Rede:
ID1010409000

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 7
    1. Herr: 1
    2. Abgeordneter: 1
    3. Glombig,: 1
    4. gestatten: 1
    5. Sie: 1
    6. eine: 1
    7. Zwischenfrage?: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/104 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 104. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984 Inhalt: Benennung des Abg. Bohl als Stellvertreter im Wahlprüfungsausschuß 7629 A Wahl des Abg. Bohl zum ordentlichen Mitglied und des Abg. Seiters zum Stellvertreter im Vermittlungsausschuß 7629 A Nachträgliche Überweisung zweier Vorlagen an Ausschüsse 7629 B Begrüßung der Knesset-Abgeordneten Frau Shulamit Aloni 7640 D Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1985 (Haushaltsgesetz 1985) — Drucksachen 10/1800, 10/2250 —Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern — Drucksachen 10/2306, 10/2330 — in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung — Drucksachen 10/2326, 10/2330 — in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung — Drucksache 10/2324 — Schäfer (Offenburg) SPD 7630 A Gerster (Mainz) CDU/CSU 7634 B Kleinert (Marburg) GRÜNE 7637 D Frau Seiler-Albring FDP 7640 D Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI 7643A Dr. Nöbel SPD 7647 D Dr. Riedl (München) CDU/CSU 7651C Dr. Hirsch FDP 7654 C Kühbacher SPD 7656D, 7662 A Dr. Laufs CDU/CSU 7659 A Baum FDP 7663A Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz — Drucksachen 10/2307, 10/2330 — in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksachen 10/2316, 10/2330 — Dr. Emmerlich SPD 7664 B Austermann CDU/CSU 7666 C Frau Reetz GRÜNE 7669 D Kleinert (Hannover) FDP 7672 B Engelhard, Bundesminister BMJ . . . 7674A Frau Nickels GRÜNE (Erklärung nach § 32 GO) 7675C II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984 Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — Drucksachen 10/2311, 10/2330 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten — Drucksache 10/2103 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 10/2401 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/2492 — in Verbindung mit Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit — Drucksachen 10/2315, 10/2330 — Frau Fuchs (Köln) SPD 7676 C Dr. Friedmann CDU/CSU . . . . 7681 D, 7721 C Frau Seiler-Albring FDP 7685 B Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 7687 C Glombig SPD 7691C Jagoda CDU/CSU 7696 A Hoss GRÜNE 7699 C Cronenberg (Arnsberg) FDP 7703 C Peter (Kassel) SPD 7705 D Rossmanith CDU/CSU 7707 C Jaunich SPD 7710 A Eimer (Fürth) FDP 7714 B Deres CDU/CSU 7716 B Dr. Geißler, Bundesminister BMJFG . 7717 C Dr. Diederich (Berlin) SPD 7721 D Frau Schoppe GRÜNE 7723 B Frau Kelly GRÜNE (Erklärung nach § 31 GO) 7723C Namentliche Abstimmung 7725 B Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksachen 10/2321, 10/2330 — Zander SPD 7727 B Dr. Stavenhagen CDU/CSU 7729 D Frau Dr. Bard GRÜNE 7732 C Kohn FDP 7735 B Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 7737 C Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksachen 10/2322, 10/2330 — Dr. Rose CDU/CSU 7740 C Dr. Diederich (Berlin) SPD 7743 B Neuhausen FDP 7746 B Dr. Jannsen GRÜNE 7749 A Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMBW 7751 B Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksachen 10/2319, 10/2330 — Purps SPD 7753 D Echternach CDU/CSU 7756 D Verheyen (Bielefeld) GRÜNE 7759 D Grünbeck FDP 7762C Dr. Schneider, Bundesminister BMBau 7764 C Nächste Sitzung 7769 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 7771*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 7771*C Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984 7629 104. Sitzung Bonn, den 28. November 1984 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Berichtigung 102. Sitzung: Auf Seite III, linke Spalte und auf den Seiten 7485 und 7486 ist jeweils bei den Anlagen 14, 15 und 16 statt „Parl. Staatssekretär Dr. Schulte" zu lesen: „Staatssekretär Bayer". Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 28. 11. Dr. Barzel 30. 11. Dr. Enders * 30. 11. Erhard (Bad Schwalbach) 30. 11. Ertl 28. 11. Dr. Faltlhauser 28. 11. Dr. Glotz 30. 11. Dr. Haack 29. 11. Haase (Fürth) * 28. 11. Hauser (Esslingen) 30. 11. Frau Hoffmann (Soltau) 30. 11. Frau Huber 28. 11. Jung (Düsseldorf) 30. 11. Dr. Müller * 30. 11. Dr.-Ing. Oldenstädt 28. 11. Polkehn 30. 11. Frau Renger 30. 11. Frau Schmidt (Nürnberg) 30. 11. Schmidt (Wattenscheid) 30. 11. Frau Dr. Skarpelis-Sperk 30. 11. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim * 28. 11. Dr. Spöri 30. 11. Dr. Sprung 30. 11. Dr. Stark (Nürtingen) 30. 11. Vahlberg 30. 11. Vosen 30. 11. Weirich 28. 11. Weiskirch (Olpe) 30. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung die nachstehende Vorlage überwiesen: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 11 13 Titel 656 03 - Zuschuß des Bundes an die knappschaftliche Rentenversicherung - (Drucksache 10/2288) zuständig: Haushaltsausschuß Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 16. November 1984 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht gestellt: Gesetz über den Abbau von Salzen im Grenzgebiet an der Werra Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1984 (Nachtragshaushaltsgesetz 1984) Drittes Gesetz zur Änderung des Abfallbeseitigungsgesetzes Der Vorsitzende des Ausschusses für Forschung und Technologie hat mit Schreiben vom 14. November 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen hat: Stimulierung von Zusammenarbeit und Austausch im wissenschaftlichen und technischen Bereich in Europa, Plan 1985-1988 (Drucksache 10/1510 Nr. 10) Vorschlag für einen Beschluß des Rates für ein Forschungs- und Entwicklungsprogramm im Bereich der Optimierung der Erzeugung und Verwendung von Kohlenwasserstoffen 1984 bis 1987 (Drucksache 10/1691 Nr. 23) Der Vorsitzende des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit hat mit Schreiben vom 14. November 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Berichterstattung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung über die nachstehende Vorlage absieht: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Prüfung der Anhebung der Renten wegen Contergan-Schadensfällen (Drucksache 10/1651) Der Vorsitzende des Rechtsausschusses hat mit Schreiben vom 26. November 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Berichterstattung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung über die nachstehende Vorlage absieht: Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zu Überfällen auf Lastkraftwagen und Diebstählen von innerhalb der Gemeinschaft beförderten Gütern (Drucksache 10/936)
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Eugen Glombig


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Blüm will so lange von der Erblast reden, bis allen klargeworden ist, um welche Erblast es sich handelt.

    (Glos [CDU/CSU]: Bis sie bezahlt ist!)

    Ich habe den Eindruck, daß wir immer mehr von seiner Erblast sprechen müssen; sie setzt nämlich jetzt schon ein.

    (Beifall bei der SPD)

    „Dumm" ist ja unparlamentarisch, aber allmählich wird es stumpfsinnig, sich diese Argumente anzuhören.

    (Sehr wahr! bei der SPD — Link [Diepholz] [CDU/CSU]: Da sind wir anderer Meinung!)

    — Das kann ich mit vorstellen. Ich meine, dies ist stumpfsinnig und nur der Ausdruck eines schlechten Gewissens.

    (Beifall bei der SPD — Link [Diepholz] [CDU/CSU]: Ihre Aussage jetzt! — Kolb [CDU/CSU]: Kommen Sie zur Sache!)

    Meine Damen und Herren, wenn ich Bundeskanzler dieser Regierung wäre, dann würde ich den Kollegen Blüm als Arbeitsminister abberufen, und ich würde ihn zum Pressesprecher der Bundesregierung machen,

    (Egert [SPD]: Eine gute Idee!)

    zu einem Mann, der die Propaganda dieser Regierung vorantreibt und sie in die Köpfe der Menschen einhämmert, die Propaganda, die die Köpfe der Menschen vernebelt.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    — Wissen Sie, ich habe etwas dagegen, wenn jemand sagt, er trage hier ständig die Wahrheit vor, und das, was er sagt, just das Gegenteil von Wahrheit ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Diese Art der Auseinandersetzung hat sich Herr Blüm selbst zuzuschreiben.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich wiederhole, daß das, was Herr Blüm seit Jahr und Tag seit der Wende hier vorträgt, der Versuch ist, aus Exkrementen der Sozialpolitik Gold zu machen.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Ich habe versucht, dies zu umschreiben. Man könnte dies auch anders bezeichnen, aber wir bleiben ja vornehm im Umgang miteinander.
    Meine Damen und Herren, trotz allem ist das, was wir heute von Herrn Blüm gehört haben, j a nicht mehr ganz so selbstbewußt im Gegensatz zu früheren Auftritten. Er selbst merkt nämlich, daß seine Art von Sozialpolitik inzwischen von den Menschen draußen bemerkt wird. Das heißt, man fällt darauf nicht mehr ohne weiteres herein.

    (Beifall bei der SPD)

    7692 Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984
    Glombig
    Die Presse ist nicht mehr bereit, ihm zuzujubeln, sondern begleitet ihn mit entsprechender Kritik; ich finde, dies ist in Ordnung.
    Nun haben wir heute allerdings ein Erlebnis gehabt — dies hat mich sehr erstaunt —, nämlich den Auftritt von Herrn Friedmann. Bei Herrn Friedmann hat eigentlich das schlechte Gewissen heute zum ersten Mal geschlagen. Wenn bei Herrn Friedmann das schlechte Gewissen schlägt, dann wird er aufgeregt, dann wird er nervös. Ich habe ihn hier immer als souverän in der Darstellung seiner Beiträge erlebt, fast wie ausgelernt. Mir hat das außerordentlich imponiert, muß ich sagen. Heute hat ihn das, was die Kollegin Fuchs gesagt hat, schwer getroffen.

    (Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: So ist es! — Widerspruch bei der CDU/CSU)

    — Ich kann ihm das überhaupt nicht verdenken. Wenn man nicht mehr so glatt reden kann, wird man nervös.
    Nun will ich nur auf ein Argument von Herrn Friedmann eingehen — es ist das letzte Mal auch von Herrn Arbeitsminister Blüm gebracht worden —, nämlich darauf, daß die Renten sicher seien, d. h. daß sie garantiert seien, daß niemand Angst zu haben braucht, daß er seine Rente nicht bekommt. Da kann ich nur sagen: Dies wäre ja wohl auch noch schöner!

    (Beifall bei der SPD)

    Darauf stolz zu sein, finde ich schon sehr merkwürdig.

    (Link [Diepholz] [CDU/CSU]: Sie verbreiten doch die Angst!)

    Lassen Sie mich aus der „Süddeutschen Zeitung" von heute zitieren. Wenn ich dies hier sagen wollte, könnte das von jemand anderem vielleicht als lauter Propaganda ausgelegt werden. Da stehen einige nette Sachen drin, Sie sollten sich das einmal durchlesen. Da heißt es:
    Die große Liquiditätslücke dieser Tage ist ein Alarmsignal für die Rentenpolitik, nicht für die Rentner; für sie wird das Kassenproblem keine Folgen haben. Auf dem Spiel steht aber das Vertrauen in ein Alterssicherungssystem, dessen Handlungsspielraum so sehr von politischen Interessen beschnitten wird. Wie peinlich der Koalition die Kreditgeschäfte der Rentenversicherung sind, zeigt sich daran, daß bereits abgesprochen ist, derartiges im nächsten Jahr nicht mehr passieren zu lassen. An die Stelle der Banken wird dann der Bund selber als Darlehensgeber treten. Renten auf Pump wird es noch für einige Zeit geben, von 1985 an allerdings heimlich, still und leise.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Erblast Blüm!)

    Meine Damen und Herren, diese 5 Milliarden, die der Rentenversicherung im nächsten Jahr als Kredit gegeben werden können, wenn es kneift, sind just die 5 Milliarden, die dieser Arbeitsminister und diese Koalition der Rentenversicherung durch die
    Verkürzung der Beiträge der Arbeitslosen an die Rentenversicherung genommen hat.

    (Beifall bei der SPD — Kolb [CDU/CSU]: Und ihr habt die Bundesanstalt zahlen lassen!)

    Das ist die Wahrheit. Sie haben, ich sage, in schamloser Art und Weise nicht nur die Arbeitslosen

    (Kolb [CDU/CSU]: 1977 Nürnberg!)

    durch die Verkürzung der Leistungen, sondern auch die Rentner durch die Verkürzung der Mittel in diese Notlage hineingetrieben und damit die Rentenversicherungsträger und ihre Kassen.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich finde, dies kann Ihnen nicht deutlich genug ins Stammbuch geschrieben werden.

    (Kolb [CDU/CSU]: Was hat denn der Kollege Ehrenberg gemacht!)

    — Nein, just dies hat der Kollege Ehrenberg überhaupt — —

    (Pohlmann [CDU/CSU]: 70 %!)

    — Herr Pohlmann, Sie reden ständig über Dinge, von denen Sie nichts verstehen.

    (Beifall bei der SPD — Lachen bei der CDU/CSU)

    Ich will Ihnen hier noch einmal sagen, wie die Sache tatsächlich gelaufen ist: Ehrenberg hat die Beitragspflichtigkeit der Arbeitslosen zur Rentenversicherung eingeführt, und zwar auf der Basis einer 100%igen Bemessungsgrundlage, d. h. 100% des letzten Lohnes.

    (Kolb [CDU/CSU]: Weil es euch sonst nicht gelangt hätte!)

    Und in der letzten Phase der Koalition, als Ehrenberg nicht mehr Arbeitsminister war, hat auf Druck der FDP

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Wie immer! — Pohlmann [CDU/CSU]: Immer die anderen!)

    — nun lassen Sie mich das hier mal sagen, und halten Sie sich mal ein bißchen zurück, damit Sie von der Geschichte noch etwas mitbekommen, bevor sie an Ihnen vorbeigeht, meine Damen und Herren — die Regierung der sozialliberalen Koalition beschlossen, dies auf 70% herunterzusetzen, nicht auf 45%, auf 70 %.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Auch schon schlimm genug! — Zuruf von der CDU/ CSU: Nicht nervös werden, ruhig bleiben, Herr Glombig!)

    Dies war bitter genug. Ich habe dann am 10. September 1982 hier an diesem Pult erklärt, daß die Regierung der sozialliberalen Koalition nicht die vorgesetzte Behörde der SPD-Bundestagsfraktion ist.

    (Beifall bei der SPD)




    Glombig
    Ich habe das im Namen meiner Fraktion hier erklärt und gesagt: Dies machen wir nicht mit.

    (Kolb [CDU/CSU]: Gegen Ihren Kanzler!)

    Und wir haben es nicht mitgemacht; denn dieser Gesetzentwurf ist überhaupt nicht verabschiedet worden, hat nie Gesetzeskraft erlangt.

    (Beifall bei der SPD)

    Und ich habe gesagt: Einen zweiten Punkt machen wir nicht mit: die Einführung der unsozialen Kostenbeteiligung, die nichts anderes darstellt als die Belastung der Kranken über eine Erhöhung des Krankenversicherungsbeitrages, dann allerdings ohne Arbeitgeberzuschuß. So ist es gewesen.

    (Kolb [CDU/CSU]: Deswegen ist euer Kanzler gestürzt!)

    An diesen beiden Beispielen mögen Sie erkennen, wie unterschiedlich, auch konzeptionell, die Sozialpolitik der Koalitionsfraktionen, einschließlich unseres damaligen Koalitionspartners war; nicht zuletzt dies hat ja auch zum Bruch der sozialliberalen Koalition geführt.

    (Zustimmung bei der SPD — Kolb [CDU/ CSU]: „Viel stärker müßt ihr einschneiden", hat Helmut Schmidt gesagt!)

    — Nun will ich Ihnen auch dazu einmal etwas sagen: In unserer Fraktion hat jeder das Recht, frei zu reden, seine Meinung zu sagen. Aber nun kann ich Ihnen auch sagen, daß diese Meinung von Helmut Schmidt in dieser Fraktion nicht ungeteilten Beifall gefunden hat.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Richtig! — Kolb [CDU/CSU]: Aber wahr war sie!)

    Dies dürfen wir doch auch einmal sagen. Wir haben uns durchaus andere Wege vorstellen können, um die Dinge in Ordnung zu bringen. Daß es auch hierüber Meinungsverschiedenheiten in der SPD gibt und auch immer wieder geben wird

    (Zuruf von der CDU/CSU: Er hatte aber recht!)

    und um den richtigen Weg gerungen wird, das allerdings finde ich völlig in Ordnung und demokratisch einwandfrei. Wenn ich das hier sage, ist das auch nichts gegen Helmut Schmidt, sondern ich finde, es ehrt ihn, daß er immer wieder, bei jeder Gelegenheit, seine Meinung gesagt hat und wir, wenn es sein mußte, darüber gestritten haben.

    (Beifall bei der SPD — Kolb [CDU/CSU]: Ihr wolltet nicht hören!)

    — Ach, wissen Sie, wenn wir auf Sie gehört hätten, Herr Kolb, wäre es schrecklich geworden,

    (Beifall bei der SPD)

    nicht für Sie und Ihren Mittelstand, aber für die Arbeitnehmer. Ich erlebe ja, mit welch rückschrittlichen Meinungen Sie in Sachen Sozialpolitik versuchen, sich immer wieder im Interesse Ihrer Klientel, die Ihnen besonders anvertraut ist, einzuschalten.

    (Kolb [CDU/CSU]: Wir beschäftigen die meisten Leute, Herr Glombig!)

    Meine Damen und Herren, Herr Blüm hat nun gesagt: Den Rentnern geht es doch im allgemeinen gut. — Da kann ich nur sagen: nicht zuletzt durch die Sozialpolitik der sozialliberalen Koalition.

    (Beifall bei der SPD — Lachen bei der CDU/CSU)

    Wir — und hier schließe ich dann auch die FDP ein
    — haben in der Zeit von 1969 bis 1982

    (Zuruf von der CDU/CSU: Schulden gemacht!)

    höhere Rentensteigerungen als die Lohnsteigerungen der Arbeitnehmer gehabt. Dies ist doch nachweisbar.

    (Beifall bei der SPD)

    Wenn es heute Menschen — dies hat doch Herr Blüm zugegeben — im Verhältnis zu anderen, der Mehrzahl, gut geht, dann sind es Mehrfachbezieher von Leistungen. Dies ist natürlich keine große Kunst. Ich will Ihnen das auch nicht beschneiden. Aber so kommt das zustande. Es ist auch ein Ausdruck dafür, daß bei uns strukturell etwas nicht in Ordnung ist, daß wir Mehrfachbezieher haben, daß wir eine Überversorgung haben, daß wir eine Unterversorgung haben — diese Unterversorgung ist noch schlimmer als die Überversorgung — und diese Regierung weder in der Lage noch willens ist, an dieses Problem heranzugehen.

    (Kolb [CDU/CSU]: Herr Kollege, seit wann gibt es dies?)

    Darüber kann man doch nicht nur schwätzen.

    (Beifall bei der SPD — Kolb [CDU/CSU]: Seit wann gibt es das?)

    — Herr Kolb, seit gut einem Jahr haben wir den Bericht der Harmonisierungskommission vorliegen. Er ist dem Bundesarbeitsminister im Dezember vorigen Jahres übergeben worden. Daran haben alle Parteien mitgewirkt, und zwar in, wie ich meine, fabelhafter Übereinstimmung. Warum wird das Ding aber nur entgegengenommen und wie eine heiße Kartoffel in die Schublade gelegt — gemeinhin legt man dort keine heißen Kartoffeln hin —,

    (Heiterkeit — Kolb [CDU/CSU]: Sie haben ungedeckte Wechsel hineingelegt!)

    besser gesagt: Warum wird es wie eine Kartoffel, die zu heiß ist, weggeworfen? Ich will Ihnen sagen, warum: Weil Herr Blüm nicht in der Lage ist, diese Vorstellungen gegen die Interessen Ihrer Fraktion und nicht zuletzt gegen die Interessen der Fraktion der FDP durchzusetzen. Dies ist doch die Wahrheit.

    (Beifall bei der SPD)

    Man muß die Wahrheit dann auch sagen.
    Dies ist eine merkwürdige Art und Weise: Auf der einen Seite werden die Rentner gelobt. Es ist von großartigen Aufbauleistungen die Rede, die die Rentner und nicht zuletzt die Rentnerinnen, die Witwen, erbracht haben. Da gibt es Leute, die überlegen, ob man den Frauen, die aufgeräumt haben, die Steine geschleppt haben, im nächsten Jahr, 40 Jahre nach Kriegsende, nicht einen besonderen Or-



    Glombig
    den für diese großartige Tat des Wiederaufbaus geben sollte. Auf den Gedanken, diese Frauen, die unter wesentlich ungünstigeren wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen ihre Kinder großgezogen haben, beim sogenannten Babyjahr mit einzubeziehen, kommt diese Koalition aber nicht.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Warum habt ihr es denn nicht getan?)

    Das ist doch alles nicht wahr.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ihr habt 13 Jahre lang nichts gemacht!)

    Es sollen die Mütter ab Jahrgang 1921 in die Regelung einbezogen werden. Die Finanzierung des Babyjahres ist aber völlig unzureichend. Kein Mensch weiß, was nach 1989 passiert. Kein Mensch weiß, wie das finanziert werden soll. Es war auch eine Unart der sozialliberalen Koalition, die Kosten für solche sozialen Maßnahmen, wie die Einführung der flexiblen Altersgrenze für Schwerbehinderte und den Mutterschaftsurlaub wieder auf die Versichertengemeinschaft, auf die Beitragszahler zurückzuverlagern. Für solche Geschenke auf Kosten anderer Leute bedanken wir uns.


Rede von Dr. Philipp Jenninger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Abgeordneter Glombig, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Eugen Glombig


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Kollege Kolb, bitte sehr.