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ID1010402000

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    Plenarprotokoll 10/104 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 104. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984 Inhalt: Benennung des Abg. Bohl als Stellvertreter im Wahlprüfungsausschuß 7629 A Wahl des Abg. Bohl zum ordentlichen Mitglied und des Abg. Seiters zum Stellvertreter im Vermittlungsausschuß 7629 A Nachträgliche Überweisung zweier Vorlagen an Ausschüsse 7629 B Begrüßung der Knesset-Abgeordneten Frau Shulamit Aloni 7640 D Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1985 (Haushaltsgesetz 1985) — Drucksachen 10/1800, 10/2250 —Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern — Drucksachen 10/2306, 10/2330 — in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung — Drucksachen 10/2326, 10/2330 — in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung — Drucksache 10/2324 — Schäfer (Offenburg) SPD 7630 A Gerster (Mainz) CDU/CSU 7634 B Kleinert (Marburg) GRÜNE 7637 D Frau Seiler-Albring FDP 7640 D Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI 7643A Dr. Nöbel SPD 7647 D Dr. Riedl (München) CDU/CSU 7651C Dr. Hirsch FDP 7654 C Kühbacher SPD 7656D, 7662 A Dr. Laufs CDU/CSU 7659 A Baum FDP 7663A Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz — Drucksachen 10/2307, 10/2330 — in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksachen 10/2316, 10/2330 — Dr. Emmerlich SPD 7664 B Austermann CDU/CSU 7666 C Frau Reetz GRÜNE 7669 D Kleinert (Hannover) FDP 7672 B Engelhard, Bundesminister BMJ . . . 7674A Frau Nickels GRÜNE (Erklärung nach § 32 GO) 7675C II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984 Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — Drucksachen 10/2311, 10/2330 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten — Drucksache 10/2103 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 10/2401 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/2492 — in Verbindung mit Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit — Drucksachen 10/2315, 10/2330 — Frau Fuchs (Köln) SPD 7676 C Dr. Friedmann CDU/CSU . . . . 7681 D, 7721 C Frau Seiler-Albring FDP 7685 B Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 7687 C Glombig SPD 7691C Jagoda CDU/CSU 7696 A Hoss GRÜNE 7699 C Cronenberg (Arnsberg) FDP 7703 C Peter (Kassel) SPD 7705 D Rossmanith CDU/CSU 7707 C Jaunich SPD 7710 A Eimer (Fürth) FDP 7714 B Deres CDU/CSU 7716 B Dr. Geißler, Bundesminister BMJFG . 7717 C Dr. Diederich (Berlin) SPD 7721 D Frau Schoppe GRÜNE 7723 B Frau Kelly GRÜNE (Erklärung nach § 31 GO) 7723C Namentliche Abstimmung 7725 B Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksachen 10/2321, 10/2330 — Zander SPD 7727 B Dr. Stavenhagen CDU/CSU 7729 D Frau Dr. Bard GRÜNE 7732 C Kohn FDP 7735 B Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 7737 C Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksachen 10/2322, 10/2330 — Dr. Rose CDU/CSU 7740 C Dr. Diederich (Berlin) SPD 7743 B Neuhausen FDP 7746 B Dr. Jannsen GRÜNE 7749 A Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMBW 7751 B Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksachen 10/2319, 10/2330 — Purps SPD 7753 D Echternach CDU/CSU 7756 D Verheyen (Bielefeld) GRÜNE 7759 D Grünbeck FDP 7762C Dr. Schneider, Bundesminister BMBau 7764 C Nächste Sitzung 7769 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 7771*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 7771*C Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984 7629 104. Sitzung Bonn, den 28. November 1984 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 102. Sitzung: Auf Seite III, linke Spalte und auf den Seiten 7485 und 7486 ist jeweils bei den Anlagen 14, 15 und 16 statt „Parl. Staatssekretär Dr. Schulte" zu lesen: „Staatssekretär Bayer". Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 28. 11. Dr. Barzel 30. 11. Dr. Enders * 30. 11. Erhard (Bad Schwalbach) 30. 11. Ertl 28. 11. Dr. Faltlhauser 28. 11. Dr. Glotz 30. 11. Dr. Haack 29. 11. Haase (Fürth) * 28. 11. Hauser (Esslingen) 30. 11. Frau Hoffmann (Soltau) 30. 11. Frau Huber 28. 11. Jung (Düsseldorf) 30. 11. Dr. Müller * 30. 11. Dr.-Ing. Oldenstädt 28. 11. Polkehn 30. 11. Frau Renger 30. 11. Frau Schmidt (Nürnberg) 30. 11. Schmidt (Wattenscheid) 30. 11. Frau Dr. Skarpelis-Sperk 30. 11. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim * 28. 11. Dr. Spöri 30. 11. Dr. Sprung 30. 11. Dr. Stark (Nürtingen) 30. 11. Vahlberg 30. 11. Vosen 30. 11. Weirich 28. 11. Weiskirch (Olpe) 30. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung die nachstehende Vorlage überwiesen: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 11 13 Titel 656 03 - Zuschuß des Bundes an die knappschaftliche Rentenversicherung - (Drucksache 10/2288) zuständig: Haushaltsausschuß Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 16. November 1984 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht gestellt: Gesetz über den Abbau von Salzen im Grenzgebiet an der Werra Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1984 (Nachtragshaushaltsgesetz 1984) Drittes Gesetz zur Änderung des Abfallbeseitigungsgesetzes Der Vorsitzende des Ausschusses für Forschung und Technologie hat mit Schreiben vom 14. November 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen hat: Stimulierung von Zusammenarbeit und Austausch im wissenschaftlichen und technischen Bereich in Europa, Plan 1985-1988 (Drucksache 10/1510 Nr. 10) Vorschlag für einen Beschluß des Rates für ein Forschungs- und Entwicklungsprogramm im Bereich der Optimierung der Erzeugung und Verwendung von Kohlenwasserstoffen 1984 bis 1987 (Drucksache 10/1691 Nr. 23) Der Vorsitzende des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit hat mit Schreiben vom 14. November 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Berichterstattung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung über die nachstehende Vorlage absieht: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Prüfung der Anhebung der Renten wegen Contergan-Schadensfällen (Drucksache 10/1651) Der Vorsitzende des Rechtsausschusses hat mit Schreiben vom 26. November 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Berichterstattung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung über die nachstehende Vorlage absieht: Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zu Überfällen auf Lastkraftwagen und Diebstählen von innerhalb der Gemeinschaft beförderten Gütern (Drucksache 10/936)
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    Rede von Dr. Wilhelm Nöbel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, das war nicht viel, was Sie hier geboten haben.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)




    Dr. Nöbel
    Sie haben wieder kaum etwas Konkretes vorgestellt.

    (Zurufe bei der CDU/CSU)

    — Sie haben noch genügend Zeit, sich aufzuregen.
    — Dagegen sind die Ausführungen des Kollegen Schäfer ja wohl nicht ohne Wirkung geblieben. Ich möchte Ihnen sagen: Niemand hier hat Anlaß zu Selbstgerechtigkeit. Aber wahr ist, daß Umweltschutz seit 1969 Gemeinschaftsaufgabe ist, wahr ist, daß mit dem Sofortprogramm von 1970 erfolgreiche Umweltpolitik begonnen worden ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich erinnere nur an das Benzinbleigesetz von 1971: Es führte nachgewiesenermaßen in den Städten zu einer Reduzierung des Bleigehalts der Luft um durchschnittlich 65%.
    Das innenpolitische Klima hat sich seit der Ernennung dieses Bundesinnenministers im Oktober 1982 immer mehr verschlechtert.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Leider wahr! — Widerspruch bei der CDU/CSU — Dr. Olderog [CDU/CSU]: Ihr ärgert euch darüber, daß der Zimmermann einen so guten Ruf hat! — Dr. Waigel [CDU/CSU]: 80% der Bevölkerung stehen hinter ihm!)

    Die öffentliche Kritik verschärft sich weiter. Die noch nicht gewendeten Worte der Kollegen Hirsch und Baum sind in dieser Koalition ungültig.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wer hat Ihnen das aufgeschrieben?)

    Zimmermann fällt den Baum und jagt den Hirsch. So sieht es leider aus.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Es gibt Ankündigung und Einschüchterung, Fehlanzeige dort, wo es echt um Bürgerrechte geht, statt dessen starke Worte: Ordnungsmaßnahmen müssen her.

    (Dr. Waigel [CDU/CSU]: Besser starke als schwache!)

    Das, was man mit Toleranz umschreibt, ist Ihnen, Herr Zimmermann, fremd.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Waigel [CDU/ CSU]: Das ist nicht wahr!)

    Der Widerspruch zwischen Ihrem Anspruch, Verfassungsminister zu sein,

    (Dr. Waigel [CDU/CSU]: Sie kennen ihn überhaupt nicht!)

    und Ihrer politisch-moralischen Einseitigkeit wird immer deutlicher.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Sie bleiben unbeeindruckt gegenüber jedweder allzu berechtigten Kritik an der Filmförderungspolitik.

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: Kommen Sie doch einmal zur Sache!)

    Sie bleiben unbeeindruckt, wenn Ihr Kollege von
    der Post über Ihre Kompetenzen als Medienminister verfügt. Sie schweigen als Verfassungsminister, wenn der gleiche Kollege ohne Rücksicht auf die Kulturhoheit der Länder in deren ureigene Zuständigkeit eingreift. Ihre eigene Zuständigkeit in der Medienpolitik haben Sie offenbar niemals wahrgenommen. Der letzte Bericht der Bundesregierung zur Lage von Presse und Rundfunk in der Bundesrepublik Deutschland stammt — man höre und staune — aus dem Jahre 1978. So sieht es aus.

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: Freiheit für die Presse!)

    Es stört Sie nicht, daß da einiges aus dem Ruder läuft. Ihre Devise „Wenn man nicht weiß, wohin man will, kommt man am weitesten" können wir uns verständlicherweise nicht zu eigen machen.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

    Sie sind Verunsicherungsminister. Statt der Polizei klare Vorgaben zu geben, verlangen Sie Amtshilfe und schaden damit der Polizei und den Bürgern zugleich.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Sehr wahr!)

    Anstatt einmal daran zu denken, die Polizeibeamten von polizeifremden Polizeiaufgaben entlasten zu helfen, damit sie ihrer vorrangigen Aufgabe, den Bürger zu schützen, leichter nachkommen können — denn Polizei und Bürger sind im freiheitlichen Rechtsstaat Partner —, plädieren Sie für rechtsstaatlich fragwürdige Methoden.

    (Clemens [CDU/CSU]: Über was reden Sie eigentlich?)

    Ihr Ziel ist die Einschränkung des Demonstrationsrechts. Die FDP hat mittlerweile vor Ihnen kapituliert. Es stört Sie, Herr Zimmermann, offensichtlich überhaupt nicht, wenn der Deutsche Anwaltverein Ihre Pläne zur Verschärfung des Landfriedensbruchtatbestandes eine politische Mißgeburt nennt,

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Hört! Hört!)

    weil das Ganze zu einer unpraktikablen Rechtssituation führen würde.
    Die Debatte über den sogenannten fälschungssicheren, maschinenlesbaren Personalausweis haben wir erst kürzlich hier geführt. Heinrich Boge, der Präsident des Bundeskriminalamtes, sagt: „Die Maschinenlesbarkeit ist für mich heute kein zentrales Thema mehr."

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: So ist das!)

    Für den Bundesinnenminister bleibt die Maschinenlesbarkeit weiter ein zentrales Thema. Er hat es eben hier noch einmal bekundet.

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: Warum auch nicht!)

    Das geschieht auch noch in einem europäischen Alleingang, den er bei der Einführung der umweltfreundlichen Katalysatoren nicht riskiert. Kein anderer Staat in der Europäischen Gemeinschaft hält einen solchen Ausweis für notwendig. Obwohl die Personenkontrollen an den Grenzübergängen abge-



    Dr. Nöbel
    baut werden sollen — er hat sich da ja wieder gedreht; früher ist das sein Argument gewesen —,

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: So ist es!)

    was von dieser sprechfreudigen Regierung lauthals propagiert wird, zeigt sich Herr Innenminister Zimmermann stur. Ich vermute, meine Damen und Herren, daß der Bundesinnenminister die durch die neuen Grenzübertrittsregelungen geschaffenen Sicherheitsverluste durch Inlandskontrollen wettmachen will.

    (Clemens. [CDU/CSU]: Bei den Ländern, oder wo?)

    Dafür braucht er offensichtlich den neuen, maschinenlesbaren Personalausweis.
    Auch die Bedenken des Bundesbeauftragten für den Datenschutz Baumann, der doch von ihm berufen worden ist, interessieren ihn überhaupt nicht,

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: So ist es!)

    daß nämlich angesichts der öffentlichen Aufmerksamkeit auf eine überzeugende Begründung — so hat er gesagt — für die Zulassung des automatischen Lesens nicht verzichtet werden kann. Schließlich werden mit der speziellen Lesezone und dem entsprechend entwickelten Lesegerät ganz andere Nutzungen ermöglicht, und das auch ohne besonderen Aufwand. Das muß man wissen.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: So ist es!)

    So kommt der Datenschutzbeauftragte — hören Sie gut zu! — zu dem Schluß, neue Gefährdungen der Privatsphäre seien nicht auszuschließen. Und, so sagt er wörtlich:
    Derartige Entwicklungen — einmal in Gang gesetzt — sind kaum aufzuhalten.
    Statt Sicherheit, meine Damen und Herren, macht sich Verunsicherung breit.

    (Beifall bei der SPD)

    Wer gedacht hatte, diese Bundesregierung würde aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Volkszählungsgesetz die erforderlichen Konsequenzen ziehen, sah sich getäuscht. Der Bundesinnenminister legte einige datenschutzrelevante Vorlagen ungerührt in alter Fassung vor. Offenbar wird mit ganz kleiner politischer Münze ausgezahlt, was das grundlegende und richtungweisende Urteil des Bundesverfassungsgerichts der Politik abverlangt. Mehr als Kosmetik ist kaum zu erwarten. Der kürzlich vorgelegte Entwurf eines Volkszählungsgesetzes 1986 ist insoweit — so sage ich mal — ein neues Stück aus der Serie „Die Unverbesserlichen".

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Man muß wissen, daß sich diese Bundesregierung die neuesten Erkenntnisse nicht zu eigen macht, daß die Hälfte der Bundesbürger von der Volkszählung nichts hält, wenn sie eine totale Erhebung sein soll. Man muß wissen, daß die Kosten für diese Volkszählung auf 550 Millionen DM veranschlagt
    sind. Wenn sich nur 5% nicht beteiligen oder falsche Antworten geben, ist das Ganze für die Katz.

    (Gerstein [CDU/CSU]: Dann sorgt doch dafür, daß das nicht geschieht!)

    Diese Innenpolitik nach Gutsherrenart unter Androhung der im Gesetz vorgesehenen Ordnungsstrafen wird die innere Liberalität unseres Gemeinwesens weiter beeinträchtigen und gefährden.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Sollte nach dem derzeitigen Erkenntnisstand ein Verzicht auf eine Totalerhebung unter Auskunftszwang gegenwärtig nicht möglich sein, so sollte — und da sind wir alle gefordert — der Gesetzgeber die statistischen Ämter jedenfalls verpflichten, alternative Erhebungsmethoden für die Zukunft zu erproben, die die Bürger weniger belasten. Genau das ist die Forderung der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder.
    Die Koalitionsfraktionen sind in den Fragen des Datenschutzes erkennbar zerstritten. Sie sind nicht in der Lage, die vom Verfassungsgericht aufgestellten Forderungen in die Wirklichkeit umzusetzen. Das nimmt angesichts einer reaktionären CSU und einer bis zur politischen Bedeutungslosigkeit herabgesunkenen FDP, in der liberale Gesichtspunkte, wie gesagt, nur noch als Spurenelemente nachzuweisen sind, auch nicht wunder.
    Weitere schlimme politische Tauschgeschäfte stehen zu Lasten des Bürgers ins Haus. Bei dieser Situation ist es natürlich nicht verwunderlich, daß die in der Koalitionsvereinbarung beschlossene und dringlich gebotene grundlegende Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes nicht vorankommt. Nach nunmehr über zwei Jahren liegt ein Gesetzentwurf noch immer nicht vor. Ein vom Hause Zimmermann im Jahre 1983 erarbeiteter Gesetzentwurf mußte schleunigst zurückgezogen werden, weil er die Kriterien des Bundesverfassungsgerichts in gröblicher Weise verletzt hätte.
    Mit der Nullrunde und den Einkommenskürzungen im öffentlichen Dienst haben wir uns nie abgefunden. Um so mehr freuen wir uns über den jüngsten Erfolg der Gewerkschaften und begrüßen es, daß das Tarifergebnis jetzt auf den Beamtenbereich übertragen wird.
    In der Sportförderung — Fehlanzeige! Der Sport ist in schlechte Hände geraten.

    (Beifall bei der SPD)

    Ihnen fehlt — wenn Sie hier schon von der Trainerfrage sprechen — der Bundestrainer. Die bombastischen Ankündigungen der damaligen CDU/CSU-Opposition zum Thema „Sport und Steuern" schlagen sich nirgendwo nieder. Kein Wort des Ministers heute zu den Vereinen und den Problemen der Übungsleiter!

    (Beifall bei der SPD)

    Unsere Forderung, die derzeitige Übungsleiterpauschale von 2 400 DM auf 3 600 DM anzuheben — das wäre eine wirksame Hilfe für die rund 60 000 Amateursportvereine —, wird trotz unserer energischen



    Dr. Nöbel
    Initiativen, die wir mit dem Hinweis auf die damaligen Versprechungen der CDU/CSU-Opposition verbunden haben, einfach ignoriert.

    (Beifall bei der SPD — Bohl [CDU/CSU]: Warum haben Sie es denn nicht gemacht?)

    Auch die sogenannte Einnahmeüberschußgrenze im Bereich der Körperschaftsteuer bedarf der Anpassung. Dazu meint — hören Sie jetzt gut zu! — der Präsident des Deutschen Sportbundes Willi Weyer wörtlich:
    Da auch die CDU/CSU-Bundestagsfraktion sich in der damaligen Zeit

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: In der damaligen Zeit!)

    — das war die Oppositionszeit —
    den Gedanken des Deutschen Sportbundes gegenüber aufgeschlossen gezeigt hat, müßte es bei dieser Übereinstimmung möglich sein, wenigstens einige wichtige Punkte des DSB-Steuermemorandums im Deutschen Bundestag jetzt durchzusetzen.
    Ich stelle fest: nichts ist jetzt möglich!

    (Beifall bei der SPD)

    Im Gegenteil, sogar die Förderung des Behindertensports wird Jahr für Jahr in hohem Umfang reduziert.
    Letzte Woche — Sie haben soeben hier ein Schaustück geboten, Herr Minister — mußten Sie die klare Absage der katholischen Bischöfe an den Zuzugsstopp zur Kenntnis nehmen. Ich zitiere dazu die „Badische Zeitung", die am letzten Samstag vom Bischofsmut sprach.

    (Dr. Olderog [CDU/CSU]: Lesen Sie doch einmal die Antwort auf die Große Anfrage!)

    — Ja, das können Sie nicht hören. Die „Badische Zeitung" schrieb:
    Die Ausländerpolitik ist eine der seltenen Fragen, in denen die katholischen Bischöfe der Bundesrepublik seit einiger Zeit auf Distanz zu jener Partei, der sie nahestehen, und zur Regierungsmehrheit gegangen sind; in der sie sich, bei Berufung auf Menschenrecht und Menschenwürde, gegen deren hilflosen Pragmatismus und Opportunismus und die Vorurteile des Publikums gegenüber ausländischen Mitbürgern gewendet haben. Vor allem der ,Ausländerbischof Wittler, Kardinal Höffner, auch Erzbischof Seier haben dabei eine eindeutige und tapfere Position vertreten, anders als das Zentralkomitee des Verbandskatholizismus, das mit vielen Unionspolitikern besetzt ist.

    (Dr. Olderog [CDU/CSU]: Was steht denn in der Antwort auf die Große Anfrage?)

    — Dann weist die Zeitung auf den Kernpunkt in der
    Erklärung der Bischöfe hin: daß dem Schutz der
    Familienrechte des Ausländers der gleiche Rang
    gebührt wie dem Schutz derjenigen des Deutschen,

    (Beifall bei der SPD)

    daß also aus Gründen der Menschlichkeit Manipulationen mit dem Zuzugsalter von Kindern ausländischer Arbeitnehmer als Steuerungsmaßnahme abzulehnen sind.

    (Broll [CDU/CSU]: Herr Nöbel, haben Sie die Rede schon voriges Jahr geschrieben?)

    Ich füge hinzu: Es ist sehr dankenswert, daß sich die Deutsche Bischofskonferenz nicht nur um die rund 2 Millionen ausländischen Katholiken kümmert, sondern um alle, wobei sie auch auf die kulturelle Bereicherung aufmerksam macht.
    Auch ist erwiesen, meine Damen und Herren, daß die verstärkte Ausländerrückführung der Bundesregierung eine verfehlte Politik auf der Grundlage falscher Prognosen ist. Eine neue Studie kommt sogar zu dem Ergebnis, Ziel dieser Politik sei es, die inländischen Arbeitnehmer von den Ursachen der Arbeitslosigkeit abzulenken und „sie zu ködern, damit sie von weiterreichenden Forderungen nach aktiver Beschäftigungspolitik Abstand nehmen".

    (Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: Das sind Studien!)

    Sie gaukeln, Herr Minister,

    (Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: Das sind Gaukeleien!)

    Sicherheit vor, wo es keine gibt.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Über Sinn und Unsinn von Schutzraumbauten werden wir uns bei der Novellierung des Zivilschutzgesetzes zu unterhalten haben. Aber daß Sie mit einer Schutzraumbaupflicht aufwarten und dazu gelieferten Preiskalkulationen, über die Sie jeder seriöse Architekt auslacht, ist schon ein starkes Stück.

    (Dr. Laufs [CDU/CSU]: Schauen Sie sich das doch mal genau an!)

    Daß Sie bei Kostenneutralität die Einrichtungsträger zwingen wollen, Krankenhausbettenkapazitäten für die erhöhten Anforderungen eines Verteidigungsfalles bereitzuhalten, während gleichzeitig im Krankenhausfinanzierungsgesetz alles getan wird, um den Abbau von Betten zu erzwingen, spricht für das heillose Durcheinander in diesem Regierungsladen.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie wollen Zivilschutzdienstpflicht und lassen sich von Ihrem Kollegen Wörner, Herr Zimmermann, den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes und des Zivildienstgesetzes — vom Bundesrat eingebracht — kaputtmachen, bei dem es um nichts anderes geht als um die uneingeschränkte Freistellung des hauptamtlichen Einsatzpersonals der öffentlichen Feuerwehren vom Wehr- und Zivildienst — und dabei um Minimalzahlen, nämlich um 2 645 Leute, die der Wehrüberwachung unterliegen, von denen 236 mobilma-
    Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984 7651
    Dr. Nöbel
    chungsbeordert sind. So sieht es aus im Hause Zimmermann.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Zur Einführung einer Zivilschutzdienstpflicht haben Sie wohl zur genüge Reaktionen ins Haus bekommen, so das geharnischte Schreiben des Präsidenten des Deutschen Roten Kreuzes, des früheren Kollegen aus Ihren Reihen, Botho Prinz zu SaynWittgenstein, der „existentielle Grundsätze des Roten Kreuzes, insbesondere den Grundsatz der Freiwilligkeit sowie wichtige Bestimmungen des humanitären Völkerrechts" berührt sieht. Er spricht weiter von „nachhaltiger Rechtsunsicherheit". Zum Entwurf insgesamt schrieb er Ihnen: „Wir haben grundsätzliche Bedenken gegen wesentliche Zielvorstellungen und Inhalte, die Ihr Haus mit diesem Gesetzentwurf verwirklichen möchte, geltend zu machen." Er werde „dem Auftrag nicht gerecht" — der Gesetzentwurf —, „die Gesamtsituation des Zivilschutzes in der Bundesrepublik Deutschland entscheidend zu verbessern. Der Entwurf läßt darüber hinaus", so sagt er, „wichtige humanitäre völkerrechtliche Regelungen der Genfer Rotkreuz-Abkommen unberücksichtigt". Und es heißt dann:
    Bei wirklichkeitsnaher Betrachtung einer möglichen Konfliktsituation wird davon auszugehen sein, daß breit gefächerte, zentral gelenkte Zivilschutzmaßnahmen in aller Regel nicht wirksam werden können, sondern daß jede Stadt und jedes Dorf auf sich selbst angewiesen sein wird.
    Die Johanniter-Unfallhilfe hat sich geharnischt gemeldet, man habe den „Eindruck, daß das Ziel, die Zivilschutzgesetzgebung zu vereinfachen, nicht erreicht worden" sei, sondern das Gegenteil.
    Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände beschwert sich darüber, „daß der Bund, obwohl dies mit Art. 104a Grundgesetz nicht vereinbar wäre, weiter bestrebt ist, den kommunalen Gebietskörperschaften zusätzlich Kosten über eine Beteiligung an den Zweckkosten aufzubürden".
    Herr Zimmermann, Sie haben schwerste Kritik von den Feuerwehren erfahren, vom MalteserHilfsdienst,

    (Dr. Laufs [CDU/CSU]: Ist doch alles überholt!)

    dem Arbeiter-Samariter-Bund, der Arbeiter-Wohlfahrt, dem Hartmann-Bund und großen ärztlichen Vereinigungen.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Alle! — Dr. Laufs [CDU/CSU]: Ist doch Unsinn!)

    — Alle! Im Grunde wird Ihnen übereinstimmend von den Rettungsorganisationen bescheinigt, daß Sie nicht mehr zu retten sind. Der Kollege Riedl, der heute j a noch sprechen wird, hat bei Haushaltsberatungen den beiden Vorgängern dieses Ministers gegenüber stets die Standardbewertung gebraucht — ich nehme sie Ihnen, Herr Riedl, vorweg —: „... einer so miserablen Führung durch einen so miserablen Bundesinnenminister". Ich
    sage: Diese Behauptungen von damals sind seit Oktober 1982 tatsächlich wahr geworden.
    Danke schön.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)



Rede von Dr. Philipp Jenninger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Riedl (München).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Erich Riedl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Haushalt des Bundesinnenministers ist ein sehr umfassender Haushalt mit sehr vielen Teilbereichen. Das hat die heutige Diskussion schon gezeigt. Die Fülle der Themen, die der Bundesinnenminister zu vertreten hat, kann in einer relativ kurzen Haushaltsdebatte natürlich auch nicht so umfassend beantwortet werden, wie es wünschenswert wäre.
    Herr Kollege Nöbel, unser Fraktionskollege Dr. Laufs wird zu den von Ihnen angeschnittenen Themen Stellung nehmen. Ich möchte als Berichterstatter im Haushaltsausschuß, der für die innere Sicherheit zuständig ist, heute nach den sehr ausführlichen Diskussionen zum Umweltschutz jetzt versuchen, der inneren Sicherheit in dieser Debatte einen gewissen Rang einzuräumen.

    (Dr. Nöbel [SPD]: Sagen Sie etwas zum miserablen Minister!)

    Die Sicherheitslage in der Bundesrepublik Deutschland gebietet es nämlich, daß wir leistungsstarke Sicherheitsbehörden haben, und zwar sowohl bei den Ländern als auch beim Bund. Für den Bund bedeutet dies insbesondere ein leistungsstarkes Bundeskriminalamt

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Das hat der Schreiber schon einmal gesagt!)

    und einen leistungsstarken Bundesgrenzschutz mit intakten Verbänden und einem wirkungsvollen Grenzschutzeinzeldienst.
    Ich möchte auch einmal die Gelegenheit nutzen, um den Staatsbürgern draußen im Lande, die diese Debatte hier verfolgen können, mitzuteilen, was das kostet. Die innere Sicherheit kostet den Staatsbürger natürlich eine Menge Geld. So wird der Bund im Jahre 1985 1,65 Milliarden DM in eigener Zuständigkeit für die innere Sicherheit ausgeben, wobei auf den Bundesgrenzschutz mit 1,12 Milliarden DM der größte Brocken entfällt. Das Bundeskriminalamt kostet den deutschen Steuerzahler im kommenden Jahr rund 291 Millionen DM, und das Bundesamt für Verfassungsschutz kostet ihn 210 Millionen DM.
    Herr Kollege Kleinert, die Zuwachsrate, die Sie bezüglich des Verfassungsschutzes genannt haben, ist 1985 deshalb so erheblich höher als 1984, weil wir im Jahre 1985 mit dem längst fälligen Neubau des Bundesamts für Verfassungsschutz in Köln beginnen. Dadurch werden die Etatansätze naturgemäß etwas höher. Ohne diesen Neubau betrüge die Zuwachsrate beim Verfassungsschutz 2,0 % und läge



    Dr. Riedl (München)

    damit unter dem Durchschnitt des Bundeshaushalts.

    (Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Wir sind doch ein Sicherheitsrisiko! Sie dürfen uns das doch gar nicht mitteilen!)

    Die Bereitschaftspolizeien der Länder — auch hier gibt es eine finanzielle Dotation des Bundes — werden durch den Bund mit immerhin 31 Millionen DM finanziert. Insgesamt möchte ich feststellen, daß die Steigerungsrate für die Ausgaben für die innere Sicherheit im Jahre 1985 gegenüber dem Jahre 1984 bei 3,2 % liegen.
    Ich weise mit Genugtuung darauf hin — das muß angesichts der heftigen Debatten, die wir gerade auch wieder in dieser Woche hier zu führen haben, auch einmal gesagt werden —, daß diese Etatansätze im Haushaltsausschuß von allen politischen Parteien mit Ausnahme der GRÜNEN in großer Verantwortung geprüft und anerkannt worden sind.

    (Vorsitz : Vizepräsident Westphal)

    CDU/CSU und FDP — für die SPD-Kollegen erwähne ich hier stellvertretend den Braunschweiger Abgeordneten Kühbacher — haben sich in stundenlangen Beratungen zu leistungsfähigen Organen des Bundes für die innere Sicherheit bekannt sowie die Voraussetzungen für einen planmäßigen technischen und personellen Ausbau auf Grund der Bundesaufgaben in einem föderalistischen Staat geschaffen. Es ist, glaube ich, doch gut, meine Damen und Herren, daß solche Gemeinsamkeiten demokratischer Parteien dann, wenn sie vorhanden sind, auch einmal festgestellt werden. Ich meine — ich sage dies als kämpferischer Abgeordneter, der draußen und auch hier oft sehr gern eine scharfe Klinge führt —, daß wir es dem Bürger auch sagen sollten, wenn wir gemeinsam an einem Strang ziehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Demgegenüber — das sage ich mit ebenso großer Offenheit — haben die GRÜNEN sowohl in den Berichterstattergesprächen als auch bei den Haushaltsberatungen im Ausschuß klar zu erkennen gegeben, daß der Abbau der Organe der inneren Sicherheit — bis hin zur totalen Untätigkeit unserer Sicherheitsbehörden — innerhalb ihrer Gesamtstrategie zur Veränderung unserer Gesellschaft absolute Priorität hat.
    Die von Ihnen insgesamt gestellten Kürzungsanträge betreffend die innere Sicherheit von mehr als 102 Millionen DM betrafen überwiegend Maßnahmen zur Beschaffung dringend notwendiger technischer Ausstattungen für Bundesgrenzschutz und BKA. Im Klartext, meine Damen und Herren von den GRÜNEN: Sie wollen unsere Sicherheitsbehörden auf Null abbauen, um nicht zu sagen: abschaffen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Die sind doch hochgerüstet genug!)

    Die GRÜNEN haben durch ihr Verhalten im Haushaltsausschuß deutlich dokumentiert — genieren
    Sie sich doch nicht; Sie haben das doch gesagt, das ist doch auch Ihre Politik, Herr Kollege Kleinert

    (Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Ich geniere mich j a auch nicht!)

    — ist j a gut, wenn Sie sagen, daß Sie sich nicht genieren; ganz prima —, daß sie ein zutiefst gestörtes Verhältnis zur Sicherheit unseres freiheitlichdemokratischen Rechtsstaates haben.

    (Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Es kommt darauf an, was Sie unter Sicherheit verstehen! Das ist der feine Unterschied!)

    Der Bürger muß wissen, daß die GRÜNEN im Falle einer Regierungsübernahme durch sie — was Gott verhüten möge —

    (Zuruf von der CDU/CSU: Und der Wähler! — Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Jetzt bemühen Sie schon den Herrgott!)

    die innere Sicherheit genausowenig gewährleisten könnten, wie sie imstande sind, die äußere Sicherheit zu garantiern.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Es geht darum, was Sie unter Sicherheit verstehen! — Schneider [Berlin] [GRÜNE]: Sicherheit heißt bei Ihnen einsperren!)

    Meine Damen und Herren, der Bundesgrenzschutz hat bei seinen vielfältigen Einsätzen immer bewiesen, daß er ein unentbehrlicher Bestandteil im System der inneren Ordnung ist. Der Herr Bundesinnenminister hat heute schon einige wenige Zahlen genannt. Ich möchte einige gleichartige Zahlen hinzufügen.
    Im ersten Halbjahr 1984 sind durch den Bundesgrenzschutz an den Grenzen 45 479 Aufgriffe und Festnahmen gesuchter Straftäter erfolgt. Herr Bundesinnenminister, ich möchte es hier ganz deutlich sagen: Auch der maschinenlesbare Personalausweis muß ein echtes Hilfsmittel für die Kontrollfunktion und zur Kontrolle an unseren Grenzen sein. Sonst brauchen wir ihn nämlich nicht.

    (Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

    Denn wenn wir nur einen Ausweis schaffen würden, der zur Folge hat, daß die Schlupflöcher für Straftäter immer größer werden, dann wäre das Geld in der Tat zum Fenster hinausgeworfen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP — Zurufe von den GRÜNEN und der SPD)

    — Also, Sie müssen schon in der Tat ein schlechtes Gewissen haben, wenn Sie hören, daß ich von der Stärkung der Polizei so deutlich rede. Ich kann mir das gut vorstellen.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Aber wir haben ein Gewissen!)

    Der Bundesgrenzschutz hat 72 803 Fälle von Unterbindung illegaler Einreisen und von Bekämpfung des Menschenschmuggels aktenkundig gemacht. Ferner hat er — man sollte es nicht glauben, meine Damen und Herren — im ersten Halbjahr 1984 103 169 Fälle von Verhinderungen der Weiterfahrt



    Dr. Riedl (München) nicht verkehrssicherer ausländischer Kraftfahrzeuge sowie die Einziehung ganz erheblicher Mengen von Haschisch, Kokain, Marihuana und Opium aufzuweisen.

    (Krizsan [GRÜNE]: Wie ist das mit Bier?)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte ein weiteres Thema anschneiden, das die Bürger draußen im Lande sicherlich interessieren wird: Zum Schutze von Verfassungs- und anderen Bundesorganen gelang es dem Bundesgrenzschutz — in Zusammenarbeit mit den Länderpolizeien —, und zwar durch vorbeugende Maßnahmen sowohl in Bonn als auch in Karlsruhe — daran, daß wir uns hier vor Ihren Sympathisanten schützen müssen, die die Grundpfeiler unserer Demokratie permanent angreifen, meine Damen und Herren, sind Sie doch mitbeteiligt —,

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Frau Nickels [GRÜNE]: Unglaublich! Das geht nicht, das geht nun wirklich nicht!)

    einen Grad an Sicherheit zu gewährleisten, der weltweit vorbildlich ist.

    (Zurufe von den GRÜNEN)

    Meine Damen und Herren, wir wenden pro Jahr 28,5 Millionen DM zum Schutze der Verfassungsorgane des Bundes und zum Schutze gefährdeter Objekte gegen terroristische Anschläge auf. Und allein für Gorleben — das können Sie doch wirklich nicht bestreiten; Sie waren doch schon selber oben — geben wir jährlich fast 1,5 Millionen DM aus, um diese Einrichtungen vor Anschlägen jedweder Art zu schützen.