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ID1010407200

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    Plenarprotokoll 10/104 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 104. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984 Inhalt: Benennung des Abg. Bohl als Stellvertreter im Wahlprüfungsausschuß 7629 A Wahl des Abg. Bohl zum ordentlichen Mitglied und des Abg. Seiters zum Stellvertreter im Vermittlungsausschuß 7629 A Nachträgliche Überweisung zweier Vorlagen an Ausschüsse 7629 B Begrüßung der Knesset-Abgeordneten Frau Shulamit Aloni 7640 D Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1985 (Haushaltsgesetz 1985) — Drucksachen 10/1800, 10/2250 —Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern — Drucksachen 10/2306, 10/2330 — in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung — Drucksachen 10/2326, 10/2330 — in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung — Drucksache 10/2324 — Schäfer (Offenburg) SPD 7630 A Gerster (Mainz) CDU/CSU 7634 B Kleinert (Marburg) GRÜNE 7637 D Frau Seiler-Albring FDP 7640 D Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI 7643A Dr. Nöbel SPD 7647 D Dr. Riedl (München) CDU/CSU 7651C Dr. Hirsch FDP 7654 C Kühbacher SPD 7656D, 7662 A Dr. Laufs CDU/CSU 7659 A Baum FDP 7663A Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz — Drucksachen 10/2307, 10/2330 — in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksachen 10/2316, 10/2330 — Dr. Emmerlich SPD 7664 B Austermann CDU/CSU 7666 C Frau Reetz GRÜNE 7669 D Kleinert (Hannover) FDP 7672 B Engelhard, Bundesminister BMJ . . . 7674A Frau Nickels GRÜNE (Erklärung nach § 32 GO) 7675C II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984 Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — Drucksachen 10/2311, 10/2330 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten — Drucksache 10/2103 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 10/2401 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/2492 — in Verbindung mit Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit — Drucksachen 10/2315, 10/2330 — Frau Fuchs (Köln) SPD 7676 C Dr. Friedmann CDU/CSU . . . . 7681 D, 7721 C Frau Seiler-Albring FDP 7685 B Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 7687 C Glombig SPD 7691C Jagoda CDU/CSU 7696 A Hoss GRÜNE 7699 C Cronenberg (Arnsberg) FDP 7703 C Peter (Kassel) SPD 7705 D Rossmanith CDU/CSU 7707 C Jaunich SPD 7710 A Eimer (Fürth) FDP 7714 B Deres CDU/CSU 7716 B Dr. Geißler, Bundesminister BMJFG . 7717 C Dr. Diederich (Berlin) SPD 7721 D Frau Schoppe GRÜNE 7723 B Frau Kelly GRÜNE (Erklärung nach § 31 GO) 7723C Namentliche Abstimmung 7725 B Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksachen 10/2321, 10/2330 — Zander SPD 7727 B Dr. Stavenhagen CDU/CSU 7729 D Frau Dr. Bard GRÜNE 7732 C Kohn FDP 7735 B Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 7737 C Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksachen 10/2322, 10/2330 — Dr. Rose CDU/CSU 7740 C Dr. Diederich (Berlin) SPD 7743 B Neuhausen FDP 7746 B Dr. Jannsen GRÜNE 7749 A Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMBW 7751 B Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksachen 10/2319, 10/2330 — Purps SPD 7753 D Echternach CDU/CSU 7756 D Verheyen (Bielefeld) GRÜNE 7759 D Grünbeck FDP 7762C Dr. Schneider, Bundesminister BMBau 7764 C Nächste Sitzung 7769 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 7771*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 7771*C Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984 7629 104. Sitzung Bonn, den 28. November 1984 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 102. Sitzung: Auf Seite III, linke Spalte und auf den Seiten 7485 und 7486 ist jeweils bei den Anlagen 14, 15 und 16 statt „Parl. Staatssekretär Dr. Schulte" zu lesen: „Staatssekretär Bayer". Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 28. 11. Dr. Barzel 30. 11. Dr. Enders * 30. 11. Erhard (Bad Schwalbach) 30. 11. Ertl 28. 11. Dr. Faltlhauser 28. 11. Dr. Glotz 30. 11. Dr. Haack 29. 11. Haase (Fürth) * 28. 11. Hauser (Esslingen) 30. 11. Frau Hoffmann (Soltau) 30. 11. Frau Huber 28. 11. Jung (Düsseldorf) 30. 11. Dr. Müller * 30. 11. Dr.-Ing. Oldenstädt 28. 11. Polkehn 30. 11. Frau Renger 30. 11. Frau Schmidt (Nürnberg) 30. 11. Schmidt (Wattenscheid) 30. 11. Frau Dr. Skarpelis-Sperk 30. 11. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim * 28. 11. Dr. Spöri 30. 11. Dr. Sprung 30. 11. Dr. Stark (Nürtingen) 30. 11. Vahlberg 30. 11. Vosen 30. 11. Weirich 28. 11. Weiskirch (Olpe) 30. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung die nachstehende Vorlage überwiesen: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 11 13 Titel 656 03 - Zuschuß des Bundes an die knappschaftliche Rentenversicherung - (Drucksache 10/2288) zuständig: Haushaltsausschuß Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 16. November 1984 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht gestellt: Gesetz über den Abbau von Salzen im Grenzgebiet an der Werra Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1984 (Nachtragshaushaltsgesetz 1984) Drittes Gesetz zur Änderung des Abfallbeseitigungsgesetzes Der Vorsitzende des Ausschusses für Forschung und Technologie hat mit Schreiben vom 14. November 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen hat: Stimulierung von Zusammenarbeit und Austausch im wissenschaftlichen und technischen Bereich in Europa, Plan 1985-1988 (Drucksache 10/1510 Nr. 10) Vorschlag für einen Beschluß des Rates für ein Forschungs- und Entwicklungsprogramm im Bereich der Optimierung der Erzeugung und Verwendung von Kohlenwasserstoffen 1984 bis 1987 (Drucksache 10/1691 Nr. 23) Der Vorsitzende des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit hat mit Schreiben vom 14. November 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Berichterstattung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung über die nachstehende Vorlage absieht: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Prüfung der Anhebung der Renten wegen Contergan-Schadensfällen (Drucksache 10/1651) Der Vorsitzende des Rechtsausschusses hat mit Schreiben vom 26. November 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Berichterstattung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung über die nachstehende Vorlage absieht: Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zu Überfällen auf Lastkraftwagen und Diebstählen von innerhalb der Gemeinschaft beförderten Gütern (Drucksache 10/936)
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Anke Fuchs


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Kolb, wir haben Massenarbeitslosigkeit. Diese kostet uns 55 Milliarden DM. Man muß das Risiko der Arbeitslosigkeit dort ansiedeln, wo es entsteht, nämlich in der Bundesanstalt für Arbeit. Es ist richtig und wichtig, daß sich der Staat an der Finanzierung von Massenarbeitslosigkeit beteiligt. Deswegen ist es richtig und wichtig, daß diese Mittel aus dem Bundeshaushalt zur Verfügung gestellt werden.

    (Beifall bei der SPD — Pohlmann [CDU/ CSU]: Wer hat denn die Bundeszuschüsse gekürzt?)

    Aber die Folgen dieser Rentenpolitik haben Sie, Herr Bundesarbeitsminister, zu vertreten. Sie haben die Rentenversicherung in Unordnung gebracht.
    Nun wollen Sie den Rentnern sagen, sie mögen sich doch mit einer Rentenerhöhung von 1 % im nächsten Jahr zufriedengeben.

    (Dr. George [CDU/CSU]: 3 %!)

    In Ihren Informationen des Bundesarbeitsministeriums sagen Sie, die finanzielle Sicherung der Renten sei wichtiger als die Rentenerhöhung. Das mag ja sein. Aber wer kann denn für die Rentenfinanzen sorgen? Das können doch nicht die Rentner, Herr Bundesarbeitsminister. Es ist Ihre Aufgabe, zunächst einmal für die Stabilisierung der Rentenfinanzen zu sorgen, um dann auch eine angemessene Rentenanpassung im nächsten Jahr hinzubekommen.

    (Beifall bei der SPD)

    So dumm werden die Rentner nicht sein, daß sie Ihnen diese Verdummungsstrategie abnehmen werden.

    (Link [Diepholz] [CDU/CSU]: Wer hat uns denn die Massenarbeitslosigkeit übergeben?)

    Nun sagen Sie, Herr Bundesarbeitsminister, doch Herrn Biedenkopf, die Rentenversicherung sei keine staatliche Veranstaltung, sondern eine Solidargemeinschaft, aus Beiträgen finanziert! Wenn der Staat dazu beiträgt, seine Verpflichtung zu erfüllen, dann können auch die jungen Menschen in die Solidargemeinschaft Rentenversicherung Vertrauen haben. Reden Sie doch bitte einmal mit Herrn Biedenkopf, bevor er in dieser Frage ganz auf FDP-Kurs geht und eine völlig überflüssige Debatte über die Rentenversicherung in dieser Dimension beginnt.

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    Ich komme zurück und sage noch einmal: Das Hauptproblem ist die Arbeitslosigkeit. Nach dem heutigen Stand werden immer mehr Arbeitslose aus der Arbeitslosenversicherung ausgegrenzt und der Sozialhilfe überlassen. Das ist auch Ihr Verdienst, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition. Die Arbeitslosenversicherung hat doch die Aufgabe, arbeitslosen Menschen Arbeitslosengeld zu zahlen. Es ist falsch, wenn man die Arbeitslosenversicherung gesundschrumpfen läßt. Die Erinnerung an Weimar sollte uns eine Warnung sein. Ein Gesundschrumpfen der Arbeitslosenversicherung löst keine Beschäftigungsprobleme, erhöht aber die Armut und gefährdet den sozialen Frieden.

    (Kolb [CDU/CSU]: Also auch wieder zu Lasten des Staatshaushaltes?)

    Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984 7679
    Frau Fuchs (Köln)

    Ich will Ihnen gern zugeben, daß der eine Punkt in Ordnung ist, daß die älteren Arbeitslosen länger Arbeitslosengeld bekommen.

    (Zuruf von der SPD: Das haben sie uns doch abgeguckt!)

    Aber das wird vorwiegend von jenen Arbeitslosen bezahlt, die aus persönlichen Gründen ihren Arbeitsplatz aufgeben und über die Sie eine Sperrfrist von drei Monaten verhängt haben;

    (Pohlmann [CDU/CSU]: Das glauben Sie doch selbst nicht!)

    eine eigenartige Einstellung zum Solidar- und Versicherungssystem.

    (Pohlmann [CDU/CSU]: Das ist falsch!)

    Sie belegen diese Menschen mit einer Sperrfrist von drei Monaten.
    Deswegen sage ich zusammengefaßt: Für Sie bleibt Massenarbeitslosigkeit in den 80er Jahren festgeschrieben. Sie nehmen sie in Kauf.

    (Dolata [CDU/CSU]: Das stimmt doch nicht!)

    Für Sie ist Arbeitslosigkeit die Restgröße wirtschaftlichen Handelns. Deswegen tun Sie auch nichts, um Arbeitslosigkeit zu bekämpfen.

    (Kolb [CDU/CSU]: Überlegen Sie sich die Aussage von Herrn Dr. Vogel! — Rossmanith [CDU/CSU]: Sie haben aber alles getan um Arbeitslosigkeit zu schaffen!)

    Deswegen sind Sie auch nicht in der Lage, die sozialen Sicherungssysteme vernünftig in Ordnung zu bringen.
    Was Sie darüber hinaus tun, ist, Arbeitnehmerrechte einzuschränken, mit diesem Beschäftigungsförderungsgesetz, das wir ein Entlassungsförderungsgesetz nennen,

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    Schutzrechte der Arbeitnehmer abzubauen. Das halten wir für ungehörig; denn Arbeitnehmerrechte sind dazu da, daß man in wirtschaftlich schwierigen Zeiten Schutz hat vor der Willkür der Unternehmer und nicht ohne Rechte dasteht.

    (Beifall bei der SPD — Pohlmann [CDU/ CSU]: Die Arbeitslosen sehen das ganz anders!)

    — Ja, ja, Sie wollen das. Ich habe das gestern bei der sogenannten Elefantendebatte genau gemerkt. Auch Sozialpolitiker aus der Regierungskoalition müssen das zugeben.
    Sie sind froh über die wirtschaftliche Entwicklung. Nur leider — wie Sie hinnehmend sagen — ist die Arbeitslosigkeit noch so hoch. Aber Sie tun nichts zu ihrer Bekämpfung. Sie machen sich nicht die Konsequenzen ihrer Finanzierung klar, sondern Sie lassen alles laufen und tun obendrein noch so, als ob das ein positives Ergebnis Ihrer Politik wäre. Sie wollen die Zweidrittelgesellschaft wie in England und in den Vereinigten Staaten.

    (Rossmanith [CDU/CSU]: Dort werden Arbeitsplätze geschaffen!)

    Lassen Sie sich die Warnung der Bischöfe in Amerika gesagt sein, Herr Bundesarbeitsminister.

    (Beifall bei der SPD — Kolb [CDU/CSU]: Dann sagen Sie uns einmal, wie die Inflation wirkt, wem die wehtut! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Nun kommt ein interessanter Punkt. Ich habe dem Herrn Bundeskanzler gestern aufmerksam zugehört. Er möchte gern, daß die Welt heil sei, und er möchte gern, daß die Menschen in diesem unserem Lande mit dieser seiner Wende glücklich nach Hause gehen. Aber wie ist es denn? All die Sorgen, die gestern von uns vorgetragen wurden, die Veränderungen in den Familien, die schlechtere Situation durch Kürzung der Sozialleistungen, die Sie vorgenommen haben, hat er so abgetan, als ob das nur eine sozialistische Verelendungspropaganda sei.

    (Link [Diepholz] [CDU/CSU]: Kennen Sie unsere Beschlüsse nicht?)

    Meine Damen und Herren, ich habe gar nicht gewußt, daß es so viele Sozialisten in diesem Lande gibt. Die Familienverbände, die Frauenräte, die Gewerkschaften, die Kommunen, sie alle unterliegen einer „sozialistischen Verelendungspropaganda", wenn sie anprangern, was Sie in unserem Sozialstaat in zwei Jahren kaputtgemacht haben.

    (Beifall bei der SPD — Kolb [CDU/CSU]: Sagen Sie bitte, wer ihn finanzieren soll, Frau Kollegin!)

    Ich rate dem Bundeskanzler, er soll aufhören, wie Hans-guck-in-die-Luft in der Gegend herumzulaufen und auf diese Weise die Probleme zu verdrängen.

    (Link [Diepholz] [CDU/CSU]: Sprechen Sie einmal über die 28 Milliarden DM Zinsen!)

    Es wird zu Weihnachten interessant. Die Arbeitnehmer, die bis zu 5 200 DM verdienen, bekommen weniger Weihnachtsgeld, weil ihr Weihnachtsgeld in die Sozialversicherungspflicht einbezogen wurde. Aber diejenigen, die mehr als 5 200 DM verdienen, bekommen ihre Zwangsanleihe zurück. Christdemokratische Weihnacht, meine Damen und Herren!

    (Zuruf von der SPD: Das kann man wohl sagen! Peinlich! — Kolb [CDU/CSU]: Das war ein Urteil eines Landessozialgerichts!)

    Nun hätte man meinen sollen, der Bundesarbeitsminister hätte wenigstens auf irgendeinem anderen Feld Erfolg. Man sollte meinen, er sei wenigstens mit der Gesundheitspolitik ein bißchen vorangekommen. Ganz mutig und ganz tapfer hat er gesagt: Ich mache ein Krankenhausfinanzierungsgesetz, und dieses Krankenhausfinanzierungsgesetz wird einen Beitrag zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen leisten. — Weit gefehlt. Erst hat Herr Blüm zugestimmt, daß die Mischfinanzierung aufgegeben wird. Damit hat er den Trumpf in diesem Kartenspiel aus der Hand gegeben.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das wollten Sie doch auch immer!)

    7680 Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984
    Frau Fuchs (Köln)

    Dann wundert er sich, daß ein Konzept zustande kommt, das mit den Konzepten, die wir eigentlich gemeinsam haben, überhaupt nichts mehr zu tun hat.

    (Link [Diepholz] [CDU/CSU]: Sie haben doch bei der Mischfinanzierung gar nicht gezahlt!)

    Dies ist das Waterloo des Bundesarbeitsministers. Ich würde sagen, Waterloo liegt in Bonn, und Napoleon heißt mit Vornamen Norbert.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD — Kolb [CDU/CSU]: Sie werden sich wundern, wer die Schlacht gewinnt!)

    Abbau der Mischfinanzierung, keine Beteiligung der Krankenkassen, ein angeblich weisungsunabhängiger Landesbeamter soll die Pflegesatzentscheidung treffen. — Nein, meine Damen und Herren, auch die Kostendämpfungspolitik dieses Ministers ist am Ende. Denn wie will er eigentlich die anderen Beteiligten am Gesundheitswesen zusammenholen, um Kostendämpfungspolitik zu machen, wenn er nicht in der Lage ist, den Krankenhausbereich in Ordnung zu halten?

    (Zuruf von der SPD: Allein in dieser Woche sechs Beitragssatzsteigerungen! — Zuruf von der CDU/CSU: Ihr habt j a gar nicht gezahlt!)

    Nun können Sie sagen: Ihr habt es auch nicht geschafft. — Wir hatten keine Mehrheit im Bundesrat.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    — Ja, richtig. Im übrigen hat der Bundesarbeitsminister ganz stolz und kühn verkündet, er werde ein Krankenhausfinanzierungsgesetz machen, das den Krankenkassen mehr Einfluß gibt.

    (Kolb [CDU/CSU]: Das größte Defizit ist in Nordrhein-Westfalen!)

    Alles, was dabei herausgekommen ist, ist, daß die private Krankenversicherung mit am Verhandlungstisch sitzt. Das hat Herr Blüm der FDP zuliebe auch noch tun müssen. Es ist wirklich ein Debakel, das der Herr Bundesarbeitsminister in Kauf nehmen muß.

    (Link [Diepholz] [CDU/CSU]: Was haben Sie gegen die private Krankenversicherung?)

    Wer nun glaubt, daß der für Sozialhilfe zuständige Kollege Perspektive brächte, der hat sich getäuscht. Ich glaube, der Herr Bundesminister-Generalsekretär merkt gar nicht, wie die Kommunen unter der Last der Sozialhilfe stöhnen.

    (Egert [SPD]: Er ist immer noch abwesend!)

    Es ist an der Tagesordnung, daß die arbeitslosen Menschen wegen der Kürzungen des Arbeitslosengeldes immer mehr in die Sozialhilfe hineinrutschen. Die Kommunen sind nicht in der Lage, arbeitsplatzschaffende Investitionen zu tätigen. Aber der Familienminister hat eine Zauberformel erfunden. Er senkt die Leistungen der Sozialhilfe und
    meint, wenn weniger Menschen anspruchsberechtigt seien, dann gebe es auch weniger Armut. So hat er die von ihm entfachte „neue soziale Frage" für sich gelöst.
    Es wird Zeit, Herr Geißler, daß Sie sich um die Sozialhilfe, um die Ausstattung der Sozialhilfe,

    (Zurufe von der SPD: Er ist nicht da! — Wo ist er denn!)

    um die Ausstattung des Warenkorbes kümmern, denn sonst werden Sie nicht fertig mit den berechtigten Protesten derjenigen, die mit Menschen arbeiten müssen, die sich in sozialer Not an die Sozialhilfe wenden.
    Wir erwarten von Ihnen, Frau Kollegin, daß Sie es Ihrem Minister sagen, daß Sie sich endlich zu dem Thema Pflegebedürftigkeit äußern.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich weiß, es ist ein schweres Thema; auch wir Sozialdemokraten tun uns schwer damit. Deswegen gebe ich den Kolleginnen und Kollegen der CDU und der anderen Fraktion mit zu bedenken: Es kann doch nicht weiter so bleiben, daß die Kommunen unter der finanziellen Last stöhnen und die alten Menschen am Ende eines langen Erwerbslebens zu Sozialhilfefällen werden. Deswegen ermuntere ich Sie: Lassen Sie uns gemeinsam ein Konzept erarbeiten! Wir fordern den Ausbau ambulanter sozialer Dienste, damit pflegebedürftige Menschen so lange wie möglich in ihrer gewohnten Umgebung bleiben können.

    (Beifall bei der SPD — Kolb [CDU/CSU]: Spät kommt ihr, doch ihr kommt!)

    Wir fordern die Erleichterung der Pflege durch Angehörige, indem man ihnen ein Pflegegeld zahlt und z. B. die Pflegezeiten in der Alterssicherung anerkennt.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Wir fordern die Verbesserung der Hilfe für kranke und behinderte alte Menschen, damit sie sich selbst besser helfen können. Wir fordern eine finanzielle Struktur für die Heime, so daß die Kommunen diese Dauerlast nicht allein zu tragen haben.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Dies heißt: Wir sind für eine Pflegeversicherung für alle Bürger, damit sich alle Bürger an der Finanzierung dieses Risikos beteiligen.

    (Beifall bei der SPD — Kolb [CDU/CSU]: Das Ergebnis wird fürchterlich werden!)

    Wer nun glaubt, nach zwei Jahren sei der Haushalt konsolidiert, die Systeme der sozialen Sicherung in Ordnung gebracht, Perspektiven aufgezeigt, der hat sich getäuscht. Der Haushalt ist nicht konsolidiert, Herr Kolb. Sie haben nur der Rentenversicherung 9 Milliarden DM weggenommen. Das ist der ganze Konsolidierungserfolg. Die Massenarbeitslosigkeit nimmt zu. Wenn Sie so mit Ihren Instrumenten weiterarbeiten, dann werden Sie mit



    Frau Fuchs (Köln)

    den Folgen der Arbeitslosigkeit bei den Systemen der sozialen Sicherung nicht fertig werden.

    (Kolb [CDU/CSU]: Sie wären voll in die Inflation gegangen!)

    Die wirtschaftlichen Daten deuten daraufhin, daß dies alles fortgeschrieben wird.
    Wer sich in dieser Debatte Perspektiven erwartet hätte, Perspektiven zur Gestaltung unserer Gesellschaft bis ins Jahr 2000 hinein, der sieht sich bitter enttäuscht.

    (Zuruf von der SPD: Das Tor zur Zukunft steht doch weit offen, hat der Kanzler gesagt! Das reicht doch!)

    Perspektiven hieße doch, daß man sagt: Vorrang hat Abbau von Arbeitslosigkeit. Dazu müßten Sie wohl ein Konzept vorlegen. Aber Sie tun auf diesem Sektor überhaupt nichts.

    (Kolb [CDU/CSU]: Sagen Sie das bitte einmal den Tarifpartnern, Frau Kollegin!)

    Vorrang hätte der Abbau von Arbeitslosigkeit für Männer und Frauen und nicht eine falsche Ideologie der Mütterlichkeit, die die Frauen aus dem Erwerbsleben zurückdrängt.

    (Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Perspektive hieße, die Systeme der sozialen Sicherung wetterfest zu machen, Ungerechtigkeit abzubauen, und hieße auch, ein Babyjahr für alle Frauengenerationen, und zwar auch die, die unter schwierigen Bedingungen ihre Kinder großgezogen haben.

    (Beifall bei der SPD — Kolb [CDU/CSU]: Das tun wir ja! — Dolata [CDU/CSU]: Welche Babyjahre haben Sie denn eingeführt!)

    — Das tun Sie nicht. Sie verdummen doch die alten Frauen, indem Sie das Babyjahr nur zukünftigen Rentnerinnen anrechnen und die Trümmerfrauen leer ausgehen. Sie können uns nicht vorwerfen, daß wir es nicht gemacht haben. 1972 haben Sie doch verhindert, daß wir den Einstieg in ein Babyjahr gefunden haben.

    (Beifall bei der SPD — Rossmanith [CDU/ CSU]: Was haben Sie denn dafür getan?)

    Angesichts der älteren Bevölkerung wäre eine Perspektive, zum Thema Pflegebedürftigkeit zu kommen.
    Jetzt erfreue ich Sie, meine Damen und Herren von der CDU, denn ich komme zum Schluß.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    Herr Bundesarbeitsminister, mich bedrückt es, daß der notwendige soziale Konsens zur Lösung all dieser drängenden Probleme offensichtlich schwindet. Die Bundesregierung hat aus meiner Sicht schwer gesündigt. Ich habe das eben erläutert. Aber Sie haben auch Ihre Politik ohne die Beteiligung von Gewerkschaften und Arbeitgebern gemacht. Sie haben das eherne Gesetz unseres Sozialstaates aufgegeben. Als erster hat dieses der Bundeskanzler aufgegeben, als er sich in der Tarifauseinandersetzung
    dumm und töricht zu der Arbeitszeitverkürzung äußerte. Leider ist es bei diesem Ausrutscher nicht geblieben. Die jüngsten Vorhaben, meine Damen und Herren, die Sie zum Abbau von Arbeitnehmerschutzrechten vorlegen, werden den sozialen Konsens erschüttern.
    Herr Bundesarbeitsminister, sind Sie eigentlich noch Vorsitzender der Sozialausschüsse?

    (Zurufe von der CDU/CSU: Ist er! — Das haben Sie schon gestern gefragt!)

    Wollen Sie eigentlich zulassen, daß nunmehr mit den Sprecherausschüssen der leitenden Angestellten die Kriegserklärung an die Gewerkschaften ausgegeben wird?

    (Beifall bei der SPD)

    Ich habe heute gehört, daß Sie sich nicht in der Lage sehen, innerhalb Ihrer eigenen Partei solche Ansinnen vom Tisch zu fegen. Sie hätten dabei unsere Unterstützung. Aber ich habe den Eindruck, Sie müssen hier wieder einmal für eine Gruppe kämpfen, die keiner besonderen Vertretung in der Betriebsverfassung bedarf.

    (Pohlmann [CDU/CSU]: Von Pluralismus haben Sie noch nie was gehört?)

    Ich weiß nicht, warum Sie sich auch noch diesen Kampf mit den Gewerkschaften zuziehen wollen.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    — Ja, ja, jetzt merke ich es. Sie wollen es also.

    (Kolb [CDU/CSU]: Welche Verantwortung haben diese Gewerkschaften?)

    Es ist für mich interessant, anhand von Zurufen von Kolleginnen und Kollegen aus der CDU/CSU-Fraktion festzustellen: Sie sind dafür, daß Sprecherausschüsse von leitenden Angestellten in das Betriebsverfassungsgesetz aufgenommen werden. — Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der SPD, das ist ein Datum, mit dem wir nun auch nach draußen politisch argumentieren können.

    (Kolb [CDU/CSU]: Sind das rechtlose Leute?)

    Herr Bundesarbeitsminister, stellen Sie sich vor Ihre Leute in den Sozialausschüssen, und passen Sie auf, daß Sie nicht noch mehr Konfrontation mit den Gewerkschaften aufnehmen!
    Schönen Dank.

    (Beifall bei der SPD — Kolb [CDU/CSU]: Das war alles? — Egert [SPD]: Gute Rede!)



Rede von Dr. Philipp Jenninger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Friedmann.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Prof. Dr. Bernhard Friedmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! An politischem Temperament fehlt es Ihnen j a nicht, Frau Fuchs.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Aber sonst!)




    Dr. Friedmann
    Schade, daß Ihr Charme, über den Sie ja auch verfügen, dabei manches Mal ein bißchen zu kurz kommt.

    (Egert [SPD]: Wie ist das denn mit Ihrem Charme? — Schneider [Berlin] [GRÜNE]: Richtiger Chauvi-Spruch!)

    — Ich beanspruche für mich keinen Charme.
    Ihre Sachargumente, Frau Fuchs, biegen Sie manches Mal ein bißchen hin, und wenn es um den Wahrheitsgehalt Ihrer Argumente geht, dann sehen Sie oft nur die eine Seite der Medaille und nicht die andere.

    (Schneider [Berlin] [GRÜNE]: Dann bringen Sie mal bessere Argumente!)

    Sie müßten eigentlich wissen, wovon Sie sprechen, Frau Fuchs.

    (Egert [SPD]: Weiß Sie!)

    Sie waren ja längere Zeit Parlamentarische Staatssekretärin bei Herrn Ehrenberg im Bundesministerium für Arbeit,

    (Egert [SPD]: Das waren gute Zeiten!)

    und Sie waren in der Auslaufphase der alten Regierung auch noch Familienministerin.

    (Egert [SPD]: Stimmt auch!) Ich darf Sie erinnern, wie das damals war.


    (Egert [SPD]: Keine Unwahrheit, Herr Friedmann!)

    Ich erinnere noch: Ende der 60er Jahre hatten wir in der Großen Koalition gemeinsam einen Krankenversicherungsbeitrag der Rentner beschlossen. Sie wußten damals, als Willy Brandt Kanzler wurde, nichts Gescheiteres zu tun, als diesen Beitrag zu streichen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So war das!)

    Hätten Sie es gelassen, wäre die Rentenversicherung nie in diese schwierige Lage gekommen.

    (Egert [SPD]: Herr Friedmann, hat die CDU nicht zugestimmt?)

    Ich erinnere z. B. daran, daß seit 1975 die Hinterbliebenenversorgung neu zu regeln ist. Nichts, aber auch gar nichts haben Sie in dieser Richtung gemacht, und wir können es jetzt ausbaden.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Sie standen gerade gestern hier an diesem Rednerpult, Frau Fuchs,

    (Egert [SPD]: War ein großer Auftritt!)

    und haben kritisiert, daß die Rentenerhöhung netto nur 1 % ausmachen würde.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Das ist auch unglaublich!)

    — „Unglaublich", rufen Sie wieder. Ich erinnere Sie an 1978: Da haben Sie null Prozent gewährt, keinen einzigen Pfennig.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich erinnere Sie an 1979: Unter Verlassen des Bruttolohnprinzips haben Sie 1979 4,5%

    (Zuruf von der CDU/CSU: Nach Kassenlage!)

    — nach Kassenlage — gewährt, obwohl die Inflationsrate höher war. In den beiden folgenden Jahren haben Sie jeweils 4% gewährt, wieder unter Verlassen des Bruttolohnprinzips, bei wesentlich höheren Preissteigerungsraten.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Und zwar dauernd!)

    Nein, Frau Fuchs, das muß dann auch berücksichtigt werden.
    Ihre Koalition hat nicht nur die Kasse des Staates geplündert, sie hat auch das soziale System an den Baum gefahren.

    (Beifall bei der CDU/CSU)