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ID1010401800

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    Plenarprotokoll 10/104 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 104. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984 Inhalt: Benennung des Abg. Bohl als Stellvertreter im Wahlprüfungsausschuß 7629 A Wahl des Abg. Bohl zum ordentlichen Mitglied und des Abg. Seiters zum Stellvertreter im Vermittlungsausschuß 7629 A Nachträgliche Überweisung zweier Vorlagen an Ausschüsse 7629 B Begrüßung der Knesset-Abgeordneten Frau Shulamit Aloni 7640 D Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1985 (Haushaltsgesetz 1985) — Drucksachen 10/1800, 10/2250 —Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern — Drucksachen 10/2306, 10/2330 — in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung — Drucksachen 10/2326, 10/2330 — in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung — Drucksache 10/2324 — Schäfer (Offenburg) SPD 7630 A Gerster (Mainz) CDU/CSU 7634 B Kleinert (Marburg) GRÜNE 7637 D Frau Seiler-Albring FDP 7640 D Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI 7643A Dr. Nöbel SPD 7647 D Dr. Riedl (München) CDU/CSU 7651C Dr. Hirsch FDP 7654 C Kühbacher SPD 7656D, 7662 A Dr. Laufs CDU/CSU 7659 A Baum FDP 7663A Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz — Drucksachen 10/2307, 10/2330 — in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksachen 10/2316, 10/2330 — Dr. Emmerlich SPD 7664 B Austermann CDU/CSU 7666 C Frau Reetz GRÜNE 7669 D Kleinert (Hannover) FDP 7672 B Engelhard, Bundesminister BMJ . . . 7674A Frau Nickels GRÜNE (Erklärung nach § 32 GO) 7675C II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984 Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — Drucksachen 10/2311, 10/2330 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten — Drucksache 10/2103 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 10/2401 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/2492 — in Verbindung mit Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit — Drucksachen 10/2315, 10/2330 — Frau Fuchs (Köln) SPD 7676 C Dr. Friedmann CDU/CSU . . . . 7681 D, 7721 C Frau Seiler-Albring FDP 7685 B Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 7687 C Glombig SPD 7691C Jagoda CDU/CSU 7696 A Hoss GRÜNE 7699 C Cronenberg (Arnsberg) FDP 7703 C Peter (Kassel) SPD 7705 D Rossmanith CDU/CSU 7707 C Jaunich SPD 7710 A Eimer (Fürth) FDP 7714 B Deres CDU/CSU 7716 B Dr. Geißler, Bundesminister BMJFG . 7717 C Dr. Diederich (Berlin) SPD 7721 D Frau Schoppe GRÜNE 7723 B Frau Kelly GRÜNE (Erklärung nach § 31 GO) 7723C Namentliche Abstimmung 7725 B Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksachen 10/2321, 10/2330 — Zander SPD 7727 B Dr. Stavenhagen CDU/CSU 7729 D Frau Dr. Bard GRÜNE 7732 C Kohn FDP 7735 B Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 7737 C Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksachen 10/2322, 10/2330 — Dr. Rose CDU/CSU 7740 C Dr. Diederich (Berlin) SPD 7743 B Neuhausen FDP 7746 B Dr. Jannsen GRÜNE 7749 A Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMBW 7751 B Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksachen 10/2319, 10/2330 — Purps SPD 7753 D Echternach CDU/CSU 7756 D Verheyen (Bielefeld) GRÜNE 7759 D Grünbeck FDP 7762C Dr. Schneider, Bundesminister BMBau 7764 C Nächste Sitzung 7769 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 7771*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 7771*C Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984 7629 104. Sitzung Bonn, den 28. November 1984 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 102. Sitzung: Auf Seite III, linke Spalte und auf den Seiten 7485 und 7486 ist jeweils bei den Anlagen 14, 15 und 16 statt „Parl. Staatssekretär Dr. Schulte" zu lesen: „Staatssekretär Bayer". Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 28. 11. Dr. Barzel 30. 11. Dr. Enders * 30. 11. Erhard (Bad Schwalbach) 30. 11. Ertl 28. 11. Dr. Faltlhauser 28. 11. Dr. Glotz 30. 11. Dr. Haack 29. 11. Haase (Fürth) * 28. 11. Hauser (Esslingen) 30. 11. Frau Hoffmann (Soltau) 30. 11. Frau Huber 28. 11. Jung (Düsseldorf) 30. 11. Dr. Müller * 30. 11. Dr.-Ing. Oldenstädt 28. 11. Polkehn 30. 11. Frau Renger 30. 11. Frau Schmidt (Nürnberg) 30. 11. Schmidt (Wattenscheid) 30. 11. Frau Dr. Skarpelis-Sperk 30. 11. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim * 28. 11. Dr. Spöri 30. 11. Dr. Sprung 30. 11. Dr. Stark (Nürtingen) 30. 11. Vahlberg 30. 11. Vosen 30. 11. Weirich 28. 11. Weiskirch (Olpe) 30. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung die nachstehende Vorlage überwiesen: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 11 13 Titel 656 03 - Zuschuß des Bundes an die knappschaftliche Rentenversicherung - (Drucksache 10/2288) zuständig: Haushaltsausschuß Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 16. November 1984 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht gestellt: Gesetz über den Abbau von Salzen im Grenzgebiet an der Werra Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1984 (Nachtragshaushaltsgesetz 1984) Drittes Gesetz zur Änderung des Abfallbeseitigungsgesetzes Der Vorsitzende des Ausschusses für Forschung und Technologie hat mit Schreiben vom 14. November 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen hat: Stimulierung von Zusammenarbeit und Austausch im wissenschaftlichen und technischen Bereich in Europa, Plan 1985-1988 (Drucksache 10/1510 Nr. 10) Vorschlag für einen Beschluß des Rates für ein Forschungs- und Entwicklungsprogramm im Bereich der Optimierung der Erzeugung und Verwendung von Kohlenwasserstoffen 1984 bis 1987 (Drucksache 10/1691 Nr. 23) Der Vorsitzende des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit hat mit Schreiben vom 14. November 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Berichterstattung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung über die nachstehende Vorlage absieht: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Prüfung der Anhebung der Renten wegen Contergan-Schadensfällen (Drucksache 10/1651) Der Vorsitzende des Rechtsausschusses hat mit Schreiben vom 26. November 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Berichterstattung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung über die nachstehende Vorlage absieht: Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zu Überfällen auf Lastkraftwagen und Diebstählen von innerhalb der Gemeinschaft beförderten Gütern (Drucksache 10/936)
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Friedrich Zimmermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schäfer hat mir immerhin Medienwirkung attestiert.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Nein, sondern daß Sie darauf bedacht sind!)

    Medienwirkung kann man bekanntlich nur haben, wenn vorher Wirkung dagewesen ist. Ich bedanke mich für das Kompliment.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Schäfer [Offenburg] [SPD]: Die Flick-Affäre zeigt das deutlich!)

    — Dürftiger geht es nicht mehr!

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Jetzt verliert er schon wieder die Contenance!)

    — In München sagt man dazu: Da fehlt es um die ganze Neuhauser Straße. Haben Sie das schon einmal gehört?

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Ich habe es nicht verstanden!)

    — Das macht nichts. Sie lernen es auch nicht mehr. Es gibt ein paar, die haben es verstanden. Das genügt mir.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Die Bundesregierung hat auch in diesem Jahr auf wichtigen Feldern der Innenpolitik sichtbare Erfolge vorzuweisen. Das gilt für den Umweltschutz ebenso wie für die innere Sicherheit oder die Kulturpolitik. Aber das dringendste innenpolitische Anliegen — ich danke dem Kollegen Gerster, ich danke überhaupt dem Haushaltsausschuß — ist eine enorme Steigerung von 24,5% für den Umweltschutz. Der Haushalt des Innenministeriums liegt mit einer Steigerung von 3, 9% deutlich über der Steigerungsrate des Bundeshaushalts. Dafür, daß
    der Umweltschutz in einem so hohen Maße beteiligt ist, dankt der dafür zuständige Minister, besonders der Regierungskoalition, aber auch Kollegen aus der SPD-Fraktion

    (Aha-Rufe bei der SPD)

    — des Haushaltsausschusses.

    (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU — Lachen bei Abgeordneten der SPD)

    Wir haben Maßnahmen eingeleitet und durchgesetzt, die die Umweltsituation für jedermann spürbar verbessern werden. Wir haben bei der Luftreinhaltung ganz systematisch alle Gruppen von Verursachern in die Pflicht genommen. Schwefeldioxid und Stickoxide werden in einer Größenordnung verringert, die zu einer Absenkung der Belastung auf die Hälfte oder ein Drittel noch in diesem Jahrzehnt führen wird. Alle Maßnahmen sind begonnen. Sie werden in den nächsten Jahren ihre Wirkungen zeigen.
    Wir geben uns mit diesen Leistungen nicht zufrieden. Wir wissen, daß wir ganz konsequent und rigoros diesen Weg weiterbeschreiten müssen. Wir werden unsere Umweltvorsorgepolitik engagiert, aber ohne Hektik vorantreiben. Wir werden konsequent handeln, aber ohne täglich wechselnde Planvorgaben. Mit ihrer für Verbraucher und Wirtschaft gleichermaßen kalkulierbaren und marktwirtschaftlichen Umweltpolitik folgt die Bundesregierung auch einer entsprechenden Empfehlung des Sachverständigenrats der Wirtschaft, dieser Tage veröffentlicht.
    Wir wissen alle, daß erfolgreiche Umweltpolitik einer internationalen Zusammenarbeit bedarf. Wir haben auf internationaler Ebene in diesem Jahr 1984 mit der Münchner Konferenz 31 Staaten aus Ost und West zu Fragen des Umweltschutzes versammelt. Das hat es vorher noch nie gegeben. Zur Nordseekonferenz kamen alle Anrainerstaaten der Nordsee auf deutschen Boden. Beide Konferenzen fanden unter dem Vorsitz des Bundesinnenministers statt. Wir haben internationale Zeichen gesetzt. Es zeigt wohl auch die Bedeutung, die die Bundesrepublik Deutschland international im Umweltschutz hat, da es möglich war, diese beiden Konferenzen in Deutschland stattfinden zu lassen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das umweltfreundliche Auto kommt, und zwar schneller, als manche gedacht haben.

    (Zurufe von den GRÜNEN)

    — Sie können heute den Autoteil jeder beliebigen Tageszeitung — aber vielleicht lesen Sie nicht; das kann sein — aufschlagen,

    (Frau Dr. Hickel [GRÜNE]: Es gibt kein umweltfreundliches Auto!)




    Bundesminister Dr. Zimmermann
    und Sie werden feststellen, daß Autoindustrie und -handel sich voll auf Katalysator und bleifreies Benzin eingestellt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Frau Dr. Hikkel [GRÜNE]: Die verdienen sich daran dumm und dämlich!)

    — Ich habe schon viel Unsinn gehört, aber der, den Sie da von sich geben, sprengt wirklich jeden Rahmen.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Wir werden ab Anfang 1985 eine Pflicht zur jährlichen Abgassonderuntersuchung einführen und damit eine Entlastung um bis zu 20% bei Kohlenmonoxiden und um bis zu 10% bei Kohlenwasserstoffen erreichen.
    Wir werden uns auf der europäischen Ebene am 6. Dezember in Brüssel ganz unverrückbar verhalten und sehen überhaupt keinen Anlaß zum Nachgeben, denn unsere europäischen Partner müssen wissen, wie ernst es uns in dieser Sache ist.
    In den Ausschüssen des Bundestages hat die Beratung über die Entwürfe zur Novellierung des Bundesimmissionsschutzgesetzes begonnen. Dabei ist die Sanierung der Altanlagen unser zentrales Problem. Die sehr strengen Grenzwerte der neuen TA Luft müssen auch bei bestehenden Anlagen angewendet werden. Ich hoffe, daß die Beratungen zügig vor sich gehen.
    Das hoffe ich auch für die vierte Novelle zum Abfallbeseitigungsgesetz. Entgegen allen Beteuerungen — mein erstes Gespräch in dieser Richtung gab es im Herbst 1982 — geht der Anteil der Mehrwegverpackungen zurück, und sogar das freiwillige Angebot von Mehrwegverpackungen parallel zu Einwegverpackungen wird teilweise blokkiert.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Aldi!)

    — Richtig! — Ich möchte den Deutschen Bundestag nicht im unklaren darüber lassen, daß ich bei dieser unerfreulichen Sachlage für eine Verordnung bin, die die Einzelhändler zu einem Angebot von Pfandflaschen neben Getränkedosen verpflichtet.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Der Bangemann macht doch nicht mit!)

    — Herr Kollege Schäfer, er hat schon ein einschlägiges Gespräch geführt und dabei die gleichen Erfahrungen gemacht wie ich vor eineinhalb Jahren. Das war heilsam.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Macht er mit?)

    — Ich nehme an, die Bundesregierung wird ein Konzept — —

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Sie nehmen an? Sie wissen nicht?)

    — Ja, natürlich! Im Gegensatz zu Ihnen bin ich nicht immer so sicher, sondern nehme zunächst einmal an.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Bei Ihnen bin ich sicher!)

    Dazu benötigt der Innenminister einen entsprechenden Handlungsspielraum durch das Abfallbeseitigungsgesetz. Ich bitte für diese richtungweisende Novellierung des Gesetzes um die Unterstützung des Parlaments.

    (Drabiniok [GRÜNE]: Welche Richtung, Herr Minister?)

    — Ich werde es Ihnen rechtzeitig sagen.

    (Drabiniok [GRÜNE]: Ich bitte darum!)

    Im Gewässerschutz arbeiten wir an einer Novellierung des Wasserhaushaltsgesetzes.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Seit zwei Jahren!)

    Wir wollen vor allem bei gefährlichen Stoffen den „Stand der Technik" einführen, die Indirekteinleiter einbeziehen und das Grundwasser besser schützen. Wir werden diese Novelle Anfang 1985 im Bundeskabinett beschließen.
    Im BMI ist eine Bodenschutzkonzeption entworfen und mit den anderen beteiligten Bundesministerien intensiv beraten worden. Im Dezember wird der Entwurf mit den Bundesländern erörtert, und anschließend wird das Bundeskabinett darüber beschließen.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Im Dezember 1983 haben Sie das für 1984 erklärt! Ein Jahr Verzug!)

    Im Oktober konnten wir die Regierungsverhandlungen mit der DDR über die Reduzierung der Werra-Versalzung aufnehmen. Ich halte das für einen weiteren ganz wichtigen Schritt auf dem Wege zu gemeinsamen Umweltschutzanstrengungen in beiden Teilen Deutschlands.
    Ein Wort zum atomrechtlichen Genehmigungsverfahren NUKEM II. Ich habe am 20. November dem hessischen Minister für Wirtschaft und Technik meine Entscheidung mitgeteilt, daß von der von ihm beabsichtigten Beschränkung des Anreicherungsgrades in den Brennelementen im Genehmigungsbescheid NUKEM II abzusehen ist. Anlaß für diese Entscheidung war der Versuch der hessischen Landesregierung, mit einer rechtlich unzulässigen Kompromißformel dem rot-grünen Bündnis noch einmal über die Hürden zu helfen. Die hessische Landesregierung hat dabei übersehen, daß sie mit den GRÜNEN über einen Gegenstand verhandelt hat, der nach der verfassungsrechtlichen Zuständigkeit in die ausschließliche Entscheidungskompetenz des Bundes gehört.

    (Frau Dr. Hickel [GRÜNE]: Da hat man Sie zu Hilfe gerufen, ja?)

    Der Bundesminister des Innern mußte daher handeln. Die Weisung fordert — um mit dem hessischen Wirtschaftsminister Steger selbst zu sprechen — nichts anderes als die strikte Beachtung von Recht und Gesetz. Nur darum geht es.

    (Zurufe von den GRÜNEN)




    Bundesminister Dr. Zimmermann
    Der Bundesminister des Innern vollzieht seine bundesaufsichtliche Aufgabe allein nach diesem Maßstab.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Wahrnehmung dieser Aufgabe ist weder dem Inhalt noch dem Zeitpunkt nach einem politischen Kalkül unterworfen.

    (Lachen bei den GRÜNEN — Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Das ist richtig so, Herr Minister, machen Sie so weiter!)

    — Teile der Presse haben mir vorgeworfen, ich wollte damit das rot-grüne Bündnis festigen. Aber Ihr Gelächter beweist mir,

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Wes Geistes Kind die sind! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    daß ich recht hatte.
    Der Bundesminister des Innern trifft also eine bundesaufsichtliche Entscheidung dann, wenn die zu entscheidende Frage entscheidungsreif ist, und nicht erst dann, wenn er sich von der politischen Konstellation etwas verspricht.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dabei möchte ich eines deutlich sagen: Eine Untersagungsverfügung in einem bundesaufsichtlichen Verfahren gegenüber einem Bundesland, das eine rechtlich unzulässige Regelung beabsichtigt

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Das ist nicht zutreffend! — Zurufe von den GRÜNEN)

    — übrigens eine Rarität in der Geschichte zwischen Bund und Ländern —, gehört nicht gerade zu den erfreulichen Aufgaben des Bundesministers des Innern. Aber ich sage Ihnen, daß ich mich gleichwohl dieser Verpflichtung stellen werde, wann immer das notwendig ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Frau Dr. Vollmer [GRÜNE]: Das glaube ich Ihnen!)

    Die von der hessischen Landesregierung ins Auge gefaßte Beschränkung der Anreicherung bei NUKEM II hätte am Sicherheits- und Sicherungsstandard nichts geändert, aber die Ziele der Nichtverbreitung verfehlt. Sie konnte insbesondere auch deshalb nicht akzeptiert werden, weil sie den Verzicht auf Kernwaffen und die Nichtverbreitungspolitik der Bundesrepublik Deutschland sowie die Wirksamkeit unserer nationalen Sicherungs- und Kontrollmaßnahmen durch eine Mißtrauensregelung diskreditiert hätte und damit geeignet gewesen wäre, das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland zu schädigen.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Starker Tobak!)

    Die Bundesregierung hält dagegen an ihrer seit Jahren kontinuierlich verfolgten und bewährten Politik der Nichtverbreitung fest.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Das ist nicht korrekt!)

    Darüber gab es lange Zeit auch Übereinstimmung — ich hoffe, es gibt sie mit der SPD immer noch —,

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Sie haben doch 1969 den Nonproliferationsvertrag abgelehnt! Tun Sie doch nicht so als ob!)

    die eine mißbräuchliche Verwendung von Kernbrennstoffen auch bei den Hanauer Betrieben ausschließt. Ich erwarte nunmehr, daß die hessische Landesregierung auch im Interesse der Arbeitnehmer die für die letzte Novemberwoche angekündigte Genehmigung erteilt.

    (Frau Dr. Hickel [GRÜNE]: Damit sie sich vergiften können!)

    Meine Damen und Herren, ich bin sehr froh darüber, daß der Deutsche Bundestag dem Umweltschutz ebenfalls hohe Prioritäten zugewiesen hat. Ich habe das anfangs schon erwähnt. Der Umweltschutz ist nicht morgen oder übermorgen erledigt. Er ist eine langfristige Aufgabe, eine Daueraufgabe. Die Maßnahmen brauchen Zeit zum Wirken. Hysterie und Hektik sind schädlich.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    Es muß klare und verläßliche Vorgaben geben, damit die notwendigen Investitionsentscheidungen getroffen werden. Nur eine berechenbare Umweltpolitik wird auf die Dauer erfolgreich sein können.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zurufe von den GRÜNEN)

    Die Bewahrung der inneren Sicherheit bleibt unabhängig von der jeweiligen aktuellen Gefährdungslage eine der zentralen staatlichen Verpflichtungen. Die Bundesregierung dankt den Mitarbeitern der Sicherheitsbehörden für ihre aufopferungsvolle Arbeit im Dienste des inneren Friedens. Ein wichtiger Sicherheitsfaktor für unser Land ist der Bundesgrenzschutz mit seinen Verbänden und dem Einzeldienst. Zu seinen zahlreichen Aufgaben gehören nunmehr auch Umweltschutzmaßnahmen in der Nordsee, eine wichtige, neue Aufgabe.

    (Zurufe von den GRÜNEN)

    Die Mittel, die dafür zur Verfügung stehen, reichen noch nicht aus, um das zu tun, was eigentlich notwendig wäre. Die große Bedeutung des Grenzschutzeinzeldienstes liegt in der Ermittlung und Fahndung sowie in der Verhinderung der illegalen Einreise von Ausländern.

    (Zurufe von den GRÜNEN)

    Gleichzeitig benötigt der Bundesgrenzschutz intakte Verbände, um seine Sicherungsaufgaben in Zusammenarbeit mit den Ländern erfüllen zu können. Die Zahl der Aufgriffe ist im Jahre 1984 gestiegen: 170 000 nicht einreiseberechtigte Ausländer sind an den Grenzen zurückgewiesen worden. Wir haben zusammen mit den Ländern wichtige Aufgaben; wir wollen ein weiteres Absinken der IstStärke des Bundesgrenzschutzes verhindern. Die zugrunde gelegte Stärke von 20 500 Mann kann vorerst jedoch nicht erreicht werden. Wir werden aber alle Anstrengungen unternehmen, um möglichst rasch wieder an die vorgesehene Ist-Stärke im mittleren Polizeivollzugsdienst des BGS heranzukommen.



    Bundesminister Dr. Zimmermann
    Die Entwicklung der Kriminalität erfüllt uns nach wie vor mit großer Sorge, auch wenn die Schätzungen für das laufende Jahr eine leichte Besserung erkennen lassen.
    Unverändert ernst ist trotz aller Anstrengungen die Situation beim Rauschgift: 1983 472 Tote durch Drogenmißbrauch, ein Viertel mehr als im Vorjahr. Besonders kräftig ist die Zunahme der Kriminalität im Zusammenhang mit Kokain. 1983 wurden 30 % mehr Heroin, 40 % mehr Cannabis, aber 300 % mehr Kokain als im Vorjahr beschlagnahmt. Das ist leider nicht nur ein Zeichen für erfolgreiche Arbeit von Polizei und Zoll, sondern zeigt eine steigende Tendenz. Wir müssen für die Zukunft mit einer Kokain-Großoffensive auf Westeuropa rechnen. Deshalb beabsichtige ich, hier in Kürze zusammen mit den Ländern eine neue Abwehrinitiative zu ergreifen.
    Der Deutsche Bundestag hat sich vor kurzem erneut mit der Einführung fälschungssicherer und maschinell lesbarer Personalausweise befaßt. Die Bundesregierung hält wie ihre Vorgängerin diesen neuen Ausweis aus Sicherheitsgründen für erforderlich. Nicht nur Terroristen verwenden gefälschte Identitätspapiere. Auch im Bereich der mittleren Kriminalität — Scheckbetrug, Darlehensbetrug, bei der Kraftfahrzeuganmietung, bei der Unterschlagung von Kraftfahrzeugen — spielen gefälschte Personalausweise eine große Rolle. Fast 500 000 Personalausweise werden gesucht. Davon sind 12 000 Blankoausweise.
    Die Erleichterungen im grenzüberschreitenden Personenverkehr sind kein Argument gegen den neuen Personalausweis.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Sie haben es so begründet! Zickzack, Schlangenlinien, Kurven!)

    Auch künftig werden Grenzkontrollen notwendig sein, und wir werden auf Stichproben und gelegentliche Schwerpunktkontrollen nicht verzichten können. Auch Flughafenkontrollen muß es selbstverständlich weiterhin geben. Bei allen Erleichterungen gilt: Freie Fahrt für die grenzüberschreitende Kriminalität wird es nicht geben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die datenschutzrechtlichen Forderungen aus dem Verfassungsgerichtsurteil zum Volkszählungsgesetz werden bei den beiden Gesetzgebungsprojekten in vollem Umfang berücksichtigt. Darüber hinaus bin ich mit den Innenministern der Länder darin einig, daß sich aus dem Volkszählungsurteil auch weitere Folgerungen für den Umgang mit persönlichen Daten bei Polizei- und Verfassungsschutzbehörden ergeben.
    Wir haben die Erarbeitung fachspezifischer Regelungen für die Informationsgewinnung und -verarbeitung in Angriff genommen. Wir beabsichtigen, noch in dieser Legislaturperiode das Verfassungsschutzgesetz zu bearbeiten sowie ein Gesetz über die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden untereinander vorzulegen.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Noch in diesem Jahr?)

    Der Datenschutz muß in einem vernünftigen, ausgewogenen Verhältnis zu anderen berechtigten Interessen des Bürgers stehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dazu gehört auch das Sicherheitsinteresse. Wir wollen den Datenschutz des einzelnen unter Berücksichtigung wichtiger anderer Interessen weiterentwickeln und präzisieren.
    Das Volkszählungsgesetz ist inzwischen vom Kabinett verabschiedet worden. Der Entwurf eines Mikrozensusgesetzes ist erarbeitet. Beide Gesetzentwürfe entsprechen voll dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Das haben auch die Datenschutzbeauftragten bestätigt.
    Daß eine neue Datenbasis erforderlich ist, dürfte unbestreitbar sein. Bund und Länder, aber vor allem Städte und Gemeinden brauchen für sachgerechte Entscheidungen zuverlässige statistische Informationen. Ich meine, den vorliegenden Entwürfen sollten alle Fraktionen zustimmen können. Sollte es in dem einen oder anderen Punkt noch Anregungen aus dem Deutschen Bundestag geben, so ist die Bundesregierung durchaus bereit, darauf einzugehen. Ich halte es für zweckdienlich, bei dieser Angelegenheit, die alle Länder, alle Gemeinden und damit auch alle Parteien gleichermaßen betrifft, im Bundestag zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Einen wichtigen Beitrag zur inneren Sicherheit leistet auch der Zivilschutz. Er hat drei wesentliche Aufgaben. Er soll Vorsorge treffen gegen Katastrophen. Er soll die Bevölkerung rechtzeitig vor drohenden Gefahren warnen. Er soll durch ärztliche Versorgung und Schutzmaßnahmen Menschenleben retten.
    Im Frieden erfüllt der Zivilschutz wichtige Dienste für die Allgemeinheit. Aber der Zivilschutz hat selbstverständlich auch für den Verteidigungsfall Vorsorge zu treffen. Dazu gehört auch der Schutzraumbau, über dessen Notwendigkeit es gerade in neutralen Ländern überhaupt keine Diskussion gibt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Nur bei der SPD!)

    Ein verstärkter Schutzraumbau erhöht zweifellos die Glaubwürdigkeit unserer Verteidigungsbereitschaft und ist wohl die eindeutigste Defensivmaßnahme, die es überhaupt gibt. Ohne ideologische Scheuklappen betrachtet ist die Frage des Schutzraumbaus eine Frage der finanziellen Mittel des Staates und des finanziell Zumutbaren für einen Bauträger.
    Zur Ausländerpolitik: Die Bundesregierung wird in Kürze einen Gesetzentwurf vorlegen, der zur Zeit in meinem Hause vorbereitet wird. Wir werden dann Gelegenheit haben, darüber ausführlich zu
    Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984 7647
    Bundesminister Dr. Zimmermann
    diskutieren. Die Zielsetzung dabei ist eine Regelung, die den weiteren Zuzug von Ausländern begrenzt und gleichzeitig den bei uns lebenden ausländischen Bürgern eine vernünftige Zukunftsplanung gestattet.
    Dieser Tage hat sich die Katholische Bischofskonferenz zur Ausländerpolitik geäußert. Ich begrüße die sehr eindeutigen Aussagen zu den Verpflichtungen des Staates, den Ausländerzuzug — so wörtlich — „sozial verantwortlich zu steuern", und — so wörtlich — „Mißbräuchen zu wehren". Das gilt auch für die Mißbräuche bei Asylsuchenden.

    (Frau Dr. Vollmer [GRÜNE]: So schnell können Sie das aber nicht für sich umdrehen!)

    Es ist wichtig, daß auch von kirchlicher Seite diese Aufgabe der Bundesregierung anerkannt wird. Wenn gleichzeitig auf Grund der konkreten Zahlen derzeit kein Begrenzungsbedarf beim Familiennachzug gesehen wird,

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Derzeit!)

    so ist das eine Bewertung, wie auch die Bundesregierung sie in ihrer Antwort auf die Große Anfrage der SPD kürzlich vorgenommen hat.

    (Zuruf der Frau Abg. Dr. Vollmer [GRÜNE])

    Im übrigen meine ich, daß die sehr differenzierte Stellungnahme der katholischen Bischöfe ein gutes Beispiel für eine hoffentlich ebenso sachliche Diskussion ist, die wir dann im Deutschen Bundestag führen werden.
    Die deutsche Kulturpolitik haben wir vor wenigen Wochen im Bundestag ausführlich erörtert. Ich freue mich, daß der Haushalt 1985 eine Steigerung für die Kulturförderung um rund 6,4 % vorgesehen hat. Auch in Zeiten knapper Kassen sind die Bundesregierung und die Bundesrepublik Deutschland ihrem kulturellen Anspruch durch eine beträchtliche Steigerung der Kulturförderung gerecht geworden.

    (Sauermilch [GRÜNE]: Lächerlich!)

    Wir werden auch in Zukunft für ein kulturfreundliches Klima in der Bundesrepublik Deutschland sorgen.

    (Drabiniok [GRÜNE]: Sie entscheiden, was Kultur ist!)

    Auch im Sport können wir einen erfreulichen Mittelzuwachs verzeichnen. Nach den Olympischen Spielen in Sarajevo und Los Angeles können wir insgesamt eine positive Bilanz ziehen. Aber wir werden unser grundsätzlich bewährtes Sportförderungssystem erneut auf seine Wirksamkeit hin überprüfen müssen. Wir werden uns auch Gedanken machen über eine weitere Verbesserung der Trainersituation. Dabei suchen wir das Gespräch mit Sportlern und Verbänden. Die Fachverbände des Spitzensports sind bereits noch für dieses Jahr zu mir zu einer Gesamtbewertung nach den Olympischen Spielen und zur Besprechung der Planung für die Zukunft eingeladen.

    (Beifall beider CDU/CSU und der FDP)

    Der öffentliche Dienst hat in den vergangenen Jahren einen maßgeblichen Beitrag zum Erfolg der Konsolidierungspolitik geleistet. Zurückhaltende Tarifabschlüsse und noch zurückhaltendere Besoldungsanpassungen waren notwendig, um diesen Erfolg zu gewährleisten. Hinzu traten strukturelle Eingriffe und Stelleneinsparungen. Die Bundesregierung würdigt diesen Beitrag des öffentlichen Dienstes und das Verständnis, das die Beschäftigten, die ja in der Masse den unteren und mittleren Einkommensgruppen angehören, für diese Notwendigkeiten gezeigt haben.
    Die Spielräume sind weiterhin eng. Für das vor uns liegende Jahr konnte dennoch mit dem Tarifabschluß und der Besoldungsanpassung wieder ein stärkerer Anschluß an die allgemeine Einkommensentwicklung erreicht werden, der zudem spürbar über der derzeitigen Preissteigerungsrate liegt und daher eine Verbesserung der realen Einkommenssituation ermöglicht.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die Bundesregierung hat vorgeschlagen, den Tarifabschluß auf die Beamten, Richter und Soldaten zu übertragen, und hat dementsprechend am 20. November 1984 den entsprechenden Gesetzentwurf beschlossen. Der Gesetzentwurf übernimmt für den Besoldungsbereich die Ergebnisse der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst.
    Ich glaube, die diesjährige Tarif- und Besoldungsrunden haben ein für alle Seiten vertretbares Ergebnis gebracht. Die Abschlüsse sind auch gesamtwirtschaftlich voll zu verantworten. Sie führen bei den Angehörigen des öffentlichen Dienstes erstmals wieder zu einem realen Einkommensgewinn.
    Meine Damen und Herren, in der Innenpolitik ist für jeden sichtbar Entscheidendes auf den Weg gebracht worden. Es gibt vorzeigbare Ergebnisse, aber viel bleibt zu tun. Das gilt gerade für die Umweltpolitik, deren Kurs und deren Tempo in Europa beispielhaft sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Deshalb bin ich auch zuversichtlich, daß wir dazu in der Lage sind, die Umweltprobleme zu lösen. Ich appelliere an Sie, meine verehrten Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen, die Bundesregierung in diesen ihren zentralen Anliegen auch weiterhin zu unterstützen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dr. Philipp Jenninger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Nöbel.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wilhelm Nöbel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, das war nicht viel, was Sie hier geboten haben.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)




    Dr. Nöbel
    Sie haben wieder kaum etwas Konkretes vorgestellt.

    (Zurufe bei der CDU/CSU)

    — Sie haben noch genügend Zeit, sich aufzuregen.
    — Dagegen sind die Ausführungen des Kollegen Schäfer ja wohl nicht ohne Wirkung geblieben. Ich möchte Ihnen sagen: Niemand hier hat Anlaß zu Selbstgerechtigkeit. Aber wahr ist, daß Umweltschutz seit 1969 Gemeinschaftsaufgabe ist, wahr ist, daß mit dem Sofortprogramm von 1970 erfolgreiche Umweltpolitik begonnen worden ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich erinnere nur an das Benzinbleigesetz von 1971: Es führte nachgewiesenermaßen in den Städten zu einer Reduzierung des Bleigehalts der Luft um durchschnittlich 65%.
    Das innenpolitische Klima hat sich seit der Ernennung dieses Bundesinnenministers im Oktober 1982 immer mehr verschlechtert.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Leider wahr! — Widerspruch bei der CDU/CSU — Dr. Olderog [CDU/CSU]: Ihr ärgert euch darüber, daß der Zimmermann einen so guten Ruf hat! — Dr. Waigel [CDU/CSU]: 80% der Bevölkerung stehen hinter ihm!)

    Die öffentliche Kritik verschärft sich weiter. Die noch nicht gewendeten Worte der Kollegen Hirsch und Baum sind in dieser Koalition ungültig.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wer hat Ihnen das aufgeschrieben?)

    Zimmermann fällt den Baum und jagt den Hirsch. So sieht es leider aus.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Es gibt Ankündigung und Einschüchterung, Fehlanzeige dort, wo es echt um Bürgerrechte geht, statt dessen starke Worte: Ordnungsmaßnahmen müssen her.

    (Dr. Waigel [CDU/CSU]: Besser starke als schwache!)

    Das, was man mit Toleranz umschreibt, ist Ihnen, Herr Zimmermann, fremd.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Waigel [CDU/ CSU]: Das ist nicht wahr!)

    Der Widerspruch zwischen Ihrem Anspruch, Verfassungsminister zu sein,

    (Dr. Waigel [CDU/CSU]: Sie kennen ihn überhaupt nicht!)

    und Ihrer politisch-moralischen Einseitigkeit wird immer deutlicher.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Sie bleiben unbeeindruckt gegenüber jedweder allzu berechtigten Kritik an der Filmförderungspolitik.

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: Kommen Sie doch einmal zur Sache!)

    Sie bleiben unbeeindruckt, wenn Ihr Kollege von
    der Post über Ihre Kompetenzen als Medienminister verfügt. Sie schweigen als Verfassungsminister, wenn der gleiche Kollege ohne Rücksicht auf die Kulturhoheit der Länder in deren ureigene Zuständigkeit eingreift. Ihre eigene Zuständigkeit in der Medienpolitik haben Sie offenbar niemals wahrgenommen. Der letzte Bericht der Bundesregierung zur Lage von Presse und Rundfunk in der Bundesrepublik Deutschland stammt — man höre und staune — aus dem Jahre 1978. So sieht es aus.

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: Freiheit für die Presse!)

    Es stört Sie nicht, daß da einiges aus dem Ruder läuft. Ihre Devise „Wenn man nicht weiß, wohin man will, kommt man am weitesten" können wir uns verständlicherweise nicht zu eigen machen.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

    Sie sind Verunsicherungsminister. Statt der Polizei klare Vorgaben zu geben, verlangen Sie Amtshilfe und schaden damit der Polizei und den Bürgern zugleich.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Sehr wahr!)

    Anstatt einmal daran zu denken, die Polizeibeamten von polizeifremden Polizeiaufgaben entlasten zu helfen, damit sie ihrer vorrangigen Aufgabe, den Bürger zu schützen, leichter nachkommen können — denn Polizei und Bürger sind im freiheitlichen Rechtsstaat Partner —, plädieren Sie für rechtsstaatlich fragwürdige Methoden.

    (Clemens [CDU/CSU]: Über was reden Sie eigentlich?)

    Ihr Ziel ist die Einschränkung des Demonstrationsrechts. Die FDP hat mittlerweile vor Ihnen kapituliert. Es stört Sie, Herr Zimmermann, offensichtlich überhaupt nicht, wenn der Deutsche Anwaltverein Ihre Pläne zur Verschärfung des Landfriedensbruchtatbestandes eine politische Mißgeburt nennt,

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Hört! Hört!)

    weil das Ganze zu einer unpraktikablen Rechtssituation führen würde.
    Die Debatte über den sogenannten fälschungssicheren, maschinenlesbaren Personalausweis haben wir erst kürzlich hier geführt. Heinrich Boge, der Präsident des Bundeskriminalamtes, sagt: „Die Maschinenlesbarkeit ist für mich heute kein zentrales Thema mehr."

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: So ist das!)

    Für den Bundesinnenminister bleibt die Maschinenlesbarkeit weiter ein zentrales Thema. Er hat es eben hier noch einmal bekundet.

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: Warum auch nicht!)

    Das geschieht auch noch in einem europäischen Alleingang, den er bei der Einführung der umweltfreundlichen Katalysatoren nicht riskiert. Kein anderer Staat in der Europäischen Gemeinschaft hält einen solchen Ausweis für notwendig. Obwohl die Personenkontrollen an den Grenzübergängen abge-



    Dr. Nöbel
    baut werden sollen — er hat sich da ja wieder gedreht; früher ist das sein Argument gewesen —,

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: So ist es!)

    was von dieser sprechfreudigen Regierung lauthals propagiert wird, zeigt sich Herr Innenminister Zimmermann stur. Ich vermute, meine Damen und Herren, daß der Bundesinnenminister die durch die neuen Grenzübertrittsregelungen geschaffenen Sicherheitsverluste durch Inlandskontrollen wettmachen will.

    (Clemens. [CDU/CSU]: Bei den Ländern, oder wo?)

    Dafür braucht er offensichtlich den neuen, maschinenlesbaren Personalausweis.
    Auch die Bedenken des Bundesbeauftragten für den Datenschutz Baumann, der doch von ihm berufen worden ist, interessieren ihn überhaupt nicht,

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: So ist es!)

    daß nämlich angesichts der öffentlichen Aufmerksamkeit auf eine überzeugende Begründung — so hat er gesagt — für die Zulassung des automatischen Lesens nicht verzichtet werden kann. Schließlich werden mit der speziellen Lesezone und dem entsprechend entwickelten Lesegerät ganz andere Nutzungen ermöglicht, und das auch ohne besonderen Aufwand. Das muß man wissen.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: So ist es!)

    So kommt der Datenschutzbeauftragte — hören Sie gut zu! — zu dem Schluß, neue Gefährdungen der Privatsphäre seien nicht auszuschließen. Und, so sagt er wörtlich:
    Derartige Entwicklungen — einmal in Gang gesetzt — sind kaum aufzuhalten.
    Statt Sicherheit, meine Damen und Herren, macht sich Verunsicherung breit.

    (Beifall bei der SPD)

    Wer gedacht hatte, diese Bundesregierung würde aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Volkszählungsgesetz die erforderlichen Konsequenzen ziehen, sah sich getäuscht. Der Bundesinnenminister legte einige datenschutzrelevante Vorlagen ungerührt in alter Fassung vor. Offenbar wird mit ganz kleiner politischer Münze ausgezahlt, was das grundlegende und richtungweisende Urteil des Bundesverfassungsgerichts der Politik abverlangt. Mehr als Kosmetik ist kaum zu erwarten. Der kürzlich vorgelegte Entwurf eines Volkszählungsgesetzes 1986 ist insoweit — so sage ich mal — ein neues Stück aus der Serie „Die Unverbesserlichen".

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Man muß wissen, daß sich diese Bundesregierung die neuesten Erkenntnisse nicht zu eigen macht, daß die Hälfte der Bundesbürger von der Volkszählung nichts hält, wenn sie eine totale Erhebung sein soll. Man muß wissen, daß die Kosten für diese Volkszählung auf 550 Millionen DM veranschlagt
    sind. Wenn sich nur 5% nicht beteiligen oder falsche Antworten geben, ist das Ganze für die Katz.

    (Gerstein [CDU/CSU]: Dann sorgt doch dafür, daß das nicht geschieht!)

    Diese Innenpolitik nach Gutsherrenart unter Androhung der im Gesetz vorgesehenen Ordnungsstrafen wird die innere Liberalität unseres Gemeinwesens weiter beeinträchtigen und gefährden.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Sollte nach dem derzeitigen Erkenntnisstand ein Verzicht auf eine Totalerhebung unter Auskunftszwang gegenwärtig nicht möglich sein, so sollte — und da sind wir alle gefordert — der Gesetzgeber die statistischen Ämter jedenfalls verpflichten, alternative Erhebungsmethoden für die Zukunft zu erproben, die die Bürger weniger belasten. Genau das ist die Forderung der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder.
    Die Koalitionsfraktionen sind in den Fragen des Datenschutzes erkennbar zerstritten. Sie sind nicht in der Lage, die vom Verfassungsgericht aufgestellten Forderungen in die Wirklichkeit umzusetzen. Das nimmt angesichts einer reaktionären CSU und einer bis zur politischen Bedeutungslosigkeit herabgesunkenen FDP, in der liberale Gesichtspunkte, wie gesagt, nur noch als Spurenelemente nachzuweisen sind, auch nicht wunder.
    Weitere schlimme politische Tauschgeschäfte stehen zu Lasten des Bürgers ins Haus. Bei dieser Situation ist es natürlich nicht verwunderlich, daß die in der Koalitionsvereinbarung beschlossene und dringlich gebotene grundlegende Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes nicht vorankommt. Nach nunmehr über zwei Jahren liegt ein Gesetzentwurf noch immer nicht vor. Ein vom Hause Zimmermann im Jahre 1983 erarbeiteter Gesetzentwurf mußte schleunigst zurückgezogen werden, weil er die Kriterien des Bundesverfassungsgerichts in gröblicher Weise verletzt hätte.
    Mit der Nullrunde und den Einkommenskürzungen im öffentlichen Dienst haben wir uns nie abgefunden. Um so mehr freuen wir uns über den jüngsten Erfolg der Gewerkschaften und begrüßen es, daß das Tarifergebnis jetzt auf den Beamtenbereich übertragen wird.
    In der Sportförderung — Fehlanzeige! Der Sport ist in schlechte Hände geraten.

    (Beifall bei der SPD)

    Ihnen fehlt — wenn Sie hier schon von der Trainerfrage sprechen — der Bundestrainer. Die bombastischen Ankündigungen der damaligen CDU/CSU-Opposition zum Thema „Sport und Steuern" schlagen sich nirgendwo nieder. Kein Wort des Ministers heute zu den Vereinen und den Problemen der Übungsleiter!

    (Beifall bei der SPD)

    Unsere Forderung, die derzeitige Übungsleiterpauschale von 2 400 DM auf 3 600 DM anzuheben — das wäre eine wirksame Hilfe für die rund 60 000 Amateursportvereine —, wird trotz unserer energischen



    Dr. Nöbel
    Initiativen, die wir mit dem Hinweis auf die damaligen Versprechungen der CDU/CSU-Opposition verbunden haben, einfach ignoriert.

    (Beifall bei der SPD — Bohl [CDU/CSU]: Warum haben Sie es denn nicht gemacht?)

    Auch die sogenannte Einnahmeüberschußgrenze im Bereich der Körperschaftsteuer bedarf der Anpassung. Dazu meint — hören Sie jetzt gut zu! — der Präsident des Deutschen Sportbundes Willi Weyer wörtlich:
    Da auch die CDU/CSU-Bundestagsfraktion sich in der damaligen Zeit

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: In der damaligen Zeit!)

    — das war die Oppositionszeit —
    den Gedanken des Deutschen Sportbundes gegenüber aufgeschlossen gezeigt hat, müßte es bei dieser Übereinstimmung möglich sein, wenigstens einige wichtige Punkte des DSB-Steuermemorandums im Deutschen Bundestag jetzt durchzusetzen.
    Ich stelle fest: nichts ist jetzt möglich!

    (Beifall bei der SPD)

    Im Gegenteil, sogar die Förderung des Behindertensports wird Jahr für Jahr in hohem Umfang reduziert.
    Letzte Woche — Sie haben soeben hier ein Schaustück geboten, Herr Minister — mußten Sie die klare Absage der katholischen Bischöfe an den Zuzugsstopp zur Kenntnis nehmen. Ich zitiere dazu die „Badische Zeitung", die am letzten Samstag vom Bischofsmut sprach.

    (Dr. Olderog [CDU/CSU]: Lesen Sie doch einmal die Antwort auf die Große Anfrage!)

    — Ja, das können Sie nicht hören. Die „Badische Zeitung" schrieb:
    Die Ausländerpolitik ist eine der seltenen Fragen, in denen die katholischen Bischöfe der Bundesrepublik seit einiger Zeit auf Distanz zu jener Partei, der sie nahestehen, und zur Regierungsmehrheit gegangen sind; in der sie sich, bei Berufung auf Menschenrecht und Menschenwürde, gegen deren hilflosen Pragmatismus und Opportunismus und die Vorurteile des Publikums gegenüber ausländischen Mitbürgern gewendet haben. Vor allem der ,Ausländerbischof Wittler, Kardinal Höffner, auch Erzbischof Seier haben dabei eine eindeutige und tapfere Position vertreten, anders als das Zentralkomitee des Verbandskatholizismus, das mit vielen Unionspolitikern besetzt ist.

    (Dr. Olderog [CDU/CSU]: Was steht denn in der Antwort auf die Große Anfrage?)

    — Dann weist die Zeitung auf den Kernpunkt in der
    Erklärung der Bischöfe hin: daß dem Schutz der
    Familienrechte des Ausländers der gleiche Rang
    gebührt wie dem Schutz derjenigen des Deutschen,

    (Beifall bei der SPD)

    daß also aus Gründen der Menschlichkeit Manipulationen mit dem Zuzugsalter von Kindern ausländischer Arbeitnehmer als Steuerungsmaßnahme abzulehnen sind.

    (Broll [CDU/CSU]: Herr Nöbel, haben Sie die Rede schon voriges Jahr geschrieben?)

    Ich füge hinzu: Es ist sehr dankenswert, daß sich die Deutsche Bischofskonferenz nicht nur um die rund 2 Millionen ausländischen Katholiken kümmert, sondern um alle, wobei sie auch auf die kulturelle Bereicherung aufmerksam macht.
    Auch ist erwiesen, meine Damen und Herren, daß die verstärkte Ausländerrückführung der Bundesregierung eine verfehlte Politik auf der Grundlage falscher Prognosen ist. Eine neue Studie kommt sogar zu dem Ergebnis, Ziel dieser Politik sei es, die inländischen Arbeitnehmer von den Ursachen der Arbeitslosigkeit abzulenken und „sie zu ködern, damit sie von weiterreichenden Forderungen nach aktiver Beschäftigungspolitik Abstand nehmen".

    (Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: Das sind Studien!)

    Sie gaukeln, Herr Minister,

    (Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: Das sind Gaukeleien!)

    Sicherheit vor, wo es keine gibt.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Über Sinn und Unsinn von Schutzraumbauten werden wir uns bei der Novellierung des Zivilschutzgesetzes zu unterhalten haben. Aber daß Sie mit einer Schutzraumbaupflicht aufwarten und dazu gelieferten Preiskalkulationen, über die Sie jeder seriöse Architekt auslacht, ist schon ein starkes Stück.

    (Dr. Laufs [CDU/CSU]: Schauen Sie sich das doch mal genau an!)

    Daß Sie bei Kostenneutralität die Einrichtungsträger zwingen wollen, Krankenhausbettenkapazitäten für die erhöhten Anforderungen eines Verteidigungsfalles bereitzuhalten, während gleichzeitig im Krankenhausfinanzierungsgesetz alles getan wird, um den Abbau von Betten zu erzwingen, spricht für das heillose Durcheinander in diesem Regierungsladen.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie wollen Zivilschutzdienstpflicht und lassen sich von Ihrem Kollegen Wörner, Herr Zimmermann, den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes und des Zivildienstgesetzes — vom Bundesrat eingebracht — kaputtmachen, bei dem es um nichts anderes geht als um die uneingeschränkte Freistellung des hauptamtlichen Einsatzpersonals der öffentlichen Feuerwehren vom Wehr- und Zivildienst — und dabei um Minimalzahlen, nämlich um 2 645 Leute, die der Wehrüberwachung unterliegen, von denen 236 mobilma-
    Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984 7651
    Dr. Nöbel
    chungsbeordert sind. So sieht es aus im Hause Zimmermann.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Zur Einführung einer Zivilschutzdienstpflicht haben Sie wohl zur genüge Reaktionen ins Haus bekommen, so das geharnischte Schreiben des Präsidenten des Deutschen Roten Kreuzes, des früheren Kollegen aus Ihren Reihen, Botho Prinz zu SaynWittgenstein, der „existentielle Grundsätze des Roten Kreuzes, insbesondere den Grundsatz der Freiwilligkeit sowie wichtige Bestimmungen des humanitären Völkerrechts" berührt sieht. Er spricht weiter von „nachhaltiger Rechtsunsicherheit". Zum Entwurf insgesamt schrieb er Ihnen: „Wir haben grundsätzliche Bedenken gegen wesentliche Zielvorstellungen und Inhalte, die Ihr Haus mit diesem Gesetzentwurf verwirklichen möchte, geltend zu machen." Er werde „dem Auftrag nicht gerecht" — der Gesetzentwurf —, „die Gesamtsituation des Zivilschutzes in der Bundesrepublik Deutschland entscheidend zu verbessern. Der Entwurf läßt darüber hinaus", so sagt er, „wichtige humanitäre völkerrechtliche Regelungen der Genfer Rotkreuz-Abkommen unberücksichtigt". Und es heißt dann:
    Bei wirklichkeitsnaher Betrachtung einer möglichen Konfliktsituation wird davon auszugehen sein, daß breit gefächerte, zentral gelenkte Zivilschutzmaßnahmen in aller Regel nicht wirksam werden können, sondern daß jede Stadt und jedes Dorf auf sich selbst angewiesen sein wird.
    Die Johanniter-Unfallhilfe hat sich geharnischt gemeldet, man habe den „Eindruck, daß das Ziel, die Zivilschutzgesetzgebung zu vereinfachen, nicht erreicht worden" sei, sondern das Gegenteil.
    Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände beschwert sich darüber, „daß der Bund, obwohl dies mit Art. 104a Grundgesetz nicht vereinbar wäre, weiter bestrebt ist, den kommunalen Gebietskörperschaften zusätzlich Kosten über eine Beteiligung an den Zweckkosten aufzubürden".
    Herr Zimmermann, Sie haben schwerste Kritik von den Feuerwehren erfahren, vom MalteserHilfsdienst,

    (Dr. Laufs [CDU/CSU]: Ist doch alles überholt!)

    dem Arbeiter-Samariter-Bund, der Arbeiter-Wohlfahrt, dem Hartmann-Bund und großen ärztlichen Vereinigungen.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Alle! — Dr. Laufs [CDU/CSU]: Ist doch Unsinn!)

    — Alle! Im Grunde wird Ihnen übereinstimmend von den Rettungsorganisationen bescheinigt, daß Sie nicht mehr zu retten sind. Der Kollege Riedl, der heute j a noch sprechen wird, hat bei Haushaltsberatungen den beiden Vorgängern dieses Ministers gegenüber stets die Standardbewertung gebraucht — ich nehme sie Ihnen, Herr Riedl, vorweg —: „... einer so miserablen Führung durch einen so miserablen Bundesinnenminister". Ich
    sage: Diese Behauptungen von damals sind seit Oktober 1982 tatsächlich wahr geworden.
    Danke schön.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)