Rede von
Helmut
Schäfer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mich hier schon einmal darüber beklagt, daß das Instrument der Aktuellen Stunde dazu benutzt wird, in morgendlicher Frühe zu sehr komplizierten Themen sehr kurze Stellungnahmen abzugeben, die uns nicht weiterhelfen. Ich weiß nicht, ob sich das Parlament einen Gefallen damit tut, wenn es diese Prozedur fortsetzt, unter allen Umständen in jeder Woche drei Aktuelle Stunden durchzuziehen, gleichgültig, über welches Thema.
Ich sage das deshalb, weil auch aus den Ausführungen meines Kollegen von den GRÜNEN deutlich geworden ist, daß hier wieder einmal alle möglichen Dinge vermischt werden. Ich glaube, eine Debatte über die Kurden bedarf einer sehr viel gründlicheren Auseinandersetzung mit diesem Problem als diese Attacken auf die Türkei und damit die NATO; das eigentlich bezwecken Sie. Die Kurden waren sozusagen nur der Vorwand für die eigentliche Tendenz, die Sie hier zum Ausdruck bringen wollen.
Ich halte das im Interesse des Kurdenproblems einfach nicht für sauber, ehrlich und richtig.
Meine Damen und Herren, es ist auch nicht so, als stellte sich das Kurdenproblem als ein aktuelles Problem. Das wissen Sie genausogut wie ich. Es stellt sich auch nicht nur in der Türkei. Das ist bereits in den Ausführungen meiner Vorredner deutlich geworden. Gestern ist es uns offensichtlich durch die Aktuelle Stunde geglückt, die Freilassung von Abouchar zu erreichen. Er ist inzwischen, wie Sie wissen, begnadigt worden. Das ist möglicherweise auf die Aktuelle Stunde zurückzuführen. Vielleicht lösen wir auch das Kurdenproblem hier. Ich darf das einmal ironischerweise sagen.
Ich muß Ihnen sagen: Ich halte es für bedenklich, wenn wir eine solche Frage hier aktualisieren und ihr damit eigentlich die Bedeutung rauben, die sie hat.
Sie können dann auch nicht einfach nur die Türkei attackieren, sondern Sie müssen beispielsweise auch die Frage aufgreifen, was im Iran passiert ist und noch passiert und was im Irak passiert. Alle diese Staaten sind nicht bereit, ein freies Kurdistan zu schaffen. Darüber gibt es in allen diesen Staaten eine Übereinstimmung. Es gibt bei allen diesen Staaten, soweit wir das beobachten können, die Bereitschaft, den Kurden bis zu einem gewissen Grad eine kulturelle Autonomie zuzugestehen. Aber es gibt nicht die Bereitschaft, Separatismus oder Anschläge hinzunehmen.
Ich meine, Sie müssen auch der Türkei zumindest zugestehen, daß auf militärische Aktionen, wie sie in Anatolien geschehen sind, Antworten erfolgen. Ich bin mit Ihnen einig: Über die Art und Weise dieser Antworten wird sicher in einem demokratischen Staat wie der Bundesrepublik Deutschland anders gedacht, als das in der Türkei der Fall ist. Aber daraus den Schluß zu ziehen, die Türkei insgesamt verurteilen und denunzieren zu können, nur weil dieses Problem seit Atatürk anhält und nicht gelöst werden konnte und Grausamkeiten geschehen sind und leider auch noch geschehen, halte ich einfach nicht für berechtigt.
Sie versuchen im Grunde genommen, mit dem Kurdenproblem die NATO zu treffen. Ich glaube, das wird immer deutlicher. Sie kommen damit einer Lösung des Kurdenproblems einfach nicht näher.
Das ist meine Intervention an diesem Morgen. Ich wünsche mir, daß wir die Kurdenfrage wirklich einmal sehr ausführlich und unter Hinzuziehung von Leuten, die etwas davon verstehen, im Auswärtigen Ausschuß, wohin sie gehört, behandeln und dann zu sinnvollen Folgerungen kommen anstatt am frühen Morgen in Fünfminutenbeiträgen, die diesem Problem nicht gerecht werden.
Vielen Dank.