Rede von
Dr.
Reinhard
Göhner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin überrascht, und zwar nicht nur über die Vielzahl der Kollegen, die zu so später Stunde eine interessante Petitionsdebatte verfolgen, sondern vor allem über den Kollegen Peter, der einen Antrag begründet hat, den die SPD-Fraktion nicht gestellt hat.
Sie haben hier eben erklärt, Sie würden in Abweichung vom Ausschußvotum beantragen, die Petition insoweit als Material zu überweisen, als es um die Offenlegung und die Bekanntgabe der Lagerstätten gehe, und zur Berücksichtigung, soweit es um bilaterale Verhandlungen mit den USA gehe, die chemischen Kampfstoffe hier zu beseitigen.
Die Drucksache 10/2064, unterschrieben von Herrn Dr. Vogel und der Fraktion der SPD, weist aber aus, daß Sie diese Petition insgesamt zur Berücksichtigung überweisen wollen. Das sind zwei gegensätzliche Voten. Ich fände es interessant zu wissen, was Sie denn nun wollen: das, was Sie hier erklären, oder das, was Sie in Ihren Antrag hineinschreiben.
Vielleicht hängt das auch damit zusammen, Herr Peter, daß die Haltung Ihrer Fraktion zu dieser Petition in der Tat erneut deutlich macht, daß Sie sich bei einer sicherheitspolitischen Wende Ihrer Partei — schrittweise weg von den Positionen der NATO — befinden.
In der Tat steht das völlig im Gegensatz zu dem, was alle sozialdemokratischen Verteidigungsminister und alle früheren Bundeskanzler der SPD — so viele waren es ja nicht — zu diesem Thema gesagt haben. Sie unterstützen eine Petition, eine Forderung, die gegen die Position der NATO gerichtet ist, die mit berechtigten Chancen durch Aussichten auf ein weltweites verifizierbares Verbot von C-Waffen — der Herstellung, der Vorhaltung und des Einsatzes von C-Waffen — erreichbar wäre.
Das ist doch klar: Wenn Sie einen regionalen und einseitigen Abbau chemischer Kampfstoffe fordern, gibt es kein Interesse der Sowjetunion an einem weltweiten Abkommen für das Verbot von C-Waffen mehr.
Deshalb untergraben Sie mit Ihrer Position die Verhandlungsposition des Westens in dieser Frage.
Meine Damen und Herren, diese Fragen haben wir heute nachmittag im Plenum im Rahmen der Diskussion über den Abrüstungsbericht der Bundesregierung intensiv diskutiert. Vertreter aller Fraktionen haben auch zu Fragen der chemischen Kampfstoffe Stellung genommen. Eigentlich machen wir hier heute wieder eine überflüssige Wiederholung.
Was den zweiten Teil der Petition angeht, also die Offenlegung der Lagerstätten, möchte ich hier noch einmal deutlich sagen: Wir sind dafür, daß die Lagerstätten chemischer Kampfstoffe offengelegt werden, und zwar in West und Ost. Wir sind weitergehend dafür, daß diese Lagerstätten beseitigt werden. Deshalb setzen wir uns für das weltweite Abkommen ein, die C-Waffen zu verbieten.
Ich fordere Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion, auf, erstens zu klären, was Sie wollen — im Hinblick auf Ihre Vorträge, die Sie hier im Gegensatz zu Ihrem Antrag gebracht haben —, und zweitens, zum sicherheitspolitischen Kurs der früheren Verteidigungsminister Ihrer Partei zurückzukehren, die in dieser Frage jene Position vertreten haben, die auch heute noch, wie damals, die unsrige bleibt.