schaden kommen, ebenfalls eine Absicherung bekommen. Da z. B. Italien, Spanien und Frankreich, drei Haupturlaubsländer, die Gegenseitigkeit mit uns nicht vereinbart haben,
sind wir der Auffassung, daß wir über den Europarat und die Konvention eine Möglichkeit schaffen sollten, auch für unsere Bürger etwas zu tun.
Herr Minister Blüm, Sie werden in uns in der Zukunft eine kritische und gute Unterstützung haben. Sie wissen, mit der CDU/CSU-Fraktion muß man manchmal hart ringen. Aber das hilft auch manchmal, daß Entscheidungen noch besser werden. Wir sind zur kooperativen Mitarbeit bereit.
Meine Damen und Herren von der Opposition, Ihnen möchte ich noch sagen, es gibt ein deutsches Sprichwort, das heißt: Zu spitz sticht nicht, zu scharf schneidet nicht. Kommen Sie wieder zurück.
Geben Sie die Nörgelei auf. Kommen Sie zur alternativen Politik. Dann werden wir für die Bürger in diesem Lande eine gute Sozialpolitik machen können.